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Zauberspiegel, die Zauberkrone und andere dergleichen elende Zaubereien mehr, bei deren Ansehen und Anhören sich einem das Inwendige umkehren möchte. Text und Musik tanzen ihren kläglichen Reihen neben einander die Zauberflöte ausgenommen, so daß man nicht weiß, ob der Dichter den Compositeur oder dieser jenen an Schmiererei habe übertreffen wollen. Dazu kommt noch, daß diese miserablen Produkte noch miserabler vorgestellt werden 81.

Der Zauberflöte auffallend ähnlich war die Oper Babylons Pyramiden von Schikaneder, deren erster Akt von Gallus (S. 247), der zweite von Winter komponirt war, zuerst am 23. Okt. 1797 aufgeführt 82. Im Jahre darauf folgte dann das Labyrinth oder der Kampf der Elemente, als zweiter Theil der Zauberflöte angekündigt, von Schikaneder und Winters, im Jahre 1806 auch in Berlin mit großer Pracht gegeben 84. Von Goethe's Plan, die Zauberflöte fortzusehen, ist schon (S. 590) die Rede gewesen.

Es ist überflüssig, eine Statistik der Aufführungen der Zauberflöte in Deutschland zu geben. In Wien bemächtigten sich allmählich alle Theater derselben. Am 24. Februar 1801 wurde die Zauberflöte auf dem Kärnthnerthortheater mit neuen Dekorationen von Sacchetti gegeben 85 Schikaneder war gar nicht genannt; das rief einige derbe Pamphlets in Knittelversen hervor 86. Schikaneders Antwort war eine glänzend ausgestattete Aufführung der Zauberflöte in seinem neuen Theater an der Wien, die er als Papageno mit den Worten empfahl

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Der Papageno ist zwar da,
Doch singt er noch nicht hopsasa;
nach eurem Urtheil bloß allein
wird er sich seines Sieges freun.
Versprochen hab ich zwar schon lang
der Zauberflöte Sang und Klang,
doch Maler, Schneider, Maschinist
erheischten diese lange Frist.

81 Berl. Mus. Ztg. 1793 S. 142.

82 A. M. 3. I S. 73 f. 447 f.

83 A. M. 3. II S. 811 f.

84 A. M. 3. V S. 778, 794. Zelter, Briefw. I S. 74 f.

85 A. M. 3. III S. 484. 3tg. f. d. eleg. Welt 1801 Nr. 40 S. 315.

86 Mozart und Schikaneder, ein theatralisches Gespräch über die Aufführung der Zauberflöte im Stadttheater, in Knittelversen von * *. Wien 1801 (3tg. f. d. eleg. Welt 1801 Nr. 41 S. 326 f.). Mozarts Traum nach Anhörung seiner Oper die Zauberflöte im Stadttheater, Jupitern und Schikanedern erzählt im Olymp in Knittelversen von F. H. v. TZ. Wien 1801.

Auch scheute er sich nicht, die mangelhafte Maschinerie des andern Theaters grotesk zu parodiren 87. Der Zulauf war ungeheuer, aber da er sich auch arge Dinge erlaubt hatte, z. B. das Quintett auszulassen, für Dlle. Wittmann eine Arie einzulegen, erfuhr er ebenfalls die Kritik der Knittelverse ss. Im Nov. 1810 versuchte sich auch das Leopoldstädter Theater an der Zauberflöte 89, im Jahre 1812 aber unternahmen die Theater am Kärnthnerthor und an der Wien einen förmlichen Wettstreit um die glänzendste Aufführung der Zauberflöte 90.

Von da ging sie in wenigen Jahren über alle Bühnen, große wie kleine. In Frankfurt am Main wurde sie seit 1793 mit dem größten Beifalle aufgeführt, von welchem uns die Briefe von Goethe's Mutter Zeugnis geben 91. In Berlin wurde die Zauberflöte zuerst am 12. Mai 1794 in der glänzendsten Ausstattung 92 und mit einem Erfolg gegeben, der das Übergewicht der deutschen Eper über die italiänische dort entschied 93; am 12. Mai 1844 feierte man das Jubiläum dieser Aufführung 94. In Hamburg kam die „lang ersehnte Zauberflöte“ erst am 19. Nov. 1794 auf die Bühne und mußte sich über Oberon und Sonnenfest der Braminen den Sieg erkämpfen 95. Als Kuriosität mag auch erwähnt werden, daß in Braunschweig die Zauberflöte in 87 Treitschke, Orpheus S. 248. A. M. 3. III S. 484.

88 Jupiter, Mozart und Schikaneder, nach der ersten Vorstellung der Zauberflöte im neuen Theater an der Wien, Wien 1802.

89 A. M. 3. XII S. 1057.

90 A. M. 3. XIV S. 558 f. Treitschke, Orpheus S. 249 f.

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91 [Schriften der Goethe-Gesellschaft 4. Bd. S. 28 (Brief vom 9. November 1793): Neues gibts hir nichts, als daß die Zauberflöte 18 mahl ist gegeben worden und daß das Hauß immer geproft voll war kein Mensch will von sich sagen laßen er hätte sie nicht gesehn — alle Handwerker — gärtner ja gar die Sachsenhäußer deren ihre Jungen die Affen und Löwen machen gehen hinein so ein Specktakel hat mann hir noch nicht erlebt Hauß muß jedesmahl schon vor 4 uhr auf seyn und mit alledem müßen immer einige hunderte wieder zurück die keinen Play bekommen können — das hat Geld eingetragen! Der König hat vor die 3 mahl als Er das letzte mahl hir war, und nur die einzige kleine Loge von Willmer innehatte 100 Carolin bezahlt." S. 45 (6. Febr. 1794) „vorige Woche ist die Zauberflöthe zum 24ten mahl bei voll gepropftem Hauße gegeben worden, und hat schon 22000 fl. eingetragen! Wie ist sie den bey Euch executirt worden? machens eure Affen auch so brav, wie unsere Sachsenhäußer?" Die erste Aufführung in Weimar, nach Vulpius' Bearbeitung, war am 16. Jan. 1794. Burkhardt S. 12.]

92 Reichardt, Vertr. Briefe aus Paris I S. 163.

93 Schneider, Gesch. d. Oper S. 63 f.

94 A. M. 3. XLVI S. 443. Rellstab, Gef. Schr. XX S. 379 f.
95 Meyer, L. Schröder II, 1 S. 115.

französischer Überseßung 96 und in Dresden seit 179497 in italiänischer Bearbeitung 98 gegeben wurde bis zum Jahre 1818, wo C. M. v. Weber sie zuerst deutsch mit großer Sorgfalt und zu eigener Befriedigung aufführte 99.

Die Zauberflöte machte Mozarts Namen rasch, namentlich auch in Norddeutschland, populär. Wie allgemein die Gunst war, welche sie fand, mag Goethe bezeugen, dessen Hermann, der einfache Bürgerssohn eines Landstädtchens, von einem Besuch beim Nachbarn erzählt:

Minchen saß am Klavier; es war der Vater zugegen,

hörte die Töchterchen singen, und war entzückt und in Laune. Manches verstand ich nicht, was in den Liedern gesagt war; aber ich hörte viel von Pamina, viel von Tamino, und ich wollte doch auch nicht stumm sein! Sobald sie geendet, fragt ich dem Texte nach, und nach den beiden Personen. Alle schwiegen darauf und lächelten; aber der Vater sagte: nicht wahr, mein Freund, er kennt nur Adam und Eva? und Tieck, der im gestiefelten Kater den Besänftiger mit dem Glockenspiel und den Dekorationen der Zauberflöte das empörte Publikum jedesmal zum allgemeinen Beifall hinreißen läßt. Noch heute sind Sarastro und Tamino unerläßliche Gast- und Proberollen, leider auch die Königin der Nacht für Sängerinnen vom hohen f; ist auch die Pracht der Dekorationen und Maschinerien längst weit überboten und das Interesse an der Freimaurertendenz, das anfangs mitgewirkt haben mag, nicht mehr lebendig, so ist doch die Zauberflöte auch jezt noch im eigentlichen Sinne populär.

Auch in holländischer 100, schwedischer 101, dänischer 102, polnischer 103 Überseßung hat sie Glück gemacht; daß in Italien diese „musica scelerata ohne alle Melodie" noch weniger durchdringen konnte, als Mozarts übrige Opern, ist begreiflich, eben weil sie so echt deutsch ist 10. Erklärlich ist es auch, daß sie in

96 A. M. 3. VII S. 208.

97 A. M. 3. I S. 341.

98 Treitschke, Orpheus S. 250 f.

99 A. M. 3. XX S. 839 f. Cäcilia VIII S. 170.

100 A. M. 3. XIV S. 239.

101 A. M. 3. XIV S. 593 f. 804. 864.

102 A. M. 3. XXXI S. 820.

103 A. M. 3. XIV S. 327.

104 Ein Versuch in Mailand im Jahre 1816 hatte einen zweifelhaften (A. M. 3. XVIII S. 346 f. 485. XIX S. 190), ein zweiter in Florenz 1818 entschieden ungünstigen Erfolg (A. M. 3. XXI S. 42).

London, wo sie im Jahre 1811 zuerst italiänisch 105, dann 1837 in englischer Bearbeitung 106, im Jahre 1840 von einer deutschen Gesellschaft deutsch 107 gegeben wurde, auf der Bühne nur mäßig gefiel, während seit langer Zeit die einzelnen Musikstücke allgemein bekannt und beliebt sind 108.

In eigenthümlicher Verunstaltung wurde die Zauberflöte im Jahre 1801 in Paris durch Lachnith unter dem Titel Les mystères d'Isis eingeführt 109. Das Stück war gänzlich umgeändert, indem alles Wunderbare, z. B. die Zauberflöte selbst, und alles Komische herausgebracht, Papageno z. B. in einen weisen Schäfer Bochoris verwandelt war; natürlich wurde ein guter Theil der Musik dadurch geradezu parodirt, anderes mußte fortbleiben oder wurde ohne solchen Grund weggelassen, z. B. das zweite Quintett, das Terzett, der Chor „O Isis“, die Arie der Pamina u. a. m. Dieser Ausfall wurde erseßt durch eingelegte Stücke aus anderen Mozartschen Opern, z. B. die ChampagnerArie aus Don Giovanni, welche als Duett, eine Arie aus Titus, welche ebenfalls als Duett verarbeitet war, und mehr der Art. An der Musik selbst war ebenfalls die größte Willkür geübt. Der Schlußchor mit Sarastro's Recitativ machte den Anfang der Oper, dann folgte das Terzett „Seid uns zum zweitenmal willkommen“, von sechs Priesterinnen gesungen, hierauf ein Chor aus Titus (15) und nun die ursprüngliche Introduktion. Monostatos Lied war Papagena (Mona), die erste Arie der Königin der Nacht Pamina zugefallen und das Duett „Bei Männern“ zum Terzett gemacht. Es läßt sich danach denken, wie sehr durch Zusehen, Streichen, Ändern von Melodie und Harmonie im einzelnen die Mozartsche Musik entstellt wurde. Die Aufführung rief eine lebhafte Gährung unter Kritikern und Liebhabern hervor 110; nicht bloß Deutsche protestirten gegen die völlige Zerstörung eines einheitlichen Ganzen 111, ein eingehender Aufsag 105 Pohl, Mozart u. Haydn in London S. 147. 106 Hogarth, Mem. of the opera II p. 193. 107 A. M. 3. XLII S. 736. XLIV S. 610. 108 A. M. 3. III S. 335. Hogarth a. a. D.

109 Eine nähere Analyse von einem deutschen Künstler findet sich A. M. Z. IV S. 69 f. [Vgl. Wilder S. 298.]

110 A. M. 3. IV S. 47.

111 Reichardt, Vertr. Briefe aus Paris I S. 162 f. 457 f. Solger, Nachgel. Schr. I S. 69 f. Engel, Journal de Paris 1801 Nr. 316. Schlegel, Europa II, 1 S. 178.

im Moniteur (1801 N. 337) wies das Ungehörige einer solchen Bearbeitung nach, deren Vertheidigung merkwürdig genug Cramer 112 übernahm. Man nannte die Oper les misères d'ici, und sprach von der opération des dérangeur Lachnith 113. Aber alle waren einig über die Vorzüglichkeit der Ballets und Dekorationen, des theatralischen Arrangements einzelner Scenen, die vortreffliche Ausführung durch Orchester und Chöre, und dadurch ist wie es scheint bewirkt, daß bis 1827 dies Ungeheuer in Paris 130 Vorstellungen erlebt hat 114. Am 23. Febr. 1865 fand die erste Aufführung der unverstümmelten Zauberflöte in der Bearbeitung von Nuitter und Beaumont auf dem Théatre lyrique statt und hatte einen glänzenden Erfolg 115.

45.

Krankheit und Tod.

Nachdem die Zauberflöte zur Aufführung gebracht worden war, machte Mozart sich mit allem Eifer an die Vollendung des Requiem'; die Briefe an seine Frau aus dem Oktober deuten unverkennbar darauf hin, daß er allen Fleiß auf die Arbeit wandte (oben S. 577). Sein Freund Jos. v. Jacquin kam zu ihm um ihn zu bitten einer Dame, die bereits eine treffliche

112 Cramer, Anecd. sur Mozart p. 18 f., vgl. 3tg. f. d. eleg. Welt 1801 Nr. 101.

113 Caftil-Blaze, l'acad. imp. de mus. II p. 86.

114 A. M. 3. XX S. 858. XXXIII S. 82 f. 142 f. Im Jahre 1829 fand die deutsche Aufführung der Zauberflöte in Paris großen Beifall (A. M. Z. XXXI S. 466).

115 Niederrhein. Mus. Ztg. 1865 S. 68. Berl. Mus. Ztg. Echo 1865 S. 73 f. Henry Blaze de Bury, Revue des Deux Mondes 1865, LVI p. 412 f.

1 Die nachfolgende Darstellung beruht wesentlich auf den Berichten der Wittwe bei Niemetschek (S. 50 f. Nissen S. 563 f.) — womit die Nachrichten übereinstimmen, welche sie einer Engländerin bei einem Besuch in Salzburg 1829 gab (the musical World 1837 Aug., Sept. Hogarth, Mem. of the opera II p. 196 f.) und einem Briefe der Schwägerin Sophie Haibl (7. April 1827), von Nissen (S. 573 f.) theilweise gegeben, in vollständiger Abschrift nach dem Original mir von Köchel mitgetheilt. [Der Brief ist nach dem Original genau, selbst mit Beibehaltung der fehlerhaften Orthographie, abgedruckt in der Wiener Presse vom Aug. 1877, außerdem gleichfalls nach dem Original von L. Nohl in Musik. Skizzenbuch und in „Mozart nach den Schilderungen“ u. s. w. S. 390.]

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