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diesem Wege ein Christenrecht zu Stande zu bringen, welches in früherer Weise an die Spitze des ganzen Gesetzbuches gestellt werden könne. Dabei ist klar, dass der von der Kirche im Drontheimischen erfochtene Sieg auch auf das Schicksal der in den drei anderen Dingverbänden bereits angenommenen neuen Gesetzbücher nicht ohne Einfluss bleiben konnte. Es war ja das gemeine Recht der abendländischen Kirche, auf welches der Erzbischof seinen Widerstand gegen jede weltliche Gesetzgebung in kirchlichen Angelegenheiten stützte; hatte sich der König diesem aber erst für einen Theil seines Reiches gefügt, so konnte er weiter reichende Ansprüche seiner weltlichen Gewalt auch für dessen übrige Theile nicht mehr aufrecht erhalten. Auf der anderen Seite musste aber gerade die klar zu Tage liegende Nothwendigkeit, das Kirchenrecht für das gesammte Reich einheitlich zu gestalten, dem Könige den Gedanken nahe legen, auch für das weltliche Recht statt der bisher schon erstrebten theilweisen Vereinheitlichung die Herstellung einer vollständigen Rechtseinheit durchzuführen, und in der That zeigen die von jetzt ab durch ihn erlassenen Gesetzbücher in beiden Beziehungen einen von dem früheren sehr erheblich abweichenden Charakter. Auf der einen Seite zeigen sie sich bestrebt, soweit nur immer möglich ein gemeines Recht für das gesammte Reich zu bieten; auf der anderen Seite aber enthalten sie zwar noch wie die früheren Provincialrechte einen Kristindómsbálk an ihrer Spitze, geben aber in diesem nicht mehr, wie jene gethan hatten, wirklich kirchenrechtliche Satzungen, sondern nur einige Bestimmungen, deren Inhalt dem Kirchenrechte ziemlich fern steht, und war es dem Könige dabei offenbar nur darum zu thun, einem mit dem Erzbischofe zu vereinbarenden Christenrechte seine herkömmliche Stelle in den Gesetzbüchern offen zu halten. Schon die in den Jahren 1271-73 für Island erlassene Járnsída enthält in dieser Weise nur noch formell

einen Kristindómsbálk, während derselbe doch materiell kein Kirchenrecht mehr enthält, und das Gleiche gilt auch von dem gemeinen Landrechte aus dem Jahre 1274, von dem gemeinen Stadtrechte aus dem Jahre 1276, sowie von der isländischen Jónsbók aus dem Jahre 1280; als Gegenbild aber treten jetzt wirkliche Christenrechte auf, welche nicht mehr vom König, sondern vom Erzbischof oder vom Bischof von Skálholt abgefasst werden. — Die Entstehungsgeschichte dieser beiden Christenrechte ist allerdings nicht ganz klar. Eine ganz verlässige Quelle berichtet uns, 1) dass der Erzbischof sich schon im Jahre 1272 mit der Absicht trug, ein neues Christenrecht zu bearbeiten, und dass er den B. Arni anwies, in dieser Beziehung Hand in Hand mit ihm vorzugehen; dass ferner Arni sich sofort nach Norwegen begab, um zu erfahren, was der Erzbischof vom älteren isländischen Christenrechte fortbestehen lassen wolle und was nicht, dann welchen Quellen diejenigen Satzungen entnommen werden sollten, welche neu in dieses einzuschalten seien; dass endlich der Bischof nach seiner Rückkehr in die Heimath im Winter 1273-74 wirklich ein vollständiges Christenrecht nach der Anweisung des Erzbischofes ausarbeitete, dessen gesetzliche Annahme er auch im folgenden Sommer (1275) am Allding im Wesentlichen durchsetzte.2) Da nun das erzbischöfliche Christenrecht, so wie es uns vorliegt, ein erst im Jahre 1277 erlassenes Zehntregulativ enthält, also in dieser Gestalt unmöglich vor dem genannten Jahre entstanden sein kann, und da andererseits doch auch kaum anzunehmen ist, dass der Erzbischof seinem isländischen Suffragan bei der Abfassung des neuen Christenrechtes den Vortritt gelassen haben werde, überdies aber

1) Arna bpss., cap. 10, S. 691, Anm. 2, dann cap. 14, S. 697 und 698. 2) Die Annalen von Skálholt, S. 194, die einzigen, welche des Vorgangs gedenken, setzen ihn in das Jahr 1276.

auch noch einzelne andere Spuren auf eine frühere Entstehung des erzbischöflichen Christenrechtes hinzudeuten scheinen, habe ich seinerzeit auszuführen gesucht, 1) dass eine doppelte Redaction dieses Christenrechtes zu unterscheiden sei, von welchen die erste, uns verlorene, bereits fertig war, als K. Magnús am 1. August 1273 mit Erzbischof Jón das Bergener Concordat abschloss, während die zweite erst, nachdem dieses Concordat in Folge der vom päpstlichen Stuhle eingenommenen Haltung hinfällig geworden war, gelegentlich der neuerdings angeknüpften Verhandlungen hergestellt wurde, und dann auch in der uns allein erhaltenen Gestalt gelegentlich der am 9. August 1277 zu Túnsberg abgeschlossenen neuen Uebereinkunft jene Sanction des Königs erlangte, von welcher mehrere Hss. des Christenrechtes sprechen. Dem gegenüber hat nun freilich G. Storm vor kurzer Zeit in seinen Bemærkninger til de i Norges gamle Love 5te Bind optagne oldnorsk-islandske Lovtexter" darauf aufmerksam gemacht,2) dass zwei Hss. des von B. Arni verfassten Christenrechtes am Rande die für dieses benützten Quellen angeben, und als solche die Gulaþingsbók und die Frostuþingsbók, das ältere isländische Recht, endlich die Decretalen und einzelne Anordnungen des Erzbischofs Jón verzeichnen; er hat ferner hieraus gefolgert, dass dieses Christenrecht nicht etwa, wie ich angenommen hatte, auf Grund einer älteren Redaction des erzbischöflichen Christenrechtes, sondern zwar nach vorgängiger Verständigung mit dem Erzbischofe, aber doch unmittelbar aus den von diesem bezeichneten älteren Quellen ausgearbeitet worden sei, und dass jeder Grund zur Annahme einer zweifachen Redaction des erzbischöflichen Christenrechtes fehle. Storm's Beweis

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1) Gulaþingslög, S. 56-59; Udsigt, S. 41-43; Studien über das sog. Christenrecht K. Sverrirs, in der Festgabe zu L. von Spengels Doctorjubiläum, S. 55-66 (1877).

2) Tidsskrift for Retsvidenskab, III, S. 441-43 (1890).

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führung hat viel Bestechendes, wenn auch eine genauere Prüfung der einzelnen Stellen des isländischen Christenrechtes und ihrer Quellen ernstliche Bedenken gegen deren Stichhaltigkeit zu erwecken scheint; da indessen die Frage für die gegenwärtige Untersuchung ohne erhebliche Bedeutung ist, kann ich sie hier bei Seite liegen lassen. Nach dem Tode des Königs Magnús wurde übrigens die Gültigkeit der Túnsberger Compositio" sofort wieder in Frage gestellt und damit wohl auch die Gültigkeit des erzbischöflichen Christenrechts. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinein herrschte in Folge dessen in kirchenstaatsrechtlicher Beziehung eine heillose Verwirrung in Norwegen, indem die Kirche die fortwährende Gültigkeit des Túnsberger Vergleiches und des erzbischöflichen Christenrechtes behauptete, während staatlicherseits entweder das von K. Magnús gesetzte Christenrecht, wie es in den revidirten Gesetzbüchern von 1267 und 1268 enthalten war, als zu Recht bestehend behandelt, oder aber, weil dieses ohne die Zustimmung des Erzbischofes zu Stande gekommen und darum von ihm nicht anerkannt war, gar auf die älteren Christenrechte zurückgegriffen wurde, wie solche zu K. Hákons Zeiten gegolten hatten.1) Aus diesem Grunde wurden denn auch die älteren Christenrechte fortwährend neben den neueren abgeschrieben; erst durch die Handfeste des Königs Karl Knutsson vom 20. November 1449,2) und durch die Bestätigungsurkunde des Königs Christian I. vom 21. Januar 14583) erlangte der Túnsberger Vergleich, und mit ihm wohl auch das erzbischöfliche Christenrecht wieder seine formelle staatliche Anerkennung.

Erhalten sind uns nun von diesen Gesetzbüchern aus des Königs Magnús Zeit die Járnsída, abgesehen von einer hier

1) Genauere Nachweise giebt meine Udsigt, S. 53-54. 2) Diplom. norveg. Vl, nr. 531, S. 560. 3) Ebenda, IV, nr. 941, S. 690-91.

nicht in Betracht kommenden Lücke in der Mitte ihres Textes, das gemeine Landrecht und Stadtrecht, sowie die Jónsbók; ferner das Christenrecht des Bischofs Arni von Skálholt und das Christenrecht des Erzbischofs Jón in seiner aus dem Jahre 1277 datirenden Gestalt. Erhalten sind uns ferner zwei Christenrechte, welche, wie man jetzt mit Recht allgemein annimmt, der im Uebrigen verlorenen Gesetzgebung des Königs Magnús für das Gulaþing einerseits und für das Borgarþing andererseits aus den Jahren 1267 und 1268 angehören, und welche man darum als die neueren Christenrechte des Gulapinges und des Borgarþinges zu bezeichnen pflegt, obwohl diesen Bezeichnungen allerdings jede handschriftliche Gewähr fehlt. Beide Christenrechte weichen zwar im Einzelnen vielfach von einander ab, sind aber doch wesentlich im gleichen Geiste bearbeitet und auf sie muss es sich auch wohl beziehen, wenn eine Verordnung des Königs Hákon Magnússon vom 28. Juli 13161) einen „Kristinsdómsrètt" nennt, welchen K. Magnús Hákonarson zusammensetzen liess und welchen sie von dem anderen Christenrechte unterscheidet, welches Erzbischof Jón zusammensetzen liess, während sie doch zugleich bemerkt, dass die ,lögbók" dieses Königs, d. h. dessen gemeines Land- und Stadtrecht, einen Kristinsdómsbálk“ nicht enthalte, was ja materiell, wenn auch nicht formell, vollkommen zutrifft. Erhalten sind uns aber überdies auch noch zwei kirchenrechtliche Compilationen von sehr zweifelhafter Entstehungszeit und Bedeutung, nämlich das sogenannte Christenrecht K. Sverrirs und ein erst neuerdings entdecktes und veröffentlichtes Werk ähnlicher Art, 2) welches sich als ein Christenrecht des Frostupinges bezeichnet (AM. 313 fol.), in der That aber als eine Compilation aus verschiedenen Quellen, wenn auch mit vorzugs

1) Norges gamle Love, III, S. 117. 2) Ebenda, IV, S. 50-65.

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