Obrazy na stronie
PDF
ePub

als Glaubensregel hinstellten, das Taufbekenntnis an diesem Begriffe partizipiert habe. Das ist um so wichtiger, als neuerdings Kattenbusch es versucht hat, die richtige Beobachtung, dass bei vielen Vätern die Schrift als „,Kanon" bezeichnet werde, bald mehr, bald minder bestimmt dahin auszudeuten, dass dann die Betreffenden kein Taufbekenntnis gehabt hätten.

Wir haben darauf hingewiesen, wie Alexander von Alexandrien mit Hilfe der Schriften den Glauben antiarianisch entwickelt (Hahn § 15). Aber damit ist die merkwürdige, längst wahrgenommene Thatsache nicht erklärt, dass er zugleich den Glauben in formelhafter Ausprägung wiedergiebt, die deutlich an ein Symbol erinnert. Unser Begriff erklärt, wie das eine durch das andere nicht ausgeschlossen wird, und giebt uns das Mittel an die Hand, aus jener Formulierung das zu Grunde liegende Symbol mit einiger Sicherheit herauszuschälen (vgl. den Anhang zu diesem Kapitel). Dasselbe gilt für Hippolyt. Wir konnten bei ihm den Begriff der apostolischen Überlieferung zunächst nicht anders verstehen, als dass die Schrift damit gemeint sei. Betrachten wir aber seine Formulierung des Schriftinhaltes näher, so erkennen wir, dass ihm dabei zugleich sein Taufbekenntnis, in diesem Falle R, vorschwebt, ungefähr genau so, wie später dem römischen Bischofe Dionysius (vgl. S. 182).

Ebenso einleuchtend ist das nun bei jenen kleinasiatischen Presbytern, die gegen Noet sich versammelten. Wenn sie nach dem Berichte des Epiphanius (Hippolyts Syntagma?) gegen ihn bekennen: auch wir preisen einen Gott und haben einen Christus, aber so wie wir den einen Christus kennen, als Sohn Gottes, der gelitten hat, so wie er gelitten hat, gestorben ist, so wie er gestorben ist, auferstanden (am dritten Tage), aufgefahren gen Himmel, befindlich zur Rechten Gottes, kommend zu richten Lebendige und Tote: das sagen wir, als die wirs von den heiligen Schriften gelernt haben, wie wir es auch wissen (Hahn § 4), so macht es unsre Formel gewiss, dass die Art, wie der aus der Schrift abgeleitete Glaube gefasst ist, durch das Symbol jener Presbyter veranlasst ist. Endlich aber dürfte unsre Definition auch auf den originellsten der altkatholischen Schriftsteller zutreffen, nämlich auf Clemens Alexandrinus. Gewiss kommen bei ihm, wie auch anderwärts (vgl. Polykrates von Ephesus S. 127) Stellen vor, wo die Beziehung des kirchlichen Kanons zum Symbole ganz zu fehlen scheint; andrerseits aber wird uns seine ganze Theologie, wie eine grosse Anzahl einzelner Stellen

(vgl. S. 151 f.), viel verständlicher, wenn wir einmal versuchen, bei dem x. . möglichst immer auch an das Bekenntnis zu denken. Trifft doch z. B. jene Andeutung, dass die Erkenntnis nach der Glaubensregel mit Gott dem Schöpfer beginne, nicht bloss auf den Anfang der Bibel zu, sondern auch auf den Anfang des Bekenntnisses; wiederum stimmt aber darin Cl. mit den abendländischen sogen. regulae überein. Nur das eine wird man annehmen müssen, dass für ihn in fast noch höherem Masse als für Irenäus das Bekenntnis bloss als die Hauptsumma der alt- und neutestamentlichen Schrift in Betracht kam und darum hinter jener zurücktrat.

Der Thatbestand, der bei ihm vorlag, veranlasst uns aber noch, das Merkmal des Antihäretischen an dem zusammenfassenden Begriffe der Glaubensregel besonders zu betonen. Soweit dabei das Bekenntnis in Betracht kommt, wird dasselbe eher beachtet, wenngleich auch da nicht genug, indem man nicht selten geneigt scheint, Formeln, die unter dem antihäretischen Gesichtspunkte reduziert sind, mit dem dahinterstehenden Symbole gleichzusetzen, oder antithetisch erweiterte Glieder für die Grundgestalt desselben in Anspruch zu nehmen. Wie unberechtigt dies Verfahren ist, zeigt schlagend jene berühmte Formulierung der fides Romana bei Tertullian (de praescr. 36). Wer würde hinter jenen relativ dürftigen Stücken: unum deum dominum novit, creatorem universitatis, et Christum Jesum ex virgine Maria, filium dei creatoris et carnis resurrectionem ein so reiches und andrerseits so prägnantes Symbol, wie R, vermuten? Die weitgehende Beschränkung, wie nicht minder die stellenweise Erweiterung des Bekenntnisinhaltes erklärt sich aber sofort, wenn man den antihäretischen Gesichtspunkt berücksichtigt.

Wir können das noch an einem weiteren Beispiele erläutern. Niemand wird bezweifeln, dass schon im Symbole Tertullians die Sündenvergebung stand. Und doch kommt sie auch nicht in einer einzigen Relation des Symbolinhaltes bei ihm vor, während dagegen die άvástasis sapxós ebenso niemals fehlt. Der antihäretische Charakter der regula erklärt diesen Umstand sofort: Gnostiker und Marcioniten tasteten wohl die leibliche Auferstehung, nicht aber die Sündenvergebung an. Wiederum ist es nicht zufällig, dass Cyprian, der wesentlich nur den Gegensatz zu den Novatianern im Auge hat, uns nicht eine der drei trinitarischen, sondern eben die vierte Tauffrage aufbehalten hat (s. S. 25 f.), denn um Kirche und Sündenvergebung handelte es sich in diesem neuen Streite. Daher hat

auch Cyprian offenbar aus dieser vierten Frage selbst die resurrectio carnis ausgelassen, denn dass sie zu seiner Zeit ebenso im carthagischen Symbole gestanden habe, wie vorher und nachmals, dürfte für gewiss gelten.

Fast noch wichtiger aber ist es, sich dessen bewusst zu werden, dass auch das Schriftprinzip bei jenen Vätern antihäretisch ausgeprägt ist und daher, entsprechend dem damaligen Gegensatze, in einer Form, wie sie in der nachherigen Geschichte gar nicht wieder vorkommen konnte. Dieser Punkt wird in der Regel übersehen. Clemens wie nicht minder Tertullian formulieren nämlich die Kanonizität der heiligen Schrift in der Weise, dass sie auf das alte Testament den Ton legen und seine Zugehörigkeit zur heiligen Schrift der christlichen Kirche geltend machen, während auf die evangelischen und apostolischen Schriften" kein Accent fällt. Dies Verhältnis ist ganz analog dem, welches wir bei dem Bekenntnisse oder der bisher so genannten regula beobachteten. Daher konnte das altkatholische Schriftprinzip sogar in der Gestalt eines formalen Grundsatzes, nämlich desjenigen der Harmonie von altem und neuem Testamente, ausgesprochen werden (Clemens). Entkleiden wir aber die betreffenden Formulierungen ihres antithetischen Charakters, so ergiebt sich als zu Grunde liegende Bestimmung die, dass die heilige Schrift alten und neuen Testamentes Norm oder Kanon sei. Dieselben Väter hätten ihr Schriftprinzip unter Umständen auch nach einer andern Seite antihäretisch zugespitzt, nämlich wenn sie noch einen ernstlichen Kampf mit den Ebioniten, die den Apostel Paulus verwarfen, auszufechten gehabt hätten. In solchem Falle hätte etwa Tertullian seine Formel umgedreht und von der Kirche gesagt: evangelicas et apostolicas litteras cum lege et prophetis miscet, so dass also auf das neue Testament der Ton gefallen wäre. Doch jener Gegensatz hatte für die damalige Zeit keine Bedeutung mehr. Diese Erwägung kann uns aber lehren, was an jenen Bestimmungen über die Kanonizität der Schrift das Wesen der Sache war, und was der antihäretischen Ausprägung des Grundsatzes zuzuschreiben ist.

Nichtsdestoweniger bleiben wir dabei, dass von einem rein und streng durchgeführten Schriftprinzipe in der antignostischen Kirche nicht geredet werden kann. Es wäre dies auch psychologisch kaum zu begreifen. Denn bei der Nähe, in der man sich immerhin noch zu dem apostolischen Zeitalter befand lebten doch noch Männer, die wirklich mit Apostelschülern Verkehr gehabt hatten, war es

innerlich nicht möglich, dass die Schrift, nämlich die neutestamentlich-apostolische, sich scharf umrissen abhob von Lehre und Bekenntnis, wie sie in der Gegenwart der Kirche vorhanden waren; nur mit dem Wachsen der zeitlichen Entfernung konnte es und ist es auch, sogar schon in der alten Kirche, geschehen, dass die Schrift sich verselbständigte und isolirt darstellte, weil die lebendigen Verbindungsfäden eingetrocknet und abgerissen waren, die die (präsumptiv-) apostolische Kirche mit den Aposteln verbanden. Ausserdem aber bedurfte es erst noch der Erkenntnis dessen, dass die Kirche von dem apostolischen Evangelium abgefallen sei, ehe die Schrift allein als regula fidei proklamiert werden konnte.

Andrerseits aber will es noch weniger gelingen, mittelst jener hergebrachten Ansicht von der Glaubensregel als einer kodifizierten, womöglich nach Sätzen zählbaren, Lehrsumme dem geschichtlichen Thatbestande gerecht zu werden. Denn wenn Harnack selbst erklärt, dass die blosse Formel in jenem Kampfe mit den Gnostikern und Marcioniten nicht ausreichte, sondern erst die entsprechende Interpretation die Thesen derselben ausschloss, wie kam man dazu, diese Interpretation mit der Formel so zu verschmelzen, dass sie an ihrer Autorität Teil hatte, und es schien, als ob die gegnerischen Lehren schon längst verurteilt seien? Diese Frage ist also gleichbedeutend mit der anderen, wie die Kirche des Gnostizismus und Marcionitismus sich ermächtigt habe. Gelingt es uns zu zeigen, dass unsre Bestimmung der Glaubensregel hierauf eine befriedigendere Antwort giebt, als die bisherige, so ist damit auf sie die entscheidende dogmengeschichtliche Probe gemacht.

Wir fragen zunächst, wie Harnack das vorstehende Problem zu lösen sucht. Man darf hierauf um so mehr gespannt sein, als er bekanntlich bemüht ist, die tiefe Kluft, welche die traditionelle (katholische) Geschichtsbetrachtung zwischen der Kirche und jenen Häretikern befestigt hat, möglichst auszufüllen bis dahin, dass er zwischen Gnostikern und kirchlichen Theologen eigentlich nicht eine grundwesentliche, sondern nur noch eine gradweise Differenz annimmt: dort wurde die Hellenisierung des Christentums in akuter Weise, hier allmählich vollzogen (I, 215). Wie ist es da wohl jenen

1) Freilich waren bis dahin auch schon andere Faktoren aufgekommen und erstarkt, durch welche die Schrift daran gehindert wurde, sich wirksam geltend zu machen. Vgl. cap. VII.

alten Lehrern gelungen, mitten auf der schiefen Ebene, auf der sie hinabglitten, plötzlich innezuhalten und die verhängnisvolle Bewegung zu hemmen? Welche Mittel besassen sie, um sich gegen jene geistigen Blutsverwandten so entschieden abzugrenzen, wie sie es doch laut der Geschichte gethan haben?

Harnack stellt die Sache folgendermassen dar. Von der Auffindung eines Massstabes zur Bestimmung dessen, was kirchliches Christentum sei, so sagt er, hing der Bestand der Gemeinden im 2. Jahrhundert ab. Die alte Verbürgung durch den Geist und das Halten der Gebote Jesu war fortgefallen. Es galt nun die apostolische Überlieferung zu fixieren. In dieser Lage hat die Kirche von Rom - das geschlossene römische Taufbekenntnis als apostolisches in der Weise in Geltung gesetzt, dass sie die jeweilig nötigen antignostischen Interpretationen als selbstverständlichen Inhalt desselben proklamierte, das explicierte Bekenntnis als fides catholica resp. als Regel der Wahrheit für den Glauben bezeichnete und von seiner Anerkennung die Zugehörigkeit zur eigenen Kirche und zum Verbande der Kirchen abhängig machte. Was die römische Gemeinde praktisch ausführte, das wurde theoretisch durch Irenäus und Tertullian begründet" (S. 325 f.). Durch die Aufstellung der Wahrheitsregel wurden mit einem Schlage die wichtigsten gnostischen Thesen beseitigt und die Gegenlehren als apostolische sichergestellt". - „Diese Glaubenssätze waren somit als apostolische und deshalb auch als katholische jeder Diskussion entzogen" (S. 328).1

Ferner erfahren wir, dass inbetreff des Inhaltes der regula Tertullian schon bedeutend über Irenäus hinausgeht: „er hebt bereits die Schöpfung des Universums aus Nichts, die Schöpfungsmittlerschaft des Logos, den Ursprung desselben vor allen Kreaturen, eine bestimmte Theorie über die Menschwerdung, die Predigt einer nova lex und einer nova promissio regni caelorum durch Christus, schliesslich auch schon die trinitarische Ökonomie Gottes innerhalb der regula hervor" (S. 330).

Schon hier dürfte schwer vorzustellen sein, wie man das alles als selbstverständlichen Inhalt des geschlossenen römischen Taufbekenntnisses hinstellen und mit einer solchen Behauptung irgend einen Erfolg haben konnte. Auch Harnack gesteht ein, dass auf

1) Die Sperrungen rühren von mir her.

« PoprzedniaDalej »