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die der Vater in seiner Empfindlichkeit nicht immer gelten ließ. Mozart wollte gern den Namenstag des Vaters (15. Nov. 1782) mit seiner Frau in Salzburg feiern, allein die Zeit wurde ihm zu knapp. Am 3. Nov. hatte er versprochen Frl. Aurnhammer in einer Akademie zu unterstüßen, und Anfang Dezember hätte er schon wieder in Wien sein müssen, weil dann die beste Zeit für Lektionen und Konzerte war; dazu kamen noch die unpassirbar gewordenen Wege und eine Kälte, welche es nicht rathsam scheinen ließ mit der Frau zu reisen. Kurz die Reise mußte bis zum Frühjahr aufgeschoben werden, im Frühjahr aber machte die vorgerückte Schwangerschaft der Frau das Reisen unthunlich. Auf den lezten Augenblick lud er den Vater zu Gevatter (7. Juni 1783):

Da ich nicht glaubte, daß aus dem Spaß so geschwind Ernst werden könnte, so verschob ich immer mich auf die Knie niederzuLassen, die Hände zusammen zu falten und Sie mein liebster Vater recht unterthänig zu Gevatter zu bitten. Da es nun aber vielleicht noch Zeit ist, so thue ich es halt jezt. Unterdessen (in getroster Hoffnung, daß Sie mir es nicht abschlagen werden) habe ich seit die Hebamme den visum repertum eingenommen, schon dafür gesorgt, daß Jemand das Kind in Ihrem Namen hebt, es mag generis mas.. culini oder föminini sein! es heißt halt: Leopold oder Leopoldine! Die Entbindung erfolgte am 17. Juni; Gevatter wurde nicht der Vater, sondern Baron Wezlar, der sich selbst anbot und dem es Mozart nicht abschlagen konnte. Jezt wurde die Reise in bestimmte Aussicht genommen; Mozart mußte die Zweifel des Vaters an dem Ernste der Absicht beschwichtigen. Allerdings überkamen ihn und seine Freunde Bedenken, ob ihn, wenn er nach Salzburg käme, der Erzbischof nicht etwa gar langen ließ, weil er keine förmliche Entlassung aus seinen Diensten erhalten habe, — „denn ein Pfaff ist zu Allem fähig"; er schlug deshalb eine Zusammenkunft in München vor, aber sein Vater scheint ihn beruhigt zu haben. Ende Juli 1783 machten sie sich auf den Weg 7.

5 [Brief vom 8. Juni 1783 bei Nobl S. 391, der leider seine Quelle nicht nennt. Der erstgeborne Sohn Raymund Leopold, „der arme dicke fette und liebe Buberl", wie es in einem Briefe (10. Dez. 1783) heißt, starb noch in demselben Jahr.

6 Noch am 19. Jan. 1786 schrieb L. Mozart seiner Tochter, daß der Erzbischof einen Brief Wolfgangs habe öffnen lassen, ohne aber etwas darin zu finden. 7 [Zwei auf die Reise bezügliche Briefe Constanze's nebst einer Nachschrift Mozarts theilt D. Jahn mit A. M. 3. 1867 S. 2261.

Mozart hatte, ehe er verheirathet war, „in seinem Herzen das Versprechen gethan", wenn er Constanze als seine Frau nach Salzburg bringen würde, dort eine neu komponirte Messe aufzuführen. „Zum Beweise der Wirklichkeit meines Versprechens", schrieb er seinem Vater (4. Jan. 1783), „kann die Spart von der Hälfte meiner Messe dienen, welche noch in der besten Hoffnung daliegt". Von dieser in einem großartigen Maßstab angelegten Messe (427 N., S. XXIV. 29) brachte er nun das Kyrie, Gloria, Sanctus und Benedictus vollendet mit nach Salzburg. Die fehlenden Säße wurden wahrscheinlich aus einer älteren Messe ergänzt und so das Ganze nach einer am 23. Aug. im Kapellhause gehaltenen Probe am 25. Aug. in der Peterskirche Dom würde es der Erzbischof wahrscheinlich nicht gestattet haben - aufgeführt, wobei seine Frau die Sopranpartie sangs.

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Er war während jenes Aufenthaltes nicht unthätig. Die Wiedereinführung der italiänischen Oper hatte ihn veranlaßt, sich nach dem Text einer opera buffa umzusehen, den er komponiren könnte, und schon ehe er nach Salzburg kam, hatte er durch den Vater seinen alten Librettodichter Varesco zu bestimmen gesucht, diese Arbeit zu übernehmen. Da dieser sich bereit erklärte, wurde nun der Aufenthalt in Salzburg benußt, um den Plan der Oper L'Oca del Cairo gemeinsam zu besprechen. Varesco entwarf eine detaillirte Darlegung der Handlung, führte auch den ersten Akt vollständig aus und Mozart machte sich gleich mit Eifer ans Komponiren, so daß er einen Theil dieses Aktes genau skizzirt mit nach Wien nahm. Wir werden später uns mit dem Schicksal dieser Oper noch zu beschäftigen haben.

Daneben fand er Zeit Michael Haydn einen Liebesdienst zu erweisen. Dieser hatte vom Erzbischof den Auftrag erhalten Duette für Violine und Bratsche, vielleicht zu höchst eigenem Gebrauch, zu schreiben, konnte sie aber in Folge einer heftigen Krankheit, die ihn auf längere Zeit arbeitsunfähig machte, nicht zum bestimmten Termin fertig liefern, worauf ihm der Erzbischof mit Einziehung der Besoldung drohte. Als Mozart von dieser Verlegenheit erfuhr, übernahm er sogleich die Arbeit und schrieb, da er Haydn täglich zu besuchen pflegte, bei ihm mit solchem Eifer, daß die Duette in furzer Zeit vollendet

8 Nissen S. 476.

waren, welche dann dem Erzbischof unter Haydns Namen übergeben wurden. Und diese beiden Duette (423. 424 K., S. XV. 1. 2) sind nicht etwa wie bestellte Arbeit leicht hingeworfen um fertig zu werden, sie sind mit unverkennbarer Liebe gearbeitet, die theils in dem Wunsch etwas seiner und des befreundeten Meisters Würdiges zu leisten, theils in dem Interesse, welches die Schwierigkeiten so eng begrenzter Mittel ihm darboten, begründet sein mochte. Es ist keine geringe Kunst, nicht allein die Umrisse scharf und bestimmt zu entwerfen dies ist bei dieser Gattung allerdings das Erste, sondern auch Licht und Schatten und detaillirte Zeichnung herauszubringen. Dies beruht wesentlich auf der freien Stimmführung, die zum Theil imitatorisch ist — wo sich die selbständige Bewegung mit Nothwendigkeit ergiebt, aber auch den an sich nur begleitenden Figuren einen eigenthümlichen und bedeutenden Charakter aufzuprägen vermag. Sie ist um so wichtiger, weil die Beschränktheit der Stimmen nur ausnahmsweise eine volle Harmonie zuläßt, die Wirkung einer solchen also meistens durch geschickte Zerlegung der Elemente derselben erreicht werden muß. Die steife Monotonie gebrochener Akkorde zu verbrauchen und doch dem Gehör, bei völlig freiem Spiel der einzelnen Stimmen, in jedem Moment das sichere Gefühl der Harmonie zu gewähren ist eine Aufgabe, zu deren Lösung Kunst und Genie zusammenwirken müssen. Hier ist sie mit einer gewissen Behaglichkeit gelöst, die es sich auch in engen Grenzen wohl sein läßt. In den Formen ist für Abwechslung gesorgt. Das erste Duett in Gdur besteht aus einem breit angelegten Allegro, einem kürzeren, schönen Adagio, und einem lebhaften, aber mehr als wohl sonst ernst gehaltenen Rondo; im zweiten in Bdur wird das leichter gehaltene Allegro durch ein kurzes figurirtes Adagio eingeleitet; darauf folgt ein der Siciliana ähnliches Adagio und den Beschluß machen sehr anmuthige Variationen. Die Freiheit der Erfindung in Melodie und Harmonie ist in keiner Weise beschränkt, die Ausführung ist breit, dabei frisch und lebendig, und eine Menge feiner Züge einer sicheren Meisterhand sind durch das Ganze verstreut. Michael Haydn hielt das Original als ein Andenken an den

9 A. M. Z. I S. 291. Biograph. Skizze von Mich. Haydn (Salzb. 1808) 6.38 f.

Freund und Künstler ungemein hoch, auch Mozart soll auf diese Arbeit Werth gelegt haben.

Im Haufe des Vaters fanden sie mehrere Kostgänger. „Mein Sohn ist und bleibt in Wien", schreibt dieser an Breitkopf (29. April 1782). „Unterdessen habe ich eine Unterhaltung mit zwey Schülern, dem zwölfjährigen Sohne und dem vierzehnjährigen Töchterchen des Hrn. Marchand Theaterdirectors in München, die bey mir in der Erziehung sind und ich Hoffnung habe aus dem Knaben einen großen Violin- und Clavierspieler, und aus dem Mädchen eine große Sängerin und vortreffliche Clavierspielerin zu bilden". Zu ihnen war noch die neunjährige Johanna Brochard, Tochter der berühmten Schauspielerin gekommen, welche in den Jahren 1783 und 1784 Leopold Mozarts Unterricht genoß 10. Wolfgang nahm an den talentvollen Schülern regen Antheil. Der Margarethe Marchand, welche er als Frau Danzi in München wieder sah, ließ er sagen (31. Oft. 1783), „sie soll im Singen keinem Fuchsschwanz gleichen, denn die Leckereien und Küssereien sind nicht allezeit angenehm. Nur dumme Eseln kann man mit so etwas betrügen. Ich wenigstens will lieber einen Bauernkerl gedulden, als daß ich mich durch so falsche Kalfatereien übertölpeln lassen könnte, die doch so übertrieben sind, daß man sie mit Händen greifen kann“. Nach dem, was später über ihre Leistungen berichtet wird, scheint sie guten Rath angenommen zu haben 11. Auch für den Bruder Heinrich interessirte er sich und ließ ihm bestellen (6. Dez. 1783), daß er in Linz und Wien schon vieles zu seinem Vortheil geredet habe. „Er soll sich recht auf das Staccato begeben; denn nur in diesem können die Wiener den La Motte nicht vergessen“. In Salzburg war damals auch die blinde Klavierspielerin Mar. Ther. Paradies gegenwärtig, welche mit 2. Mozart befreundet worden war und nun auch mit Wolfgang in Verkehr trat 12, der später für sie ein Konzert schrieb (I S. 820).

10 Lipowsky, Bayersch. Muf. Lex. S. 36. [Mit der Marchand war Mozarts Frau von München her bekanut und richtete kurz vor der Reise, am 19. Juli 1783, Briefe an sie und an Marianne, welche O. Jahn A. M. 3. 1867 S. 226 mitgetheilt hat. Über ein öffentliches Auftreten der Geschwister Marchand vgl. Hammerle S. 64, wo die Jahreszahl 1775 wehl irrthümlich ist. Die „Brochard Hannchen“ traf Mozart 1790 in München wieder und lobte ihr Klavierspiel, vgl. den Brief vom 2. Nov. 1790 bei Notteb., Moz. S. 80.]

11 Rochlitz, Für Freunde d. Tonk. III S. 179.

12 Wien. Mus. 3tg. 1817 S. 289.

Was Mozart aber am meisten am Herzen lag, seinem Vater wie seiner Schwester das Vorurtheil gegen seine Frau zu benehmen und ein Verhältnis herzlicher Zuneigung zwischen ihnen zu begründen, das schlug leider fehl. Eine äußerliche Annäherung scheint durch diesen Besuch wohl erreicht zu sein, allein alle Anzeichen weisen darauf hin, daß weder der Vater noch Marianne sich zu Constanze hingezogen fühlten. Mozart soll unzufrieden gewesen sein, daß man seine Frau nicht mit einigen der Pretiofen erfreute, welche er in seiner Jugend geschenkt erhalten hatte 13. Dieser Zug ist allerdings charakteristisch; wir sahen schon, daß L. Mozart sich durch die Verheirathung seines Sohnes zur äußersten Strenge in dieser Rücksicht berechtigt glaubte, besonders gegen die Schwiegertochter, welche er für eigennüßig hielt. Es ist daher nur zu begreiflich, daß Constanze, welche die Abneigung der Seinigen unmittelbar empfunden hatte, keinen Grund fand die Anhänglichkeit ihres Mannes an dieselben zu pflegen. Nichts desto weniger war dieselbe in seinem Herzen so fest gewurzelt, daß in seinen Briefen, wenn sie gleich seltener werden, überall die alte kindliche Liebe und Ehrfurcht unverändert sich ausspricht.

Nach einem Aufenthalt von fast drei Monaten reisten sie wieder nach Hause; von Linz aus stattete Mozart seinem Vater den folgenden Reisebericht ab:

Wir sind gestern, den 30sten October früh um 9 Uhr, glücklich hier angelangt. Den ersten Tag haben wir in Vöcklbruck übernach

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Den folgenden Tag sind wir Vormittags in Lambach angekommen, und ich kam eben recht, um bey dem Amte das Agnus Dei mit der Orgel zu begleiten. Der Hr. Prälat 14 hatte die größte Freude, mich wieder zu sehen. Wir blieben den ganzen Tag allda, wo ich auf der Orgel und dem Clavichord spielte. Ich hörte, daß den andern Tag zu Ebersperg bey Hrn. Pfleger Steurer eine Opera aufgeführt, mithin ganz Linz alldort versammelt seyn wird. Ich entschloß mich also, auch dabei zu seyn, und wir fuhren dahin. Da kam gleich der junge Graf Thun (Bruder zu dem Thun in Wien) zu mir und sagte, daß sein Hr. Vater schon 14 Täge auf mich wartete, und ich möchte nur gleich bey ihm anfahren, denn ich

13 Nissen, Vorr. S. XVIII.

14 [Abt zu Lambach war Amandus Schickmayr von 1746 bis 1794; während der zeitweisen Aufhebung des Stiftes (1785-88) erscheint er als Administrator. Es war derselbe, der Mozarts 1767 freundlich aufgenommen hatte. Vgl. I S. 70.]

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