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Haufen. Der Pressburger Friede vom 26. Dezember 1805 theilte die meisten jener Besitzungen dem Kurfürstenthum Bayern zu, dessen Herrscher sich wenige Tage darnach die Königskrone auf das Haupt setzen durfte. Demselben war auch die gefürstete Grafschaft Tirol zugefallen, und hier zunächst bildete sich in der Hauptstadt Innsbruck aus den dort befindlichen Archivschätzen ein bayerisches Landesarchiv, welches in Folge der gemeinsamen Organisation des Jahres 1812 in die Reihe der ,,Archivkonservatorien" eintrat.1) Aber schon zwei Jahre nachher, mit dem Rückfall Tirols und Vorarlbergs an Oesterreich, musste Bayern seinen Besitz aufgeben, und es blieb ihm nur das ehemalige Schwäbisch-Oesterreich mit Lindau, für welche Gebietstheile noch Günzburg als archivalisches Hauptreservoir in Betracht kam.

Mit diesem waren inzwischen grosse Veränderungen vorgegangen. Da von der österreichischen Länderbeute auch Württemberg und Baden Stücke bekommen, handelte es sich gleich Anfangs um eine entsprechende Vertheilung des Archiv- und Registraturmaterials „der ehemaligen schwäbisch-österreichischen Regierung und Kammer, des Appellationsgerichts, der Landrechte und der untergeordnet gewesenen Branchen", abgesehen von etlichen Kisten mit Akten, welche Oesterreich 1808 zurückerhielt. Sowohl zu Günzburg, wie zu Konstanz veranlasste die bayerische Regierung, als Repräsentantin des grössten der drei Staaten, im Jahre 1806 die bezügliche Absonderung; als Ausscheidungskommissär fungirte an beiden Orten der bekannte Landesdirektionsrath v. Raiser.2) Eine Anzahl Akten wurden als gemeinschaftlich bei Bayern belassen, indem die betheiligten Höfe mit Verzeichnissen derselben sich begnügten; bei den übrigen Materialien schritt man alsbald zur Vertheilung. Bereits in den Jahren 1807 und 1808 gingen aus dem Günzburger Archiv Aktentransporte an die grossherzogl. badische Regierung in Freiburg, sowie an die württembergische nach Stuttgart; erstere erhielt 27,

1) Seine Bestandtheile bildeten: das ehemals landes fürstliche Archiv, mit welchem das Hochstift Trientische und das Hochstift Brixen'sche vereinigt waren; dann das ehemals landschaftliche Archiv; endlich die alte Gubernialregistratur mit eingestreuten Urkunden.

2) Nachmals Kanzleidirektor des Oberdonaukreises; noch heute angesehen wegen seiner fruchtbringenden Alterthums- und Geschichtsforschungen, deren Ergebnisse er in zahlreichen Schriften über bayerische Gebiete und Orte niedergelegt hat.

letztere nicht weniger denn 187 Kisten. Das für Bayern Reservirte (17 Kisten) kam theils nach Ulm (an die Landesdirektion und das Oberrechnungskommissariat daselbst), theils an die Generalkommissariate des Iller- und Lechkreises, theils in die Zivilregistratur des kgl. Hofgerichts in Memmingen, wie an gewisse Bevollmächtigte; ausserdem fanden bis zum Jahre 1814 vereinzelte Aktenabgaben statt. Neben diesem so vertheilten Material existirte noch das ansehnliche Archiv der Markgrafschaft Burgau, von welchem die zahlreichen Landsassiatsakten sofort nach Ulm gelangten, das Uebrige aber mehrere Jahre hindurch in Günzburg verblieb. Erst im Frühjahre 1812 wanderten drei Kisten burgauischer Urkunden zur Zentralregistratur nach Eichstätt, welche sie 1817 an das Archivkonservatorium Dillingen abgab. Letzterem war bereits das Jahr zuvor die Hauptmasse der burgauischen Archival- und Registraturakten mit dem Rest des Günzburger Depots einverleibt worden, aber ohne Beigabe entsprechender Repertorien; nur höchst summarische und lückenhafte Extraditionsverzeichnisse machten den Inhalt einigermassen ersichtlich. Von den 157 Behältnissen, welche jene Materialien eingenommen, waren zwei Kisten von einem unbekannt gebliebenen Thäter ausgeraubt worden; 65 bestanden in verschliessbaren Kästen mit Fächern, die anderen waren gewöhnliche Kisten. Ein Theil derselben, welcher sehr entlegene Bestandtheile enthielt die Grafschaft Falkensteinischen1) und Sachsen-Lauenburgischen 2) Aktenkisten, sowie die Akten von der Provinz Elsass 3) (mit beziehwar seit zwölf Jahren nicht mehr ungsweise 7, 5 und 1 Kiste) geöffnet worden, hatte aber gleichwohl nicht erheblich gelitten. Von den übrigen Akten war mehr als die Hälfte (73 Kisten) für die Krone Bayern bereits ausgesucht; den Rest bildeten Akten, die noch einer Ausscheidung nach den betreffenden Territorien bedurften. Zur Uebernahme der gesammten Masse hatte sich der Vorstand des

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1) Von der im vorigen Jahrhundert an das österreichische Kaiserhaus vererbten, ausgedehnten Grafschaft Falkenstein in der heutigen Rheinpfalz (siehe Bavaria IV, 627).

2) Sachsen-Lauenburg wurde 1689 nach Aussterben des askanischen Stammes vom Kaiser mit Sequestration belegt.

3) Bekanntlich war das obere Elsass durch Heirath in den Besitz der habsburgischen Dynastie gekommen und bei der Kreiseintheilung des Kaisers Maximilian von 1512 zum österreichischen Kreise geschlagen, aber durch den westphälischen Frieden an Frankreich überlassen worden.

Dillinger Konservatoriums, Geheimrath Polzer, selbst nach Günzburg begeben; die Aushändigung besorgte der quieszirte, aus österreichischen Diensten übernommene Registrator Johann Nepomuk Wolff, der Jahre lang die Günzburger Registratur ganz allein verwaltet hatte.

Fragt man, wie dieselbe eingerichtet und gelagert war, so ist nicht zu verhehlen, dass sie eigentlich den Namen einer Registratur nicht verdiente und noch weniger den eines ,,Depot archivs", indem sie einer völlig unorganisirten Niederlage glich. Man hatte die Akten grösstentheils im sogen. Sommerrefektorium des Piaristenklosters unterzubringen gehabt, da das gegenüberliegende Winterrefektorium, das Wolff längst beigezogen wünschte, Schulzwecken diente; aus Mangel an Raum mussten mehrere Kisten auf dem Gang im Schulhausgebäude Platz nehmen. Dem ganzen Depot war seine transitorische Natur unverkennbar aufgeprägt; seit Jahren befand es sich im Zustande der für den Transport hergerichteten Verpackung. Es lässt sich denken, mit welchen Schwierigkeiten die Verwerthung desselben für administrative und andere Fragen zu kämpfen hatte. Behufs leichterer Benützung ward zwar durch Reskript vom 12. Mai 1813 vom Generalkommissariat Eichstätt eine neue Ordnung der Registratur anbefohlen worden; aber was war unter den gegebenen Verhältnissen zu erreichen? Wolff musste sich begnügen, die bisher verschlossenen und über einander gestellten Partien wenigstens äusserlich zugänglich zu machen. An den Wänden wurden immer zwei lange Kästen auf einander gesetzt, darauf noch eine Kiste plazirt, und die übrigen Kisten einzeln und reihenweise in die Mitte der Zimmer gerückt. Die vernagelten Kisten liess Wolff aufsprengen und ihre Deckel lose auflegen, dann bei den Kästen, zu welchen nur selten ein Schlüssel sich vorfand, die Schlösser öffnen und die Thüren in Spagat einhängen! Man konnte nun wenigstens zu Allem kommen, wenn gleich mit ziemlicher Mühe wegen der stark verengten Zwischenräume. Auch sonst waren die Recherchen erschwert, indem weder ein Tisch noch eine Bank zum Auflegen der Akten Raum hatte; von einem eigenen Arbeitslokal konnte gar keine Rede sein. Zudem lagerten die Archivalien, wie Wolff sagt, auf einem steinernen Boden und in einem feuchten Gewölbe, wo kein Sonnenstrahl eindringen kann!" Diese Thatsachen, sowie der Mangel jeglichen Hilfspersonals machen. es erklärlich, dass genannter Registrator eine genauere Verzeichnung

des Vorhandenen nicht zu Stande brachte. Uebrigens fehlten ihm auch die Vorbedingungen eines gedeihlichen archivalischen Wirkens. Einer der vielen Quieszenten1), hatte er bei einer Pension von blos 500 Gulden seine Dienstleistungen in der Depotregistratur zu Günzburg unentgeltlich zu verrichten. Seine Fachbildung beschränkte sich auf die Praxis im gewöhnlichen Registraturdienste; spezielle archivalische Kenntnisse gingen ihm ab. Als daher das Registraturdepot Günzburg nach Dillingen transportirt wurde, und die Frage auftauchte, ob Wolff im dortigen Archive zweckmässig zu verwenden sei, - Polzer selbst hatte ihn zur Aufstellung und Einrichtung des Günzburger Materials gewünscht, konnte man sich höheren Orts nicht dazu entschliessen, wobei freilich auch Rücksichten auf sein Alter (er zählte bereits 62 Jahre), seine schwankende Gesundheit und besondere Familienverhältnisse mitwirkten. Noch im Jahre 1820, als Registrator Aichner in Dillingen gestorben, wurde die Frage neuerdings angeregt, aber gleich negativ entschieden.

4. Die zentralisirte Registratur und das Archivkonservatorium zu Eichstätt.

Nach der Säkularisation des Hochstifts Eichstätt hatten die überkommenen Archive und Registraturen verschiedene Schicksale. Durch den zweiten Reichsdeputations hauptschluss fiel bekanntlich das Eichstätter Oberland - die Aemter Wahrberg mit Herrieden,

1) Wir berühren damit eine Erscheinung, welche für die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts charakteristisch ist. Durch die Säkularisation und Mediatisirung war ein Theil der an Bayern übergegangenen Bediensteten, den man augenblicklich nicht zu verwenden wusste, ausser Thätigkeit gesetzt worden. Als dann mit den neuen Organisationen neue Dienstsparten sich eröffneten, griff man mit Vorliebe zu den noch arbeitstüchtigen „Quieszenten“, indem man sie meist um ihre Pension arbeiten liess, wodurch an Gehältern viel erspart wurde. In Folge dessen rekrutirten sich bald zwei Dritttheile des gesammten Archivpersonals aus jener Klasse; nur etwa ein Drittel genoss einen eigenen etatmässigen Gehalt. Sobald solche Quieszenten starben, pflegten die Finanzbehörden den lediglich von der Pension herrührenden Bezug einzuziehen. Hiedurch musste aber der organische Bestand der Archive selbst leiden, weil bei Neubesetzung mit anderen Kräften kein statusmässiger Gehalt vorgesehen war. Zudem schadete die Aufnahme von Quieszenten auch der inneren Entwickelung des Archivwesens, da viele von ihnen der nöthigen Ausbildung entbehrten. Erst im Laufe des dritten Dezenniums begannen diese Uebelstände durch Beschaffung wohlfundirter Personaletats aufzuhören.

Archivalische Zeitschrift. XII.

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Arberg mit Ornbau, Spalt mit Wernfels, Abenberg, Sandsee mit Pleinfeld, zusammen sechs Quadratmeilen -an Kurbayern, während der grössere Theil des Landes, das siebzehn Quadratmeilen umspannende untere Stift, Erzherzog Ferdinand von Oesterreich gleichzeitig mit Kursalzburg als Entschädigung für Toscana erhielt. Im Pressburger Frieden wurde auch das Unterland bayerisch, und nachdem das obere Stift vorübergehend von 1804 bis 1806 mit Ansbach - Bayreuth vereinigt gewesen, befand sich nun das junge Königreich im Vollbesitze des ehemals hochstiftischen Gebiets. Diese Wandlungen berührten natürlich auch die in ihm gelegenen Archive, vor allem das hochstiftische. Mit der Besitznahme des oberen Stifts durch Bayern wurden die betreffenden Urkunden und Akten (fünf Kisten voll) an den vormals eichstättischen Hofrath und Archivar und nunmehr kurpfalzbayerischen Landesdirektionsrath v. Starkmann zu Neuburg extradirt, blieben aber, mit dessen Petschaft verschlossen, im Archiv auf dem Bergschlosse St. Wilibaldsburg liegen; ebenda verblieb alles Gemeinschaftliche für das obere und untere Land, sowie diejenigen Stücke, bei denen die Zugehörigkeit zweifelhaft erschien. Als das untere Stift an den Grossherzog von Toscana überging, veranlasste die Salzburger Landesregierung den Transport der meisten Archivalurkunden in ihr geheimes Archiv", deren Ausscheidung der kurfürstlich salzburgische Rath und Archivar Joseph Jung besorgte. Bei den Akten nahm man eine Sonderung für die Registraturen der kurfürstlichen Regierung, des Hofgerichts und der Hofkammer vor. Die auf der Wilibaldsburg noch unverschlossen lagernden Akten geriethen im Oktober 1805 in Folge der Einrichtung eines französischen Spitals durch die fremden rücksichtslosen Gäste in die grösste Unordnung. Während des folgenden Jahres musste die salzburgische Regierung die übernommenen Archivalien an Bayern zurückstellen; sie kamen zunächst nach Eichstätt, noch Ende 1806 aber in das Neuburger Archiv. Hierhin wurde dann auch die Absendung der noch in Eichstätt hinterliegenden Reste verfügt; nur die Kreis- und Reichstagsakten, desgleichen die in den fürstbischöflichen Repertorien nicht enthaltenen, noch unregistrirten Schriften sollten vorläufig in der Eichstätter Landesdirektionsregistratur aufbewahrt werden. Unter dem 1. September 1807 übersandte Archivar Jung die oben bezeichneten fünf Kisten, sowie ein besonderes Kistchen mit den seiner Zeit als gemeinschaftlich erachteten Urkunden und Literalien. Die älteren Akten und Dokumente des Eichstätter

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