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als gnostische Überreste der Acten bezeichnet hat, ist — abgesehen von vier (drei) streng abgegrenzten Stücken abzulehnen; denn nirgendwo kann die Unmöglichkeit, dass sie erst vom katholischen Bearbeiter hinzugefügt sind, wahrscheinlich gemacht oder gar zur Evidenz erhoben werden. Gewiss lässt sich namentlich in Bezug auf die ersten лoάas der griechischen Recension, wie sie in P (Bonnet) gegeben sind, vermuthen, dass hier die alten gnostischen Acten zu Grunde liegen, aber abgrenzen lässt sich Nichts. Auch darf man nicht vergessen, dass nach dem unverwerflichen Zeugniss der Stichometrie des Nicephorus die gnostischen Thomasacten nur 1600 Stichen umfasst haben, also etwa dem Marcusev. an Umfang gleichkamen, während die Acten in P ungleich grösser sind.

Die vier streng abgegrenzten Stücke sind der Hymnus von der Seele, die Ode auf die Sophia und zwei Weihegebete.

Der Hymnus auf die Seele findet sich in den griechischen Acten überhaupt nicht, sondern nur in der syrischen Übersetzung der Acten (die übrigens noch katholischer ist als die griechische in P vorliegende Recension). Er hat mit den Thomasacten nichts zu thun (denn er ist nach Form und Inhalt syrisches Original) 1), hat also nicht in den gnostischen Acten gestanden, sondern ist vom Syrer eingeschoben worden. Die Sprache beweist nach Nöldeke sein relativ (d. h. für das Syrische) hohes Alter, und man mag auch aus inneren Gründen annehmen, dass er vor dem Sturz des Partherreiches geschrieben ist, also vor 226. Ferner ist es gewiss, dass er, wie er vorliegt, nicht eine profane, wenn auch wundersame Novelle erzählen will, sondern eine Allegorie enthält. Aber darüber hinaus ist Alles dunkel; speciell kann nur vor der eingehenden Erklärung, die Lipsius S. 296 ff. dem Hymnus gewidmet hat, gewarnt werden. Das Christlich-Gnostische wird von ihm einfach eingetragen; der Hymnus selbst enthält schlechterdings nichts Christliches und darum auch nichts Gnostisches (wenigstens wenn man den üblichen Sprachgebrauch festhält). Er ist ein räthselhaftes Document für Absichten, die uns völlig undurchsichtig sind, für eine Denkweise, die die verschiedensten religiösen Unterlagen zulässt. Eben deshalb trage ich auch Bedenken, Nöldeke zuzustimmen, der trotz des abweichenden Metrums Bardesanes für den Verfasser des Hymnus halten will. Jedenfalls aber hat das Stück nichts mit den gnostischen Thomasacten zu thun.

Zu diesen gehörten aber allerdings höchst wahrscheinlich die drei anderen Stücke, die griechisch und syrisch vorliegen. Für

1) Für die gnostischen Thomasacten ein syrisches Original anzunehmen, ist eine bisher nicht sichergestellte Hypothese.

sie ein ursprüngliches syrisches Original zu vermuthen (s. Macke, Tüb. Quartalschr. 1874 S. 1 ff.), liegt, des Inhalts und der Form wegen, nahe, ist aber doch nicht durch sichere Argumente zu beweisen und verwickelt in grosse überlieferungsgeschichtliche Schwierigkeiten. Man müsste mindestens in diesem Fall annehmen, dass die Stücke. nicht zu den gnostischen Acten, wenn sie ursprünglich griechisch verfasst waren, gehören, sondern erst später dazu getreten sind; aber dieses Hinzutreten erst in der katholischen Bearbeitung wäre kaum zu erklären, und woher soll dann der katholische Syrer sie in der Urgestalt haben? Eine Reihenfolge: syrisch-gnostische Lieder gnostische Thomasacten, in denen diese Lieder in katholischer Übersetzung Aufnahme gefunden haben katholische griechische Thomasacten, die diese Lieder beibehalten haben syrische Übersetzung dieser katholisch-griechischen Acten mit Rückübersetzung der gnostischen Lieder ins Syrische, ist an sich unwahrscheinlich. Aber auch eine Reihenfolge:

Gnostische Thomasacten

Syrisch-gnostische Lieder

Katholische griechische Thomasacten

Katholisch-syrische Thomasacten (indem der Verfasser durch Zufall die syrischen Originale jener Lieder in die Hand bekam),

ist unwahrscheinlich. Das Phänomen, um das es sich handelt, ist auch erklärt, wenn man annimmt, dass der Verfasser der gnostischen Thomasacten ein syrischer Grieche war und für seine Zwecke ein altes profanes syrisches Hochzeitslied zu einem griechisch-gnostischen Gesang umgearbeitet hat.1) Denn das ist zweifellos der Ursprung dieser Ode (Bonnet p. 8). Mehr als drei Viertel des Liedes zeigt noch heute den profanen Ursprung (ein Seitenstück zum Hohenlied); nur durch einige wenige Zusätze wird das Ganze auf die Höhe eines religiösen gnostischen Liedes erhoben (s. besonders den Schluss p. 9, 2: ύμνησαν σὺν τῷ ζῶντι πνεύματι τὸν πατέρα τῆς ἀληθείας καὶ τὴν μητέρα τῆς σοφίας).

Was die beiden poetischen Weihegebete betrifft (Bonnet

1) So erklärt sich auch, dass die Ode so leicht ins Syrische zu übersetzen war; sie hat eine syrische Grundlage.

2) Die Ausdeutungen des Einzelnen bei Thilo und Lipsius I S. 303 ff. sind sehr fragwürdig und tragen Vieles in das Gedicht ein; aber sie sind hier principiell im Rechte, wenn sie eine Erklärung dieses Gedichtes aus dem uns bekannten Gnosticismus versuchen.

p. 20. 36), so hat Macke (S. 21 f.) es bezweifelt, ob das erste auf uns intact, d. h. ohne katholische Zusätze gekommen sei. Ich sehe mit Lipsius (I S. 313) keine Nothwendigkeit zu unterscheiden. Das erste Weihegebet (Taufe) beginnt mit einer Reminiscenz an Philipp. 2, 9 und schliesst mit der Taufformel, zeigt aber seinen gnostischen Charakter in den Anrufungen: ἐλθὲ ἡ μήτηρ ἡ εὔσπλαγχ νος, ἐλθὲ ἡ οἰκονομία τοῦ ἄρρενος ... ἐλθὲ ἡ μήτηρ τῶν ἑπτὰ οἴκων, ἵνα ἡ ἀνάπαυσίς σοι εἰς τὸν ὄγδοον οἶκον γένηται, ἐλθὲ ὁ πρεσβύτερος τῶν πέντε μελῶν. Das zweite Weihegebet (Abendmahl) zeigt gar keine gemeinkirchlichen Züge, abgesehen von den indifferenten Schlussworten (in denen übrigens εὐχαριστία und ἀγάπη, wie es scheint, synonym gebraucht sind). Am befremdlichsten ist die Anrufung: (ἐλθὲ ἡ ἱερὰ περιστερὰ ἡ τοὺς διδύμους νεοσσούς γεννώσα, ἐλθὲ ἡ ἀπόκρυφος μήτηρ (sie fehlt im Syr.). Dass diese sich aus der Anschauung des Bardesanes (s. Ephraem hymn. 55 p. 557: nach Bardesanes hat der h. Geist zwei Töchter geboren) erklärt, wollte Thilo beweisen, und Lipsius hat ihm (I S. 318 f) beigestimmt. Allein die Übereinstimmung ist zu schmal, um sicher festzustellen, dass nur Bardesanes und nicht auch eine ältere Vorstellung, die Bardesanes benutzt hat (oder eine jüngere, von ihm beeinflusste), in Betracht kommen kann.

Das Ergebniss, dass sich nur drei poetisch-cultische Stücke den alten gnostischen Thomasacten mit Wahrscheinlichkeit zuweisen lassen, giebt uns kein Recht, irgendwelche chronologische Folgerungen für die Entstehungszeit der gnostischen Acten zu ziehen. Aus äusseren Zeugnissen sind sie nicht über das 3. Jahrh. hinaufzuführen; denn vor Eusebius (III, 25), der zuerst von häretischen Thomasacten spricht, besitzen wir überhaupt keine Kunde von ihnen; die Mittheilung des Epiphanius, dass sie von Enkratiten und Apostolikern gebraucht würden (haer. 47, 1; 61, 1), und die des Augustin u. A., dass die Manichäer sie benutzen, führt nicht über das 3. Jahrh. hinaus, und die Abfassungszeit der katholischen Acten die Lipsius m. E. eher zu früh als zu spät angesetzt hat, indem er sie auf das 2. Viertel des 3. Jahrh. datirt lässt für die gnostischen mindestens noch den Anfang des 3. Jahrh. offen. 1) Dass jene Stücke und somit die gnostischen Acten überhaupt nicht früher geschrieben sein können, wird Niemand behaupten, dass sie aber früher verfasst sein müssen, wird Niemand beweisen können. Ist eine Hypothese gestattet, so stammen sie zwar aus griechischer Feder, aber aus bardesanitischem Einfluss. Von den Bardesanes

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1) Unbegreiflich ist es mir, wie Zahn (Kanonsgesch. I S. 784 ff.) unbedenklich die katholischen Thomasacten als Zeugen für die Zeit um 150() benutzen konnte.

schülern sagt Ephraem, dass sie Acta Apostolorum geschrieben haben, „um unter den Thaten und Zeichen der Apostel, die sie geschrieben haben, im Namen der Apostel den Unglauben zu schreiben, den die Apostel vernichtet haben". Diese Acta brauchen nicht nothwendig nur syrisch gewesen zu sein. Es können auch griechische unter ihnen gewesen sein, die sich dann auch im Westen verbreitet haben. Der ganze Horizont des Verfassers der gnostischen Thomasacten, soweit man ihn aus den katholischen bestimmen kann, weist auf einen Mann, der im Osten der Kirche schreibt und ostwärts blickt. Warum sollen die Thomasacten nicht jene Acten aus der Schule des Bardesanes sein? 1)

Ist diese Hypothese richtig, so ist an die Einheit der Verfasser der Thomas-, Johannes-, Andreasacten nicht mehr zu denken; denn die Johannesacten sind gewiss nicht in der Gegend von Edessa verfasst. Aber auch a priori ist es unwahrscheinlich, dass ein und derselbe Mann Thomas- und Johannesacten verfasst hat (der Antrieb zu solchen Schöpfungen ist doch stets localer Natur gewesen), und was an Resten der alten Johannes- und der Thomasacten vorhanden ist, ist der Annahme, sie seien von einem Verfasser, nicht günstig: man vgl. die Hymnen in den Thomasacten mit den in Nicäa verlesenen Stücken der Johannesacten der Unterschied ist sehr viel grösser als das Gemeinsame. Der unheimliche „Leucius" verschwindet damit als Verfasser zahlreicher Apostelgeschichten. Er scheint einer Legende anzugehören, die erst entstanden ist, nachdem man die Acten des Johannes, Thomas, Andreas und vielleicht noch andere zu einem Corpus verbunden hatte.

20) Die Petrusacten.

Bei der Untersuchung der unter dem Namen des Petrus stehenden älteren Schriften habe ich die Petrusacten ausgeschlossen, weil sie mit jenen trotz Euseb., h. e. III, 3, 2 nicht einfach zusammen genannt werden dürfen. Es wird sich zeigen, dass sie höchst wahrscheinlich überhaupt nicht in das 2. Jahrh. gehören; aber weil zwei so bedeutende Forscher wie Lipsius und Zahn sie fürgnostisch halten und in diese Periode verlegen, mögen sie hier besprochen werden.

1) Es wird dann allerdings zu untersuchen sein, ob die gnostischen Acten, die den katholischen zu Grunde liegen, nicht doch ursprünglich syrischen Ursprungs sind (so Macke a. a. O.). Eusebius hat jedenfalls griechische gnostische Thomasacten gekannt. Die Annahme 1) syrisch-gnostische Acten, 2) griechischgnostische Acten, 3) griechisch-katholische Acten, 4) syrische Übersetzung dieser Acten mit Kenntniss der alten häretischen syrischen Acten, ist precär. Die sprachliche Untersuchung vermag ich nicht zu führen.

Der erste, der Petrusacten erwähnt, ist Eusebius; er nennt sie h. e. III, 3, 2 mit den übrigen falschen Petrusschriften, die er verwirft, aber nicht für häretisch hält; III, 25 nennt er sie überhaupt nicht.1) Dass unter den in späteren Zeiten citirten Πράξεις Πέτρου (im Unterschied von den Πράξεις Πέτρου και Παύλου, den Περίοδοι Ilétoov [doch sind in der Synopsis Athanasii wahrscheinlich unsere Acten unter diesem Titel gemeint], sowie den pseudoclementinischen Schriften) in der Regel die von Eusebius gemeinten Acten zu verstehen sind, unterliegt keinem begründeten Zweifel (wenn auch das Buch, wie diese Litteratur überhaupt, allerlei Bearbeitungen erfahren haben mag). Somit sind es unsere Petrusacten, die in der Stichometrie des Nicephorus als 2750 Stichen umfassend angemerkt sind, und Photius hat sie in der Hand gehabt, als er biblioth. 114 jenen Codex beschrieb, der Acten des Petrus, Johannes, Andreas und Paulus umfasste. Photius sagt, das Buch selbst mache es offenbar, dass alle diese Acten von Leucius Charinus seien; allein die Paulusacten sind gewiss nicht von ihm, und die Petrusacten auf ihn zurückzuführen, liegt kein Grund vor, vielmehr spricht die Zeit ihrer Abfassung dagegen, wenn unter ihm ein Name des 2. Jahrh. zu verstehen ist (s. u.). Der Name des Leucius kann eine Etiquette für falsche Apostelgeschichten geworden sein (s. Ep. Innocentii ad Exsuperium und das Decretum Gelasii). Was Photius (1. c.) aus den falschen Apostelgeschichten anführt, ist nur zum kleinsten Theil aus den Petrusacten genommen. Lediglich der Bericht des Photius, Christus erscheine in den falschen Acten seinen Jüngern während seines Erdenwandels bald als alt bald als jung, lässt sich zur Noth aus ihnen belegen; dagegen findet sich die Betrachtung des Judengottes als bösen Gottes nicht, ebensowenig Modalismus und häretischer Gnosticismus (gegen Zahn, Kanonsgesch. II S. 842). Dass Photius und dass man schon im 5. Jahrh. die Acten für häretisch gehalten hat, ist nicht zu verwundern, aber das entscheidet nicht über ihren ursprünglichen Charakter.

Lipsius hat das Verdienst, uns in dem 1. Bande seiner Acta

1) Zahn (Kanonsgesch. II S. 841 not. 3) hält es für unzweifelhaft, dass in III, 25 unter den ungenannten unechten und häretischen Apostelgeschichten unsere Acten gemeint seien; es ist möglich, aber nicht wahrscheinlich; denn Eusebius hat die Acten an der einzigen Stelle, wo er auf sie eingeht, nicht als häretisch bezeichnet, sie vielmehr mit dem Evangelium, dem Kerygma und der Apokalypse Petri zusammengestellt und bemerkt: οὐδ ̓ ὅλως ἐν καθολικοῖς ἴσμεν παραδεδομένα, ὅτι μήτε ἀρχαίων μήτε τῶν καθ ̓ ἡμᾶς τις ἐκκλησιαστικὸς συγγραφείς ταῖς ἐξ αὐτῶν συνεχρήσατο μαρτυρίαις. So spricht Eusebius nicht

über häretische Bücher.

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