Ideen Bei den Athinganern ist eine Vermischung orientalisch-heidnischer Bestandtheile mit einigen christlichen ganz unverkennbar. Sie lehrten, Melchisedek sei der Gott und Vater Christi und werde deshalb vaterlos, mutterlos und geschlechtslos in der Schrift genannt; Christus, als der geringere und bedürftigere, sei Priester nach der von jenem gesetzten Ordnung. Von dem Judenthum hatten sie die Feier des Sabbat angenommen, im übrigen aber verachteten sie die Beschneidung und die Taufe gleichmässig. Sie hatten einen Dämonen-Dienst unter sich; Soru, Sochan und Arche hiessen die vornehmsten der Dämonen, die sie anriefen und durch deren Macht sie selbst den Mond bewältigen und über Geheimes befragen zu können vorgaben. Die Geschicke der Menschen, behaupteten sie, seien an die Gestirne geknüpft und diese in einem Kampf und Antagonismus gegen einander begriffen, von dessen Ausgang der Erfolg menschlicher Bestrebungen abhange, so dass, wenn das Gestirn des einen den Stern des andern verdunkle oder auslösche, der erstere nothwendig stärker und glücklicher werde als der Ihren Namen hatten die Glieder dieser Sekte von ihrer Scheu, irgend jemanden, der nicht ihres Glaubens war, zu berühren oder sich von ihm berühren zu Diess wurde bei ihnen so weit getrieben, dass sie es ängstlich vermieden, nur in die Nähe eines Fremden zu kommen; war ihnen, trotz aller Sorgfalt, derartiges widerfahren, so wurden sie von sich und anderen als unrein betrachtet und unterzogen sich sogleich gewissen Waschungen und Reinigungsceremonien. Die Abschwörungsformel sagt deshalb von ihnen: unter dem Vorwande der Reinigkeit lehrten sie den Menschenhass. Dass sie noch eigene geheime Gebräuche hatten, wird in derselben zweite. lassen. Urkunde angedeutet. Döllinger, Geschichte der Sekten. 3 Viertes Kapitel. Wenn in den Paulicianern eine rein dualistische Sekte auftrat, welche zwei Götter und zwei völlig getrennte Reiche lehrte, so erschien im Beginne des elften Jahrhunderts, gleichfalls in dem Gebiete der griechischen Kirche, die neue Sekte der Bogomilen, in welcher sich der alte syrische Gnosticismus durch Verbindung mit den Lehren der Messalianer zu einem eigenthümlichen, aber vorherrschend monarchianischen Lehrbegriffe gestaltet hat. Die Messalianer oder Euchiten, eine schon im vierten Jahrhundert entstandene häretische Partei, bekannten sich zu der Lehre, dass jedem Menschen neben der von Adam fortgepflanzten Seele ein Dämon innewohne, der durch eine bestimmte Gebetsübung ausgetrieben, der Einkehr eines höheren Geistes Raum geben müsse. Damit verbanden sie die quietistische Lehre von dem Zustande einer völligen Affektlosigkeit, in welchem alle Sakramente unnütz, alle Lüste unschädlich seien und eine sinnlich wahrnehmbare Berührung mit der Gottheit stattfinde. Diese Euchiten hatten sich von Kleinasien aus, vorzüglich durch die von den Kaisern Constantin Kopronymus 752 und Johannes Tzimisces 970 angeordneten Übersiedelungen, auch nach Thracien verbreitet, so dass sie um das J. 1050, nach dem Zeugnisse des Cedrenus, fast das ganze Abendland, d. h. den europäischen Theil des oströmischen Reiches, füllten. Um dieselbe Zeit schildert Michael Psellus in seiner Schrift von der Wirksamkeit der Dämonen) eine in Thracien verbreitete Partei der Euchiten, in deren System das gnostische Element bereits vorherrschend war. Drei Wesen theilen sich in die Herrschaft des Universums: der Vater hat sich das Überweltliche vorbehalten und von seinen beiden Söhnen waltet der jüngere im Gebiete des Himmels, der ältere, Satanaël, beherrscht das Irdische; diese beiden stehen sich zwar jetzt feindselig gegenüber, werden sich aber doch einmal, als Söhne Eines Vaters, versöhnen. Darum erwies ein Theil dieser Euchiten beiden gleiche Ehre, während andere nur dem jüngeren Beherrscher des Himmels dienen wollten, den älteren aber als ein gefährliches und zu schaden geneigtes Wesen scheuten, und die schlimmste Partei unter den Euchiten von dem jüngeren Sohne sich abkehrend, bloss dem Satanaël, dem Erstgebornen des Vaters, dem Bildner der sichtbaren Welt, huldigte. 1) Περί ενεργείας δαιμόνων διάλογος, ed. Boissonade, Niirnb 1838. In Thracien, sowohl diesseits des Hämus als jenseits (in Bulgarien), wohnte damals eine zahlreiche slavische Bevölkerung, unter welcher die Lehren der Euchiten Eingang fanden, und so zeigt sich dort im Beginne des zwölften Jahrhunderts die Sekte mit dem Namen Bogomilen, welcher gewöhnlich als „Gott Liebende“ erklärt, 1) von anderen aber von dem angeblichen Stifter der Sekte, der Bogomil (Gottlieb), sonst auch Jeremias geheissen, 2) hergeleitet wird. Sonst wurden sie auch Phundaiten genannt, wahrscheinlich von einem Beutel, den sie zu tragen pflegten, und Marcianisten von dem Wechsler Marcian, der bereits im sechsten Jahrhundert ein Lehrer der Messalianer gewesen. Um das J. 1111 erregte die Sekte in Constantinopel durch ihre grossen auch hier gemachten Fortschritte allgemeine Aufmerksamkeit, und der Kaiser Alexius Kom 1) C. Schmidt, Histoire des Cathares II, 284. Euthymius Zygadenus, dessen Narratio de Bogomilis (ed. Gieseler, Göttingen 1842) und Victoria de Massalianorum secta (bei Tollius, Insignia it. ital., 1696) die Hauptquelle für diesen Abschnitt sind, leitet in der erstern Schrift p. 5 den Namen ab von der stets wiederholten slavischen Gebetsformel : Bog milui, Gott erbarme dich! a) C. J. Jireček, Geschichte der Bulgaren, Prag 1376, S. 175. 437. Revue des qu. hist. 1870, p. 486. nenus erfuhr von denen, die auf seinen Befehl als Bogomilen eingezogen worden, dass ein Arzt Basilius ihr Oberhaupt sei, der, gefolgt und unterstützt von zwölf Schülern, die er seine Apostel nenne, und von einigen Weibern, denen er gleichfalls einen kirchlichen Dienst anvertraut, allenthalben seine Lehren ausstreue. Fünfzehn Jahre hatte dieser Mann mit der Aneignung und Ausbildung seines Lehrbegriffes zugebracht und schon 52 Jahre lang an der Verbreitung desselben gearbeitet. Um ihn zu rückhaltloser Mittheilung seiner Lehren zu bewegen, stellte sich Alexius begierig sein Schüler zu werden. Basilius liess sich überlisten; in mehreren Unterredungen eröffnete er dem Kaiser" und dessen Bruder Isaak sein ganzes Glaubenssystem, welches ein hinter einem Vorhange verborgener Schnellschreiber aufzeichnete. Darauf warf der Kaiser die Maske des Schülers ab, und vor einer Versammlung der Senatoren und der Geistlichen musste Basilius sich über seine Lehren erklären; er nahm nichts zurück, versicherte, auch zur Erduldung der Folter und des Feuertodes für sein Bekenntniss bereit zu sein, und alle Versuche des Kaisers und der Geistlichen, ihn zu bekehren, blieben vergeblich. Inzwischen wurden auch die Anhänger des Basilius, vorzüglich seine zwölf Apostel, aufgesucht und eingezogen, und es zeigte sich, dass schon sehr viele, auch unter den höheren Ständen, angesteckt waren. Sie wurden endlich zum Feuertode verdammt; da aber viele von den Ergriffenen zur Sekte zu gehören leugneten und die Lehren der Bogomilen verdammten, so bediente sich Alexius, um die Schuldigen herauszufinden, einer neuen List: er liess zwei grosse Glutöfen in Brand setzen, vor dem einen ein Kreuz aufpflanzen und dann den herbeigeführten Gefangenen erklären, dass sie alle sterben müssten, dass aber für die Katholiken unter ihnen der Glutofen mit dem Kreuze bestimmt sei. Schon murrte das Volk gegen den Kaiser; dieser aber liess alle, die auf die Seite des Kreuzes getreten waren, sogleich in Freiheit setzen, die anderen in ihr Gefängniss zurückbringen und durch Geistliche unterrichten, worauf einige sich bekehrten, andere bei ihrem Wahne beharrten und bis zu ihrem Tode im Kerker blieben. Basilius wurde im Hippodrom verbrannt; noch beim Anblicke des Scheiterhaufens hatte er darüber gespottet und versichert, dass Engel ihn unversehrt aus den Flammen tragen würden. Damit aber erlosch die Sekte noch lange nicht; später, um das J. 1140, fand man in einigen Klöstern Schriften des Constantin Chrysomalas, welche Bogomilische Lehren enthielten, und noch um das I. 1230 klagte der Patriarch Germanus, dass die Bogomilen Nachts in den Häusern umherschlichen und dass viele durch ihre erheuchelte Frömmigkeit sich verführen liessen.') Nach der Lehre der Bogomilen hat die Gottheit eine der menschlichen ähnliche Gestalt, wiewohl ihr Leib nicht einem grob-irdischen Körper gleich, sondern von feinerer Substanz ist. Ihre Trinitätslehre gleicht in so fern der Sabellianischen, als auch sie eine Erweiterung der göttlichen Monas zur Trias und eine Contraction der Trias zur ursprünglichen Monas annimmt. Gott ist nämlich nicht von Ewigkeit dreipersönlich, sondern Sohn und Geist sind aus dem Vater, wie Strahlen aus dessen Augen, erst im Jahr der Welt 5500 ausgegangen und nach dreiunddreissig Jahren wieder in ihn zurückgekehrt. Demnach behaupteten die Bogomilen, zuweilen Erscheinungen zu haben, in denen sich ihnen die Gottheit in dreifacher Gestalt, der Vater als ein Greis mit langem Barte, der Sohn als ein blühender Mann und der h. Geist als ein unbärtiger Jüngling, deutlich zeige. Der Sohn und der Geist sind also nach dieser Lehre nur ver 1) Germanus, Or. de exalt. crucis p. 114 und De imag. (bei Gretser, Opp. II), p. 439. |