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müßte bey ihm logiren. Als wir den andern Tag zu Linz beym Thore waren, stand schon ein Bedienter da, um uns zum alten Grafen Thun zu führen, allwo wir nun auch logiren. Ich kann Ihnen nicht genug sagen, wie sehr man uns in diesem Hause mit Höflichkeiten überschüttet. Dienstag, als den 4ten November, werde ich hier im Theater Accademie geben, und weil ich keine einzige Sinfonie beh mir habe, so schreibe ich über Hals und Kopf an einer neuen, welche bis dahin fertig seyn muß. Meine Frau

und ich küssen Ihnen die Hände, bitten Sie um Verzeihung, daß wir Ihnen so lange Ungelegenheit gemacht haben, und danken nochmals recht sehr für alles Empfangene 15.

Welche Symphonie es sei, die Mozart in Linz komponirte, war bisher bestritten. Holmes vermuthete (S. 235), daß es eine Symphonie in C dur sei (425 K., S. VIII. 36), welche nach H. F. Niemetschek einem Grafen Thun gewidmet war. Da an Niemetscheks Angabe zu zweifeln kein Grund ist, war es jedenfalls diese Symphonie, welche Mozart am 15. Mai 1784 mit folgenden Worten seinem Vater überschickte:

Ich habe heute dem Postwagen die Sinfonie, so ich in Linz dem alten Grafen Thun gemacht habe, sammt 4 Concerten mitgegeben; wegen der Sinfonie bin ich nicht heicklich, allein die 4 Concerte bitte ich bey sich im Hause abschreiben zu lassen, denn es ist den Kopisten in Salzburg so wenig zu trauen, wie den in Wien.

Dagegen glaubte André, daß eine nicht gedruckte Symphonie in G dur (444 K., S. VIII. 37) die in Linz komponirte sei, wofür sprechen könnte, daß die Partitur nur bis in die erste Hälfte des Andante von Mozarts Hand geschrieben, von da an durch einen Kopisten ergänzt ist; höchst wahrscheinlich, weil Mozart um Zeit zu gewinnen von der lezten Hälfte gleich die Stimmen ausschrieb, wie er das bei großer Eile auch sonst wohl that. Auch das kleinere Orchester, die knapperen Dimensionen und der leichtere Charakter dieser Symphonie – denn die in Cdur ist der Anlage und Behandlung nach bedeutender würden dazu stimmen. Erwägt man nun, daß Mozart in dem Briefe aus Linz von einer Symphonie spricht, welche er über Hals und Kopf" für eine Akademie zu schreiben habe, jene in C aber ausdrücklich als eine

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15 Als L. Mozart im Jahr 1785 auf der Rückreise von Wien nach Linz kam, mußte er ebenfalls bei Graf Thun logiren; dort fand er auch den neuen Bischof Graf Herberstein (I S. 26).

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für Graf Thun geschriebene bezeichnet, so liegt die Vermuthung nahe, daß in jenen Linzer Tagen zwei Symphonien entstanden find. Jedenfalls gehören die beiden erwähnten der Zeit und Art nach zu einander und bezeichnen in eigenthümlicher Weise eine Übergangsstufe in Mozarts Instrumentalmusik: nirgends tritt der positive Einfluß der Haydnschen Symphonien in gleicher Weise wie in diesen beiden hervor. Schon der Umstand ist nicht bedeutungslos, daß beide ein ziemlich pathetisches, spannendes Adagio dem Allegro, welches sehr dagegen absticht, als Einleitung vorangehen lassen; was bei Haydn bekanntlich meistentheils, bei Mozart nur ausnahmsweise vorkommt. Dann aber verräth sich in dem lebhaften munteren, dabei rauschenden und glänzenden Charakter des Ganzen, in dem Bestreben durch launige Einfälle, durch unvermuthete Kontraste aller Art in der Harmonie, in der Abwechslung von f und p, in den Instrumentaleffekten zu reizen und zu unterhalten, sogar in manchen Einzelheiten der technischen Ausführung unverkennbar das Studium der Haydnschen Weise und die Absicht ihm dieselbe in ihren wesentlichen Momenten abzulernen. Nirgends tritt dies deutlicher hervor als im Andante der Symphonie in G dur. Gleich das Thema, die einfachen Bässe, die Triolenfigur der zweiten Geige, dann das Minore mit der Figur im Baß und den einzelnen scharfen Accenten, das alles sind ganz Haydnsche Züge. Auch die kontrapunktische Ausführung im Finale erinnert in dieser wie in der C dur-Symphonie an Haydns Manier 16. Daß es dabei nicht auf ein wirkliches Nachahmen abgesehen sei und daß Mozarts Eigenthümlichkeit sich auch hier nicht verleugne, bedarf kaum der Bemerkung. Wenn man die Symphonie in Es dur (543 K., komp. 26. Juni 1788) vergleicht, so nähert sich auch diese nicht allein durch das einleitende Adagio, sondern in manchen andern Zügen, die namentlich in dem launigen Finale hervortreten, der Haydnschen Art mehr als die übrigen Symphonien jener Zeit; aber hier ist Mozarts Individualität so entschieden vorwiegend

16 Einzelne Züge werden bei näherer Betrachtung jedem entgegentreten; ich führe nur aus der Symphonie in C dur beispielsweise an den unvermutheten Eintritt des Emoll (S. 5 Taft 3) und Cdur (S. 5 Takt 7), die einzelnen starken Schläge der Blasinstrumente (S. 18 Takt 10. 11), das eigenthümliche Thema, mit dem die Bässe einsehen (S. 20 Takt 13), im Menuett ganz besonders die neckischen Schlußtakte (S. 26 Takt 18-32), u. a. m.

und maßgebend, daß sie auch jenen Zügen ihr auszeichnendes Gepräge gegeben hat.

Daß Mozart in wenigen Tagen eine, vielleicht gar zwei Symphonien schrieb, kann nach ähnlichen Beispielen nicht Wunder nehmen; auffallend ist, daß er bei jenem Aufenthalt in Linz ein Ecce homo, das großen Eindruck auf ihn machte, für seine Frau zeichnete, welche dieses Blatt mit seiner Unterschrift: »dessiné par W. A. Mozart, Linz ce 13. Nov. 1783, dedié à Mme. Mozart son épouse als einen Beweis aufbewahrte, „daß er auch dazu Talent hatte", wie sie an Härtel schrieb (21. Juli 1800) 17.

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Im Jahre 1785 erwiederte Leopold Mozart den Besuch seiner Kinder und hielt sich vom 10. Februar bis 25. April bei ihnen auf. Er überzeugte sich, daß seines Sohnes Einkommen mehr als ausreichend sein mußte, daß das Hauswesen geordnet war, und freute sich an dem zweiten Enkel, dem kleinen halbjährigen Carl, der gesund, freundlich und wohlauf" war. Dennoch scheint es ihm dort nicht behaglich gewesen zu sein; seine Stimmung gegen die Frau und den Sohn wurde nicht günstiger und auf den Plan des letteren einzugehen, zu ihm nach Wien zu ziehen, mochte er wenig Neigung empfinden 18. Aber mit der alten Freude und Bewunderung nahm er an den künstlerischen Leistungen und Erfolgen Wolfgangs Antheil. Er war zu der Zeit gekommen, wo ein Konzert das andere drängte, in denen Wolfgang fast regelmäßig beschäftigt war; u. a. fanden die Fastenkonzerte auf der Mehlgrube vom 11. Februar an jeden Freitag statt (I S. 819); am 13. und 17. März wurde Davidde penitente aufgeführt. Seines Sohnes Spiel wie Kompositionen entzückten ihn in gleicher Weise. In einer Akademie spielte Wolfgang das herrliche für die Paradies komponirte Konzert (456 K., S. XVI. 18); ich war", schreibt der Vater an Marianne am

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17 [Wolfgang schreibt am 14. April 1770 aus Rom: „Jezt habe ich just den heiligen Petrus mit dem Schlüsselamt, den heiligen Paulus mit dem Schwert, und den heiligen Lukas mit meiner Schwester 2c. 2c. abgezeichnet“. Demnach scheint er sich schon früh in dieser Kunst geübt zu haben. „Im Zeichnen, Rechnen zeigte er viele Geschicklichkeit“, erzählt die Schwester, Nott. S. 110.]

18 Nissen berichtet (Vorr. S. XVIII), aus den Briefen, welche L. Mozart von Wien aus an seine Tochter schrieb - von denen ich leider nur einige weniger bedeutende selbst gesehen habe leuchte einige Kälte gegen seinen Sohn hervor.

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14. Februar, nur zwei Logen von der recht schönen würtembergischen Princessin neben ihr entfernt und hatte das Vergnügen, alle Abwechslung der Instrumente so vortrefflich zu hören, daß mir vor Vergnügen die Thränen in den Augen standen“, so warm und innig empfand der alte Mann die künstlerische Schönheit. Schon am zweiten Tag nach der Ankunft des Vaters hatte Mozart Haydn zum Quartett zu sich eingeladen. Wenn in Gesellschaften Quartett gespielt wurde, übernahm Mozart, der in späteren Jahren nicht leicht Violine spielte, gewöhnlich die Bratsche. Kelly erzählt, daß in einer Gesellschaft von Künstlern bei Storace Quartett gespielt worden sei, bei welchem Haydn die erste, Dittersdorf die zweite Violine, Mozart Bratsche und Vanhall Violoncell gespielt habe eine Beseßung, einzig in ihrer Art 19. 2. Mozart berichtet seiner Tochter:

Es wurden die neuen Quartetten gemacht, aber nur die drei neuen, die er zu den andern 3, die wir haben, gemacht hat (K. 458. 464. 465. S. XIV. 17 (B), 18 (A), 19 (B)], sie sind zwar ein bischen leichter, aber immer vortrefflich komponirt. Hr. Haydn sagte mir: Ich sage Ihnen vor Gott als ein ehrlicher Mann, Ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und dem Namen nach kenne, er hat Geschmack, und über das die größte Compositionswissenschaft 20.

L. Mozart wußte die Bedeutung eines solchen Zeugnisses aus diesem Munde zu würdigen; er fand darin die Bestätigung des Glaubens und der Überzeugung, für welche er die beste Kraft seines Lebens geopfert hatte, eine solche Anerkennung des Sohnes war der schönste Lohn für diesen Vater es war der Silberblick seines Lebens.

Auch mit seinem Schüler Heinr. Marchand, der ihn begleitete und sich in einigen fremden Akademien (so im Burgtheater am 2. März, in der Wittwensocietät am 15. März) mit großem Beifall hören ließ, legte er dort Ehre ein. Auch sonst

19 Kelly, Remin. I p. 240 f. Holmes vermuthet, da Haydn zwar allerdings ein guter Geiger aber kein Solospieler war, daß Kelly ihn durch einen Gedächtnisfehler an Mozarts Stelle gesetzt habe (S. 267); dann wäre eher anzunehmen, daß Dittersdorf, der damals ein berühmter Violinspieler war, die erste und Haydu die zweite Geige gespielt habe.

20 [Der hier gegebene Wortlaut der wichtigen Äußerung Haydns ist in dem Briefe des Vaters, wie ihn Nohl (Mozart nach den Schilderungen seiner Zeitgenossen S. 294) nach dem Autograph giebt, übereinstimmend mit der Angabe der Schwester (Nottebohm S. 110), enthalten.]

fehlte es nicht an Genüssen und Zerstreuungen mancher Art. Er hörte Aloysia Lange, deren schöne Stimme ihm einst so viel Sorge gemacht hatte, sowohl im Privatkreise wie öffentlich in Glucks Pilgrimmen von Mekka und in Grétry's Zemire und Azor dies war eine ihrer Hauptrollen : „sie sang beydesmal und spielte vortrefflich“. Ihr Gatte, welcher auch die Malerkunst übte, zeichnete sein Porträt auf rothes Papier"; dasselbe war, wie er erzählt, „vollkommen getroffen und schön gezeichnet“ 21. Auch die Baronin Waldstädten, auf deren Bekanntschaft er sich so sehr gefreut hatte, wurde in Klosterneuburg besucht, wo sie sich damals aufhielt; wir erfahren nicht, wie es mit der Zusammenkunft ausfiel.

Von größerer Wichtigkeit, und für einen Mann von seiner Sinnes- und Denkungsart sicherlich von ernster Bedeutung war es, daß L. Mozart durch den Einfluß seines Sohnes bewogen ward, während er sich in Wien befand ebenfalls in den Freimaurerorden einzutreten. Der scharfe Rationalismus, welcher neben streng kirchlicher Frömmigkeit in seiner Auffassung sittlicher Pflichten wie praktischer Lebensverhältnisse, in seinem kritischen Verhalten gegen Vorurtheile aller Art so stark hervortritt, macht es begreiflich, daß er Aufklärung bei einer Gesellschaft suchte, welcher ausgezeichnete und von ihm hochverehrte Männer angehörten. Wie weit er sich durch die Aufschlüsse, welche ihm dort wurden, befriedigt fühlte, ist mir nicht bekannt; ebensowenig ob er in Salzburg, wo der Orden auch Anhänger gefunden hatte, ein thätiges Mitglied gewesen sei; die Tochter glaubte zu wissen, daß seine Korrespondenz mit Wolfgang seit dieser Zeit sich auf Gegenstände der Freimaurerei bezogen habe (S. 2).

Von Wien reiste Leopold Mozart über München, wo er sich ebenfalls gut unterhielt, nach Salzburg zurück. Dort fand er eine Verfügung seines gnädigsten Herrn vor, daß ihm, da er seinen sechswöchentlichen Urlaub eigenmächtig überschritten hatte, wenn er nicht bis Mitte Mai eingetroffen sei, „bis auf weitere Anschaffung keine Besoldung mehr verabfolgt werden solle" 22. Man begreift, daß er seiner Tochter klagte, wie sehr er sich dort

21 [Brief des Vaters vom 25. März 1785 bei Nohl, Mozart nach den Schilderungen s. Zeitg. S. 296.]

22 [Vgl. Pirdmayer an dem mehrerw. Orte S. 151.]

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