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junge Laub, das sich aus den Zweigen der Bäume hervordrängt. Sie füllten die ganze Luft mit den lieb: lichen Düften ihres Klanges an, und alle Blutstro: pfen jauchzten in meinen Adern. Wahrlich, so oft ich Tanzmusik höre, fällt es mir in den Sinn, daß diese Art der Musik offenbar die bedeutendste und bestimmteste Sprache führt, und daß sie nothwendig die eigentlichste, die älteste und urspüngliche Musik seyn muß.

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Neben mir, in den breiten Gängen, spazierten nun alle verschiedenen Stände und Alter der Mens fchen einher. Da war der Kaufmann von seinem Rechentische, der Handwerksmann von seiner Werkstatt hergekommen; und etliche vornehme junge Herren in glänzenden Kleidern strichen leichtsinnig zwischen den langsameren Spaziergängern durch. Manchmal kam eine zahlreiche Familie mit Kin dern jeder Größe, die die ganze Breite des Ganges einnahm; und dann wieder ein siebenzigjähriges Ehepaar, das lächelnd zusah, wie die Schaar der Kinder auf dem grünen Grase in trunkenem Muthwillen ihr junges Leben versuchte, oder wie die er= wachsenere Jugend sich mit lebhaften Tänzen ere higte. Ein jeder von allen hatte seine eigene Sorge in seiner Kammer daheim gelassen; keine Sorge mochte der andern gleich seyn, hier aber ftimmten Alle zur Harmonie des Vergnügens zusammen, Und wenn auch freylich nicht jedem von der Musik

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die

und all' dem bunten Wesen wirklich im Innern so erfreulich zu Muthe seyn mochte als mir, so war für mich doch diese ganze lebendige Welt in einen Lichtschimmer der Freude aufgelöst, Oboen und Hörnertöne schienen mir wie glänzende Strahlen um alle Gesichter zu spielen, und es dünkte mich, als säh' ich alle Leute bekränzt oder in einer Glorie gehen. Mein Geist, verklärt durch die Musik, drang durch alle die verschiedenen* Physiognomieen bis in jedes Herz hinein, und die wimmelnde Welt um mich her kam mir wie ein Schauspiel vor, das ich selber gemacht, oder wie ein Kupferstich, den ich selber gezeichnet:so gut glaubte ich zu sehen, was jede Figur ausdrücke und bedeute, und wie jede das sen, was sie seyn sollte. Diese angenehmen Erdume unterhielten mich eine ganze Zeitlang fort, veränderte.

bis sich die Scene

Die helle Wärme- des Lages ergoß sich allmäh lig in die dunkle Kühlung der Nacht, die bunten, Schaaren zogen heim, der Garten ward dunkel, ein sam und still, - zuweilen schwebte ein zärtliches Lied von Waldhorn wie ein seliger Geist in dem milden Schimmer des Mondes daher, und die ganze, zuvor so lebendige Natur war in ein leises Fieber melancholischer Wehmuth aufgelöst. Das Schauspiel der Welt war für diesen Tag zu Ende,

meine Schauspieler nach Hause gegangen,

der Knäuel des Gewühls für heute gelöst. Denn Gott hatte die lichte, mit Sonne geschmückte Hälfte seines großen Mantels, von der Erde hinweggezo: gen, und mit der andern schwarzen Hälfte, worin Mond und Sterne gestickt sind, das Gehäuse der Welt umhängt, und nun schliefen alle seine Ge schöpfe in Frieden. Freude, Schmerz, Arbeit und Streit, alles hatte nun Waffenstillstand, um morgen von neuem wieder loszubrechen: und so im

mer fort, bis in die fernsten Niebel der Zeiten, wo wit kein Ende abschen.

Ach! dieser unaufhörlich, eintönige Wechsel der

Laufende von Lagen und Nächten,

daß das ganze Leben des Menschen, und das ganze Leben des gesammten Weltkörpers nichts ist, als so ein unaufhörliches, feltsames Brettspiel solcher weißen und schwarzen Felder, woben am Ende keiner gewinnt als der leidige Lod, das könnte einem

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in manchen Stunden den Kopf verrücken.

Aber

man muß durch den Wust von Trümmern, worauf unser Leben zerbröckelt wird, mit muthigem Arnt hindurchgreifen, und sich an der Kunst, der Gro ßen, Beständigen, die über alles hinweg bis in die Ewigkeit hinausreicht, mächtiglich festhalten, die uns vom Himmel herab dié leuchtendë Hand bietet, daß wir über dem wüsten Abgründe in kühner, Stellung schweben, zwischen Himmet and Erde!

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Der Schall oder Ton war ursprünglich ein grober Stoff, in welchem die wilden Nationen ihre unförmlichen Affecten auszudrücken strebten, indem fie, wenn ihr Inneres erschüttert war, auch die umgebenden Lüfte mit Geschren und Trommelschlag erschütterten, gleichsam um die äußere Welt mit Ihrer inneren Gemüthsempörung in's Gleichgewicht zu setzen. Nachdem aber die unaufhaltsam. wirs kende Natur die ursprünglich in Eins verwachsenen Kräfte der menschlichen Seele, durch viele Säkula hindurch, in ein ausgebreitetes Gewebe von immer feineren Bweigen dus einander getrieben hat; so ist, in den neueren Jahrhunderten, auch aus Tönen ein kunstreiches System aufgebaut, und also auch in diesem Stoff, so wie in dent Künsten der Fors meri und Farben, ein sinnliches Abbild und Zeug nis, von der schönen Berfeinerung und harmoni (chen Betvollkommung des heutigen menschlichen

Geistes, niedergelegt worden. Der einfarbige Licht: strahl des Schalls ist in ein buntes, funkelndes Kunstfeuer zersplittert, worin alle Farben des Regenbogens flimmern; dies konnte aber nicht anders geschehen, als das zuvor mehrere weise Männer in die Drakelhöhlen der verborgensten Wissenschaft hinunterstiegen, wo die allzeugende Natur selbst ihnen die Urgesetze des Tons enthüllte. Aus diesen geheimnißreichen Grüften brachten sie die neue Lehre, in tiefsinnigen Zahlen geschrieben, an's La geslicht, und sekten hiernach eine feste, weisheitsvolle Ordnung von vielfachen einzelnen Tönen zur fammen, welche die reiche Quelle ist, aus der die Meister die mannigfaltigsten Tonarten schöpfen.

Die sinnliche Kraft, welche der Ton von feinem Ursprunge her in sich fühit, hat sich durch dieses gelehrte System eine verfeinerte Mannigfal. tigkeit erworben.

Das Dunkle und Unbeschreibliche aber, welches in der Wirkung des Tons verborgen liegt, und welches bey keiner andern Kunst zu finden ist, hat durch das System eine wunderbare Bedeutsamkeit gewonnen. Es hat sich zwischen den einzelnen maz thematischen Tonverhältnissen und den einzelnen Fibern des menschlichen Herzens eine unerklärliche Sympathie offenbart, wodurch die Tonkunst ein reichhaltiges und bildsames Maschinenwerk zur Abr schilderung menschlicher Empfindungen geworden ist,

So

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