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der von ihm bemerklich gemachten Thatsache unrichtige, viel zu weit gehende Folgerungen; er erkannte aber mit tiefdringendem Blicke die Bedeutung der Thatsache, aus welcher er seine Lehre von den angebornen Ideen folgerte, und in der Erkenntniss jener Bedeutung besteht sein unsterbliches, ruhmvolles Verdienst um die philosophische Erkenntnisslehre. Strenge genommen folgt aus der von ihm urgirten Thatsache nur dies, dass vor aller actuellen Erkenntniss eine Facultas judicandi (facoltà di giudicare) in der menschlichen Seele vorhanden sei, welche richtig geleitet zur Erkenntniss von Wahrheiten führt, die der also Geleitete früher gar nicht gedacht hatte. Unter diesen Wahrheiten hat man indess eine erste von allen anderen aus ihr abzuleitenden zu unterscheiden; und in Bezug auf jene erste Wahrheit, die aus keiner anderen gewonnen wird, hat man allerdings zu fragen, wie der menschliche Geist sie vermöge der ihm eignenden Facoltà di giudicare zu gewinnen vermöge. Sollte ursprünglich gar nichts von derselben in ihm vorhanden gewesen sein, dann wäre ihr actueller Eintritt etwas geradezu Unbegreifliches; andererseits steht aber fest, dass sie ursprünglich nicht actuell in ihm vorhanden gewesen sein könne, indem die Analyse der von Plato urgirten Thatsache nur das actuelle Vorhandensein einer Facoltà di giudicare erweist. Gewiss ging Plato viel zu weit, wenn er für jede besondere Erkenntniss des Menschen eine besondere angeborne Idee postulirte, da keine actuelle Erkenntniss dem Menschen vom Anfang her eigen ist und, die Möglichkeit einer angebornen Erkenntniss zugegeben, das potentielle Vorhandensein einer ersten geistigen Erkenntniss ausreicht, alle anderen Geisterkenntnisse aus ihr zu deduciren. Darin war er aber im Rechte, dass er die der menschlichen Seele eigenthümliche Facultas judicandi nicht für eine blosse Gestalterin des menschlichen Erfahrungswissens ansah, sondern in ihr ein productives Vermögen erkannte; sie ist eben ein Vermögen, mittelst dessen der denkende Geist eine erste Grunderkenntniss aus sich selbst heraussetzt und damit einen ihm unmittelbar und unabhängig von den Dingen präsenten Gedanken actuirt. Dieser dem menschlichen Geiste unmittelbar präsente Gedanke ist der Seinsgedanke als die denknothwendige Voraussetzung des primitiven Urtheiles, in welchem von einem der seelischen Wahrnehmung sich präsentirenden Objecte das Sein prädicirt wird. Freilich ist dieser angeborne Seinsgedanke vor allem actuellen Denken völlig unbestimmt, umfasst aber in dieser seiner Unbestimmtheit implicite und potentiell die Totalität aller Determinationen des Seinsmöglichen, welche in den wirklichen Dingen gegeben sind; daher es vom Ueberflusse war, wenn Plato dem menschlichen Geiste eine Vielheit von Ideen angeboren sein liess, und ein Irrthum, wenn er dieselben als ursprünglich schon determinirte Ideen ansah, da die Determination des angebornen unbestimmten Seinsgedankens eben erst in der durch die Erfahrung vermittelten denkhaften Apprehension der besonderen Dinge sich vollzieht. Aristoteles war seinem Lehrer Plato gegenüber nur so weit im Rechte, als er die Ausschreitungen Plato's in der Betonung eines an sich richtigen Gedankens bekämpfte, verkannte aber augenscheinlich das denselben zu Grunde liegende, vollkommen berechtigte Grundmotiv des Bestrebens, über den aller sinnlichen Erfahrung vorausgehenden und von derselben unabhängig in der menschlichen Seele vorhandenen Grundgehalt des menschlichen Geistdenkens ins Klare zu kommen. Er steht im Nichtverstehen jenes Grundmotivs ganz auf gleichem Standpunkte mit Locke;' und wenn man ihn auch nicht jener Confundirung und 1 Voi ammettete spricht Rosmini Aristoteles und Locke an una potenza di pensare, o sia un qualche cosa nell' anima umana, onde a lei provenir possano le sue cognizioni: benissime; fin qui noi siamo perfettamente in uno stesso pensiero.

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Vereinerleiung sinnlichen und geistigen Erkennens zeihen darf, dessen sich Condillac und Andere schuldig machten, so liegt doch offen da, dass er den Unterschied jener beiden Arten des Erkennens nicht nach seiner vollen Bedeutung erfasste und deshalb auch nicht vollkommen richtig zu bestimmen wusste. Er unterscheidet sie blos mit Bezug auf ihre Objecte (sinnliche und unsinnliche Objecte), und bemerkt nicht, dass die Termini der Sinne nicht die sinnlichen Objecte seien; wenn er ferner sagt, der Intellect abstrahire aus den particulären Sinnendingen die Allgemeinbegriffe, und diese seien in den sinnlichen Vorstellungen bereits potentiell enthalten, so ist dies eine seiner falschen Grundannahme in Bezug auf die Objecte der Sinneserkenntniss angepasste Erklärung der Entstehung der Allgemeinbegriffe, ohne dass das Wie ihrer Entstehung einleuchtend gemacht würde. Da die Allgemeinbegriffe der Dinge wirklich vorhanden sind, und da sie der Geist nicht aus sich selber bilden soll, so müssen sie aus der sinnlichen Erfahrung abgezogen sein. Ob und wie sie in der durchaus nur Individuelles, Particulares und Besonderes in sich fassenden sinnlichen Wirklichkeit enthalten sein können, erachtete Aristoteles keiner Untersuchung bedürftig. Ihm genügte es, in seiner Lehre vom potentiellen Enthaltensein des Allgemeinen in den sinnlichen Vorstellungen eine Formel gefunden zu haben, welche den Gegensatz zur platonischen Lehre von den angebornen Ideen exact auszudrücken schien; als Vehikel der Actuirung der in den sinnlichen Vorstellungen potentiell enthaltenen Allgemeinbegriffe erfand er den Intellectus agens, dessen Werth und Bedeutung nach dem Gesagten sich ermisst. Rosmini glaubt noch hervorzuheben zu sollen, dass Aristoteles, so sehr er gegen die platonische Lehre von angebornen determinirten Ideen reagirte, sich doch der Anerkennung angeborner indeterminirter Habitus principiorum nicht völlig zu entziehen wagte,' und dass Aegydius Romanus die Anerkennung derselben als ausdrückliche Lehre des Aristoteles zu statiren bemüht war. Hiezu wäre nun freilich zu bemerken, dass jene indeterminirten Habitus principiorum nicht Principien der Realerkenntniss, sondern des richtigen Urtheilens und Handelns zu ihrem Inhalte haben und demzufolge, soweit sie sich auf das richtige Urtheilen beziehen, rein formaler Natur sind, und nur das logisch richtige Vorgehen in der menschlichen Denkthätigkeit betreffen. Aegydius gibt allerdings jenem Habitus principiorum in der von Rosmini citirten Stelle eine weitere Ausdehnung, sofern er unter den Principien die Allgemeinbegriffe als die Haltpunkte giltiger inductiver Schlussfolgerungen versteht, und dieselben zwar nicht actuell, aber doch dispositiv in der Seele vorhanden sein lässt in Kraft des Intellectus agens, in dessen Lichte sie auf Grund der sinnlichen Anschauung dem Intellectus possibilis in ihrer determinirten Actualität vernehmbar werden. Man wird indess nicht verkennen, dass hier ein dem Augustiner Aegydius nahegelegener Versuch einer platonisirenden Umdeutung des Aristoteles vorliegt. Aristoteles selber lässt die Principia prima der menschlichen Erkenntnissthätigkeit und

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Permettete però a noi d'innoltrare più avanti le recerche nostre, e di esaminare se possa esistere una tal potenza di pensare, che non abbia punto in sè alcuna nozion primitiva; o pure, se quella potenza di pensare fors' altro non sia che la potenza di usare di una qualche nozione o idea primitiva, che porta lo spirito umano con se medesimo; se in somma si possa concepire un pensiero qualunque, il quale sia cosa diversa dalla vista o dall' applicazione di una norma, di un' idea. Ora qui, si i nostri due filosofi ci negano la loro buona licenza di protrarre per questa via le indagini nostre, essi ci riescono, a dir vero, non poco illiberali, e colla intolleranza loro comincia il loro errore: nè egli sembra probabile, che gli uomini vogliano credere che solamente dentro alla limitazione da essi stabilita consista la perfetta sapienza. Nuovo Saggio, §. 235. 1 O. c. §. 272.

2 O. c. §. 273.

3 Vgl. Aristot. Analyt. Post. II, c. 19.

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Kunstthätigkeit auf dem Wege der sinnlichen Erfahrung durch Induction gewonnen werden. Rosmini bemerkt dawider, dass Aristoteles auf diesem Wege nicht Universalia prima, sondern Universalia ultima gewinne, welche Verknüpfungen der Universalia prima seien und als allgemeine Sätze die Principien irgend welcher specieller wissenschaftlicher Erkenntnisse darbieten; wenn er damit den Ursprung der Ideen als solcher aufgehellt, zu haben glaube, so habe er die ideologische Frage mit einem Probleme ganz anderer Art, das einer bestimmten Fachwissenschaft angehöre, vermengt. Dass die auf inductivem Wege erprobten gemeingiltigen Erfahrungssätze keine Universalia prima seien, ist wohl richtig; eben so wahr aber ist, dass auch die Universalia prima nicht auf den Rang philosophischer Ideen, soweit diese etwas von Allgemeinbegriffen specifisch Verschiedenes bedeuten, Anspruch haben, und dass somit der Begriff der philosophischen Idee als solcher sich ebenso wenig bei Plato als bei Aristoteles findet, daher die relative Parteinahme Rosmini's für Plato gegen Aristoteles ihn der Erkenntniss des Wesens der Idee nicht näher bringt. Im Gegentheile, Rosmini hat in seinem abstracten Ontologismus übersehen, dass der von Aristoteles angedeutete Weg der inductiv begründeten Erkenntniss gemeingiltiger Wahrheiten nicht ausser Relation zur Gewinnung wirklicher Ideen stehe, sofern nämlich in der auf inductivem Wege erprobten Beständigkeit einer bestimmten Wirkungsweise sich allerdings auch das Wesen oder die Idee eines Agens unserem Geiste sich erschliesst oder andeutet, wie denn überhaupt, wenn die gegebene Wirklichkeit für uns ein Vorhalt der in derselben ausgedrückten Ideen ist, die Ideen des Wirklichen im lebendigen Contacte unseres Geistes mit der Wirklichkeit in uns aufleuchten müssen. Es ist sonach unrichtig, mit Rosmini zu sagen, dass Aristoteles von der bereits durch Plato angebahnten Erkenntniss des Wesens der Idee wieder abgelenkt habe; er hat im Gegentheil das Seine dazu beigetragen, die Erkenntniss vom Wesen der Idee als einer in den Dingen sich offenbarenden und bekundenden Gedankenmacht weiterzuführen, obschon sich ihm das specifische Wesen der Idee in deren Unterschiede vom Begriffe ebensosehr entzog, als es sich Plato entzogen hatte und auch dem an die platonische Tradition anknüpfenden Rosmini sich verhüllte.

§. 5.

Rosmini definirt die Idee als das unserer geistigen Anschauung präsente Sein oder Seiende in seiner Möglichkeit. Die Idee ist demnach minder real als das unter sie

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1 Nuovo saggio, §. 271, Anm. 1.

2 Prima che l'uomo possa conchiudere questa proposizione universale: la corteccia peruviana caccia la febbre, che cosa gli fa bisogno? D'aver già nella mente formati molti altri universali. Tutt' i termini di questa proposizione senza eccezione esprimono universali. La parola corteccia peruviana non esprime già questo pezzo materiale o quell' altro di corteccia, ma esprime la specie: esprime con essa tutte le corteccie possibili di quella specie, ed è perciò un' idea, un concetto universale, perchè è d' una specie, non d'un subsistente. Cosi parimente, la parola febbre non significa nè questa febbre pigliata a Sempronio, nè quella pigliata a Cajo, ma significa qualunque febbre: la specie di malattia che si denomina febbre. Ora la questione,quale sia la relazione tra queste due idee universale, la corteccia peruviana e la febbre', è una questione interamente divisa da quell' altra, come noi possiamo avere le idee universali della corteccia peruviana e della febbre'. Quella prima è una questione medica, che si scioglie dopo molta esperienza mediante un' induzione più o meno protratta e perciò più o meno assicurata. Questa seconda è una questione ideologica la quale ha per iscopo di spiegare un fatto non punto scientifico, ma volgare, il fatto dell' esistenza nella mente degli uomini di quelle idee universali, della corteccia e della febbre. Queste idee universali si trovano nella mente degli uomini . . . tosto che l'uomo comincia a fare il primo uno della ragione. L. c.

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3 L'idea è l'essere o l'ente nella sua possibilità, come oggetto intuito della mente. O. c. §. 417.

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befasste Wirkliche, sie verhält sich zu letzterer als blosser Möglichkeitsgedanke, als Gedanke der einem besonderen Wirklichen zu Grunde liegenden allgemeinen Möglichkeit desselben. Nach Rosmini ermangelt sie allerdings nicht der Realität; sie hat nach ihm ein geistiges Sein, welches als solches über der sinnlichen Wahrnehmung und Vorstellung steht sie ist ein Musterbild, welchem gemäss ein intellectionsfähiges Wesen denkt und wirkt. Ihr Sein ist jedoch von der Existenz des denkenden Geistes abhängig, so dass, wenn dieser nicht wäre, auch sie nicht sein könnte. Dem Gesagten gemäss können die Ideen blos in Gott und in den geschöpflichen Geistern Wirklichkeit haben, nicht aber als lebendige Wirkungsmächte den gottgeschaffenen Dingen immanent sein; es kann somit auch keine geistige Apprehension solcher der gegebenen Wirklichkeit immanenter Wirkungsmächte geben.

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Rosmini's Lehre von der Idee entwickelte sich im einseitigen Gegensatze zur Ideologie Locke's und Condillac's und stellt sich demnach der empiristischen und sensualistischen Fundirung der Erkenntnisslehre bei jenen Philosophen als abstract spiritualistische und abstract idealistische Antithese gegenüber. Rosmini wirft Beiden vor, die Idee mit der Sensation in Eins zusammengeworfen zu haben.3 Bei Condillac kommt die Bemerkung vor, dass der Schmerz zwar nicht als unmittelbar empfundener, wohl aber als Gegenstand der Erinnerung eine Idee sei. Er übersieht hiebei den wesentlichen Unterschied zwischen Sinn und Gedächtniss, der eine Transformation des ersteren in das letztere geradezu ausschliesst. Völlig widersinnig ist es, wenn er dem Tastsinne, welchem er das Vermögen zuschreibt, die von den Sinnen unterschiedenen Objecte zu vergegenwärtigen, die Rolle zutheilt, die Sensationen in Ideen zu verwandeln, weil ihm die Fähigkeit eigne, über die äusseren Objecte zu urtheilen. Condillac lehrt anderweitig, dass der Act des Urtheilens im Vergleichen zweier Ideen bestehe, deren Unterschied hiedurch ermittelt werden solle; wie verträgt sich hiemit seine Behauptung, dass die Ideen selber mittelst urtheilender Thätigkeit sich in uns bilden? Um urtheilen zu können, sind allgemeine Ideen nothwendig, wie Condillac selber zugesteht; er verkennt jedoch, dass jede Idee ihrer Natur nach den Charakter der Allgemeinheit an sich trägt, und lässt ihre Universalität erst aus unserer allmälig sich machenden Beziehung einer bestimmten Idee auf verschiedene Objecte als Abbildungen derselben hervorgehen. Die Ideen werden nicht erst durch den Gebrauch, welchen wir von ihnen machen, universell, jede Idee ist vielmehr an sich schon universell. Dies zu erkennen wurde Condillac dadurch verhindert, dass er bei seiner Erklärung der Ideen einen wichtigsten Factor, der bereits im Acte der sinnlichen Wahrnehmung selber thätig sein kann, übersah, nämlich die geistige Attention, in deren Kraft der Mensch das Object der Sensation sich geistig vergegenwärtigt und in den Bereich der Intellection erhebt. Die auf diese

1 Nuovo Saggio §. 77, Anm. 1.

2 O. c. §. 531, Anm. 1.

3 0. c. §. 3.

4 Il Condillac stesso distingue l'attenzione della memoria dall' attenzione del senso, caratterizzando la prima per attiva e la seconda per passiva. Si può dare una differenza più essenziale di questa, che la fa l'una all' altera contrarie? O. c. §. 77,

Anm. 2.

5 O. c. §. 87.

6 Basta un poco d'attenzione a riconoscere siccome l'atto del giudicare è tutto interno, dello spirito solo senza bisogno d' alcuna esterna attuale impressione sugli organi; mentre l'azione del tatto nasce mediante la modificazione attuale degli organi esterni e corporei. L. c.

Weise entstandene Idee des Objectes geht aller urtheilenden Thätigkeit voraus und macht zufolge des ihr eignenden Universal gehaltes die urtheilende Thätigkeit möglich, welche sonach wesentlich dem Geiste angehört und nicht, wie Condillac meint, in den Bereich der sensitiven Apperceptionen verlegt werden kann; wie denn überhaupt der Grundfehler der Erkenntnisstheorie Condillac's darin besteht, dass er alle Erkenntnisspotenzen der Seele, auch die activsten, auf die einfache Sensation als ihr vermeintliches Grundprincip zurückführen wollte. Condillac hatte Locke zum Vorwurfe gemacht, dass Letzterem, welcher überflüssiger Weise zwei Principien unserer Erkenntniss, ausser der Sensation auch noch die Reflexion aufgestellt habe, entgangen sei, wie sehr eine judicative Thätigkeit bereits in den Sensationen statthabe. Lag es da nicht nahe, ein Ineinandergreifen zweier von einander wesentlich unterschiedener Thätigkeitsweisen, deren eine dem Sinnesvermögen, die andere dem Intellecte angehört, zu erkennen?1

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Locke behauptet im Unterschiede von Condillac das Vorhandensein von Ideen, welche nicht durch judicative Thätigkeit gebildet seien, will aber derartigen Ideen nicht den Charakter von Erkenntnissen zugestehen; sie seien eben nur auf sinnlichen Wahrnehmungen beruhende Vorstellungen. Rosmini meint, Locke sei zu dieser widersinnigen Behauptung durch die Consequenz seiner Grundannahme, dass es keine angebornen Ideen gebe und alle menschliche Erkenntniss lediglich aus Sensation und Reflexion stamme, hingedrängt worden. Reid bestreitet die Behauptung der Lockeaner, dass die einfache Wahrnehmung der Dinge dem Urtheile über ihre Existenz vorausgehe; es habe vielmehr das Umgekehrte statt, indem zufolge eines natürlichen und primitiven Urtheiles die Existenz des Objectes vor der einfachen Apprehension desselben feststehe. Die der Perception nachfolgende Thätigkeit bestehe darin, dass wir mittelst Abstraction die Existenz des Dinges von dem Gedanken des Dinges als solchen abtrennen und dasselbe wie rein mögliche Dinge betrachten; auf diesem Wege ergebe sich die reine Apprehension oder der reine Concept des Dinges. Die der einfachen Perception vorausgehende Thätigkeit sei die Zusammenfassung des Mannigfaltigen, welches sich in der sinnlich concreten Erscheinung des Dinges darstellt; dieser synthetische Act schliesse das Urtheil über die Existenz Desjenigen in sich, dessen Mannigfaltiges als Erscheinung des sich in ihm darstellenden Einen gefasst wird, und von dieser, Existenz und Erscheinung naturnothwendig aufeinander beziehenden concreten Apprehension werde erst zur abstracten oder reinen Apprehension des Dinges fortgeschritten. Soweit Reid nicht gelten lassen will, dass das Urtheil über die Existenz der äusseren Dinge nur auf Grund einer vorausgehenden einfachen Apprehension der Dinge selber möglich sei, ist er nach Rosmini den Lockeanern gegenüber vollkommen im Rechte; er muthet uns aber Denkunmögliches zu, wenn er darauf besteht, dass das Urtheil über die Existenz der äusseren Dinge überdies auch unabhängig von irgend einer im Geiste präexistirenden Idee sich soll bilden können. Mit Recht konnten die Gegner fragen, wie man urtheilen könne, dass ein Ding, von welchem man gar keine Idee habe, thatsächlich existire. Reid glaubte sich einer Antwort auf diese Frage überhoben, wenn er jenes allen Ideen vorausgehende primitive Urtheil als eine in den Schleier eines undurchdringlichen Geheimnisses gehüllte Thatsache erklärte. Reid hätte des Recurses auf ein undurchdring

Nuovo Saggio, §§. 69, 70.

2 O. c. §. 114.

3 O. c. §§. 122 sqq.

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