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chen Studium der Kunst, und als das Bild eines unermüdlichen, und dabey geistreichen Fleißes, darzustellen. An ihm mögen die lehrbegierigen Jünger der Kunst ersehen, daß es nicht damit gethan sën, zu einer Fahne zu schwören, nur ihre Hand in gee lenkiger Führung des Pinsels zu üben, und mit einem leichten und flüchtigen After - Enthusiasmus ausgerüstet, gegen das tiefsinnige und auf das wahre Fundament gerichtete Studium zu Felde zu ziehen. Ein solches Beyspiel wird sie belehren, daß der Ge= nius der Kunst sich nicht unwillig mit der ernsthaften Minerva zusammen paart; und daß in einer großen und offenen Seele, wenn sie auch auf Ein Hauptbestreben gerichtet ist, doch das ganze, vielfach. zusammengesetzte Bild menschlicher Wissenschaft sich in schöner und vollkommener Harmonie abspie= gelt.

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Der Mann, von dem wir reden, erblickte das Licht der Welt in dem Flecken Vinci, welcher unten im Arno Thale, unweit der prächtigen Stadt Florenz, belegen ist. Seine Geschicklichkeit und sein Wiß, die er von der Natur zum Erbtheil bekommen hatte, veriethen sich, wie es bey solchen auserlesenen Geistern zu geschehen pflegt, schon in seiner zarten Jugend, und sahen durch die bunten Figu ren, die seine kindische Hand spielend herausbrachte, deutlich hervor. Dies ist wie das erste Spruveln einer kleinen, muntern Quelle, welche nachher zum

mächtigen und bewunderten Strohme wird. Wer es kennt, hält das Gewässer in seinem Laufe nicht zurück, weil es sonst durch Wall und Dämme bricht, sondern läßt ihm seinen freyen Willen. So that Leonardo's Vater, indem er den Knaben seiner ihm pon Natur eingepflanzten Neigung überließ, und ihn der Lehre des sehr berühmten und verdienten Mannes, Andrea Berocchio zu Florenz, übers gab.

Aber ach! wer kennt und wer nennt unter uns noch diese Namen, die damals wie funkelnde Sterne am Himmel glänzten? Sie sind untergegangen, und es wird nichts mehr von ihnen' gehört,· weiß nicht ob sie jemals waren,

- man

Und dieser Andrea Verocchio wat keiner der gemeinsten. Er war dem heiligen Trifolium aller bildenden Künste, der Mahler - Bildner und Baukunst ergeben, wie es denn dazumal nichts ungez, wöhnliches war, daß für eine solche dreyfache Liebe und Fähigkeit, eines Menschen Geist Raum genug hatte. Außerdem aber war er in den mathemati= schen Erkenntnissen bewandert, und auch ein eifriger Freund der Musik. Es mag wohl seyn, daß dessen Vorbild, welches sich früh in die weiche Seele Leonardo's eindrückte, viel auf ihn gewirkt hat; indeß mußten die Keime doch auf dem Grunde seiner Seele liegen. Aber wer mag überhaupt bey der Geschichte der Ausbildung eines fremden Geistes alle die feinen

Fäden zwischen Ursachen und Wirkungen auffinden, da die Seele während ihrer Handlungen sich dieses Znsammenhanges selbst nicht einmal immer bewußt

ist.

Zu Erlernung jeder bildenden Kunst, selbst wenn sie ernsthafte oder trübselige Dinge abschildern soll, gehört ein lebendiges und aufgewecktes Gemüth; denn es soll ja durch allmählige mühsame Arbeit endlich ein vollkommenes Werk, zum Wohlgefallen aller Sinne, hervorgebracht werden, und traurige und in sich verschlossene Gemüther haben keinen Hang, keine Lust, keinen Muth und keine Stetigkeit hervorzubringen. Solch ein aufgewecktes Gemüth bes saß der Jüngling Leonardo da Vinci; und er übte sich nicht nur mit Eifer im Zeichnen und im Sez= * zen der Farben, sondern auch in der Bildhaueren, und zur Erholung spielte er auf der Geige, und sang artige Lieder. Wohin also sein vielbefassender Geist sich auch wandte, so ward er immer von den Musen und Grazien, als ihr Liebling, in ihrer Atmosphäre schwebend getragen, und berührte nie, auch in den Stunden der Erhohlung nicht, den Boden des alltäglichen Lebens. Von allen Beschäftigungen aber lag die Mahleren ihm zunächst am Herzen; und zu seines Lehrers Beschämuug brachte er es darin nach kurzer Zeit so weit, daß er ihn selbst übertraf. Ein Beweis, daß die Kunst sich eigentlich nicht lernt, und nicht gelehrt wird, sondern

daß

daß ihr Strohm, wenn er nur auf eine kurze Strecke geführt und gerichtet ist, unbeherrscht aus eigener Geele quillt.

Da feine Einbildung so fruchtbar und reich an allerley bedeutenden und sprechenden Bildern war, so zeigte sich in seiner lebhaften Jugend, wo alle Kräfte sich mit Gewalt in ihm hervordrängten, sein Geist nicht in gewöhnlichen, unschmackhaften Nach= ahmungen, sondern in außerordentlichen, reichen ja fast ausschweifenden und seltsamen Vorstellungen. So mahlte er einst unsre ersten Vorältern im Pas radiese, welches er durch alle mögliche Arten wunderbarer und fremdgestalteter Thiere, und durch eine unendliche, mühsame Verschiedenheit der Pflanzen und Bäume, so bereicherte und ausschmückte, daß man über die Mannigfaltigkeit erstaunen mußte, . und seine Augen nicht von dem Bilde abziehn konnte. Noch wunderbarer war der Medusenkopf, den er einst auf ein hölzernes Schild für einen Bauern mahlte: er sette ihn aus den Gliedern aller nur erfinnlichen häßlichen Gewürme und gräulicher Un thiere zusammen, so daß man gar nichts Erschreck: licheres sehen mochte. Die Erfahrenheit der Jahre ordnete nachher diesen wilden, üppigen Reichthum in seinem Geiste.

Aber ich will zur Hauptsache eilen, und vers suchen, ob ich eine Abschilderung von dem vielums fassenden Eifer dieses Mannes geben kann.

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In der Mahlerey trachtete er mit unermüdlicher Begier nach immer höheren Vollkommenheiten, und nicht in ei̟ner, sondern in allen Arten; und mit dem Studium der Geheimnisse des Pinsels verband er die fleißigste Beobachtung, die, als sein Genius, ihn durch alle Scenen des gewöhnlichen Lebens leitete, und ihn auf allen seinen Wegen, wo andre es nicht ahndeten, die schönsten Früchte für sein Lieblingsfach einsammeln ließ. Also war er selber das größeste Beispiel zu den Lehren, die er in seinem vortrefflichen Werke von der Mahlerey ertheilt, daß nämlich ein Mahler sich allgemein machen solle, und nicht alle Dinge nach einem einzigen angewöhnten Handgriff, sondern ein jedes nach seiner besonderen Eigenthümlichkeit darstellen müsse;

und denn, daß man sich nicht an einen Meister hängen, sondern selbst frey die Natur in allem ihren Wesen erforschen solle, indem man sonst ein Enkel, nicht aber ein Sohn der Natur genannt zu wer

den verdiene.

Aus eben dieser Schrift, der einzigen unter seinen gelehrten Arbeiten, die zu den Augen der Welt gelangt ist, und die man mit Recht das goldene Buch des Leonardo nennen könnte, wird uns offen bar, wie tiefsinnig er immer die Lehren und Regeln der Kunst mit dem Ausüben derselben verknüpfte. Die Beschaffenheit des menschlichen' Körpers hatte er in allen nur ersinnlichen Wendungen und Stel

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