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gar derselben unterworfen sein. So treffen wir mit dem früheren Ergebnis zusammen.

Der beliebteste Ausdruck ferner, mit welchem Irenäus die Thätigkeit der Propheten und Apostel und damit den Inhalt ihrer Schriften charakterisiert, ist ἐκήρυσσον τὴν ἀλήθειαν. 1 Von ihnen, zunächst von den Aposteln, schreibt das xpurua èxxλnoias oder ἀληθείας seinen Ursprung her. 2

Diese Formeln weisen uns den Weg zur Beantwortung der Frage, was es um das apostolische oder kirchliche xypurua, das praeconium apostolorum (II, 35, 4. IV, 36, 8) bei Irenäus sei. Denn sie zeigen uns schon, dass zum mindesten die Schriften der Apostel auch unter jenen Begriff fallen, einen wesentlichen Bestandteil desselben bilden müssen. Ja, wir dürfen noch weiter gehen. Für sich und die Kirche seiner Zeit sieht jedenfalls Irenäus das xpoyua tys àλŋɛía、 wesentlich in den Schriften der Apostel gegeben. Denn er sagt in der von den protestantischen Polemikern so viel angeführten Stelle III, 1, 1: denn durch niemand anders haben wir die Veranstaltung unsers Heils erfahren, als durch die, durch welche das Evangelium an uns gelangt ist (nämlich die unmittelbar vorher genannten Apostel), die es jenes Mal verkündigt haben, nachmals aber durch Gottes Willen es in Schriften uns überliefert haben (tradere, napadiôóvat), damit es Grund unsers Glaubens werde. Das erst mündlich gepredigte Evangelium haben also die Apostel in Schriften uns überliefert, und in diesen Schriften hat es jetzt die Kirche: deutlicher kann man sich nicht ausdrücken. So macht Iren. denn nach Anführung der Rede act. 3, 12 ff. die Bemerkung dazu φανερὸν τὸ κήρυγμα, ο Πέτρος σὺν Ἰωάννῃ ἐκήρυσσεν αὐτοῖς (ΙΠΙ, 12, 3) oder er sagt III, 12, 7: aus den Worten also, die Petrus in Cäsarea an den Hauptmann Cornelius und an die Heiden, die mit ihm waren, denen zuerst das Wort Gottes verkündet wurde, richtete, müssen wir entnehmen, was die Apostel predigten und welcher Art ihr Kerygma war, und welche Ansicht über Gott sie gehabt

1) So von den Propheten II, 30, 6; III, 15, 3 die Apostel waren veritatis praedicatores. IV, 41, 4 dasselbe von Paulus. IV, 35, 2 iam igitur non Petrum et Paulum et reliquos apostolos dicant annuntiasse veritatem.

2) Vgl. besonders V praef. veritate ostensa et manifestato praeconio ecclesiae, quod prophetae quidem praeconaverunt, quemadmodum demonstravimus, perfecit autem Christus, apostoli vero tradiderunt.

haben. 1 Wenn daher Irenäus gelegentlich den Inhalt des apostolischen xpuyua anführt, so thut er dies nicht anders, als dass er aus den Schriften" eine Fülle von Lehraussagen aneinanderreiht: aus den Schriften der Apostel weiss er über ihr xpuyμa in massgebender, unanfechtbarer Weise Bescheid. Ein andermal formuliert er wieder das xpurua des Johannes aus dessen Evangelium und dies in einer Form, die offenbar an das Bekenntnis sich anschliesst und so eben das, was er sonst als überliefertes apostolisches xýpurua hinstellt, als Lehrgehalt der Schrift kenntlich macht; er schreibt nämlich τοῦ γὰρ Ἰωάννου ἕνα θεὸν παντοκράτορα καὶ ἕνα μονογενῆ Χριστὸν Ἰησοῦν κηρύσσοντος, δι ̓ οὗ τὰ πάντα γεγονέναι λέγει (Ι, 9, 1, vgl. III, 11, 1 S. 107).

Aus dem Gesagten ergiebt sich nunmehr deutlich, was Irenäus unter der apostolischen Überlieferung oder dem apostolischen xpurua versteht. Offenbar nicht eine feste Formel, deren Wortlaut die Apostel abgefasst und als unveränderlich ihren Schülern eingeprägt und übergeben hätten, noch weniger aber eine Summe von allerlei Bekenntnisformeln. Zwar führt jenes xporua nicht bloss ein totes Buchstabendasein, sondern ist in der Kirche lebendig und vernehmbar; aber doch ist es nicht etwas Selbständiges neben den apostolischen Schriften, von ihnen geschieden und unterschieden; es ist in der Regel nicht eine bloss mündliche Tradition, es ist niemals eine Tradition über die Schrift hinaus, weder sie ergänzend, erst recht nicht sie korrigierend - das zu behaupten ist ja nach ihm. gerade Kennzeichen der Häresie (III, 2, 1), sondern die apostolische Predigt und Überlieferung ist gerade in den apostolischen

1) Vgl. noch III, 12, 11 et omnem apostolorum doctrinam unum et eundem deum annuntiasse

volentes discere possunt.

ex ipsis sermonibus et actibus apostolorum

2) Besonders lehrreich ist da die Stelle III, 5, 3 gentes autem iterum docebant apostoli, ut relinquerent vana ligna et lapides, quae suspicabantur esse deos, et verum colerent deum, qui constituisset et fecisset omne humanum genus, et per conditionem suam aleret et augeret, et constabiliret, et eis esse praestaret (act. 14, 15-17. 17, 24-29. 1. Thess. 1, 9) et ut exspectarent filium eius Jesum Christum (1. Thess. 1, 10), qui redemit nos de apostasia sanguine suo (Col. 1, 13 f.) ad hoc ut essemus et nos populus sanctificatus (cf. 1. Petr. 2,9) de coelis descensurum (cf. 1. Thess. 1, 10. 4, 16) in virtute patris, qui et iudicium omnium facturus est et ea quae a deo sunt bona daturus his, qui servaverint praecepta eius (Joh.). Die nahe Verwandtschaft dieser Stelle mit den sonstigen regula-Stellen wird niemandem entgehen.

Schriften vorhanden, in und mit ihnen das Erbgut der nachapostolischen Kirche. Diese Schriften enthalten aber eine Kernsumme von primär wichtigen Glaubensaussagen, in denen sie allesamt übereinkommen; sie sind gleichsam Variationen über ein Grundthema apostolischer Predigt, das aus einer jeden widerklingt; und diese Kernsumme, dieses Grundthema ist es, das Irenäus an so vielen Stellen, formell verschieden, aber sachlich gleich ausführt, wenn er den Glauben der Kirche beschreibt. Diese Lehrsumme der heiligen Schrift ist somit auch das, was er mit der regula veritatis meint, was er unter diesem Titel zunächst an der massgebendsten Stelle (I, 9, 4, 10, 1 f.) bietet.

Damit sind wir wieder an den Ausgangspunkt unsrer Untersuchung zurückgelangt. Haben wir schon oben (S. 95 f.) erkannt, dass Irenäus bei der Formulierung seiner regula veritatis nicht etwa von den Schriften absieht, sondern gerade aus ihnen schöpft, an ihnen sich orientiert, so finden wir dies noch weiter bestätigt durch den angeschlossenen Abschnitt I, 10, 3, wo Irenäus die Gegenstände und Probleme, die der theologischen Forschung über jene Lehrsumme hinaus bleiben, näher ausführt. Nicht an überlieferten Formeln treibt er seine Exerzitien, nicht den Wortlaut eines Symbols unternimmt er exegetisch zu bearbeiten, sondern von den deutlichen und klaren Hauptstellen der Schrift wendet er sich zu dem, was dunkler und schwieriger in ihr ist, und bezeichnet als erste Aufgabe die: was parabolisch gesagt sei, zu erforschen. Dass er dabei die Schrift nicht erst nennt, beweist am besten, wie unmittelbar sie ihm vorschwebt. Dann redet er von den gefallenen Engeln und dem Ungehorsam des Menschen, von den verschiedenen Objekten des göttlichen Schaffens; von den mannigfachen Gestalten, in denen Gott den Propheten erschienen sei, von der Mehrzahl der Testamente und ihrem unterscheidenden Charakter; und dann fährt er sogar fort, die Probleme in Schriftworten wiederzugeben: warum Gott alles unter den Unglauben beschlossen habe, um sich aller zu erbarmen (Ro. 11, 32), warum das Wort Gottes Fleisch ward (Jo. 1, 14) und litt; oder warum der Sohn Gottes erst zur Endzeit erschienen sei (z. B. 1. Petr. 1, 20; Hebr. 1, 1). Weiter bezeichnet er es als eine Aufgabe, zu erforschen, was über das Ende und die zukünftigen Dinge in den Schriften stehe; und zu erörtern, wie Gott die verworfenen Heiden συγκληρονόμα καὶ σύσσωμα και συμμέτοχα (Eph. 2, 3. 6) Tuv áɣíov (2, 19) gemacht habe; und wie dies Sterbliche,

das Fleisch, anziehen werde die Unsterblichkeit und das Verwesliche die Unverweslichkeit (1. Cor. 15, 53), und was es heisse: das Nichtvolk Volk, und die Nichtgeliebte Geliebte (Hos. 2, 23 zitiert Ro. 9, 25) und mehr sind der Kinder der Verlassenen als der, die den Mann hat (Jes. 54, 1 zitiert Gal. 4, 27) und er beschliesst diesen ganzen Abschnitt noch mit einem apostolischen Worte: o welch eine Tiefe des Reichtums u. s. w. (Ro. 11, 33). Wenn nun Irenäus diese Partieen und Sätze der Schrift als solche, die der Forschung noch allerlei übrig und offen lassen, unterscheidet von andern Schriftaussagen, so ergiebt sich aufs neue, dass diese, die hellen Hauptstellen, zusammen die regula oder die praedicatio veritatis ausmachen, die er vorausgeschickt hat. Und nun verstehen wir auch, was oben noch unerörtert bleiben musste, wie Irenäus an der Hauptstelle I, 9, 4 von einem owμátiov tỷs àλydelas (Diminutiv) redete, während er doch das ganze Schriftencorpus zu meinen schien: er denkt eben wieder nur an den summarischen Auszug aus der Schrift. Dieses Resultat hebt aber nicht jenes frühere auf, wornach wir uns überzeugen mussten, in der regula veritatis das Taufbekenntnis wiederzuerkennen (S. 78 f.), sondern zeigt uns nur, dass Irenäus sein Taufbekenntnis nicht anders schätzte, denn als summarischen Ausdruck der Schriftwahrheit, daher er es denn auch ebenso in Schriftworte umgiessen und mit solchen bereichern kann, als er andrerseits die apostolische Predigt, wie sie die Schriften ihm bezeugen, gern im Anschlusse an die Sach- und Gedankenfolge des Taufbekenntnisses darlegt, wie z. B. III, 5, 3; IV, 24, 1. 2 (vgl. S. 118 Anm. 2). Die Schriften gehören also durchaus mit in den Begriff der Wahrheitsregel hinein, ja wollte man dem Irenäus Konsequenzen ziehen, so könnte man fast sagen: die heiligen Schriften sind für ihn der eigentliche ,,Kanon". Dann wenigstens zeigt sich das, wenn einmal das gegenwärtige „Kerygma der Kirche" dem Inhalte der heiligen Schrift gegenübergestellt wird. Denn in solchem Falle heisst es nicht, dass letztere durch jenes beglaubigt werde, sondern umgekehrt, dass „die Predigt der Kirche von den Propheten und den Aposteln und allen ihren Schülern Zeugnis empfange" (III, 24, 1).

Wie aber hat es geschehen können, dass dieser Thatbestand, der bei Irenäus offenkundig vorliegt, so sehr verkannt und missdeutet worden ist? Die Schuld daran trägt lediglich ein allerdings wichtiger Exkurs im Anfange des dritten Buches, dessen Gedanken sich mit den späteren eines Tertullian berühren, ohne sich doch mit

ihnen zu decken.1 Obgleich es nämlich selten oder nie beachtet wird, ist und bleibt III, 3. 4 ein blosser Exkurs, hinter welchem Irenäus III, 5, 1 den fallen gelassenen Faden des angefangenen Schriftbeweises wieder aufnimmt. Dieser Exkurs ist deshalb wichtig, weil hier derselbe Irenäus, der noch eben die Evangelien als die rechte napádoлs der Apostel charakterisiert hat (III, 1, 1), Schriften und Tradition unterscheidet und auseinanderhält. Er deutet aber selbst an, dass er dazu nur durch seine Gegner veranlasst ist, die den Schriften sich entziehen durch Berufung auf eine mündliche Tradition, und wiederum die kirchlicherseits ihnen vorgehaltene Tradition der apostolischen Gemeinden mit der Behauptung ablehnen, die Apostel, ja der Herr selber hätten der Wahrheit unlautere, minderwertige Bestandteile beigemengt: evenit itaque, neque scripturis iam, neque traditioni consentire eos (III, 2, 2). Da sie so wie schlüpfrige Schlangen zu entrinnen trachteten, müsse man ihnen von allen Seiten begegnen. Daher greift Irenäus zunächst ihren Anspruch auf eine besondere Geheimüberlieferung an. In dieser Begrenzung will es verstanden sein, dass er sich auf das öffentliche Kerygma beruft, wie es in allen von Aposteln gegründeten Gemeinden von den Lehrern und Bischöfen verkündigt werde. Dort wisse und höre man nichts von jenen tiefen Geheimnissen, die die Apostel angeblich überliefert hätten; und doch müsste man erwarten, dass diese dort am ersten vererbt worden wären. In der That aber widerspreche jene öffentliche Tradition den Lehren der Häretiker. Es ist sehr charakteristisch, dass Irenäus als Proben und Belege der kirchlichen Tradition wieder schriftliche Zeugnisse beibringt, nämlich den Clemens- und den Polykarpbrief. Aus ihnen könne man die apostolische Tradition oder das κήρυγμα τῆς ἀλη 9sia kennen lernen (III, 3, 3. 4). In ihre Gemeinden, wie Rom

1) Beiseite bleiben muss des Irenäus Brief an Florinus (Eus. V, 20), einen zum Gnostizismus abgefallenen Bekannten, dem er u. a. schreibt: tauta τὰ δόγματα οἱ πρὸ ἡμῶν πρεσβύτεροι οἱ καὶ τοῖς ἀποστόλοις συμφοιτήσαντες οὐ Rapédwxáv 301 (20, 6), denn hier handelt es sich wirklich um geschichtliche Erinnerungen, nämlich an die Unterweisung Polykarps, die Florinus ebenso wie Irenäus genossen hatte, nicht aber um irgend ein Prinzip oder eine Theorie über das Verhältnis von Schrift und Tradition.

2) Irenäus verrät uns aber auch an einer anderen Stelle, worin für ihn der sichere Beweis für die unverfälschte Apostolicität Polykarps, seiner Lehre und seiner Schriften, gegeben war, nämlich darin: απήγγελλε πάντα σύμφωνα ταῖς

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