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liches Geheimniss nicht bedurft, wenn er den Unterschied zwischen Urtheilen, welche sich auf die Qualitäten der Dinge, und Urtheilen, welche sich auf die Existenz der Dinge beziehen, beachtet hätte. Nur von Urtheilen ersterer Art gilt, dass die Sache, auf welche sie sich beziehen, bereits unserem Geiste gegenwärtig sein müsse, ehe ihr durch das Urtheil eine bestimmte Qualität attribuirt wird; die Sache selber wird aber in unserem Geiste nur Kraft jenes Urtheiles gegenwärtig, durch welches wir ihr das Sein denkend attribuiren, indem sie einzig hiedurch zum Objecte unseres Gedankens wird. Der Act dieses ersten Urtheiles, welches allen anderen über die Sache vorausgeht, wird durch die sinnliche Einwirkung des Gegenstandes hervorgerufen und besteht in der Application der dem Geiste angebornen Seinsidee auf das einwirkende Object.

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§. 6.

Die dem Geiste angeborne Seinsidee besagt nicht etwas Wirkliches oder Subsistentes, sondern den allen unseren Gedanken von subsistenten Dingen vorauszusetzenden Gedanken ihres Möglichseins, welcher das apriorische Moment und die Form aller unserer Erkenntnisse constituirt. Was immer ausser dem Seinsgedanken in irgend einer unserer Ideen sich finden mag, kann nur einen Modus essendi besagen als jene aposteriorische Determination des Seinsgedankens, welche die Materie der Erkenntniss constituirt. Alle anderen Ideen ausser der angebornen Seinsidee sind erworbene Ideen; der stoffliche Inhalt derselben wird mittelst der Sensation aus der sinnlichen Erfahrung geschöpft. Die unmittelbar auf diesem Wege gewonnenen Ideen sind einfache intellective Perceptionen. Aus der einfachen Perception werden mittelst Universalisation und Abstraction die Species und Genera gewonnen: die Species durch Fallen lassen der Beziehung des Gedankens einer Sache auf das bestimmte, demselben entsprechende äussere Object, welches den Gedanken veranlasste, die Genera durch Abstraction von dem Proprium oder distinctiven Eigengehalte einer bestimmten Species. Universalisation und Abstraction sind analytische Thätigkeiten, deren Object der Denkinhalt der einfachen intellectiven Apperception ist. Aber nicht nur durch Analyse, sondern auch durch Synthese einfacher intellectiver Perceptionen werden neue Ideen gewonnen; dies sind die sogenannten complexen Ideen, deren Erzeugung der integrativen Thätigkeit des Verstandes angehört. Analyse und Synthese fallen unter den gemeinsamen Begriff der Reflexion als eines Zurückbeugens des Geistes auf die von ihm gedachten Ideen, welche somit der Sensation als zweite Quelle der determinirten Ideen zur Seite tritt. Die durch Reflexion gewonnenen abgezogenen und complexen Ideen unterscheiden sich von den sogenannten vollen Ideen oder Ideen im eigentlichen Sinne des Wortes nicht etwa durch einen umfassenderen Inhalt, sondern blos durch ein verschiedenes Verhalten des Ver

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1 Nuovo saggio, §. 474.

2 Obschon diese beiden Thätigkeiten specifisch von einander unterschieden sind, hat doch schon in der Universalisation eine Art von Abstraction statt, nämlich die Abstraction von der Subsistenz des besonderen Dinges. O. c. §. 495.

3 Unter der Facoltà integratrice des Verstandes ist jene Vermöglichkeit desselben zu verstehen: mediante la quale dall' idea dell' effetto l'uomo sale di repente a formarsi l'idea della causa, o far altro simil passagio. O. c. §. 1454, Anm. 1. È ferma legge dell' intendimento, che riceva dalla natura del suo oggetto, questa, di dover completare il sentimento e la percezione, che la natura sua consiste in uno sguardo continuo, che mira l'essere e l'ente, e che vede tutto ciò che spetta alla ragione dell' ente, come sono le determinazioni e condizioni dell' ente stesso E questa attitudine intellettiva si può chiamare facoltà integratrice dell' intendimento. O. c. §. 624.

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standes zum gemeinsamen Inhalte beider Arten von Ideen;' die Bezeichnungen: volle, abgezogene, complexe Ideen besagen drei von einander unterschiedene Modi unserer intellectuellen Attention, welche bei der Abstraction auf das Commune unter Hinwegsehen vom Proprium, bei der Synthesis auf die Verbindung mit anderen Ideen gerichtet ist. Die volle Idee bietet als solche nicht schon die vollkommene Idee der Sache an sich, zu welcher das Denken vielmehr erst durch die vorerwähnte integrative Thätigkeit des Verstandes in den sogenannten complexen Ideen gelangt."

Die angeborne Seinsidee ist, wie die denknothwendige Voraussetzung aller anderen auf dem bezeichneten doppelten Wege erworbenen Ideen, so auch der auf Ideenerzeugung abzielenden Ratiocination, deren erste Principien nach Rosminis vier sind: Principio di cognizione, di contradizzione, di sostanza, di causa. Diese Principien sind selber auch Ideen, deren Denkinhalt, in Sätze und Urtheile umgesetzt, die fundamentalen Normen aller auf das Seiende als solches gerichteten ratiocinativen Denkthätigkeit darbietet. Diese Sätze lauten: 1. Das Object des Gedankens ist das Sein. 2. Es kann nicht etwas zugleich als seiend und nichtseiend gedacht werden. 3. Es lässt sich kein Accidens ohne Substanz denken. 4. Es lässt sich keine neue Entität ohne eine sie veranlassende Ursache denken.

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Nicht so sehr Ideen, als vielmehr Elementarconcepte des Essere ideale oder der angebornen allgemeinen Seinsidee sind die Concepte der Einheit, der Zahlen, der Möglichkeit, Universalität, Nothwendigkeit, Unveränderlichkeit, Absolutheit. Diese Concepte scheinen in ihrer äussersten Abgezogenheit von aller materialen Concretion die letzten und höchsten Abstractionen zu sein, bei welchen das menschliche Denken, wie man dafür halten möchte, erst spät anlangt; sie sind aber statt dessen bei allen Menschen vorhanden und Jedem unmittelbar zur Hand, sie sind unmittelbar mit der Seinsidee selber als deren natürliche Qualitäten gegeben. Man kann sie nicht im eigentlichen Sinne Ideen nennen, da mittelst ihrer allein kein Object erkannt wird; sie sind vielmehr Elemente der allgemeinen Seinsidee, in welcher sie unmittelbar enthalten sind.

Rosmini nennt jene Concepte, welchen gar kein sinnlicher Empfindungsinhalt beigemischt ist, reine Ideen (idee pure) im Unterschiede von den gemischten Ideen (idee non pure); so ist die Idee der Substanz als solcher eine reine Idee, die Idee der körperlichen Substanz eine nicht reine oder gemischte Idee. Die durch das vitale Grundgefühl und dessen Modificationen in den besonderen Wahrnehmungssinnen vermittelte subjective Selbstwahrnehmung unserer Leiblichkeit wird uns zur Unterlage jener Abstractionen, mittelst welcher wir die Ideen von Zeit, Raum und Bewegung gewinnen. Die philosophische Bedeutung dieser letzteren Ideen betreffend, bemerkt Rosmini gegen Pascal, dass sie nicht, wie dieser den Pyrrhonisten gegenüber behauptete, unter die Principien

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1 Tutte queste tre sorti d'idee si distinguono solo per diversa maniera onde l'attenzione della mente nostra le considera. Se la considera come stanno appena generate, sono idee piene; se la considera in alcune loro parti, negligendo le altre (astrazione, analisi), prendono il nome d'idee astratte; se la considera legate insieme con altre (sintesi), prendono il nome d'idee complesse. Nuovo Saggio, §. 509.

2 Conviene notarsi, che appena generate, le idee delle cose sono specie piene (cioè hanno tutti i costitutivi anche accidentali delle cose), ma non sono spezie perfette, chè le cose stesse che le producono non sono perfette. A renderle perfette fa uopo un'altra operazione dello spirito, ch'io chiamo integrazione. Ivi.

3 O. c. §§. 559 sqq.

4 O. c. §§. 575 sqq.

5 O. c. §§. 764 sqq.

6 O. c. §. 299.

des rationalen Erkennens gehören, sondern vielmehr erste Data unseres Erfahrungswissens seien, welche keinerlei innere apodiktische Nothwendigkeit in sich schliessen, indem das Weltdasein unter den Formen der räumlichen Ausdehnung und zeitlichen Succession kein denknothwendiges, sondern vielmehr ein contingentes Sein sei. Die Vereinerleiung der hypothetischen Nothwendigkeit mit der apodiktischen ist ein Pascal mit Leibniz gemeinsamer Irrthum, welcher auf eine ungerechtfertigte Identification der idealen und realen Seinsordnung zurückweist und bei Leibniz auf einem Uebersehen des nicht blos graduellen, sondern essentiellen Unterschiedes zwischen Denken und Empfinden beruht.1

§. 7.

Die fundamentalsten ontologischen Ideen sind jene der Substantialität und Causalität. Auf der objectiven Wahrheit derselben ruht alle Metaphysik. Rosmini definirt die Substanz als jene Energie, vermöge welcher ein Seiendes zusammt Allem, was demselben eigen ist, actuell existirt. Wir vergewissern uns der Wahrheit der Idee der Substanz mittelst des Urtheiles, in welchem wir denkend die Substanz eines Individuums affirmiren. In unserer Perception eines bestimmten Individuums ist nämlich die Idee der Substanz bereits enthalten; wir könnten ein Seiendes gar nicht als existent denken, wenn wir mit der Existenz desselben nicht zugleich jene Energie mitdächten. kraft welcher es existirt. Das Denken der Existenz eines bestimmten von uns sinnlich wahrgenommenen Seienden ist aber nichts Anderes, als eine Aufeinanderbeziehung und Verbindung der sinnlichen Wahrnehmung mit der allgemeinen Seinsidee; mit dieser Aufeinanderbeziehung ist sonach implicite auch die Idee der Substanz gegeben, und zwar so, dass wir zunächst die individuelle Substanz jenes bestimmten Dinges denken, dessen Existenz wir im Urtheil der intellectiven Apperception affirmiren; durch Abstraction steigen wir aber von der Idee der individuellen Substanz zur Idee einer bestimmten Species und eines bestimmten Genus von Substanzen, und letztlich zur universalen Idee der Substanz auf. Rosmini stellt diese Ableitung der Idee der Substanz Jenen entgegen, welche sie entweder auf dem rein empirischen Wege der Sinnes wahrnehmung gewonnen werden lassen, oder sie im einseitigen Gegensatze hiezu einfach als eine angeborne Idee erklären, oder endlich dieselbe in subjectivistischer Weise durch eine innere psychologische Nöthigung causirt werden lassen, zufolge welcher der denkende Geist den apprehendirten Accidenzen der Dinge einen realen Träger zu supponiren sich gedrungen fühlt. Als Urheber dieser letzteren Erklärungsweise wird von Rosmini Kant bezeichnet; aus der deutschen Philosophie habe sie V. Cousin in sein Denksystem aufgenommen. Auch Galluppi habe sich in dem betreffenden Punkte von den Banden des Subjectivismus nicht frei zu

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1 Di vero la sensazione si riferisce ad una cosa reale; il pensiero riflette sopra quella cosa reale, paragonandola ad una ideale; quindi in ogni pensiero c'è sempre mescolato qualche cosa d'universale; mentre nella sensazione non c'è nulla d' universale, tutto è particulare e reale (Nuovo Saggio, §. 298). Leibniz sei durch seine Behauptung, dass der Körper keine wahrhafte Action auf den Geist ausüben könne, dahin gedrängt worden, Ideen und Sensationen aus derselben inneren Kraft der menschlichen Seele hervorgehen zu lassen, und da lag es nahe, den charakteristischen Unterschied beider zu verwischen: La sensazione, egli dice, è allora in noi, quando noi appercepiamo un oggetto esterno. . . Ma la sensazione ha bensi un termine, non un oggetto: questo appartiene all' intendimento; confonde dunque i due ordini (O. c. §. 297).

2 O. c., §. 587.

3 Ueber Rosmini's Verhältniss zu Kant im Allgemeinen vergleiche meine Abhandlung: Kant in Italien (S. 26-37 des Separatabdruckes aus den Denkschriften der hist.-phil. Classe, Band 31).

Denkschriften der phil.-hist. Cl. XXXV. Bd.

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machen gewusst. Rosmini begründet den Subjectivisten gegenüber die objective Wahrheit und Realität des Substanzbegriffes aus der von ihm entwickelten Idee des menschlichen Intellectes, der wesentlich als Vermögen der Erfassung des Seienden zu verstehen sei; als Seiendes könne aber nur das eine selbsteigene Existenz habende Ding verstanden werden.1 Dasjenige, was weder an sich, noch an einem Anderen Existenz hat, ist überhaupt nicht denkbar; der Intellect kann sonach nur wirklich Existirendes oder wirklich existiren Könnendes zu seinem Objecte haben. Auch die Qualitäten der Dinge kann der menschliche Verstand nicht denken, ohne dass er sie auf einen substantiellen Träger zurück bezöge, weil sie ausserdem nichts Existentes, somit kein Object des Verstandes wären. Daraus ergibt sich die Unwahrheit des subjectivistischen Idealismus Berkeley's, welchen Hume noch dadurch überbot, dass er selbst die von Berkeley zugestandene Denknothwendigkeit eines mit dem menschlichen Geiste gegebenen subjectiven substanziellen Trägers der sinnlichen Qualitäten nicht anerkennen wollte, so dass diese demnach als völlig subjectlos zu denken wären. Die unausweichliche Folge dessen wäre, dass die Accidenzen selber als Substanzen genommen werden müssten, und es nur Substanzen ohne Accidenzen in der Welt gäbe. Die Widersinnigkeit dessen leuchtet unmittelbar ein, da die Accidenz als Modus existendi ein denknothwendiger Begriff ist, der aber zugleich auch den von ihm unterschiedenen Begriff der Substanz als eben so denknothwendig involvirt."

Rosmini erklärt die intellective Selbstwahrnehmung des menschlichen Ich auf dieselbe Weise wie die intellective Apperception der Dinge ausser dem menschlichen Ich; die Verbindung des Seinsgedankens mit der sensitiven Selbstwahrnehmung des Ich erzeugt den Gedanken des seelischen Ich als eines existenten Dinges, gerade so wie der Hinzutritt des intellectiven Seinsgedankens zu den Wahrnehmungen äusserer Objecte diese für uns zu wahrhaft existirenden macht. Es bedarf also nicht, wie ein speculativer Subjectivismus will, einer philosophischen Vergewisserung der Realität unseres inneren denkhaften Selbst als denknothwendiger Vorbedingung und Grundstütze der philosophischen Erweisung der metaphysischen Realität der Dinge ausser uns. Gleichwohl glaubt Rosmini die metaphysische Giltigkeit der Causalitätsidee auf dem Wege psychologischer Analyse deduciren zu sollen. Jedes Geschehen (fatto, mutazione) heischt nothwendig eine zur Erklärung des Geschehens ausreichende Ursache. Das Geschehen vollzieht sich in Form einer Action, mittelst welcher etwas nicht Vorhandenes ins Dasein gesetzt wird. Unsere ersteren Wahrnehmungen solcher Azioni gehören unserer inneren und äusseren Sensitivität an. Unser Bewusstsein bezeugt uns unser passives Verhalten bei körperlichen Einwirkungen auf uns, unser actives Verhalten bei den vom Willen unseres Ich ausgehenden Thätigkeiten des Denkens, Bewegens u. s. w. Mittelst

1 L'intelletto è la facoltà di concepir le cose come aventi un' esistenza propria; non è però ch' egli non possa ingannarsi sull'esistenza reale delle cose; ma anche quando s'inganna, egli le concepisce come aventi un'esistenza loro propria. Nuovo Saggio, §. 602, Anm. 1.

2 O. c. §. 609.

3 È impossibile pensare un ente attuale, senza distinguere in esso l'energia di esistere e il modo di esistere o gli accidenti; chè pensare un ente attuale importa avere il concetto di un ente attuale, e in quel concetto la mente distingue sempre,

ove il voglia, l'attività che fa esistere senza più ed il modo di esistere; quindi si forma così due concetti elementari: 1o della sostanza, 2o degli accidenti. O. c. §. 611.

4 Näheres hierüber O. c. §§. 1433-1436.

5 O. c. §§. 617 sqq.

der zu diesen subjectiven Wahrnehmungen hinzutretenden Seinsidee bilden wir den intellectiven Gedanken der Action, welchen wir auf Dasjenige übertragen, was unabhängig von unserer inneren Bewusstseinserfahrung auf ähnliche Weise nach dem Zeugnisse anderer Menschen anderweitig sich ereignet und gemeinhin als ein derartiges Geschehen durch die Sprache fixirt ist. Das Wort Ursache wäre ein uns unverständliches Wort, wenn uns der Sinn desselben nicht auf dem Wege der angedeuteten primitiven psychologischen Selbsterfahrung klar wäre. Die Frage ist nur, wodurch wir genöthiget seien, zu jedem Geschehen eine Ursache hinzuzudenken, und umgekehrt die Wirkung als das in Folge des Vorhandenseins einer Ursache entweder thatsächlich oder doch möglicher Weise Eintretende zu denken. Rosmini findet den Grund darin, dass die Azione, welche selber weder ein Seiendes ist, noch ein Seiendes subsistent macht, sich im Denken nicht fassen lässt ohne Beziehung auf ein Seiendes, dem es angehört, oder durch welches es producirt ist; und dieses Seiende nennen wir Ursache; die Causalitätsidee ist sonach die Idee des ein Handeln oder Geschehen producirenden Seienden. Die Nothwendigkeit, die der Wahrnehmung angehörige Azione mit der angebornen Seinsidee in Verbindung zu bringen, resultirt aus der Natur des Intellectes, welchem es wesentlich ist, die specifischen Objecte seines Erkennens im Lichte der angebornen Seinsidee aufzufassen.

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§. 8.

Das bisher Entwickelte reicht aus, uns über die allgemeinen Intentionen des Philosophirens Rosmini's zu orientiren und seine eigenen Angaben hierüber in das Licht des richtigen Verständnisses zu rücken. Er sucht die Aufgabe der Philosophie nicht in der Entdeckung neuer Wahrheiten, sondern in der Aufhellung und Entwicklung allgemein gekannter und anerkannter Wahrheiten. Er will auf Wahrnehmung und Beobachtung dessen hinlenken, was alle Menschen von Natur aus in sich tragen, und wodurch ihnen selber unbewusst ihr Denken beeinflusst wird; es gibt in Bezug auf die höhere Wahrheit des Lebens einen menschheitlichen Gemeinsinn, dessen Aussagen im traditionalen Lehrgehalte aller gesunden Philosophie niedergelegt sind. Eine sogenannte absolute Philosophie, in welcher das menschliche Denken ausschliesslich auf sich selber stünde, gibt es nicht; die wahre und echte Philosophie hat wesentlich zwei Lebenswurzeln, deren eine in die Gründe der urzeitlichen religiösen Menschheitsüberlieferung gesenkt ist, die andere in das rationale Denkleben der individuellen Menschenvernunft. Diese beiden einander wechselseitig integrirenden Elemente des gesunden Philosophirens sind in der antiken vorchristlichen Philosophie gesondert und von einander getrennt durch die pythagoräische Schule und durch Thales von Milet repräsentirt; Plato, welcher mit der pythagoräischen Schule durch Archytas zusammenhing, zu der von Thales eingeschlagenen Methode des rationalen Philosophirens aber durch Sokrates angeleitet worden war, vereinigte in sich jene beiden Elemente der Philosophie, kannte aber nicht die echte, unentstellte Wahrheitsüberlieferung der Vorzeit und hielt sich deshalb an dunkle, vieldeutige Mythen, wodurch er anderen, später folgenden philosophischen Denkern Anlass gab, auf das traditionelle Element der Philosophie geringschätzig herabzusehen und es bei Seite zu stellen. Das im christlichen Denken geläuterte und verlebendigte Ver

1 Nuovo Saggio, Prefaz.

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