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Klavierspielerin war, Unterricht zu geben, und fand ihn am Schreibtisch mit dem Requiem beschäftigt. Mozart erklärte sich bereit, wenn man ihm noch einige Zeit Frist lasse, denn er habe eine Arbeit unter Händen, die dringend sei und ihm sehr am Herzen liege; bis diese vollendet sei, könne er durchaus an nichts anderes denken 2. Auch andere Freunde erinnerten sich später gar wohl, wie sie Mozart bei dieser Arbeit angetroffen hatten, die ihn bis kurz vor seinem Tode ausschließlich beschäftigte3. Die rastlose Anstrengung, mit welcher er auch nachts daran arbeitete, vermehrte das Unwohlsein, an welchem er schon in Prag gelitten hatte. Schon während er mit der Vollendung der Zauberflöte beschäftigt war, hatten ihn mitunter Ohnmachten befallen; dieser Zustand der Erschöpfung nahm zu, und mit ihm eine trübe Stimmung. Wie sehr ihn dieselbe beherrschte, zeigt ein merkwürdiges Billet Mozarts im Sept. 1791 an einen unbekannten Empfänger (da Ponte? vgl. S. 556) in italiänischer Sprache gerichtet1.

Affmo Signore. Vorrei seguire il vostro consiglio, ma come riuscirvi? ho il capo frasternato, conto a forza e non posso levarmi dagli occhi l'immagine di questo incognito. Lo vedo di continuo, esso mi prega, mi sollecita, ed impaziente mi chiede il lavoro. Continuo perchè il comporre mi stanca meno del riposo. Altronde non ho più da tremere. Lo sento a quel che provo, che l'ora suona; sono in procinto di spirare; ho finito prima di aver goduto del mio talento. La vita era pur si bella, la carriera s' apriva sotto auspici tanto fortunati, ma non si può cangiar il proprio destino. Nessuno misura i propri giorni, bisogna rassenarsi, sarà quel che piacerà alla providenza. termino ecco il mio canto funebre, non devo lasciarlo imperfetto.

Vergebens bot seine Frau, die von Baden zurückgekommen war, alles auf ihn von der Arbeit wegzubringen und durch Gesellschaft zu erheitern, er blieb zerstreut und schwermüthig3. Als sie an einem schönen Tage mit ihm in den Prater gefahren war und sie einsam da saßen, fing Mozart an vom Tode zu

2 Mosel, üb. d. Orig. Part. des Requiem. S. 5.

3 Stadler, Nachtr. S. 17.

4 Im Besitz von Mr. Gouny in London, nach dem Original von Köchel abgeschrieben. [In Zeile 3 v. u. hatte Köchel micura abgeschrieben, wofür Jahn assicura vermuthete; ein glückliches Auge hat misura als das Nichtige erkannt. Statt frasternato in 3. 2 v. o. vermuthete Meinardus frastornato. Leider ist der Verbleib des Originals nicht mehr zu ermitteln.]

5 A. M. 3. I S. 147 f.

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sprechen und sagte ihr mit Thränen in den Augen, daß er das Requiem für sich schreibe. „Ich fühle mich zu sehr“, fuhr er fort, mit mir dauert es nicht mehr lange; gewiß man hat mir Gift gegeben ich kann mich von diesem Gedanken nicht losmachen“6. Aufs äußerste erschreckt durch diese Äußerung, gab sie sich die ersinnlichste Mühe, ihm solche Gedanken auszureden und ihn wieder aufzurichten. In der Überzeugung, daß die Beschäftigung mit dem Requiem seinen krankhaften Zustand erhöhe, nahm sie ihm die Partitur weg und zog den Dr. Closset als Arzt zu Rath.

Wirklich erholte er sich etwas und es wurde ihm möglich, für ein Fest in der Loge eine von Schikaneder gedichtete Cantate (623 K., S. IV. 3) zu komponiren, welche am 15. Nov. vollendet

6 Diese Vorstellung, die auch Niemetschek nicht ganz zurückweist, indem er bei der Erwähnung seines frühen Todes bemerkt: „wenn er ja nicht auch künstlich befördert war“ (S. 67), war weit verbreitet, Detouche erzählte es Sulp. Boisserée (I S. 292), Mar. Sessi war fest davon überzeugt (N. Berl. Mus. Ztg. 1860 S. 340). Selbst die Wittwe sagt in einem Briefe an Reg. Rath Ziegler in München (25. Aug. 1837) von ihrem Sohne, er wisse, daß er nicht so groß werde wie sein Vater, deshalb aber auch keine Neider zu fürchten habe, die ihm nach dem Leben strebten.

7 Mozarts krankhafter Gedanke gab Veranlassung, einen schmählichen Verdacht auf Salieri zu werfen, daß er Mozart Gift beigebracht hätte, und nach seinem Tode erhob sich das Gerücht, als habe er auf dem Todbette in seinen Phantasien sich dieses Verbrechens selbst beschuldigt (vgl. A. M. 3. XXVII S. 413). Carpani hat in einem langen Aufsatz (Biblioteca Italiana 1824) Salieri gerechtfertigt; in diesem ist außer vielen Deklamationen ein ärztliches Zeugnis beigebracht, daß Mozart an einer Gehirnentzündung gestorben sei, und die Aussage der Krankenwärter Salieri's, Rosenberg und Porsche, daß Salieri in seiner Krankheit gar nichts von Vergiftung geäußert habe. [Nach Moscheles Zeugnis hat Salieri gerade im Gegentheil auf dem Sterbebette in feierlicher und ergreifender Weise dieses Gerücht als unwahr bezeichnet. Vgl. Autobiogr. Notizen v. Moscheles (Leipz. 1874).] Auch Neukomm hat, gestützt auf seine genaue Bekanntschaft mit der Familie Mozart und mit Salieri, energisch gegen eine Verläumdung protestirt (Berl. allg. muf. Ztg. 1824 S. 172), der kein Besonnener Glauben schenken kann. Eigenthümlich ist der Grund, mit welchem der Kapellmeister Schwan en berg in Braunschweig, ein Freund Salieri's, das Gerücht widerlegte. Als Sievers, damals sein Schüler, ihm aus einer Zeitung (Mus. Wochenbl. S. 94) erzählte, man behaupte, daß Mozart ein Opfer des Neides der Italiäner geworden sei, erwiederte er: Pazzi! non ha fatto niente per meritar un tal onore (A. M. 3. XXI S. 120. Sievers, Mozart und Süßmayr S. 3 f.). Daumer hat die abenteuerliche Vermuthung zu begründen gesucht, daß Mozart durch den Freimaurerorden ver giftet sei (Aus der Mansarde IV S. 75 f.). — Übrigens hat auch das Gerede von Mozarts Vergiftung den Stoff zu einer traurigen Kunstnovelle „der Musik, feind“ von Gustav Nicolai (Arabesken für Musikfreunde I Lpz. 1825) hergeben müssen.

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wurde und deren Aufführung er selbst leitete. Die gute Ausführung und der Beifall, welchen diefelbe fand, erfreute ihn und gab ihm wieder Muth und Lust zur Arbeit; er erklärte selbst seine Gedanken von Vergiftung für eine Folge seines Unwohlseins, das aber jezt gehoben sei— nun verlangte er von seiner Frau das Requiem zurück, die es ihm auch ohne Bedenken gab, und schrieb daran weiter.

Allein diese Besserung war nur von kurzer Dauer, nach wenigen Tagen befiel ihn wieder die trübe Stimmung, er sprach wieder von Vergiftung, seine Kräfte nahmen mehr und mehr ab, es trat Geschwulst an Händen und Füßen und eine fast völlige Unbeweglichkeit ein, worauf später plögliches Erbrechen folgte. Der brave Jos. Deiner (I S. 833) erzählte, daß Mozart im November 1791 in die silberne Schlange gekommen sei, elenden Aussehens und über sein Befinden klagend; er habe ihn auf den anderen Morgen zu sich bestellt, um mit der Frau Holz für den Winter einzukaufen. Er habe sich denn auch eingefunden, aber die Magd empfing ihn mit der Nachricht, in der Nacht sei der Herr so krank geworden, daß sie den Doktor habe holen müssen. Von Mozarts Frau ins Zimmer gerufen, fand er diesen im Bette liegend; als er Deiner reden hörte, schlug er die Augen auf und sagte kaum hörbar: „Joseph, heute ist nichts, wir haben heut zu thun mit Doktors und Apothekers"s. Schon am 28. Nov. war der Zustand so bedenklich, daß Dr. Closset den Dr. Sallaba, Primararzt des allgemeinen Krankenhauses, zu einer Konsultation zuzog. Während der funfzehn Tage, welche er bettlägerig war, verließ ihn die Besinnung nicht; er hatte den Tod beständig vor Augen und sah ihm gefaßt entgegen, aber nicht ohne Schmerz trennte er sich vom Leben. Der Erfolg der Zauberflöte eröffnete ihm die Aussicht auf reichere Anerkennung und Belohnung, in den letzten Tagen war die von einem Theil des ungarischen Adels ausgestellte Zusicherung einer Subskription von jährlich 1000 fl., und von Amsterdam die Anweisung eines noch höheren jährlichen Betrages gegen die Verpflichtung, wenige Stücke ausschließlich für die Subskribenten zu komponiren, bei ihm eingegangen: jezt, wo

8 Wiener Morgenpost 1856 Nr. 28. [Der Bericht ist wieder abgedruckt bei Nohl, Mozart nach den Schilderungen s. Zeitg. S. 384 f.)

9 Dies geht aus dem Gnadengesuch der Wittwe vom 11. Dez. 1791 (Beil. I) hervor.

er seine Existenz gesichert sah, um ganz seiner Kunst leben zu können, sollte er fort und seine Frau mit den beiden kleinen Kindern einer sorgenvollen Zukunft überlassen 1o. Aber auch auf dem Schmerzenslager blieb er sich gleich in seiner Herzensgüte und Freundlichkeit und verrieth nie die geringste Ungeduld. Seinen Kanarienvogel, der ihm sehr lieb war, ließ er ungern erst ins Nebenzimmer bringen, weil ihm sein Schlagen empfindlich wurde, dann mußte er auch aus diesem entfernt werden.

Sophie Haibl erzählt:

Nun als Mozart erkrankte, machten wir beide ihm die Nachtleibel, welche er vorwärts anziehen konnte, weil er sich vermög Geschwulst nicht drehen konnte, und weil wir nicht wußten, wie schwer krank er sei, machten wir ihm auch einen wattirten Schlafrock- daß, wenn er aufstehete, er gut versorgt sein möchte, und so besuchten wir ihn fleißig, er zeigte auch eine herzliche Freude an dem Schlafrock zu haben. Ich ging alle Tage in die Stadt ihn zu besuchen, und als ich einmal an einem Sonnabend hineinkam, sagte M. zu mir: „Nun, liebe Sophie, sagen Sie der Mama, daß es mir recht sehr gut gehet, und daß ich noch in der Octave zu ihrem Namensfeste [22. Nov.] kommen werde, ihr zu gratuliren."

Mit lebhafter Theilnahme hörte er von den Wiederholungen der Zauberflöte und abends legte er wohl die Uhr neben sich und verfolgte im Geist die Aufführung: „jezt ist der erste Akt aus - jezt ist die Stelle, dir große Königin der Nacht“11. Noch am Tage vor seinem Tode sagte er zu seiner Frau: „einmal möchte ich doch noch meine Zauberflöte hören", und summte mit kaum vernehmbarer Stimme „der Vogelfänger bin ich ja“. Kapellmeister Roser, der an seinem Bett saß, stand auf, ging zum Klavier und sang das Lied, was Mozart sehr zu erheitern schien 12. Auch das Requiem beschäftigte ihn fortwährend. Während er noch daran arbeitete, pflegte er jede vollendete Nummer gleich singen zu lassen und spielte die Instrumentation auf dem Piano. Am Tage vor seinem Tode ließ er sich die Partitur aufs Bett bringen - es war nachmittags um 2 Uhr und sang selbst noch die Altstimme 13, Schack sang wie gewöhnlich den Sopran, Hofer,

10 Von dem etwa vier Monate alten Wolfgang hatte er prophezeit, er würde ein echter Mozart werden, weil er im Weinen in den Ton einstimmte, aus dem der Vater gerade spielte (Niemetschek S. 41).

11 A. M. 3. I S. 149.

12 Monatsschr. f. Theat. u. Muf. 1857 S. 446.

13 Er hatte eine Tenorstimme, die im Sprechen sein war, nur wenn er Jahn, Mozart. II.

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Mozarts Schwager, Tenor und Gerl Baß. Sie waren bei den ersten Takten des Lacrimosa, als Mozart im Gefühl, daß er es nicht vollenden werde, heftig zu weinen anfing und die Partitur bei Seite legte 14.

Als gegen Abend die Schwägerin kam, trat ihre Schwester, die sich sonst wohl zu beherrschen wußte, ihr voller Verzweiflung in der Thür mit den Worten entgegen: „Gottlob, daß du da bist, heute Nacht ist er so schlecht gewesen, daß ich schon dachte, er erlebt diesen Tag nicht mehr; wenn er heute wieder so wird, so stirbt er die Nacht". Als sie sich dem Bette näherte, rief Mozart ihr zu: „Ach gut, liebe Sophie, daß Sie da sind, Sie müssen heute Nacht da bleiben, Sie müssen mich sterben sehen". Da sie sich zusammennahm und ihm solche Gedanken auszureden suchte, antwortete er ihr: „Ich habe ja schon den Todtengeschmack auf der Zunge, und wer wird dann meiner liebsten Constanze beistehen, wenn Sie nicht hier bleiben?" Sie bat, nur auf einen Augenblick zu ihrer Mutter gehen zu dürfen, der sie Nachricht versprochen habe. Auf den Wunsch ihrer Schwester ging sie bei den Geistlichen bei St. Peter vor und bat, es möge einer wie von ungefähr zu Mozart kommen; sie weigerten sich lange und es kostete ihr viel Mühe, „einen solchen geistlichen Unmenschen“ dazu zu bewegen. Als sie zurückkam, fand sie Süßmayr neben Mozart am Bett in eifriger Unterhaltung über das Requiem. Habe ich es nicht gesagt, daß ich dies Requiem für mich schreibe?" sagte er, während er mit nassen Augen dasselbe durchsah. Und so sicher war er seines nahen Todes, daß er seiner Frau auftrug, sie solle ehe sonst etwas davon verlaute Albrechtsberger von seinem Tode benachrichtigen, denn diesem gehöre vor Gott und der Welt seine Stelle an der Stephanskirche (I S. 808).

Spät abends kam noch der Arzt, den man nach langem Suchen im Theater fand, das er sich nicht entschließen konnte vor dem Schluß des Stücks zu verlassen. Er erklärte Süßmayr im Vertrauen, daß keine Hülfe mehr sei, verordnete aber noch kalte Umschläge auf den Kopf, welche Mozart so erschütterten, daß er bald darauf das Bewußtsein verlor, das sich nicht wieder

beim Dirigiren lebhaft wurde, sprach er kräftig und laut (Hogarth, Mem. of the opera II p. 198).

14 So lautet die unbedingt glaubwürdige Mittheilung Schacks (A. M. Z. XXIX S. 520 f. Nissen, Nachtr. S. 169).

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