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und des Glaubens ermangelten. Man sollte nun erwarten, dass die Katharer, namentlich die Dualisten, sich auch hier durch ihre Seelenwanderungslehre geholfen und eine Wiederkehr solcher Kinderseelen in anderen Leibern in Aussicht gestellt hätten; diess thaten sie aber nicht, vielmehr erklärten sie geradezu alle Kinder, welche vor den Unterscheidungsjahren stürben, für ewig verloren.) So lehrten sie noch um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Später scheinen die Dualisten erkannt zu haben, dass diese Lehre und die Verweigerung der Tröstung allzuviel Abstossendes für die Eltern solcher Kinder habe,') und wir finden demgemäss, dass im Beginne des 14. Jahrhunderts kranken Kindern das Consolamentum gewährt wurde.3) Freilich kostete diese Änderung vielen Kindern das Leben; denn da nicht zu erwarten war, dass sie in reiferen Jahren alle die drückenden Übungen und Enthaltungen, zu welchen der Getröstete strenge verpflichtet war, auf sich nehmen und unverbrüchlich beobachten würden, so versetzte man sie in die „Endura“, d. h. man liess sie durch Entziehung der Nahrung verschmachten.4)

Gemäss der Lehre, dass unter der Hülle dieses grob-materiellen und der Schöpfung des Bösen angehörigen Leibes ein feinerer, geistiger Leib verborgen sei, behaupteten die Katharer, dass nicht die sichtbaren Hände, sondern die darunter verdeckten unsichtbaren es seien, durch deren Auflegung der h. Geist mitgetheilt und die Sündenvergebung bewirkt werde.5)

Die Mittheilung des h. Geistes oder die Nachlassung

1) Moneta p. 394.

2) Doc. p. 217. 246 heisst es, diese Kinder seien der Gnade Gottes anheim zu geben.

3) Doc. p. 217. 240.

4) Liber inquis. Tolos. p. 24. Doc. p. 135; vgl. p. 240, wo eine Mutter endlich mit ihrem der Endura geweihten Kinde Erbarmen hat und ihr die Mutterbrust reicht, zum grossen Ärger des Vaters.

5) Moneta p. 126. Döllinger, Geschichte der Sektep.

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der Sünden hängt, nach dem Systeme der Katharer, von dem Verdienste oder der Reinheit des Ausspenders ab: nur der, welcher von aller Sünde frei ist, kann durch die Auflegung seiner Hände die Sünde hinwegnehmen ; ist aber diese getilgt und der h. Geist im Menschen eingekehrt, dann kann er auch schlechterdings nicht mehr sündigen. Wenn demnach ein Getrösteter später doch wieder in die Sünde fällt, so ist diess ein Beweis, dass seine Taufe wirkungslos und ungültig gewesen, und er muss neuerdings durch die Handauflegung geheiligt werden. Hat aber ein solcher anderen die Tröstung gewährt, so ist die Gültigkeit mindestens ungewiss, oder es ist vielmehr eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass alle diese des h. Geistes nicht theilhaftig geworden sind, da eben ihr Tröster selbst, wenn er diesen Geist gehabt, nicht gesündigt haben würde. Also mussten alle, welchen ein nachmals in die Sünde Gefallener das Consolamentum ertheilt hatte, sich diesem Ritus von neuem unterziehen; diejenigen aber, welche bereits gestorben waren, wurden, selbst wenn sie für ihren Glauben den Tod erlitten hatten, als ewig verloren angesehen. Und da die Reinheit und Sündelosigkeit der Tröster doch immer ungewiss war, so liessen sich nach Sacchoni's Angabe fast alle Gemeinden der Katharer um der grösseren Sicherheit willen die Tröstung zum zweiten, einige selbst zum dritten Male ertheilen.")

1) Raineri Summa p. 1767. Moneta p. 275. Doc. p. 61. 245. 295. 326. Sie beriefen sich auf 1. Joh. 3, 9: Wer aus Gott geboren ist, thut keine Sünde. Alanus l. c. p. 111 gedenkt einer häretischen Sekte, welche jede nach der Taufe begangene Sünde für die Sünde wider den h. Geist erklärte, die weder in diesem noch in jenem Leben nachgelassen werden könne, und daher jeden, welcher nach dem Empfange der Taufe noch einmal sündigte, ohne Nachsicht aus ihrer Gemeinschaft ausstiess. Er sagt aber nicht, ob diese Partei zur Familie der Katharer gehört habe oder nicht. Wäre das erstere der Fall, so hätton wir hier wohl ein neues Beispiel von einer später

Doch gab es für einige der schwersten Sünden, namentlich für den Abfall vom Glauben und die Bekämpfung der erkannten Wahrheit, nach der Lehre und Übung der Sekte keine Busse und keine Vergebung, ') wohl darum, weil ein Abtrünniger eben dadurch den Beweis lieferte, dass er nicht zu den aus dem Himmel stammenden Naturen, sondern zu den an sich schon Unerlösbaren gehörte. Reue und Schmerz über die begangenen Sünden wurde nicht gefordert, von den Dualisten schon darum nicht, weil sie alle Willensfreiheit leugneten und daher auch bestimmt erklärten, dass dem Menschen Reue nach der Sünde nicht möglich sei, überhaupt aber nicht, weil der Begriff der Katharer von dem Bösen und der Sünde ein anderer als in der christlichen Kirche war und mit Ausnahme jener ersten, im Himmel geschehenen Ursünde das Böse nur als die nothwendige Folge dieser irdisch-körperlichen Existenz, als unfreiwilliges Leiden unter dem Joche einer fremden, feindlichen Macht erschien, weshalb auch diejenigen, welche sich die Tröstung ertheilen liessen, nie zur Reue und Zerknirschung über das Geschehene, sondern nur zu künftiger Beobachtung der Gebote der Sekte aufgefordert wurden. Die Handauflegung nahm alles, Schuld und Strafe, hinweg; eine eigentliche Sinnesänderung, eine innere Bekehrung wurde weder begehrt noch erwartet; die strengen Enthaltungen und Observanzen, denen die Vollkommenen sich unterzogen, waren und blieben etwas Äusser

eingetretenen Milderung der Lehre und Disciplin; denn zu Moneta's und Sacchoni's Zeiten, d. h. fünfzig Jahre nach Alanus, war es all. gemeine Sitte der Katharer, den Vollkommenen, welche noch (nach den Vorstellungen der Sekte) in eine Sünde fielen, das Consolamentum und damit die Sündenvergebung und den h. Geist von neuem zu gewähren.

) Doc. p. 188. 195. 226. Auch die Verzweiflung und der Verrath eines Glaubensgenossen galten als Sünden, die nie verziehen wurden. Doc. p. 182. 200. 242. 267.

liches, so dass nach Sacchoni's Bemerkung viele von diesen sich sogar unzufrieden darüber bezeigten, dass sie in der früheren Zeit ihrer Freiheit, vor dem Empfange der Tröstung, nicht öfter ihre Gelüste befriedigt und die Freuden der Sinne nicht reichlicher genossen hätten. Eben darum wurden auch äussere Zeichen der Reue oder der Trauer über begangene Sünden nie bei ihnen wahrgenommen, und die Glaubenden, welche die Convenenza eingegangen waren, konnten ohnehin in ungebundener Willkür sich alles gestatten; von ihnen wurde weder Roue für die Vergangenheit, noch Vermeidung von Vergehen für die Zukunft begehrt.)

Der ganze Zusammenhang des Systems führt darauf, dass die Katharer von einer Genugthuung für begangene Sünden, von einer Übernahme eigentlicher Busswerke nichts wussten, wie sie denn auch alle Leiden und Missgeschicke dieses Lebens bloss als Fügungen des Satan, 3) keineswegs aber als Läuterungsmittel oder zeitliche, von dem guten Gotte verhängte Strafen betrachteten. Insbesondere behaupteten die Dualisten, dass Gott sein Volk für die in diesem Leben begangenen Sünden überhaupt nicht strafe, sondern nur für jenen im himmlischen Leben geschehenen Abfall. Dennoch berichtet Moneta, sowohl die Dualisten als die Monarchianer hätten Werke der Genugthuung auferlegt und geübt,4) und hier scheint ihm Sacchoni zu widersprechen, welcher die genugthuende Bedeutung der Fasten und ähnlicher bei den Sektirern üblicher Enthaltungen entschieden in Abrede stellt und bemerkt, dass diese Werke vielmehr als etwas ohnehin Pflichtmässiges, ohne Rücksicht auf begangene Sünden, geleistet würden und dass daher ein Knabe von zehn Jahren nach seiner Tröstung denselben Übungen unterworfen werde wie ein Greis, der sein ganzes Leben fortgesündigt habe. Indessen wollte wohl auch der in seinen Angaben immer so genaue und so gut unterrichtete Moneta nicht sagen, dass jene Werke bei den Katharern die Bestimmung hätten, zur Satisfaction zu dienen, sondern nur, dass dieselben Übungen und Enthaltungen, welche in der katholischen Kirche zur Busse und Genugthuung auferlegt würden, auch in jener Sekte gebräuchlich seien,

1) Moneta p. 302 ff. Raineri Summa p. 1763-65. Doc. p.

294. 2) Doc. p. 246. 3) Doc. p. 295. “) Moneta p. 306. 371.

Die Eucharistie der Kirche und die Lehre von einer realen Gegenwart des Leibes Christi mittels der Brodverwandlung verwarfen die Dualisten schon darum, weil Brod und Wein als Erzeugnisse des Satan böse und, als dem guten Gotte fremd, auch dessen Herrschaft entzogen seien. Für die Einsetzungsworte hatten sie bereits die bekannten, nachmals von Karlstadt und Zwingli wieder vorgebrachten Erklärungen, nämlich dass Christus bei den Worten: Dieses ist mein Leib, auf seinen eigenen Körper gezeigt und also keineswegs das Brod gemeint habe, oder, wie andere versicherten, dass er nur habe sagen wollen: Dieses bedeutet meinen Leib, wofür sie auch bereits die angebliche Parallelstelle 1. Kor. 10,4 (Der Fels war Christus) anführten. Wenn die Katholiken den Katharern entgegneten, dass Christus Brod und Wein als Geschöpfe des bösen Gottes nicht zu Bildern seines Leibes hätte einsetzen können, so erwiderten die Monarchianer, das Brod könne allerdings als ein Geschöpf des guten Gottes gelten und daher auch als Zeichen des Leibes Christi dienen, weil, wenn auch die Form vom Satan sei, doch die vier Elemente, aus denen es in letzter Analyse bestehe, von Gott hervorgebracht seien.a)

1) Moneta p. 295. Alanus p. 142. Ermengardus, Opusc. contra haeret. bei Gretser, Opp. XII, T. II, p. 116. Steph. de Borbone bei Echard p. 550. Vgl. Doc. p. 23. 156. 199. 322.

2) Moneta p. 297. Andreas Ugolini von der Sekte der Bagno

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