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folgen von Pausen unterbrochen dreimal drei Akkorde, nur von den Blasinstrumenten in mächtiger Steigerung vorgetragen 36

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Es sind dieselben, welche nachher in der Versammlung der Eingeweihten ertönen, als Zeichen, daß Tamino aufgenommen und zu den Prüfungen zugelassen werden solle, und in demselben sehr markirten Rhythmus wird in den Freimaurerlogen durch Klopfen oder auf andere Weise das zur Prüfung angemeldete Mitglied begrüßt. Dadurch ist auch der wiederholt aufgeworfene Zweifel, ob nicht der zweite und dritte Akkord zu binden sei, beseitigt 37 wie denn auch André im Vorbericht seiner Ausgabe darauf hinwies, daß dieses dem profanen Publikum nicht verständliche" feierliche Einleitungsadagio, „an welches sich gerade nur diese nunmehr gleichsam mystisch beginnende Bearbeitung anschließen konnte“, durch die Bindung ganz entstellt werde. Noch schärfer hat Winter den Rhythmus accentuirt im Labyrinth, dem

36 Vgl. Marr, Lehre v. d. mus. Kompos. IV S. 181 f.

37 Allg. Wiener Mus. 3tg. 1842 S. 521. Niederrh. Mus. Ztg. 1856 S. 68. 89 f. N. Ztschr. f. Mus. XLV S. 41.

Jahn, Mozart. II.'

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zweiten Theile der Zauberflöte, dessen Duverture mit den Akforden

Maestoso.

f

beginnt, welche ähnlich mehrmals wiederkehren.

Während der Musikalische in diesen Akkorden nur den feierlich mahnenden Ruf hört, der auf das was kommen wird die Aufmerksamkeit spannt, erinnern sie den Eingeweihten an die Prüfungen, welche der Aufzunehmende zu bestehen hat, um zum Licht vorzudringen. In dem nun folgenden Allegro wird das erste Thema wieder aufgenommen, aber nicht in regelmäßiger Fugenform, sondern in ungemein kunstvoller kontrapunktischer Behandlung der verschiedenen Motive meistens in der Engführung durchgearbeitet. Schon diese Form der thematischen Bearbeitung macht den Eindruck eines kräftigen aber mit Schwierigkeit und Mühe ringenden Strebens; derselbe wird aber noch sehr durch die Harmonie verstärkt, welche sich fast nur in Molltonarten bewegt und durch überraschende Wendungen den düstern Charakter fast bis zum Ängstigenden steigert. Erst mit dem Eintritt der Haupttonart dringt die Klarheit wieder hervor, die sich dann allmählich zu dem prachtvollsten Glanze steigert, der zwar kurz vor dem Schluß durch einige frappante Schläge getrübt wird, aber nur um desto heller aufzuflammen, so daß man in einem wahren Lichtmeer zu schwimmen glaubt 38. Mag der Kontrapunktiker an diesem unübertroffenen Meisterwerke deutscher Instrumentalmusik die gelehrte Arbeit und die geistige Herrschaft, die mit allen Mitteln der Technik spielt, bewundern, mag der Freimaurer sich an der Feinheit erfreuen, mit welcher der mystische Gedanke in das musikalische Gewand eingekleidet ist: der Triumph des genialen Künstlers ist es, ein Kunstwerk geschaffen zu haben, welches, von der Gelehrsamkeit der Arbeit und dem Tiefsinn der Gedanken ganz abgesehen, als ein musikalisches Ganze auf den musikalischen Sinn unwiderstehlich wirkt, ihn zu angeregter

38 Mit gutem Grund kommt auch Ulibicheff, der dieser Ouverture eine ausführliche Betrachtung gewidmet hat (III p. 400 f.), immer wieder auf die Vorstellung von Licht und Glanz zurück, welche unwiderstehlich durch dieselbe im Hörer hervorgerufen wird, wie dies unzweifelhaft von Mozart beabsichtigt war.

Thätigkeit belebt und zu einer freudigen, heiteren Klarheit erhebt 39.

Daß Mozart die strenge musikalische Form in der Absicht gewählt habe, um auf den Ernst hinzudeuten, mit welchem er die Tendenz dieser Oper auffaßte, geht auch daraus hervor, daß er sie bei dem feierlichen Moment der Prüfung wieder anwendet. Das Auftreten der geharnischten Männer, welche Tamino die oben mitgetheilten Worte, die als Inschrift in eine Pyramide eingegraben sind, einschärfen, ehe er seinen gefährlichen Weg durch die Elemente antritt, wird nach einigen feierlichen, einleitenden Takten durch einen imitirten Sag der Saiteninstrumente

Adagio.

angekündigt, welcher in stetiger Durchführung als figurirte Begleitung zu dem Gesang der Männer beibehalten wird. Der cantus firmus aber, welchen beide im Einklang in der Oktave, unterstüßt durch Flöte, Oboe, Fagotte und Posaunen, vortragen, ist die alte Choralmelodie „Ach Gott vom Himmel sich darein“10,

39 In Kochs Journal der Tonkunst (1795 I S. 103), wird Klage geführt, daß man „noch in dem gegenwärtigen Jahrhunderte die Fuge, dieses höchste Meisterstück der Kunst vor einer Oper paradieren sehe, die halb komisch und halb ernsthaft sein soll, und in welcher, um vermuthlich im ernsthaften Theile derselben das Wunderbare recht handgreiflich zu machen, Narren und Weise mit dem Thierreich und allen Elementen gepaart ein Chaos bilden und in einer, die Dichtkunst unserer Zeit entehrenden Einkleidung sowohl dem guten Geschmack als selbst der gesunden Vernunft den Krieg ankündigen."

40 Auf die Anwendung der alten Choralmelodie hat zuerst Rochliß auf

unverändert bis auf die Theilung der halben Noten in Viertelnoten, wo es der Text verlangte, und die von Mozart hinzugesezte Schlußzeile 41. Mozart lernte die Melodie ohne Zweifel aus Kirnberger kennen, wo sie oft als Beispiel angewendet und zweimal als cantus firmus bearbeitet ist 42. Dies kann man daraus abnehmen, daß dort wie bei Mozart die Anfangsnote der zweiten Zeile um eine Terz erhöht ist und daß ein von Mozart mit eingeflochtenes Motiv an ein von Kirnberger bei der Bearbeitung des Chorals „Es woll' uns Gott genädig sein“ benußtes

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offenbar erinnert 43. Daß ihn die Melodie als cantus firmus zu kontrapunktischer Bearbeitung anzog, beweist ein Skizzenblatt auf der k. k. Hofbibliothek in Wien, welches den Anfang einer anderen vierstimmigen Bearbeitung desselben enthält, die sich noch enger an Kirnberger anschließt (Notenbeil. IX). Nach AI. Fuchs 44 war dies das erste von Mozart zur Oper entworfene Musikstück, womit wohl nur gesagt sein kann, daß er eine fertige kontrapunktische Arbeit dafür benußt habe. In der Originalpartitur ist der Sah zwar im Zusammenhange des ganzen Finale fortgeschrieben, aber man kann an der anfangs zierlichen, immer merksam gemacht, nur nennt er den Choral „Aus tiefer Noth schrei ich zu dir“ (A. M. 3. I S. 148 f. vgl. S. 179, wo er den Irrthum verbessert), sowie Gerber (N. Lex. III S. 496) „Christ unser Herr zum Jordan kam“ angiebt, und Zelter (Briefw. III S. 415. IV S. 354) „Wenn wir in höchsten Nöthen"; Verwechslungen, die wohl erklärlich und öfter berichtigt sind (Cäcilia VIII S. 134. A. M. 3. XLVIII S. 481).

41 Die von Mozart behandelte uralte Melodie ist dem Liede „Ach Gott vom Himmel fieh darein“ schon seit 1524 eigen (Winterfeld, Evang. Kirchengesang I Beil. 14. II S. VII. Tucher, Schatz des evang. Kirchengesanges Mel. 236). 42 Kirnberger, Kunst d. reinen Satzes I S. 237 f.

43 Kirnberger a. a. D. I S. 243. Vgl. Stadler, Nachr. S. 12 f. 44 Wien. Mus. 3tg. 1842 S. 58.

flüchtiger werdenden Handschrift deutlich sehen, daß er nach einer fertigen Skizze abgeschrieben ist 45. Auch wer die kontrapunktische Kunst, mit welcher dieser Sat gearbeitet ist, nicht bewundern fann 46 und nicht ahnt, daß er eine alte Kirchenmelodie hört 47, wird den Eindruck einer ernsten auf ein dunkles Geheimnis hinweisenden mystischen Feierlichkeit empfangen, und eben diese durch die dramatische Situation verlangte Wirkung hat Mozart mit diesen musikalischen Mitteln aufs glücklichste erreicht.

überhaupt hat Mozart der Musik, welche sich auf die Mysterien und die Eingeweihten bezieht, einen eigenthümlichen Charakter von Feierlichkeit zu geben, und diesen bei sehr mannigfacher Nuancirung von mildem Ernst bis zu leuchtender Verklärung mit merkwürdiger Konsequenz festzuhalten gewußt. In dieses Gebiet gehören auch die drei Knaben, welche, obgleich von der Königin der Nacht ausgesendet, im Verlauf der Handlung sich als die sichtbaren Genien des Geheimbundes erweisen. Bereits im Quintett (6) nimmt die Musik bei der Ankündigung des Geleits, das sie Tamino und Papageno geben werden, einen fremdartigen Ausdruck an, zu welchem der harmonische und rhythmische Bau 48 ebenso wie die Instrumentation zusammenwirken, der auf die wirkliche Erscheinung derselben hindeutet. Der marschähnliche Sah, mit welchem sie zu Anfang des ersten Finale Tamino zu den Pforten des Heiligthums führen, erfüllt die dadurch erregten Erwartungen vollständig. Schon die Klangwirkung ist eine ganz außerordentliche. Die hellen Knabenstimmen, von den Saiteninstrumenten ohne Kontrabässe unterstüßt, werden durch die vollen, leise angeschlagenen Akkorde der Posaunen und gedämpften Trompeten und Paufen getragen und ein lang ausgehaltenes g der Flöten und Klarinetten breitet ein mildes Licht wie einen Nimbus über das Ganze. Die dreifache Mahnung, sei standhaft, duldsam und verschwiegen", welche von

45 Zwei Choralmelodien „O Gottes Lamm“, und „Als aus Egypten“, mit theilweis beziffertem Baß sind vielleicht für ähnliche Zwecke von Mozart auf einem Blatt (343 K., S. III. 16) notirt.

46 Vgl. Mary, Lehre v. d. mus. Kompos. II S. 536 f. 568.

47 Ob in der Wahl dieses Liedes noch eine besondere Freimaurerweisheit steckt, kann ich nicht sagen; bemerkenswerth scheint, daß auch in der maurerischen Trauermusik ein figurirter cantus firmus angebracht ist (S. 116).

48 Die Ähnlichkeit, welche C. F. Becker (Hausmusik S. 37) mit einem Saß aus Joh. Kuhnau's 1696 erschienenen frischen Klavierfrüchten finden wollte, ist von Faißt (Cäcilia XXV S. 150) als illusorisch nachgewiesen.

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