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ter Besprechung der Lehrpunkte, um die es sich handelt, zu berücksichtigen. Was ich über v. Schäzler gesagt habe, war durch den mir von Dieringer und Andern gemachten Vorwurf veranlaßt, daß es mir am Ende doch hauptsächlich um eine Ehrenrettung der unserm Orden eigenthümlichen Lehre zu thun sei. Ich durfte. mich wider diese Anschuldigung auf manche Thatsachen und insbesondere auf die Beschaffenheit meines Werkes selbst berufen; aber ich legte zugleich die Gründe vor, weßhalb ich glaubte, die Theologie der Vorzeit ihrer allgemeinen Richtung nach, und keine einzelne Schule vertheidigen zu müssen. Nun hatten aber, schon früher Plaßmann und jüngst, in edlerer und mehr wissenschaftlicher Weise, v. Schäzler nicht etwa bloß für die Lehre der streng_thomistischen Schule das Wort genommen, sondern auch zu beweisen gesucht, daß nur durch die Rückkehr zu dieser der Nußen, den wir durch unsere Arbeiten anstreben, erreicht werden könne. Ich glaubte also über diese Erscheinung auf dem Gebiete der Literatur bei jener Gelegenheit mich aussprechen zu müssen. Wenn ich mich nun hiebei dahin äußerte, „daß unsere Wege auseinander gehen“; so ließ ich jedoch auch sofort die Erklärung folgen, inwiefern dies der Fall sei: insofern nämlich, als ich in diesem meinem Werke für keine der besonderen Schulen Partei nehme. Es kann mir aber nicht gleichgültig sein, daß man jener meiner Aeußerung eine weitere Ausdehnung giebt. Nein, ich hatte nicht die Absicht, das, was man einen Scheidebrief nennt, an einen Mann zu schreiben, dem ich nicht bloß als Freund zugethan bin, sondern den ich auch als Gelehrten und als Schriftsteller, wie wenige andere hochschäße. Eben darum, weil, die obenbezeichnete Richtung ausgenommen, zwischen v. Schäßler und mir kein grundsäglicher Gegensatz besteht, habe ich von dem, was er hier und da mir eingeworfen hat, in einer Schrift, worin ich mich wider Gegner vertheidige, gar nicht geredet.

Der Verfasser.

Elfte Abhandlung.

Vom Erlöser.

1. Wie unter den Wahrheiten, die uns über das Sein und Leben Gottes in seiner Ewigkeit geoffenbart sind, die Dreieinigkeit, so ist unter jenen, die uns über sein Wirken in der Zeit verkündigt sind, die Menschwerdung Gottes des Sohnes die erhabenste und inhaltreichste. Durch die Erkenntniß der einen wie der andern wird der sterbliche Mensch in jene Tiefen, die nur der Geist Gottes durchforscht, eingeführt, auf daß er, zugleich über die Größe der Gottheit und ihre Rathschlüsse erleuchtet, vor jener staune und anbete, und nach diesen die Aufgabe, die ihm gestellt ist, ermesse. Wenn daher von Anbeginn die Kirche in ihren Bekenntnissen und die heilige Wissenschaft in ihren Forschungen ganz vorzüglich darauf bedacht waren, den Inhalt jener beiden Geheimnisse zu erschließen; so haben auch der Widersacher und die von ihm beeinflußte Wissenschaft von jeher die größten Anstrengungen gemacht, der Braut Christi diesen bei ihr hinterlegten Schatz zu entreißen oder zu verkümmern. Wir dürfen aber überdies sagen, daß es sich in solchen Kämpfen zunächst und zumeist um die eine Wahrheit vom Gottmenschen handelte. Denn wenngleich das Dasein der göttlichen Dreieinigkeit vom Werke der Menschwerdung unabhängig ist, so doch nicht für uns die Erkenntniß derselben. Diese wurde uns dadurch gegeben, daß uns die Gottheit Jesu Christi enthüllt ward. Wie sonach das Geheimniß der Menschwerdung für uns gewirkt, und der Gottmensch der Mittelpunkt der Geschichte unseres Geschlechtes ist: also ist auch die Lehre, daß der Mensch Jesus Christus nicht bloßer Mensch, sondern zugleich wahrer Gott ist, der Angelpunkt unseres ganzen Glaubens.

Wir bekennen diesen Glauben durch den Sat: Der ewige Sohn Gottes hat die menschliche Natur angenommen; oder durch diesen andern: In Jesus Christus ist die menschliche Natur mit der gött

lichen in der einen Person des ewigen Wortes verbunden. Um also die Grundlehre des Christenthums in ihrer Reinheit festzuhalten, muß man in Christus die Wahrheit sowohl der göttlichen als der menschlichen Natur, und eine Vereinigung derselben anerkennen, der. zufolge, ohne daß die Zweiheit der Naturen aufhöre, die Person Christi nur eine ist; und hienach lassen sich die mannigfachen Frrthümer, durch welche das Geheimniß des Glaubens im Laufe der Zeiten entstellt wurde, unterscheiden.

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2. Nach der Lehre der Nazaräer, Ebioniter und Photinianer wäre Christus seiner Natur nach ein gewöhnlicher Mensch gewesen, der jedoch seines immer wachsenden Verdienstes wegen Sohn Gottes, oder auch in gewissem Sinne Gott genannt wurde. Er wäre demnach von den übrigen Gerechten, welche durch dieselben Namen geehrt werden, nur durch einen höheren Grad von Heiligkeit und Weisheit unterschieden. Wie diese Sektirer die wahre Gottheit, so läugneten umgekehrt andere die Wahrheit der menschlichen Natur Christi. Denn die Manichaer erklärten den Leib des Herrn für ein phantastisches, die Valentinianer für ein zwar wirkliches, aber ätherisches Gebilde; die Apollinaristen endlich wollten, daß derselbe, obschon er gleich dem unsrigen aus Fleisch und Blut bestehe, von einer nur sinnlichen und nicht zugleich vernünftigen Seele belebt sei. Arius aber griff die Wahrheit sowohl der göttlichen, als der menschlichen Natur an. Ihm zufolge wäre der Logos ein Wesen höheren Ranges als der Mensch, als der Engel selbst, und vor allen Geschöpfen erschaffen, aber nicht wahrer Gott; und dieses erhabenste aller erschaffenen Wesen hätte in Jesus Christus nicht die ganze menschliche Natur, sondern nur einen menschlichen Leib angenommen, um in ihm die Stelle der Seele zu vertreten. So ward dieser Häresiarch zum Widersacher beider großen Geheimnisse, der göttlichen Dreieinigkeit und der Menschwerdung Gottes.

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In Betreff der Vereinigung der beiden Naturen irrte vorzüglich Nestorius, die Lehre verbreitend, der ewige Sohn Gottes sei zwar mit dem aus Maria gebornen Menschen in ausgezeichneter Weise verbunden, nicht so jedoch, daß von diesem die Gottheit, und von jenem die Menschheit oder die Geburt aus der Jungfrau in Wahrheit ausgesagt werden könne. Er läugnete also, daß der Mensch Jesus mit Gott dem Sohne eine Person sei. Kaum aber hatte die

Kirche eben diese Wahrheit feierlich festgestellt; so erhob sich Eutyche's, eine Vereinigung behauptend, in Folge welcher nicht bloß die Person, sondern auch die Natur des Gottmenschen nur eine wäre.

Es ist jedoch zu bemerken, daß diese beiden Irrlehren, wenn wir ihr letztes Ergebniß betrachten, auf die oben erwähnten älteren zurückgeführt werden können. Denn Christus wäre ebensowohl nach Nestorius, als nach Ebion und Photinus`nur ein bevorzugter Mensch, ein Gerechter nämlich, der zu einer höheren Stufe der Vereinigung mit Gott durch die Gnade gelangte. Die Vereinigung der beiden Naturen aber zu einer, welche Eutyches lehrte, hätte entweder durch eine Verwandlung der göttlichen in die menschliche, oder umgekehrt durch eine Auflösung der menschlichen in die göttliche, oder endlich durch eine Vermischung beider Naturen zu einer dritten vor sich gehen müssen. Im ersten Falle wäre Christus wiederum nicht wahrer Gott, im zweiten, wie die Manichäer behaupteten, nicht wahrer Mensch, im dritten weder wahrer Gott noch wahrer Mensch, was in Arius Lehre liegt.

3. So sind denn, nach der Bemerkung des H. Fulgentius 1), fast alle Häresien der ersten Jahrhunderte daraus entsprungen, daß man das große Geheimniß der Frömmigkeit, das den Völkern verkündigt worden ist", entweder gar nicht, oder nicht so wie es verkündigt wurde, glaubte; und Er, den Gott zum Eckstein gelegt hat, ist den Verblendeten zum Stein des Anstoßes geworden. Nur darum aber ist das menschliche Denken an dieser Glaubenslehre so mannigfach gescheitert, weil dieselbe einerseits über unsere natürlichen Erkenntnisse hoch erhaben ist, andererseits nichtsdestoweniger mit ihnen in vielfacher Verbindung steht. Mit Recht möchte daher ein Gelehrter unserer Tage, Dr. Knoodt, gesagt haben, des innigen Zusammenhanges wegen mit den höchsten Wahrheiten über Gott und

1) Certum est, paene omnes haereticae pravitatis errores hinc quibusdam multipliciter subrepsisse, dum magnum pietatis sacramentum, quod manifestatum est in carne, justificatum est in spiritu, apparuit Angelis, praedicatum est gentibus, creditum est in hoc mundo, assumtum est in gloria (1. Tim. 3, 16), nonnulli aut non, sicut est, credunt, aut omnino non credunt: et ille lapis, qui ab aedificantibus reprobatus, in caput factus est anguli, quibusdam pravae credulitatis coecitate possessis, lapis offensionis et petra scandali efficitur. Ad Tras. 1. 1. c. 4.

Welt werde das Dogma vom Gottmenschen Jesus Christus für jedes philosophische System zum Prüfstein seiner Wahrheit oder Falschheit" 1). Aber wie er es deßhalb unternommen hat, aus der Weise, in welcher die alte Schule, und in welcher Günther „die Einheit von Gott und Mensch in der Person Christi wissenschaftlich zu bestimmen sucht," darzuthun, daß nicht die philosophische Weltansicht der Vorzeit, sondern jene seines Meisters der geoffenbarten Lehre entspreche: so soll es unsere Aufgabe sein, das Gegentheil zu: beweisen.

Der hauptsächliche Vorwurf, den Günther und seine Vertheidiger der Vorzeit machen, geht dahin, daß ihre Lehre monophysitisch sei, und deßhalb bei folgerichtiger Durchführung pantheistisch werde. Damit wollen sie nicht etwa sagen, daß die alte Schule die Unterschiedenheit der Naturen in Christo nicht anerkennt; sondern vielmehr, daß sie von der Einheit der Person eine wissenschaftliche Erklärung gegeben habe, mit welcher jene Unterschiedenheit nicht bestehe. Wir könnten uns also darauf beschränken, diese leztere Behauptung zu prüfen und demnach sogleich zur Lehre von der Einheit der Person Jesu Christi übergehen; umsomehr, als der Eutychianismus mit den bekanntesten Lehren des Glaubens und der Vernunft in so offenem Widerspruche ist, daß er zu keiner näheren Erörterung einladet. Indessen weil doch die Lehre von der Zweiheit der Naturen in der Untersuchung über die Einheit der Person stets berücksichtigt werden muß, und überdies die Grundlage mancher später zu behandelnden. Fragen bildet; so glauben wir sie dennoch hier nicht übergehen zu sollen.

1) Günther und Clemens II. S. 241.

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