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fterbliches Auge sieht, gleichet abgebrochenen Oras kelsprüchen aus dem Munde der Gottheit. Ist es aber erlaubt, also von dergleichen Dingen zu reden, so möchte man vielleicht sagen, daß Gott wohl die ganze Natur oder die ganze Welt auf ähnliche Art, wie wir ein Kunstwerk, ansehen möge.

9. Bon

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Die Natur, die ewig åmsige Arbeiterinn, fertigt,

mit immer geschäftigen Händen, Millionen Wesen alles Geschlechtes, und wirft sie ins irdische Leben hinein. Mit leichtem, spielendem Scherze mischt sie ohne hinzusehen, die Stoffe; wie sie sich nun schicken mögen, auf mannigfache Weise zusammen; und überläßt ein jedes Wesen, das ihrer Hand ent fällt, seiner Lust und seiner Qual. Und eben so wie sie manchmal in den Reichen des Leblosen muthwillig seltsame und monströse Gestalten unter die Menge wirft; so bringt sie auch unter den Menschen alle Jahrhunderte einige Seltenheiten hervor, welche sie zwischen Tausende gewöhnlicher Art versteckt. Aber diese seltsamen Geister verges hen gleich den allergemeinsten: die wißbegierige

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Nachwelt sammelt aus Schriften die einzeln gestam. melten Laute zusammen, die sie uns schildern sollen; allein wir gewinnen kein faßliches Bild, und lernen sie niemals völlig verstehen. Konnten doch auch die, welche sie mit Augen sahen, sie nicht völlig begreifen, ja fie begriffen sich selber kaum. Wir können sie, wie im Grunde Alles in der Welt, nur bloß mit leerer Verwunderung betrach=

tent.

Diese Gedanken sind bey mir rege geworden, indem ich in den Historien der alten Mahler auf ́den wunderbaren Piero di Cosimo gestoßen bin. Die Natur hatte sein Inneres mit einer immer gäh renden Phantasie erfüllt, und seinen Geist mit schweren und düstern Gewitterwolken bezogen, so daß fein Gemüth immer in unruhiger Arbeit war, und unter ausschweifenden Bildern umhertrieb, ohne jemals sich in einfacher und heiterer Schönheit zu spiegeln. Alles an ihm war außerordentlich und ungewöhnlich; die alten Schriftsteller wissen nicht kräftige Worte genug zusammenzuhäufen, um uns einen Begriff von dem Urmäßigen und Ungeheuren in seinem gan zen Wesen zu geben. Und doch finden wir beŋ ihnen nur wenige einzelne, zum Theil sogar unerheblich scheinende Züge aufgezeichnet, welche uns den Abgrund seiner Seele keinesweges gründlich kennent lehren, noch zu einem vollendeten, harmonischen Bilde zusammenfließen; aus welchen wir aber den

noch das Tieferliegende wohl ohngefehr ahnden köns

nen.

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Piero di Cosimo trug schon in seiner Jugend einen lebendigen, immer beweglichen Geist, and eine überfüllte Einbildungskraft in sich herum tvo durch er sich früh vor seinen Mitschülern auszeich nète. Seine Seele erfreute sich nie, still auf ei nem Gedanken oder einem Bilde zu ruhen; immer zog ein Schwarm.von fremden, seltsamen Ideen durch sein Gehirn, und entrückte ihn aus der Ge: genwart. Manchmal, wenn er bey der Arbeit saß, und daben zugleich etwas erzählte oder auseinandersehte, hatte ihn seine immer für sich allein umher: tummelnde Phantasie unvermerkt auf so entlegene Höhen entführet, daß er auf einmal stockte, der Zu sammenhang der gegenwärtigen Dinge sich vor seis nen Augen verwirrte, und er alsdann seine Rede wieder von vorn anheben mußte. Menschliche Ges sellschaft war ihm zuwider; am besten gefiel er sich in einer trüben Einsamkeit, wo er in sich ger Eehrt seine umherschweifenden Einbildungen verfolgte, wohin sie ihn führten. Immer war er allein in eie nem verschlossenen Gemach, und führte eine ganz eigene Lebensart. Er nåhrte sich mit immer gleicher, einförmiger Speise, die er sich selber, zu jeder Zeit des Tages da er Luft hatte, bereitete. Er litt nicht, daß sein Zimmer gereinigt ward; auch widersette er sich gegen das Beschneiden der Fruchtbäume und

Rebenstöcke in seinem Garten; denn er wollte über=' all die wilde, gemeine und ungesäuberte Natur se= hen, und hatte seine Lust an dem, was andern Sinnen zuwider ist. So hatte er auch einen geheiz men Reiz, ben allen Mißgeburten in der physischen Natur, bey allen monströsen Thieren und Pflan= zen, länge zu verweilen; er sah sie mit unverrückter Aufmerksamkeit an, um ihre Häßlichkeit recht zu genießen; er wiederholte sich ihr Bild nachher immerfort in Gedanken, und konnte es, so widrig es ihm auch am Ende ward, nicht aus dem Kopf bringen. Von solchen mißgeschaffenen Dingen hatte er nach und nach, mit der schärfsten Ämsigkeit, ein ganzes Buch zusammengezeichnet. Oft auch heftete er seine Augen starr auf alte, befleckte, buntfärbige Mauern, oder auf die Wolken am Himmel, und feine Einbildung ergriff 'aus allen solchen Spielen der Natur mancherlei abentheuerliche Ideen zu wil den Schlachten mit Pferden, oder zu großen Ge birgslandschaften mit fremdartigen Städten. Große Freude empfand er an einem recht heftigen Plagregen, der von den Dächern herab praffelnd auf das Pflaster stürzte; dagegen fürchtete er sich wie ein Kind vor dem Donner, und hüllte sich, wenn ein Gewitter am Himmel tobte, eng in seinen Mantel ein, verschloß die Fenster, und kroch in einen Winkel des Hauses, bis es vorüber Halb verrückt machte ihn das Schreyen

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