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„O ja,“ sagte der fremde Mann lächelnd, „es wird uns von mehreren Knaben berichtet, die in ganz schlechtem Stande gebohren und erzogen, und daraus gleichsam vom Himmel zur Mahlerkunst berufen wurden. Davon fallen mir mehrere Exempel ein. Gleich einer der allerältesten Mahler von Italien, Giotto, war in der Jugend nichts weiter als ein Hirtenjunge, der die Schafe hütete. Er hatte seine Freude daran, seine Schafe auf Steinen oder im Sande abzuzeichnen; dabey betraf ihn einmal Cimabue, der Urvater aller Mahler, und nahm ihn mit sich, da der Knabe denn bald seinen Lehrmeister übersah. Wenn ich nicht irre, so werden uns ganz ähnliche Geschichten vom Domenico Beccafumi, und auch von dem geschickten Bildhauer Contucci erzählt, der als Knabe das Vieh, das er weiden mußte, in Thon nachbildete. So war auch der bekannte Polidoro da Caravag gio anfangs weiter nichts, als ein Bursche, der den Maurern am Vatikan den Mörtel zutrug; da ben aber sah er den Schülern Raphaels, die eben dort arbeiteten, fleißig zu, bekam eine unwidersteh liche Lust zum Mahlen, und lernte gar schnell und eiftig. Ja, es fällt mir noch ein sehr artiges Erempel ins Gedächtniß, von dem alten französischen Mahler Jacob Callot; der hatte als Knabe viel von den herrlichen Sachen in Italien reden hören, und bekam, da er das Zeichnen über

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alles liebte, eine Wuth das herrliche Land zu sehn. Als ein Knabe von eilf Jahren lief er heimlich dem Vater fort, ohne einen Kreuzer Geld in der Lasche, und wollte geradesweges nach Rom, Er mußte sich bald aufs Betteln legen, und wie er auf seis nem Wege einen Trupp Zigeuner antraf, schlug er sich dazu, und wanderte mit ihnen bis Florenz, wo er wirklich bey einem Mahler in die Lehre kam. Dann ging er nach Rom; hier aber sahen ihn französische Kaufleute aus seiner Vaterstadt, welche die Noth und Angst der Ältern um ihn wußten, und ihn mit Gewalt mit sich zurücknahmen. Als der Vater ihn wieder hatte, wollte er ihn zwingen, sich fleißig an die Studia zu halten; allein das war alles verlorene Mühe. Im vierzehnten Jahre lief er zum zweytenmal fort nach Italien; aber sein Unstern wollte, daß er in Turin auf der Straße seinem ältern Bruder begegnen mußte, der ihn von neuem zu dem Vater zurückschleppte. End-lich sah dieser ein, daß kein Mittel half, und gab ihm nun von freyen Stücken die Erlaubniß, zum drittenmal nach Italien zu gehn, wo er sich denn auch zu einem wackern Künstler bildete. Bey allen seinen jugendlichen Streifereyen war er immer ohne Gefahr geblieben, und hatte seine ganze Unschuld der Seele behalten; denn er mußte unter besonderer Obhut des Himmels stehen. Noch ist merkwürdig von ihm, daß er als Knabe immer um zweyerley

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zu Gott betete, nämlich: daß er, er werde was er wolle, sich in seinem Thun vor allen andern aus, zeichnen möchte; und dann, daß er nicht über drey und vierzig Jahre alt würde. Und was wun: derbar ist, so starb er wirklich im drey und vierzigs sten Jahre."

Der alte Pater hatte diese Geschichten mit vie lem Antheil erzählt. Dann ging er sinnend auf und nieder, und ich sah ihm an, daß er in ans genehmen Träumen unter dem Haufen der alten Mahler umherirrte. Ich ließ ihn gern in seinen Betrachtungen, und freute mich, daß er sich noch auf mehr Sachen besinnen würde, denn die Erinne rungen schienen ihm immer lebendiger zu werden. Und wirklich fing er nach einer kleinen Weile wieder also an:

,,Da kommen mir noch ein paar schöne Anek doten ins Gedächtniß, die, auf zwiefache verschie dene Weise, bezeugen, was für eine mächtige Gott: heit die Kunst für den Künstler ist, und mit welcher Gewalt sie ihn beherrscht. Es war einmal ein alter Florentinischer Mahler, mit Ramen Mas riotto Albertinelli, ein eifriger Künstler, aber ein gar unruhiger und sinnlicher Mensch. Er ward des unsichern und mühseligen Studiums an den mechanischen Theilen der Kunst, und der häßlichen Feindschaften und Verfolgungen der Nebenkünstler endlich ganz überdrüßig, und weil er gern gut leben

mochte, so entschloß er sich ein lustigeres Gewerbe zu ergreifen, und legte ein Gasthaus an. Herzlich vergnügt war er, wie die Sache im Gange war, und sagte öfters zu seinen Freunden: „Seht! das ist ein besser Handwerk! Nun quäl ich mich nicht mehr um die Muskeln gemahlter Menschen, sondern speise und stärke lebendige, und, was das beste ist, bin vor dem abscheulichen Anfeinden und Berläumden sicher, so lang' ich nur guten Wein im Fasse habe. Aber was geschah? Wie er eine Zeitlang dies Leben geführt hatte, stellte sich ihm die göttliche Erhabenheit der Kunst auf einmal wie der so lebhaft vor Augen, daß er plößlich sein Gasthaus aufgab, und eifrig, als ein Bekehrter, sich der Kunst von neuem in die Arme warf.“

Die andre Geschichte ist diese. Der wohlbe kannte und berühmte Parmeggiano mahlte als ein junger Mann in Rom sehr vortreffliche Sachen für den Pabst, und zwar grade zu der Zeit, als der deutsche Kaiser Karl der Fünfte die Stadt bes lagerte. Dessen Truppen nun brachen in die Thore ein, und plünderten alle Häuser, der Großen wie der Geringen. Parmeggiano aber achtete auf nichts weniger als auf den Kriegslärm und Tumult, und blieb ruhig bey seiner Arbeit. Auf einmal brechen etliche Kriegsmänner ins Gemach herein, und siehe! er bleibt immer noch fest und ämsig an seiner Stafelen. Da erstaunten diese wilden Menschen, die

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selbst Tempel und Altar nicht geschont hatten, über den großen Geist des Mannes so sehr, daß sie ihn, als wär' er ein Heiliger, nicht anzurühren wagten, und ihn sogar gegen die Wuth anderer beschüß.

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Wie wunderbar ist das alles,“ rief ich; „, aber nun bitt' ich euch noch um ein einziges," fuhr ich zu dem lieben fremden Manne fort, ,,sagt mir, ob es wahr ist, was ich einst hörte, daß die ältesten Mahler von Italien so gottesfürchtige Män ner gewesen sind, und die heiligen Geschichten immer mit rechter Gottesfurcht gemahlt haben? Mehrere Leute, die ich darum befragte, lachten mich aus, und sagten, das sey eitel Einbildung und ein artig erfundenes Mährchen."

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,,Nein, mein Sohn," verseßte der liebe Mann zu meinem Trost, das ist keine poetische Erfin dung, sondern, wie ich Dir aus den alten Büchern bezeugen kann, die lautere Wahrheit. Diese ehr würdige Männer, von denen mehrere selbst Geistliche und Klosterbrüder waren, widmeten die von Gott empfangene Geschicklichkeit ihrer Hand auch bloß göttlichen und heiligen Geschichten, und brachten so einen ernsthaften und heiligen Geist, und so eine demüthige Einfalt in ihre Werke, wie es sich zu geweiheten Gegenständen schickt. Sie machten die Mahlerkunst zur treuen Dienerinn der Religion, und wußten nichts von dem eitlen Farbenprunk

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