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gewiss von Zeit zu Zeit kerngesunde fremde Frauen in sich aufgenommen. Man braucht deshalb keinem Zweifel Raum zu geben, ob es im späteren Mittelalter in Deutschland nicht noch zahlreiche Geschlechter gab, die sechshundert und mehr Jahre im Besitz desselben Gutes gewesen.

Zur selben Zeit, als die Ritterbürtigen Gutsnamen, fingen die Städter an, Beinamen anzunehmen. Wo so viele Familien eng bei einander wohnten und ihrer immer mehr wurden, war es unumgänglich, für den Einzelnen eine bestimmtere Bezeichnung zu schaffen, als der bisherige Rufname sie ergab. Man erkennt noch deutlich in den Urkunden, wie die reine Nothwendigkeit auf Beinamen führte. In einem Zeugniss Wormser Bürger im Jahre 1208 über die Schenkung eines Hofes an die Kirche durch eine Wittwe werden aufgeführt: „Kantor Baldemar, Eberhard von Hirzberg, Kellermeister Heinrich, Heinrich und Albert von Boppard, Konrad Sporo, Arnold von Sebolt, Nikolaus, Gerbodo, Sueniger, Sifrid Friedag, Ingebrand, Godefrid, Sifrid Wicnands Bruder, Gumpert, Sifrid Mennekin, Graf Albert, Hecilo Weiss, Reimbodo Nobbo, Konrad und Heinrich Altkind, der junge Edelwin, Diterich, Sifrid Velir, Fuhselin (Füchschen), Heinrich Berwelfs Sohn, Heinrich von Buggenheim, Emrich Willa."1) Jeder der vier Siegfrid und der fünf Heinrich bedurfte hier einer näheren Bezeichnung, damit man wusste, welcher gemeint sei.

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Der Zuname aber wurde zunächst vom Vater hergenommen, sodann von dem Orte, woher die Familie gekommen, darauf von der Wohnstelle in der Stadt oder dem Zeichen des Hauses, ferner vom Beruf und Geschäfte, z. B. Heimlicher, nämlich Rath, -- endlich auch von einer besonderen lustigen oder spöttischen oder sonstigen Bezeichnung, wie der Zufall sie geschaffen. Anfangs werden in den Städten unter den neuen Zunamen noch für Andere die alten einfachen Personennamen fortgeführt, wie im vorstehenden Beispiel Gerbod, Sweniger, Ingebrand, Gottfried: schon um Mitte des dreizehnten Jahrhunderts sind aber die meisten Städter mit Zunamen versehen. Es heissen zum Beispiel im Jahre 1246 die hervorragendsten Wormser Bürger: Gerhard Gross, Markard Buso, Otmar unter den Gadamen, Werner Ritterchen, Heinrich Helkrapf, Heinrich Rot, Herburd Rapar (Rübner), Heinrich von Pfeffelkeim, Heinrich

1) Böhmer Fontes II, 216.

genannt Jude. In der Folgezeit verschwinden als Hauptbezeichnung die germanischen Namen gänzlich, oder sie erhalten sich nur in einer oft wunderlichen Umbildung. Aus Arnold wird Arndt, aus Hademar Hammer, aus Sigimer Siem, aus Sigibert Sieb, aus Siboto Seibt, aus Gerhart Giers. Die Verkleinerungs- und Koseformen auf o, iko, ilo, iro, ke, chen, li, lein und andere trugen nicht wenig dazu bei, den Namen umzugestalten.

Während nun die städtischen Familien durchgehends Zunamen bekommen, ist dies noch im vierzehnten Jahrhundert keineswegs auf dem platten Lande der Fall. Bauern halten gern am Hergebrachten, und deshalb liessen sie erst spät die alte Gewöhnung fallen, nach welcher für Jeden nur ein einziger Name galt. Dieser blieb bei den Bauern im ganzen Mittelalter wahrscheinlich der altgermanische Personenname, jedoch erscheint in Urkunden vom zwölften Jahrhundert an öfter daneben der Hofname. Auch begegnen uns schon vom Ende dieses Jahrhunderts an hin und wieder Beinamen, wie z. B. im Urkundenbuch des Klosters Gars am Inn die Namen Ernst Stumpf, Markward Uorgelhane, Hartwich Fames, Heinrich Losenapf, Syboto Gruel, Ernst Fritsol, Haimpiuter Sleh, und andere mehr.

Auch die Bischöfe und Aebte, nicht minder die Mönche und Stiftsherren, halten im ganzen vierzehnten Jahrhundert noch die einfachen germanischen Namen fest. Sehr spärlich findet sich bei ihnen ein Andreas, Jacobus, Michael, Johannes oder ein anderer Apostelname, und nur wenig häufiger tritt ein Bei- oder Zuname hinzu. Ebenso wenig weichen ihre bäuerlichen Eigenleute oder Hausdiener von der alten herkömmlichen Benennung ab, nur ihre Frauen ausgenommen.

5. Heiligennamen.

Es beginnen nämlich bei Bürger- und Bauerfrauen vom vierzehnten Jahrhundert an die Heiligennamen beliebt zu werden. Klosterfrauen lassen sich ohne einen solchen immer weniger sehen. Im folgenden Jahrhundert wird das mehr und mehr zu einer Mode, welcher auch die Männer nun nicht widerstehen können. Die Namen werden überhaupt den jetzigen mehr und mehr ähnlich.

So stehen im oben erwähnten Obermünster Kodex im grellen Gegensatze zu allen früheren Aufzeichnungen zwei andere, die im Jahre 1466 gemacht sind. Damals lebten zu Regensburg nur acht Mönche im Obermünster Kloster, fünf davon tragen bereits fremd

ländische Vornamen, dabei haben alle bereits Zunamen, wie Chemnater, Zobel, Wertenberger, Mewswirt, Pawno, Hofman. Unter den fünfzehn Nonnen aber desselben Jahres finden sich nur noch zwei deutschbenannte, Kunegundis und Gertrudis, auch sie bezeichnend mit fremdländischer Endung; die anderen heissen Margaretha, Katherina, Anna, Dorothea, Sibylla, Elizabeth, Barbara, Braxedis, Ursula, Juliana; diese Alle führen auch Beinamen: von Egloffstain, von Freyperg, von Schellenberg, Uersenpeckinn, Leberskyrcherinn, von Paulsdorf, Grössinn, von Freyperg, Kengerinn, Norbeckinn, Zengerinn, von Reichenau.

Am Schlusse des Mittelalters hat jeder Städter seine zwei Namen, einen Beinamen und einen Vornamen; von den alten germanischen Namen sind nur noch Reste vorhanden, und auch diese, wie gesagt, in Umbildungen. Die Männer. im Adels- und Bauernstand geben dagegen in der Mehrzahl die lieben germanischen Namen noch nicht auf, sie bleiben als Vornamen, jedoch auch bei ihnen drängen sich die Heiligennamen ein. Diese finden überhaupt sich am häufigsten bei den Frauen, am wenigsten bei adeligen Männern. Die Friesen, der hartnäckigste unserer Stämme, hartnäckiger noch als Westfalen, Schwaben und die im Hochgebirg wohnenden Bayern, liessen sich erst im vorigen Jahrhundert bewegen, Beinamen einzuführen.

Was war nun die Ursache, dass die Heiligennamen, welche in der Karolinger Zeit Aufnahme fanden und in der Kaiserzeit wieder ausgestossen wurden, sich zu Ende des Mittelalters doch wieder vordrängten? Ereignisse, die von aussen her darauf hinwirkten, gab es nicht. Ebenso wenig konnte es daran liegen, dass die Bedeutung der alten Namen wäre verloren gegangen; denn so viel Verständniss der germanisch-deutschen Sprache war in den niederen wie oberen Kreisen wohl noch vorhanden. Auch von Zunahme des religiösen Sinnes ist in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters wenig zu merken, noch viel weniger von einem wachsenden Einflusse der Geistlichkeit, und daher nicht daran zu denken, dass der Letzteren Einfluss erst bei den Frauen und dann bei den Männern die Heiligennamen eingeführt hätte. Die Ursache der dritten grossen Neuerung auf dem Namensgebiete möchte vielmehr nur in Folgendem liegen. Als aus den Städten die alten Namen schönen Klangs und Inhalts verschwanden und die neuen Beinamen für Anruf und Unterschrift allein galten, da erschienen diese den Leuten doch gar zu leer und

nüchtern, weil bloss vom Handwerk und Beruf, oder vom Wohnort, oder einem zufälligen Merkzeichen hergenommen. Einmal gewöhnt, im Namen etwas Bedeutungsvolles, gleichsam Personenhaftes zu besitzen, das anregte und befeuerte oder auch leise schmeichelte, liess man sich Heiligennamen gefallen. Es war ein inneres Bedürfniss, welches zu ihrer Annahme hinführte: am Namen des Heiligen hatte man doch wieder ein Vorbild, einen Segensspruch, eine Weihe für's Leben. Das Frauengemüth nahm den Vorgang und gab den Antrieb, das fing schon in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts an, und griff mehr und mehr um sich, bis die Sache im fünfzehnten Jahrhundert zu einer Mode wurde, der sich in den Städten nur wenige Männer entzogen.

Für die erste Wahl entschied wohl in der Regel der Name des oder der Heiligen, die in der Umgegend besondere Verehrung genossen. Das war der Kirchenpatron oder der noch weiter tönende Landespatron, vielleicht auch der Name irgend eines wunderthätigen Heiligenbildes. So ist z. B. nur im Paderborner Bisthumssprengel der Name des Stiftspatrons Liborius ebenso verbreitet, als im Regensburger der Emmerams und im Bamberger aus bekannten Gründen der Name des frommen Kaisers Heinrich. Leicht möglich rief auch irgend ein Erlebniss der Familienmutter oder eines Oheims oder Pathen einen Heiligennamen besonders in's Gedächtniss. Später griff man wohl den Namen auf, der am Tauftage im Kalender stand. Man war ja, als die Urkunden und insbesondere die darin verbrieften Zins- Renten- und Gültengeschäfte sich mehrten, mit den Heiligen gleichsam vertrauter geworden. Dazu trug besonders die Gewohnheit der zahlreichen Klöster, Domkapitel und Stifter bei. Diese empfingen ihre Reichnisse an Frucht, Vich und Geld an den Tagen ihrer kirchlichen Feste, und da sie zur Hohenstaufenzeit, als das Geschäftsleben bewegter und wechsel voller wurde, eifriger darüber aus waren, ihre Berechtigungen schriftlich festzustellen, kamen die Heiligennamen, um die Zahlungstage nach dem Kalender zu bestimmen, häufiger in die Urkunden und Zinsregister. Dieser Brauch ging dann über auf die Salmannen und öffentlichen Schreiber, und trug nicht wenig dazu bei, die Namen der Kalenderheiligen unter das Volk zu bringen.

Darin aber, dass der Brauch sich von den Städten aus über das Land verbreitete, haben wir ein Wahrzeichen, von welch mächtigem Einfluss das Beispiel der Städter war. Die mittleren und

ärmeren Klassen folgten ihm zuerst, später ergaben sich auch die bäuerlichen Hofbesitzer. Zurückhaltender benahmen sich die Rittergutsbesitzer und noch mehr die fürstlichen Geschlechter. In diesen hafteten am längsten und öfter ausschliesslich die historischen Namen. Nur die Frauen mochten gern einer Tochter oder einem Pathchen einen schönen Heiligennamen zum Angebinde geben.

6. Antike und biblische Namen.

Nur kurz sei noch einiger spätern Neuerungen gedacht. Bekannt ist, wie gern die Humanisten ihre Namen in's Lateinische und Griechische übersetzten. Sie hatten sich in das Schreiben. und Reden in alten Sprachen so eingewöhnt, dass ihnen der eigene deutsche Familienname hart auf die Zunge fiel. Wie herrlich klang er dagegen in den geliebten Tönen der alten Klassiker! Der griechische oder lateinische Name war gleichwie ein Ehrenzeichen, mit dessen Annahme man in den Orden der Hochgebildeten eintrat, die emporstiegen über das rohe Volk des Ritter- und Bürgerstandes. Das Umtaufen der deutschen Namen in antike wurde zu einer weit verbreiteten Pedanterei, einer Eigenthümlichkeit, zu welcher die Deutschen einen besondern Hang in sich spüren und ihre Gelehrten am meisten.

Während diese Namenmode aber auf die Bücherfreunde beschränkt blieb, drang die biblische breit in's Volk hinein. Im sechszehnten Jahrhundert wurde eifriges Bibellesen Brauch in ganz Deutschland; es gab ja nur noch einen Bruchtheil des Volkes, der streng am alten katholischen Wesen festhielt. Man verkehrte im Geiste so viel mit den Männern und Frauen des alten wie des neuen Testaments, dass man ihre Namen zuletzt sich selber zulegte. Während früher nur erst die Namen Johann, Philipp, Nikolaus, Jakob, Andreas, Daniel häufiger waren, traten jetzt Paulus und Petrus, Stephan und Bartholomäus, Mathias und Dionysius hinzu. Besonders beliebt wurden Christian und Georg oder Jörg. Der letztere Name, der des grossen ritterlichen Drachenbekämpfers, der in der Ritterwelt stets beliebt gewesen, wurde es erst recht, als diese sich ihrem Untergange zuneigte: er wurde bei den Deutschen so gewöhnlich wie Hans und Klaus. Zur selben Zeit verbreitete sich auch der Name der Patronin des Ritterthums, Katharina; neben diesem stellen sich um diese Zeit bei den Frauen ein die Namen

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