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going ein bayerischer Fürstensohn beim Spiel von einem Franzosen erschlagen wird, bleibt bei aller Verschiedenheit in den Einzelzügen eine auffällige Uebereinstimmung, die auf eine gemeinsame und doch wohl historische Wurzel der beiden Erzählungen hinzuweisen scheint. Die bayerische Färbung bei Auberi fehlt im Ogier, trifft aber merkwürdig zusammen mit der bayerischen Nationalität des Helden bei Metellus.

Nach unserer jetzigen Kenntnis ist das Schachspiel im Abendlande nicht vor dem 11. Jahrhundert aufgekommen. Jene Gestalt der Erzählung, in welcher wahrscheinlich an die Stelle eines andern Spiels (im Auberi ist es ein Waffenspiel) das Schachspiel getreten ist, kann also nicht älter sein. Der neue Zug des Schachspiels ist aus dem Wunsche des Dichters zu erklären, möglichst modern und aktuell aufzutreten. Im Kleinen verrät sich darin der Zeitgeist ebenso deutlich, wie ihn im Grossen die ausschliessliche Betonung des Kampfes gegen die Ungläubigen in der Chanson de Roland, das Hereinspielen der Liebe in einer späteren Epoche zeigt. Der poetische Einfall einen im Zorn verübten Totschlag als Folge einer verlorenen Schachpartie zu schildern hatte dann einen Erfolg, in dessen Ausdehnung sich einerseits der grosse Einfluss der französischen Dichtung und die internationale Färbung der Zeitliteratur, anderseits die Verbreitung und Beliebtheit des Schachspiels spiegeln. Nicht nur bei französischen Dichtern 1), auch in Deutschland und Scandinavien findet man die Erzählung wiederholt oder variirt. Nachdem das Schachspiel im 12., 13. Jahrhundert der Reihe nach bei den abend

1) Die verwandten Erzählungen von einem Totschlag zwischen Schachspielern in der französischen Heldendichtung findet man citirt bei Nyrop, Den Oldfranske Heltedigtning, S. 170, Anm. 1. S. auch Voretzsch S. 68. Van der Linde weist auch auf die Erzählung bei dem isländischen Dichter Snorre Sturlesson (um 1210-1240), wo König Knud seinen Schwager Jarl Ulf, nachdem er sich mit ihm beim Schachspiel entzweit, umbringen lässt, während bei Snorre's Vorgänger Saxo

ländischen Nationen in die Mode gekommen war und zu den Erfordernissen feiner ritterlicher Bildung zu zählen begonnen. hatte, griffen auch die Dichter gerne eine Gelegenheit auf mit Kenntnis des neumodischen und vornehmen Spiels, mit dessen Schilderung sie sicher auf den Beifall der Leser rechnen konnten, zu prunken. In Bayern nahmen Geschichtschreiber den dichterischen Einfall für bare Münze. Von Metellus pflanzt sich die Erzählung von der verhängnisvollen Schachpartie über die Tegernseer Gründungsgeschichte und die jüngere Quirinuslegende bis zu Andreas von Regensburg fort.

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Zu einer bestimmteren Auffassung würde man vielleicht gelangen, wenn die Persönlichkeit des Tegernseer Mönches, der unter dem Namen Metellus dichtete, nicht so völlig im Dunkeln läge. Die Erwähnung von Volksliedern, welche bei den Burgundern gesungen werden, sowie des Metellus Aeusserung, dass er als hospes nach Tegernsee gekommen, liessen Bursian (S. 514) schliessen, dass der Dichter von Geburt dem burgundischen Stamme angehörte. Ich vermag mich dieser Annahme nicht anzuschliessen.1) Metellus ist das Kind einer Periode, in der die französische Kultur ein entschiedenes Uebergewicht behauptete: Kenntnis französischer Dichtungen verrät da nicht schon den Franzosen. Geradezu gegen einen Ausländer aber spricht die Vertrautheit des Dichters mit der bayerischen Geschichte, seine bayerische Lokalkenntnis, die richtigen Formen der nicht spärlichen deutschen Ortsnamen, die im Munde eines Franzosen (vgl. Novichinga S. 99, Vaganam S. 125, Busenkaimena (Piesen

Grammaticus in der Erzählung desselben Vorgangs das Motiv des Schachspiels fehlt. Van der Linde sieht hierin mit Recht den Beweis, , dass auch der wirklichen Geschichte gegenüber die Dichter aus Veranlassung einer Mordscene das ihnen bekannte Schachspiel in das Factum hineindichteten und somit das Schach zurückdatirten." Die Analogie mit der Vorlage des Metellus liegt auf der Hand.

1) Auch Voretzsch S. 77 erklärt sie als wenig begründet.

kam) S. 146, Winsteniam Cleminiamque S. 148) wohl entstellt worden wären. Fasst man alle Stellen zusammen, wo Metellus von Burgund spricht, so bleibt es wenig wahrscheinlich, dass dieser geographische Begriff in seinem Munde beim Worte zu nehmen sei. Der Dichter sagt: das Volk in Burgund besinge Otkar. Die Dichtung über Ogier lebte doch nicht ausschliesslich in Burgund, sondern überhaupt in den Ländern französischer Zunge. Hat sie Metellus etwa gerade bei einem Besuche in Burgund kennen gelernt? Und fand er dort Ogier als alten einheimischen Herzog, d. h. Herzog der neustrischen Franken genannt? Mir scheint diese Erklärung das meiste für sich zu haben. Dass die Bezeichnung Burgund im 12. Jahrhundert in Deutschland als pars prototo für alle Länder französischer Zunge gebraucht worden sei, etwa wie man in Frankreich die Deutschen nach dem Nachbarstamme der Alemannen nannte, dafür habe ich einen Beleg nicht gefunden.

Die wissenschaftliche Frage, um die es sich für uns handelt, lässt sich also dahin formuliren, ob der Tegernseer Dichter Metellus Recht hatte, das, was ihm die Tegernseer Tradition über den Klostergründer Otgar berichtete, anzuknüpfen an die Kunde von Ogier dem Dänen, die er aus einem französischen Gedichte schöpfte. Von den zwei Momenten, welche in uns den Gedanken an die Identität der beiden Personen wachriefen, hat sich das eine bei näherem Zusehen als bedeutungslos erwiesen. Wenn die Erzählung von dem beim Schachspiel verübten Totschlag sowohl auf den Bayern Otgar als auf Ogier den Dänen sich bezogen findet, so bietet diese Uebereinstimmung noch keinen Beweis für die Identität der beiden Helden. Von einer solchen würde erst dann die Rede sein können, wenn sich eine von der französischen Sage unabhängige bayerische Tradition des gleichen Inhalts nachweisen liesse, was bisher nicht geschehen ist.

Eine weitere Stütze der bayerischen Hypothese wird

durch die von Voretzsch über die Entstehung der Chevalerie Ogier ausgesprochene Ansicht vielleicht etwas erschüttert, doch, wie mir scheint, nicht gänzlich zerstört. Für die Vertreibung der Sarazenen aus Italien nämlich, die im ersten Teile dieses Epos erzählt wird, bietet sich eine historische Grundlage erst dann, wenn man den Bayern Otkar und den Bericht der Quirinuslegende heranzieht. Voretzsch betont nun (S. 79 f.) die auffälligen Uebereinstimmungen zwischen diesem ersten Teile des Gedichtes, den Enfances Ogier und der Chanson d'Aspremont und erklärt die Enfances Ogier für eine Nachbildung des letzteren Gedichtes, das inhaltlich nichts anderes als die Jugendgeschichte Rolands sei. Er vermutet, dass sich in den Sarazenenkämpfen der beiden Epen der von Papst Johann X. 916 am Garigliano errungene Sarazenensieg spiegle. Indessen stehen wir hier immer nur auf dem Boden von Hypothesen. Dass schon die alte Sage Ogier auch als Sarazenenkämpfer feierte, dass dieser Zug historisch begründet war und dass er dem Dichter nur Anlass gab, die Sache weiter auszuschmücken, alles dies kann auch nach den Ausführungen bei Voretzsch nicht als ausgeschlossen gelten.

Entschiedener aber als diese Erwägung spricht für die Auffassung des Metellus unser Nachweis, dass Stoffe der bayerisch-fränkischen Geschichte dieses Zeitraums in der Sage fortlebten und von französischen Dichtern aufgegriffen wurden. Es spricht dafür Ogiers bayerische Führerstellung im Rolandsliede und sein ausgesprochen germanischer Charakter in der französischen Dichtung, eine Eigenschaft, die er unter allen Helden dieses Kreises nur mit Naimes von Bayern teilt. Vielleicht ist es doch nicht bedeutungslos, dass noch in Karl dem Grossen vom Stricker) und im Karl Meinet2)

1) Ausgabe von Bartsch, V. 1744 f., 3797--3809.

2) Ausgabe von Keller, S. 608, 812.

wie schon bei Turpin, in der Chevalerie Ogier 1) und in Anséis von Karthago 2) Naimes und Ogier zusammen genannt werden. Beachtung verdient auch, dass St. Martin in Köln, dessen Restauration, wie erwähnt, Otgar zugeschrieben wird, nach einer Ueberlieferung des 12. Jahrhunderts in der agilolfingischen Periode auch sonst mit Bayern in Beziehung stand. Neben Pipin von Heristal wird Plektrudis (Pilitrud) als besondere Förderin der Stiftung, als ihr erster Vorstand aber der Agilolfinger Wikterp, der spätere Bischof von Regensburg3), genannt.

Die historischen Zeugnisse über den Franken Audgar enthalten nichts, was die Annahme von halbbayerischer Herkunft und bayerischem Grundbesitz desselben ausschlösse. Dessen Lebensende als Mönch aber ist sogar das gleiche, das von dem bayerischen Grafen Otgar berichtet wird. Nach der Quirinuslegende nahm der letztere das Mönchsgewand und beschloss in diesem seine Tage; nach der Dichtung wurde Ogier der Däne in Meaux begraben und nach dem Zeugnisse des Grabsteines und der Conversio Othgerii lebte er in einem Kloster eben dieser Stadt als Mönch. Die Denkmäler aus Meaux, in Stein und Schrift, bilden die Brücke von dem Otgar der Passio Quirini zu dem Ogier de Danemarche der Dichtung.

Endlich ist eine Nachricht des Chronicon Belgicum Magnum) von Wichtigkeit, da hier von einer Seite, wo ein Einfluss des Metellus oder bayerischer Chronisten so gut wie ausgeschlossen erscheint, Ogier mit Bayern in Verbindung gebracht wird. Diese Compilation, nach Potthast um 1478

1) Ausgabe von Barrois, I, V. 346 f.

2) Ed. Alton in Bibliothek des Litterar. Vereins in Stuttgart, Bd. 194 (1892), V. 9536 f.

3) Mon. Germ. Script. III, 170; Ennen, Geschichte der Stadt Köln, I, 145.

4) Pistorius-Struve, Script. III, 50.

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