um so mehr die Unbefangenheit der Auffassung getrübt und die Bilder entstellt werden 39. Mit welchem Blick und von welcher Seite wir auch Mozart anschauen mögen, immer tritt uns die echte, reine Künstlernatur entgegen in ihrem unbezwinglichen Schaffensdrang und in ihrer unerschöpflichen Schaffenskraft, erfüllt von der unversiegbaren Liebe, die keine Freude und Befriedigung kennt als im Hervorbringen des Schönen, beseelt von dem Geist der Wahrheit, der allem was er ergreift den Odem des Lebens einhaucht, gewissen haft in ernster Arbeit, heiter in der Freiheit des Erfindens. Alles was den Menschen berührt, empfindet er musikalisch, und jede Empfindung gestaltet er zum Kunstwerk; was dem musikalischen Ausdruck dienen kann, erfaßt er mit scharfem Sinn und eignet es sich an, damit zu schalten nach den Gesetzen seiner Kunst. Diese Universalität, welche mit Recht als Mozarts Vorzug gepriesen wird, beschränkt sich nicht auf die äußerliche Erscheinung, daß er in allen Gattungen der Lonkunst sich mit Erfolg versucht hat, in Gesang- und Instrumentalmusik, in geistlicher und weltlicher Musik, in der ernsten und komischen Oper, in Kammer- und Orchestermusik und wie man dies weiter verfolgen will. Schon eine solche Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit wäre zu bewundern; allein an Mozart bewundern wir ein Höheres, daß ihm das ganze Gebiet der Musik nicht ein eroberter Besit, sondern die angeborne Heimath, daß jede Weise des musikalischen Ausdrucks für ihn die nothwendige Äußerung eines innerlich Erlebten war, daß er in jede Form ein im Geiste Erschautes und im Gemüthe Empfundenes barg, daß er jede Erscheinung mit der Fackel des Genius berührte, deren heller Funke jedem leuchtet, der keine Binde vor den Augen trägt. Seine Universalität hat ihre Schranke in der Beschränkung der menschlichen Natur überhaupt und demgemäß in seiner Individualität, allein diese spricht sich voll und rein in jeder einzelnen 39 [Weitere Urtheile und Parallelen stellt Wurzbach S. 212 f. zusammen. Interesse gewährt auch die reichhaltige Sammlung K. Priegers „Urtheile bedeutender Dichter, Philosophen und Musiker über Mozart. 2. Aufl. Wiesbaden 1886. Hier mögen nur noch Goethe's Worte an Eckermann (III S. 157) stehen: „Was ist Genie anders als jene produktive Kraft, wodurch Thaten entstehen, die vor Gott und der Natur sich zeigen können, und die eben deswegen Folge haben und von Dauer sind? Alle Werke Mozarts sind von dieser Art; es liegt in ihnen eine zeugende Kraft, die von Geschlecht zu Geschlecht fortwirkt und so bald nicht erschöpft und verzehrt sein dürfte."] Erscheinung aus. Seine Universalität ist nicht zu trennen von der Harmonie seiner künstlerischen Natur, welche sein Wollen und sein können, seine Intentionen und seine Mittel nie mit einander in Konflikt kommen ließ; der Kern seines innersten Wesens war stets der Mittelpunkt, von dem die künstlerische Aufgabe sich wie nach einer natürlichen Nothwendigkeit gestalten mußte. Was seine Sinne gewahrten, was sein Geist erfaßte, was sein Gemüth bewegte, jede Erfahrung wandelte sich in ihm in Musik um, die in seinem Innern lebte und webte; aus diesem Leben schuf der Künstler nach ewigen Geseßen und in bewußtem Bilden, wie wir das Schaffen des göttlichen Geistes in der Natur und in der Geschichte ahnen, jene Werke von unvergänglicher Wahrheit und Schönheit 4. Und schauen wir mit Bewunderung und Verehrung zu dem großen Künstler auf, so ruht unser Blick mit immer gleicher Theilnahme und Liebe auf dem fedlen Menschen. Wohl erkennen wir in seinem Lebensgang, der klar und offen vor uns liegt, die Fügung, die ihn auf diesem Wege sein Ziel erreichen ließ; und hat ihn auch des Lebens Noth und Jammer hart gedrückt, so ist ihm die höchste Freude, welche dem Sterblichen vergönnt ist, die Freude am glücklichen Schaffen im vollsten Maße beschieden gewesen. Auch er war unser! sagen wir mit gerechtem Stolz 41. Denn wo man die höchsten und die besten Namen jeglicher Kunst und aller Zeiten nennt, da nennt man unter den ersten Wolfgang Amade Mozart. 40 . Lindner, Zur Tonkunst S. 173 f. I. Familien - Dokumente. 1. (I S. 1.) Auszug aus den Augsburger Hochzeitamts-Protokollen. Anno 1708 d. 7. October. Johann Georg Mozart, ein Buchbinder ledig, und Anna Maria Peterin, weyl. Augustin Bannegerß Buchbinderß Seel. Wittib, beede hießig, sein Beystand Joh. Georg Mozart, Maurmeyster, ihrerseithß Franz Xaveri Banneger, Zühngießer. 2. (I S. 1.) Auszug aus den Augsburger Taufregistern. Am 14. November 1719 ward im Pfarrsprengel von St. Georg geboren und getauft Joh. Georg Leopold Mozarth, ehelicher Sohn des Johann Georg Mozarth, Buchbinders, (bibliopega) und der Anna Maria. Taufpathen: Georg Grubher, Canonicus bei St. Peter in Augsburg und Maria Schwarz. 3. (I S. 17.) Auszug aus dem Kirchenbuch in Salzburg. Am 21. Nov. 1747 wurde vom Stadtcaplan Leopold Joly in Gegenwart der Zeugen Sebastian Seyser, Chorvicar an der Metropolitankirche und Franz Speckner, Hofkammerdiener und Tanzmeister, in der Domkirche getraut Leopold Mozart Hofmusikus, des Georg Mozart Buchbinders zu Augsburg und der Maria Anna Sulzer ehelicher Sohn mit Maria Anna Pertl, des Nikolaus Pertl, Pflegcommissars in Hildenstein 1 und der Eva Rosina Altmann, eheliche Tochter. 4. (I S. 18.) Das Kirchenbuch der Dompfarre in Salzburg macht folgende Kinder Leop. Mozarts namhaft: 1 Jedenfalls Irrthum für Hüttenstein (ein Schloß bei S. Gilgen). [Vgl. die Nachricht der Schwester und Nottebohms Bem. dazu S. 95.] |