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Mozart mochte wohl fühlen, daß eine solche musikalische Verkleidung sehr bald ermüden würde.

Das Bestreben, dem Geschmack des Publikums gerecht zu werden, geht Hand in Hand mit der Nachgiebigkeit gegen die Sänger. Daß ein solcher Einfluß sich geltend mache sowohl in konzertirenden Arien, wie sie weder im Figaro noch im Don Giovanni vorkommen, als auch in der sichtlich erstrebten Leichtigkeit und Gefälligkeit der Melodien und ihrer Behandlung, ist nicht zu verkennen, und in dieser Hinsicht steht Così fan tutte den besten Opern italiänischer Meister näher als irgend eine der übrigen. Die eigenthümlichen Züge der Mozartschen Natur, Feinheit und Adel, verleugnen sich nirgends, und die reiche Erfindungskraft des Meisters, der eine Fülle von reizenden Melodien, die das Chr ergößen ohne flach zu werden, mit leichter Hand ausstreut, ist staunenswerth. Seine wunderbare Technik tritt uns hier in mancher Beziehung sogar greifbarer als anderswo entgegen. Die Anlage der Musikstücke, die Gliederung der einzelnen Theile, die Gruppirung der Stimmen in den Ensembles nach den Erfordernissen der dramatischen Situation und der musikalischen Form, ist bei der reichsten Ausführung so fest und durchsichtig klar, daß man auch den komplizirteren Säßen mit Leichtigkeit folgt. Damit hängt die Freiheit und Geschmeidigkeit der Stimmführung, wo es sich um Kombination verschiedener charakteristischer Melodien handelt, die spielende Gewandtheit in der Anwendung kontrapunktischer Formen zusammen, welche das Interesse des Zuhörers anregen und thätig erhalten, ohne daß er eine Anstrengung verspürt. Ganz besonders aber überrascht uns in dieser Oper das feine Gefühl für den Wohllaut und die Sicherheit, mit welcher derselbe unter allen Umständen erzielt wird. Obgleich diese Fähigkeit von der Erfindungskraft und dem Organisationstalent nicht zu trennen ist, so erweist sie sich doch nicht überall in gleichem Maße mitwirkend; gerade hier offenbart sich die Kraft, alle Faktoren, auf deren Zusammenwirken der sinnliche Eindruck der musikalischen Schönheit beruht, in ungetrübter Harmonie thätig zu erhalten, in der seltensten Weise. Auch das Orchester, obwohl nicht mit der feinen Detailausführung wie im Figaro und Don Giovanni, sondern durchweg leicht behandelt, um den Singstimmen freien Spielraum zu gewähren, ist doch in anderer Hinsicht voller, glänzender, namentlich an einzelnen,

besonderen Instrumentaleffekten reicher. Die Blasinstrumente sind noch mehr herangezogen, in reicherer und namentlich mannigfaltigerer Zusammenstellung und feinerer Nuancirung der Klangfarben. Die Klarinetten treten mehr in den Vordergrund, und es wird zu einem charakteristischen Unterschied, je nachdem Klarinetten oder Oboen die Klangfarbe bestimmen. Ein eigenthümlicher Gebrauch ist auch von den Trompeten gemacht, welche nicht selten ohne Pauken, und nicht im gewöhnlichen Sinn trompetenmäßig, sondern anstatt der Hörner (und nicht mit ihnen kombinirt meist in den tieferen Lagen angewendet sind, um der Klangfarbe eine eigene Kraft und Frische und hellen Glanz zu geben. Ähnliche Bemerkungen ließen sich weiter verfolgen, um im einzelnen klar zu machen, mit wie feinem Sinn und richtiger Berechnung auch die Orchesterkräfte zum reizendsten Wohlklang verwendet sind.

Die Oper Cosi fan tutte steht als Ganzes und in Rücksicht auf bedeutende und detaillirte Charakteristik unleugbar hinter Figaro und Don Giovanni zurück. Indessen bewähren einzelne Stücke, und gerade die Hauptpartien in überwiegender Zahl, Mozarts ganzes Genie und ganze Meisterschaft, und es treten Seiten seiner künstlerischen Natur hier auf die glänzendste Weise hervor, welche in anderen Opern gar nicht oder doch nicht so vollkommen zur Geltung gebracht werden, so daß nach manchen Richtungen hin ein Fortschritt, eine Erweiterung des Gebietes gewonnen ist.

42.

Gehäufte Noth und Arbeit.

Die Thronbesteigung Leopolds II., der am 13. März 1790 in Wien eintraf, schien für die Pflege der Musik und der Oper nicht viel Gutes zu versprechen. Noch im Juli war er nicht im Theater gewesen, hatte keine Musik bei sich gehabt, noch sonst irgendwie Liebhaberei für Musik gezeigt; nur seine Gemahlin, die Kaiserin Louise, besuchte die Oper, sie schien Einsicht zu verrathen, aber von der Wiener Musik weniger befriedigt zu sein, auch die Prinzen wurden in Musik unterrichtet. Die Ver1 Mus. Korresp. S. 1790 30.

Jahn, Mozart. II.

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schiedenheit von Kaiser Joseph, welche sein Nachfolger so sichtlich an den Tag legte, bewährte sich auch in seinem Geschmack; die Ballets wurden wieder eingeführt, neben der opera buffa die opera seria von neuem begünstigt. Es hieß, ein neues Hoftheater solle erbaut werden, worin man die Logen zum Kartenspiel einrichten wolle, aus Unzufriedenheit darüber sei Salieri entschlossen, seinen Abschied zu nehmen und Cimarosa werde an seine Stelle kommen 2. Wer sich der Gnade Josephs zu erfreuen gehabt hatte, durfte mit einiger Sicherheit auf die Ungunst Leopolds rechnen, das zeigte sich auch beim Theater. Graf Rosenberg wurde (25. Jan. 1791) der Direktion enthoben, die dem Grafen Ugarte übertragen wurde3, da Ponte mit der Ferrarese in Ungnaden entlassen 4, Salieri hielt es für gerathen, sich von der Direktion der Oper zurückzuziehen, und an seine Stelle wurde Jos. Weigl gesezt, „um im Schüler den Meister zu ehren" 5.

Mozart war doch wohl von Joseph schon zu sehr begünstigt worden, um auf die Gnade Leopolds Anspruch machen zu können. Er richtete ein Gesuch an den Kaiser, ihm die zweite Kapellmeisterstelle und den Klavierunterricht der Prinzen zu übertragen, und machte sich um so größere Hoffnung auf Erfolg, als er den Schritt unter Mitwirkung van Swietens unternommen hatte7;

2 Mus. Wochenbl. S. 15, vgl. Lange, Selbstbiogr. S. 167.

3 Müller, Abschied S. 286. [Wlassak, Chronik des Burgtheaters S. 67.] 4 Da Ponte, Mem. I, 2 p. 114 f.

5 Mosel, Salieri S. 138. Muf. Wochenbl. S. 62. Die härtesten Äußerun gen Leopolds über Salieri theilt da Ponte mit (Mem. II p. 135): So tutte le sue cabale, e so quelle della Cavalieri. È un egoista insopportabile, che non vorrebbe che piacessero nel mio teatro che le sue opere e la sua bella; egli non è solo nemico vostro, ma lo è di tutti i maestri di capella, di tutte le cantanti.

6 Vgl. das Konzept eines Schreibens an Erzherzog Franz, welchen er um Bermittlung anging, Beil. I 12.]

7 [Brief an Puchberg vom 17. Mai 1790 bei Jahn 1. Aufl. III S. 494, Nohl 267, Nottebohm S. 58. „Ich habe nun große Hoffnung bey Hofe. Denn ich weiß zuverlässig daß der K.... meine Bittschrift, nicht wie die andern begünstigt oder verdammt herabgeschickt, sondern zurückbehalten hat. - Das ist ein gutes Zeichen." Brief an Puchberg ohne Datum bei Nott. S. 87: „Als ich lezhin von Ihnen nach Hause kam, fand ich beyliegendes Billet von B. Swieten. Sie werden so wie ich daraus sehen daß ich nunmehro mehr Hoffnung habe als allzeit. — Nun stehe ich vor der Pforte meines Glückes — verliere es auf ewig, wenn ich diesmal nicht Gebrauch davon machen kann. — Sie wissen, wie mir meine dermaligen Umstände, wenn sie kund würden, in einem Gesuche bey Hofe schaden würden wie nöthig es ist, daß dies ein

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doch blieben seine Wünsche unerfüllt. Einen positiven Beweis der Geringschäßung von Seiten des Hofes erhielt er bei der Anwesenheit des Königs Ferdinand von Neapel, der mit der Königin Caroline nach Wien gekommen war (14. Sept.), um der Vermählung seiner Töchter Maria Theresia und Louise mit den Erzherzögen Franz und Ferdinand (19. Sept. 1790) beizuwohnen. Er hatte außer für die Jagds nur für Musik ein lebhaftes Interessse; das Instrument, welches er selbst kultivirte, war die Leier. Ihm zu Ehren wurde eine neue Oper von Weigl La caffetiera bizarra (15. Sept.) aufgeführt; der Kaiser erschien mit ihm zum erstenmal in der Oper, als Salieri's Ayur gegeben wurde (20. Sept.); zur Feier der Vermählung war während der offnen Tafel im großen Redoutensaal auf der Galerie ein Konzert unter Salieri's Direktion, in welchem die Cavalieri und Calvesi, sowie die Gebrüder Stadler sich hören ließen, auch wurde eine Symphonie von Haydn aufgeführt, welche der König auswendig wußte und laut mitsang; Haydn wurde ihm vorgestellt, von ihm nach Neapel eingeladen und mit Aufträgen beehrt 10 Mozart blieb unberücksichtigt und erhielt nicht einmal eine Aufforderung, vor dem König von Neapel zu spielen, was ihn tief verlegte (Brief vom 2. Nov. 1790).

Seine Lage war sehr traurig, die Kränklichkeit seiner Frau dauerte fort, und während seine Ausgaben größer wurden, nahmen seine Erwerbsmittel ab; im Mai hatte er nur zwei Schüler und mußte seine Freunde bitten, ihm behülflich zu sein, daß er es auf

Geheimnis bleibt; denn man urtheilt bei Hofe nicht nach den Umständen, sondern leider blos nach dem Schein. Daher mußte Puchberg wieder helfen. In dem erstgenannten Briefe druckt Nottebohm statt die andern „die andere"; er hatte aber eine Abschrift vor sich, Jahn und Nohl das Original. Gemeint sind, wie der Zusammenhang ergiebt, Bittschriften anderer Leute, nicht etwa eine andere frühere Mozarts. Als Mozart kurz vorher einen Brief an Buchberg schrieb (Notteb. S. 62), nach welchem er seine neuen Quartette noch nicht vollendet hatte und worin er ebenfalls um Unterstützung bat, war eine Bittschrift noch nicht eingegeben; er würde dies Puchberg nicht verschwiegen haben. Vgl. auch den Brief vom 8. April 1790 (Nott. S. 54).]

8 Eine förmlich publicirte Tabelle wies nach, daß der König während seines Aufenthalts in den f. k. Staaten vom 3. Sept. 1790 bis 18. März 1791 sieben und dreißigmal auf der Jagd gewesen war und 4110 Stück Wild selbst erlegt hatte (Wien. Ztg. 1791 Nr. 29).

9 Wien. Ztg. 1790 Nr. 75 Anh.

10 Mus. Corresp. 1790 S. 145 f. Griesinger, Biogr. Not. S. 36. (Pohl, Haydn II S. 245 f.]

acht bringen könne. Seinen wiederholten dringenden Verlegenheiten konnte auch die Bereitwilligkeit des braven Puchberg nicht dauernd abhelfen, er mußte seine Zuflucht zu Wucherern nehmen und sich auf Spekulationen einlassen, die seine Finanzen noch tiefer zerrütteten (I S. 834 f.). Da seine Frau nach Baden mußte, wohnte auch Mozart einen Theil des Sommers aus Sparsamkeit dort und ging nur bei dringender Nothwendigkeit zur Stadt, so am 12. Juni, um Così fan tutte zu dirigiren 11. Am 13. Juni erlebte er in Baden die Aufführung einer seiner Messen. Im August war er selbst von Krankheit befallen 12. Der Druck dieser Verhältnisse lähmte auch, wie er selbst klagt, seine Arbeitskraft, kein Jahr seines Lebens ist so arm an künstlerischen Erzeugnissen als dieses. Das eigenhändige Verzeichnis weist nach der Vollendung von Cosi fan tutte im Januar 1790 nur nach

Mai. Quartett für 2 Violin, Viola und Violoncello B dur (589 ., . XIV. 22).

Juni. Quartett F dur (590 K., S. XIV. 23).

Juli. Händels Cäcilia u. Alexandersfest bearbeitet (591. 592 K.). Offenbar in der Hoffnung einer guten Einnahme faßte Mozart von neuem den Plan einer Kunstreise; die Krönung Leopolds, welche am 9. Oktober stattfand und eine Menge von Fremden nach Frankfurt zog, ließ diesen Ort als besonders günstig erscheinen. Salieri, als Hofkapellmeister 13, Ign. Umlauf als Substitut und 15 Kammermusici waren als zum Gefolge des Kaisers gehörig nach Frankfurt geschickt worden 14. Ihnen sich anzuschließen und dadurch die Vorzüge des unmittelbaren kaiserlichen Schußes zu genießen, war ihm nicht verstattet. Er reiste, nachdem zu diesem Zweck das Silberzeug hatte versezt werden müssen (I S. 834), mit seinem Schwager, dem Violinspieler Hofer, den er aus Mitleid mitnahm, um ihn an den gehofften Vortheilen der Reise Theil nehmen zu lassen, im eigenen Wagen am 23. Sept. ab und kam nach einer sechstägigen Reise glücklich in Frankfurt an, wo sie bei der Überfüllung mit Fremden nur mit Mühe ein Unterkommen fanden 15.

11 Brief an Puchberg vom 12., nicht wie Spitta meint vom 6. Juni, bei Notteb. S. 85 f.

12 [Brief an Puchberg bei Nott. S. 53.)

18 Mus. Corresp. 1790 S. 146. Mosel, Salieri S. 138.

14 Wahl- und Krönungs-Diarium 2 Anh. S. 5.

15 (Außer den von Jahn (2. Aufl. II S. 718–721) und Nohl (Nr. 269

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