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Nie sah man noch das Theater so voll Menschen, nie ein stärkeres, einstimmiges Entzücken, als sein göttliches Spiel erweckte. Wir wußten in der That nicht, was wir mehr bewundern sollten, ob die außerordentliche Komposition oder das außerordentliche Spiel; beides zusammen bewirkte einen Totaleindruck auf unsere Seelen, welcher einer süßen Bezauberung glich 21.

Wie Mozart freies Phantasiren endlich den höchsten Enthusiasmus hervorrief, ist schon erzählt worden (S. 152 f.); auch die übrigen Kompositionen, welche er aufführen ließ, fanden allgemeinen Beifall, namentlich die kürzlich geschriebene Symphonie in Ddur (S. 232 f.). Dieser Theilnahme des Publikums entsprach der pekuniäre Gewinn; die Storace konnte L. Mozart berichten, daß sein Sohn in Prag 1000 fl. gewonnen habe (I S. 820).

Die gesellige Zerstreuung, welche Mozart seinem Freunde so anschaulich macht, scheint fortgedauert zu haben; wenigstens ist er zu keiner musikalischen Arbeit gekommen außer den Kontratänzen, welche er für den Grafen Pachta improvisirte 22 (S. 147), und sechs Teutschen für großes Orchester, offenbar auf eine ähn liche Veranlassung (6. Febr. 1787) komponirt (509 K., S. XI. 6) 23. Allein als Mozart in der Freude seines Herzens äußerte, für ein Publikum das ihn verstehe und ehre wie das Prager, würde er gern eine Oper schreiben, nahm ihn Bondini beim Wort und schloß mit ihm einen Kontrakt, nach welchem Mozart für den Anfang der nächsten Saison gegen das übliche Honorar von 100 Dukaten 24 eine Oper zu komponiren hatte.

Hr. Mozard auf dem Fortepiano im hiesigen Nationaltheater Concert. Alles, was man von diesem großen Künstler erwarten konnte, hat er vollkommen erfüllt“. Teuber II S. 212. Das zweite Konzert fand nach Nissen (S. 517) bald nachher statt.]

21 Niemetschek S. 40.

22 [Vgl. über die Frage, ob dieselben mit K. 510 S. XI. 19 identisch find, den Revisionsb. S. 40 und oben S. 147.)

23 Jeder Teutsche hat sein Alternativo, und durch kurze Übergänge sind sie zu einem zusammenhängenden Ganzen vereinigt, worauf Mozart in einer Anmerkung noch besonders aufmerksam macht. Eine etwas längere Coda mit einem zweimaligen Crescendo bildet den Abschlußz; übrigens sind sie leicht hingeworfen ohne andere Prätension als zum Tanzen zu animiren. Zum Schluß bemerkt er: „Da ich nicht weiß was für Gattung Flauto piccolo hier ist, so habe ich es in den natürlichen Ton gesetzt; man kann es allzeit übersetzen“. Ein Klavierauszug von Mozarts Hand ist bei André. Im Archiv der Musikfreunde in Wien befinden sich alte geschriebene Stimmen, welche diese Tänze und noch 5 unbekannte enthalten; die Echtheit der letzteren ist nicht zu beweisen. Nev. Ber. Nottebohms zu S. XI. S. 34.]

24 Niemetschek S. 96.

38.

Don Giovanni.

Da Mozart mit dem Text des Figaro so zufrieden war, hatte er da Ponte für das neue Libretto vorgeschlagen und überließ ihm, als er im Laufe des Februar nach Wien zurückgekehrt war, die Wahl des Stoffes. Dieser, in der Überzeugung, daß Mozarts Genie ein vielseitiges bedeutendes Gedicht verlange, schlug ihm Don Giovanni vor, und Mozart war sogleich damit einverstanden. Da Ponte erzählt mit ganz ergözlichem Renommiren, er habe zu gleicher Zeit für Salieri den Tarar nach Beaumarchais zu bearbeiten, für Martin den Baum der Diana und Don Giovanni für Mozart zu schreiben übernommen. Joseph II habe ihm dagegen Vorstellungen gemacht, allein er habe ihm kühn erwiedert, daß er es versuchen wolle, nachts werde er für Mozart schreiben, es werde ihm dabei sein als lese er Dante's Hölle; morgens für Martin, als studire er Petrarca; abends für Salieri, der würde sein Tasso sein. Darauf habe er sich an die Arbeit gemacht, eine Flasche Tokayer und eine Dose mit spanischem Tabak vor sich, die schöne Tochter seiner Wirthin als begeisternde Muse neben sich. Den ersten Tag seien die beiden ersten Scenen des Don Giovanni, zwei Scenen zum Baum der Diana und mehr als die Hälfte des ersten Akts vom Tarar geschrieben, und in 63 Tagen die beiden ersten Opern ganz, die leßte zu zwei Dritteln vollendet. Leider erfahren wir über den Antheil, den Mozart ganz sicher auch diesmal an der Gestaltung des Textes nahm, ebenso wenig etwas als von der Ausführung seiner Komposition.

Die Aufnahme, welche er in Prag gefunden hatte, ließ ihn seine gedrückte Stellung in Wien nur noch mehr empfinden. Seinen Plan, nach England zu gehen, hatte er bei der Abreise von Storace's, Kelly und Attwood im Febr. 1787 sehr ernstlich wieder aufgenommen und verschob die Ausführung nur, bis ihm diese Freunde dort eine Stätte gesichert haben würden (I S. 805 f.). Der Bassist Ludwig Fischer, der zum Besuch in Wien war 2, 1 Da Ponte, Mem. I, 2 p. 98 f.

2 Mozart schrieb 18. März für ibn die schöne Arie Non so donde viene (512 . I . 478, welche er in einer Akademie im Kärnthnerthortheater am 21. März sang).

schrieb ihm am 1. April 1787 folgende weniger geschickte als wohlgemeinte Verse ins Stammbuch:

Die holde Göttin Harmonie

der Töne und der Seelen,

ich dächte wohl, sie sollten nie.

den Musensöhnen fehlen.

Doch oft ist Herz und Mund verstimmt;

dort singen Lippen Honig,

wo doch des Neides Feuer glimmt

— glaub mir, es gebe wenig
Freunde die den Stempel tragen
echter Treu, Rechtschaffenheit.

Sie lassen uns einen Blick in Mozarts Verhältnis zu den Kunstgenossen thun und die Hindeutung in Barisani's am 14. April 1787 geschriebenen Stammbuchsversen auf seine Kunst, um welche ihn der welsche Komponist beneide (I S. 839), läßt erkennen, von wem er selbst sich und seine Freunde ihn zurückgedrängt glaubten. Ein Musikfreund, der auf seiner Rückreise aus Italien im Frühjahr 1787 nach Wien kam3, fand alles voll von Martins Cosa rara, die, weil man sie nach dem Abgange der Storace in der italiänischen Oper nicht mehr aufführen konnte, in deutscher Bearbeitung auf dem Marinellischen Theater mit gleichem Zulauf gegeben wurde. In der deutschen Oper aber sah Mozart sich durch Dittersdorfs Erfolge ebenfalls gänzlich in den Schatten gestellt.

Dittersdorf (1739-1799) war in den Fasten 1786 nach Wien gekommen, um in den Konzerten der Societät sein Oratorium Hiob aufzuführen, und gab später zwei Konzerte im Augarten, in welchen er seine Symphonien nach Ovids Metamorphosen produzirte. Der lebhafte Beifall, welchen diese Kompositionen fanden, veranlaßte die Aufforderung, eine deutsche Oper zu schreiben. Stephanie d. j., der damalige Regisseur, lieferte ihm den unglaublich platten Text zum Doktor und Apotheker, welcher am 11. Juni 1786 zum erstenmal und im selben Jahre zwanzigmal gegeben wurde, Was der Erfolg der Entführung nicht bewirkt hatte, geschah diesmal. Man trug

3 Cramer, Magazin f. Musik 1788 II S. 47 f.

4 Seine höchst naive und unterrichtende Selbstbiographie erschien in Leipzig 1801. 5 Dittersdorf, Selbstbiogr. S. 225 f.

Dittersdorf sogleich eine zweite Oper auf. Betrug durch Aberglaube, welche am 3. Oktober 1786 aufgeführt und nicht minder günstig aufgenommen wurde; alsbald kam eine dritte, Die Liebe im Narrenhause, am 12. April 1787 auf die Bühne und fand einen ähnlichen Beifall. Dagegen fiel eine italiänische Oper Dittersdorfs, Democrito corretto, zuerst am 2. Jan. 1787 aufgeführt, vollständig durch. Daß Dittersdorf gegenüber Komponisten wie Umlauf, Hanke, Ruprecht einen glänzenden Sieg davon trug, war nicht zu verwundern; rasch verbreiteten sich seine Opern von Wien aus über alle deutsche Bühnen, und Dittersdorf erlangte sehr bald eine große Popularität vor den meisten Komponisten. Unleugbar beruhte diese auf wirklichen Verdiensten. Mit Geschick wußte er die Vortheile der italiänischen opera buffa wie der französischen komischen Oper, namentlich lebendige und ausgedehnte Finales und bedeutende Ensemblesäße zur Geltung zu bringen; er war nicht allein wohlerfahren in der Behandlung der Singstimmen, sondern hatte als fruchtbarer Instrumentalkomponist nach Haydns Vorgang und Muster gelernt, das Orchester selbständig und wirksam zu verwenden. Eine leichte Erfindung führte ihm stets angenehme und fließende Melodien zu, ein wahrhaft komisches Talent äußerte sich in drastischen Einfällen, und seine Musik hatte einen Charakter von Behagen und Gemüthlichfeit, den man, auch da wo er bis zum Philisterhaften herabsinkt, als echt deutsch bezeichnen darf. Wie er hinter Gretry an Geist und Feinheit weit zurücksteht, ist er ihm an musikalischer Tüchtigkeit entschieden überlegen. Originalität und Lebendigkeit ist ihm nicht abzusprechen, aber Tiefe der Empfindung, Adel der Formgebung darf man bei ihm nicht suchen. Jede neue Oper, in der sich im wesentlichen das wiederholte, was ihm zuerst gelungen war, lieferte den Beweis für sein bestimmt begrenztes Talent; wie denn seine Bedeutung auch von Zeitgenossen bereits richtig gewürdigt worden ist7.

Joseph II. theilte die Vorliebe des Publikums für die leichtere Musik Dittersdorfs und belohnte ihn reichlich, als er im Frühjahr 1787 Wien verließ. Indessen konnte dennoch die deutsche Oper ihm kein rechtes Interesse mehr abgewinnen; schon im Herbst

6 Gerber, A. M. Z. I S. 307 f., ebend. III S. 377 f. Vgl. Biedenfeld, Die komische Oper S. 60 f.

7 Berl. mus. Wochenbl. 1791. 37. 54. 163.

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1787 wurde den Mitgliedern derselben gekündigt, und mit Ende Februar 1788 hörten ihre Vorstellungen aufs.

Mozarts eigenhändiges thematisches Verzeichnis zeigt seit seiner Rückkehr nach Wien bis zur zweiten Reise nach Prag nur weniger bedeutende Arbeiten:

1787 11. März Rondo für Klavier A moll (511 K., S. XXII. 9). 18. März Scena für Fischer Non so donde viene (512 K.,

S. VI. 35).

23. März Arie für Gottfr. v. Jacquin Mentre ti lascio (513 K., S. VI. 36).

[6. April Rondo für Horn für Leitgeb (514 K.)].

19. April Quintett für 2 Violin, 2 Viole u. Violoncello C dur (S. 219 f. 515 K., S. XIII. 4).

16. Mai Quintett

S. XIII. 5).

Gmoll (S. 220 f. 516 K.

18. 20. 23. 26. Mai je ein Lied (517-520 K., S. VII.

26-29).

29. Mai Eine Klavier-Sonate auf 4 Hände Cdur (521 K., S. XIX. 5).

11. Juni Ein musikalischer Spaß (S. 65 f. 522 K., S. X. 13.) 24. Juni Zwei Lieder (523-524 R., S. VII. 30. 31).

10. Aug. Eine kleine Nachtmusik (525 K., S. XIII. 9).

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24. Aug. Klavier Sonate mit Violine A dur (526 K., S. XVIII. 42).

Offenbar sind fast alle durch gesellige Veranlassungen oder den Unterricht hervorgerufen; auch die beiden Quintette, welche den ersten Rang einnehmen, waren ohne Zweifel auf Bestellung für gewisse musikalische Zirkel geschrieben. Und mit diesen Kompositionen drang 'er damals in Wien keineswegs allgemein durch. Der schon erwähnte Reisende berichtet 10:

Kozeluchs Arbeiten erhalten sich und finden allenthalben Eingang, dahingegen Mozarts Werke durchgehends nicht so ganz gefallen. Wahr ist es auch, und seine Haydn dedicirten Quartetten bestätigen. es aufs Neue, daß er einen entschiedenen Hang für das Schwere und Ungewöhnliche hat. Aber was hat er auch große und erhabene Gedanken, die einen fühnen Geist verrathen.

Wie fleißig etwa Mozart auch schon am Don Giovanni arbeitete, davon ist nichts bekannt. Nach seiner sonstigen Weise 8 Müller, Abschied S. 277.

9 [Dieses Rondo gehörte zu dem Konzerte K. 412, S. XII. 16, wie der erste Entwurf aus dem J. 1782 zeigt (f. o. S. 31). Unter dem angegebenen Datum wurde der Entwurf selbständig ausgeführt; in dieser Gestalt aber von Mozart in sein Verzeichnis nicht aufgenommen. Vgl. Köchel u. d. Rev. Ber.] 10 Cramer, Magaz. f. Musik 1788 II . 53.

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