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andere, übersichtlich in Kapitel und Paragraphen eingetheilt und nicht mit dem ungeheueren Ballast kabbalistischer Gelehrsamkeit ausgestattet wäre, einen erheblichen Erfolg erzielt haben. Da es aber für den praktischen Gebrauch kaum verwerthbar war, so hat es meines Wissens keine neue Auflage erlebt und ist bald ein liber rarissimus geworden. Während es in Frankreich neben den einst hochgeschätzten Uebersetzungen durch die Vigenère eine gewisse Berühmtheit erlangte, schnell der Vergessenheit anheimfiel, scheint es in Italien sich grösserer Beliebtheit erfreut zu haben. Dort erschien noch im Jahre 1644 eine Uebersetzung unter dem Titel: Biago di Vigenère, la criptografia racchiudente la maniera di scrivere secretamente per G. R. du Carlet.

3. Wenn es schon in hohem Grade auffällig ist, dass Vigenère seinen Zeitgenossen Collange, der noch dazu an demselben Hofe, wie er, eine nicht unbedeutende Stellung bekleidete, gänzlich mit Stillschweigen übergeht, so ist es noch verwunderlicher, dass er, der so häufig von geschickten Dechiffreurs spricht, denen es glückt, scheinbar unlösbare Räthsel zu ergründen, eines anderen hochberühmten Zeitgenossen mit keiner Silbe gedenkt, der ihn an Gelehrsamkeit, aber freilich exakterem Wissen als das kabbalistische, noch weit überragte. Ich meine den in der Geschichte der Mathematik gefeierten François Viète, der, 1540 zu Fontenay (in Poitou) geboren, bis zum Jahre 1603 lebte. Wenn Vigenère als Uebersetzer berühmter gewesen ist wie als Krytpograph, so liegt das Hauptverdienst Viètes ja auch nicht auf unserem Gebiete, und es würde um so weniger zu rechtfertigen sein, dass er hier angeführt wird, als von ihm keine erhebliche litterarische Leistung vorliegt. Wir erfahren wohl, dass Heinrich IV., der seinen Scharfsinn kannte und wohl zu würdigen verstand, ihm wichtige, den Spaniern abgenommene Depeschen zuschickte, welche Niemand hatte entziffern können, da mehr als 500 Geheimzeichen in ihnen vorkamen und dass Viète in kurzer Zeit den Schlüssel fand. Aber das würde seine Erwähnung an dieser Stelle nicht begründen, wenn nicht gleichzeitig von französischen Bibliographen hinzugefügt würde, dass Viète un traité des règles, qu'il avait trouvées pour le déchiffrement des écritures secrètes habe drucken lassen. Freilich wird diese Angabe von anderer Seite wieder bezweifelt; aber allgemein wird zugegeben, dass eine kleine Brochure (14 Oktavseiten) von ihm herstamme, die den Titel trägt:

Deschifrement d'une lettre escrite par le commandeur Moreo au

roy d'Espaigne, son maistre, du 28. octobre 1589.

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Tours. Jamet

Sie ist sehr selten und mir nicht zu Gesicht gekommen.

4. Von sehr geringer Bedeutung für uns, der Vollständigkeit halber aber zu erwähnen, ist ein Werk, das betitelt ist:

Le magazin des sciences ou vray art de mémoire descouvert par Schenkelius; traduit et augmenté de l'Alphabet de Trithemius que de plusieurs autres belles recherches, inventions et figures sur ce subject. Par Adrian le Cuirot P. Paris 1623. Chez Jacques Quesnel rue sainct Jacques aux Colombes. 12o. 359 S.

Das Originalwerk Schenkels, von dem Cuirot nur eine erweiterte Uebersetzung liefert, ist mir fremd geblieben.1) In dieser französischen Ausgabe handelt nur ein kleiner Bruchtheil von Chiffernschrift und zwar lediglich von dem Alphabet oder besser gesagt den Alphabeten, welche der Abt Trithemius gebildet hatte zur mechanischen Herstellung lateinischer Gebete oder Briefe.2) Und nicht eigentlich als Chiffernschrift, sondern zu mnemotechnischen Zwecken wird hier diese Erfindung des Abtes verwerthet.

1) Es wird Lambertus Thomas Schenkel von Schwenter in seiner Steganologia et Steganographia aucta p. 189 ein berühmter Mnemonicus genannt und ihm die Erfindung einer Geheimschrift zugeschrieben (p. 251). Sein Werk erschien zu Augsburg 1614 unter dem Titel: Exemplum speciminis artis memoriae und muss über Geheimschrift mehr enthalten haben als die Bearbeitung von Cuirot.

2) Siehe Archival. Zeitschrift Bd. XI S. 163.

(Schluss folgt.)

II. Die deutschen Personennamen in Urkunden.

Vom

Herausgeber.

1. Bedeutung.

Unsere Urkunden spiegeln auch äusserlich den Charakter der Zeit ab, in welcher sie entstanden. Stoff und Form sind schon sehr bezeichnend, mehr ist es der Kanzleibrauch, wichtiger noch die Sprache, und am schärfsten geben von ihrem Wissen und Streben die Menschen ihr Ebenbild ab in ihrer Handschrift. Konnte man damals, als die germanischen Völker von antiker und christlicher Bildung eben erst angefasst wurden, eine andere Urkundenschrift erwarten, als das Kritzel-Kratzel der Merowingerzeit? Und hat sich die entsetzliche Verwirrung, in welche unsere Nation jemals hinabgesunken, nicht unverkennbar den deutschen Akten aufgeprägt, die aus dem dreissigjährigen Kriege uns überliefert sind? Aus König Dagobert's Zeit blickt uns die Schrift an wie die Züge eines Halbwilden, der mühsam die harten ungelenken Finger zum Malen der Buchstaben zwingt. Und blättert man in den Briefschaften von Beamten und Offizieren, die tausend Jahre später in Deutschland lebten, wie stellen sich die Schreiber unwillkührlich dem geistigen Auge dar? Als Leute, die in Soff und Streit und blutigen Abenteuern verkommen sind. Genau können wir je nach Charakter und Wechsel der Handschrift jene tausend Jahre in verschiedene Abschnitte eintheilen.

Aehnlich verhält es sich mit den Personennamen. Auch in ihnen leuchtet uns eine Schrift gleichsam aus dem innern Leben einer geschichtlichen Epoche entgegen. Die kürzere oder längere Dauer der Personennamen, die Wandlungen, die mit ihnen vorgehen, die Quellen, aus welchen neue Namen auftauchen, das Unter

sinken anderer, die lange im Gebrauche waren, alles das hat seine tieferen Gründe. Gehen wir auf diese näher ein, so blicken aus dem Namengewirr nicht bloss volksthümliche Eigenheiten, sondern auch hübsche Ketten und Spitzen hervor, welche sich durch die Kulturgeschichte hindurch ziehen.

Weshalb z. B. ist bei den Deutschen der Name Abraham stets unbeliebt, der Name Jakob stets willkommen gewesen? Beide sind doch hebräischen Ursprungs. Aber der eine Name ist der eines Patriarchen in der Wüste mit Frauen und Kameelen, den andern führte ein Apostel Christi.

In der That sind die Folgerungen, die man nothwendiger Weise aus Wechsel und Wandlung der Personennamen ziehen muss, keineswegs so unbedeutend, wie es obenhin den Anschein hat. Das Festhalten oder Umändern der Namen ist vielmehr ein sicherer Massstab, an welchem sich eine Umbildung von Brauch und Sitte, von Recht und Denkungsart abmisst. Aus dem standhaften Festhalten der germanischen Namen muss man auf unerschütterte Fortdauer einer Anschauungsweise, Rechts- und Gesellschaftsverfassung schliessen, die in wesentlichen Grundzügen noch germanischer Natur war. Wo aber die Namen sich ändern, konnte es nicht vor sich gehen, ohne dass leise unsichtbare Zuströmungen stattfanden, die zwar weder von Zeitgenossen noch in Urkunden erwähnt wurden, die aber gleichwohl den geistig-sittlichen Bestand der Nation ergriffen, ihren Gesichtskreis erweiterten und Aenderungen in ihrem Kulturleben verursachten. Denn im Namen steckt in der That etwas wie ein Stück der eigenen Persönlichkeit, und man ändert ihn nicht, ohne dass mit dieser selbst etwas Wichtigeres vor sich geht. Selbst heutzutage, wo von der altgermanischen Namengebung ein Nachklang auch darin geblieben, dass der Vorname als der Personenname und im Kreise der Familie und Freunde als der Hauptname gilt und der andere nur als Zuname oder Beiname, muss doch der Staat jede Aenderung dieses Beinamens, damit sie zu Recht bestehe, förmlich anerkennen: möge nun der neue Name Zeichen einer Gutserwerbung oder Standeserhöhung oder eines Wechsels der Eltern sein oder im Abwerfen eines durch Andere geschändeten Familiennamens seinen Grund haben. Man stelle nur die Epochen der Personennamen auf, - sowohl je nach der Verschiedenheit ihres Ursprungs, als der deutschen Gebiete, in welchen sie zu dieser oder jener Zeit vorkommen, und man wird ein Netzwerk vor sich haben, in welches

je nach Zeit und Gegend nicht wenig von unserer Kulturgeschichte hineinpasst.

Auch in der Urkundenwelt kann das Vorkommen von Personennamen nicht selten zum Leitfaden dienen, wenn andere Merkmale fehlen, um die Entstehungszeit eines Schriftstückes zu bestimmen. Ist es z. B. nicht auffallend, dass die Kaisernamen sich im Ritter- Bürgerund Bauernstande in der ersten Hälfte des Mittelalters so selten, in der zweiten häufiger sich finden und sodann immer beliebter werden? Je erhabener sich die Gestalt Karl des Grossen in der Vorstellung der Nachkommen darstellte, desto weniger wagten sie seinen Namen zu führen. Auch der Name Ludwig ist lange Zeit hindurch selten. Otto wird häufiger im zehnten, Heinrich im dreizehnten, Friedrich im vierzehnten Jahrhundert, als die Epoche der sächsischen, dann der salischen, und wieder der schwäbischen Kaiser vorüber war. Je weiter das deutsche Kaiserthum aus seiner Wirksamkeit zurück trat, um so öfter stellen sich die alten Kaisernamen ein, und als es gar nicht mehr bestand, da wurden sie erst recht bei den Deutschen beliebt.

2. Germanische Weise.

Wie bei den alten Juden und Griechen war es Brauch bei unseren deutschen Vorfahren, den Kindern Namen auszudenken, die einen schönen und gediegenen Kern enthielten. Der Rufname sollte dem Wesen der Persönlichkeit gelten oder ihr etwas Edles und Anregendes zuflüstern. Deshalb reden die germanischen Namenswörter von heiliger Gottesnähe, oder sie lauten von Ehre, Kampf und hohem Muth, oder sie sind wie eingebettet in Naturfreude und Volks- und Familienliebe. Was man am liebsten hatte, oder was man am höchsten hielt, sollte im Namen anklingen. Ja, es sollte darin ein Segensspruch liegen, der Unheil abwehrte.

Um hier nur Hauptgruppen dieser Namen anzuführen, so sind darin eingelegt die Ausdrücke für göttliche und übermenschliche Wesen: Irmin, Alah, Gott, Ahsen oder Ansen, Elfen oder Alben, Tursen und Hünen. Oder der Name lobt Ruhm, Kühnheit, Verstand, Friedwalten: Chuon, hart, hug, ragan, frid, walt, berath (glänzend). Oder er feuert an zum frohen Waffengang, indem er die kampflichen Thiere betont: Wolf, Rabe, Bär, Aar, Eber, oder die Angriffs- und Schutzwaffen: Agi, Isan, Ger, Helm, Grima, Brünne, Gisal, oder die Ausdrücke für heldenhaftes Wesen: Wig, Bald, Hild,

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