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Gerade zur Zeit nun, in welcher die ältere Niederlassung in Lahn verödete, war auch eine gewaltige Veränderung in den äusseren Verhältnissen des Reiches eingetreten, von der insbesondere die Grenzländer, die dem mittleren Laufe der Donau benachbart sind, getroffen wurden. Der seit Generationen herrschende Friede, die Ruhe und Sicherheit, welche bis zum Ende der Regierung des Kaisers Antoninus Pius geherrscht hatten, wurden nicht lange nach seinem Tode durch den ersten grossen Ansturm verbündeter Germanen im Frühjahre 167 erschüttert; nach einem grossen Siege über den Praefectus praetorio Macrinus Vindex gelangten sie unaufgehalten bis Aquileja; ja es war nur einem Zusammentreffen günstiger Umstände zu verdanken, dass nicht auch dieses Bollwerk, der Schlüssel zu Italien, in ihre Hände fiel. Gleichzeitig drangen andere Schaaren durch Rhätien über den Brenner vor und gelangten bis Oderzo (Opitergium). Wie verderblich der Einfall war, lässt sich aus der Thatsache entnehmen, dass mehrere Jahre später die Quaden erst 12.000, dann noch 50.000, die Jazygen 100.000 Gefangene den Römern zurückstellten.1

Es ist nicht überliefert und an sich nicht wahrscheinlich, dass auch nur einzelne Raubschaaren in den gebirgigen Theil von Noricum oder gar in den abgelegenen Winkel am Hallstätter See gelangten. Aber der Eindruck, den dieses unerhörte Ereigniss allenthalben in Italien und noch mehr in den Grenzländern hervorbrachte, der schwere mehrjährige und an Wechselfällen reiche Kampf, den Rom in der folgenden Zeit an der Donau gegen die Germanen um seine Existenz auszukämpfen hatte, war Grund genug, für die Zukunft mit der möglichen Wiederkehr solcher Ueberfälle zu rechnen und Massregeln zu treffen, welche das Salzwerk, das einen Bestandtheil des Krongutes bildete, und die römische Niederlassung in Hallstatt zu sichern vermochten. Da die Lage der älteren Ansiedlung im Thale dieser Anforderung der veränderten Zeitverhältnisse nicht mehr entsprach, musste jene andere tauglichere Stelle für den Wiederaufbau gewählt werden. Der Brand, welcher das Gebäude auf dem Zauner'schen Grunde beschädigte oder vernichtete, war wohl nur der nächste äussere Anlass, den schon gehegten Plan, die Ortslage zu wechseln, zur Ausführung bringen; es muss der Wiederaufbau an der neugewählten Stelle zwischen den Jahren 167 und 175 vor sich gegangen sein.

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Wenn wir nach dem Zusammentreffen der eben angeführten Umstände für die dritte Phase der römischen Niederlassung, die mit der Zeit des dritten und vierten Jahrhunderts zusammenfällt, den Schauplatz im Markte Hallstatt selbst vermuthen, so können wir allerdings ausschlaggebende Funde dafür nicht als Beweise anführen. Man wird dies erklärlich finden. Jede mögliche Baustelle ist dort von alten Häusern bestanden, deren Bau in eine Zeit fällt, in welcher archäologischen Funden keine Beachtung geschenkt wurde. Die Bauthätigkeit neuerer Zeit hat nicht diesen alten Theil an den Steilufern, sondern den Thalboden ergriffen. Wenn daher überall dort, wo unmittelbar über einem römischen Orte ein mittelalterlicher, bis heute fortbestehender Ort sich entwickelt hat, Fundobjecte aus der römischen Zeit sich nur selten einfinden, so darf es um so weniger wundern, dass dies auch in dem alten Theile von Hallstatt nicht der Fall ist, welcher zu tiefergehenden baulichen Veränderungen keine Gelegenheit bietet.

Aber zahlreiche Analogien, die sich aus der Wiederbesiedlung ehemaliger Römerorte im Mittelalter ergeben, vermögen einen Ersatz für die zur Zeit mangelnden Funde zu bilden.

1 Dio Cassius LXXI, c. 11, 13, 16. Vgl. Mommsen, Römische Geschichte V, 209 f. und meine Darstellung des Krieges in der Abhandlung,Noricum und Pannonia', Berichte und Mittheilungen des Alterthumsvereines zu Wien XI (1870), S. 53. Denkschriften der phil.-hist. Classe. XLVIII. Bd. IV. Abh.

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Es gilt als ein Satz der Erfahrung, dass man insbesondere die Kirchen an heidnischen Cultstellen zu erbauen und das Materiale der Letzteren für Erstere zu verwenden pflegte, nicht aus praktischen Gründen, sondern in der frommgläubigen Absicht, dasjenige, was früher heidnischem Götzendienste gewidmet war, dem Dienste Gottes zu weihen. Der Bestand einer solchen Cultstelle in oder neben dem Amtssitze der römischen Niederlassung ist nicht abzuweisen; schon der Cultus der Kaiser, in deren unmittelbarem Dienste der Amtmann stand, muss auf diese Annahme führen. Im Laufe des dritten Jahrhunderts, das für die letzte Phase der römischen Niederlassung hauptsächlich in Betracht kommt, mag damit der damals aufblühende Cult des felsengebornen Mithras verbunden worden sein, da dieser einerseits mit dem norischen Nationalgotte Belenus, dem Beschützer der Bergleute, verschmolz, andererseits den Cultus der Kaiser beförderte, welcher als jeweilige Incarnation des Mithras galt. Wenigstens lässt die Analogie des Ischler Mithrassteines, dessen Widmung von dem kaiserlichen Amtmanne, der dort stationirt war, ausging, diese Auffassung zu. Auch dieses Denkmal wurde beim Baue der alten Kirche gefunden und war an dieser aufbewahrt und noch im XVI. Jahrhundert dort gesehen und abgeschrieben; erst beim Umbau der Kirche unter Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Josef II. scheint es in Verlust gerathen oder zerstört worden zu sein.

Cultstelle und Amtsgebäude werden wir demnach im dritten Jahrhundert an Stelle der altehrwürdigen Pfarrkirche voraussetzen und mit einer Schutzmauer umgeben denken dürfen, die im Nothfalle durch die Bergleute vertheidigt wurde.

Die Wohnungen der Letzteren berühren die römische Ansiedlung nicht. Sie werden, wie schon bemerkt, aus Holz gebaut und verstreut an verschiedenen näher oder ferner gelegenen Punkten der Umgebung errichtet gewesen sein. Die einzige Quelle, die Aufschluss hierüber geben könnte, die Funde, fehlen ebenso für diese, wie für eine noch weit wichtigere Frage, die aus demselben Grunde heute noch unbeantwortet gelassen werden muss, die Frage, wie und wo das rohe Product des Salzberges zugerichtet wurde.

Wohl aber dürfen wir annehmen, dass sich im Laufe der späteren Zeit Römer, oder vielleicht besser gesagt Römlinge, die ein Gewerbe ausübten, hier sesshaft gemacht und schon aus Gründen der Sicherheit in der nächsten Nähe der Amtsgebäude niedergelassen haben.

III.

10. Aus der nächsten Umgebung von Hallstatt ist bisher nur der Hirschbrunnen als Fundstelle einer Bronzemünze von Severus Alexander, die Schultes aus der Sammlung Steinkogler erwähnt, bekannt geworden (Beilage I, Nr. 29). Sie wird nicht als Anzeichen eines Verkehrsweges oder als Vorbote von auf eine Ansiedlung bezüglichen weiteren Funden betrachtet werden dürfen, sondern ihr Vorkommen mit der sehr alten Sitte zusammenhängen, den Wassergottheiten ein Opfer darzubringen, in welcher Absicht in die Heilquellen, in Flüsse, an der Schiffahrt gefährlichen Stellen, oder in Wässer, die sonst durch eine Besonderheit hervorragen, wie dies im Hirschbrunnen der Fall ist, Geldstücke (Stipes jactae) geworfen wurden.

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11. Weit bedeutsamer ist eine entferntere Stelle am nördlichen Seeufer, die ergiebiFunde gebracht hat. Diese lieferten nicht blos eine lehrreiche Parallele zu den römi

schen Gebäuden in Lahn, sondern geben auch Auskunft über die wichtigste Verkehrslinie, welche Hallstatt mit der Aussenwelt verband, und über das Bestehen einer sehr wahrscheinlich auch mit Metallgewinnung beschäftigten kleinen Colonie.

Allerdings konnte über die Hauptlinie des Verkehres ein Zweifel nicht bestehen, da schon von Natur aus ihre Richtung gegeben ist, indem eben am nördlichen Ende des Sees die Traun aus dem Seebecken abfliesst, um theils in geräumigen Thälern, theils in engeren Schluchten über Goisern und Ischl dem Traunsee zuzueilen. War der Fluss selbst in jener Zeit nicht immer und nicht überall ohne Gefahr schiffbar, so wies er doch den Weg in das Alpenvorland hinaus. In der That sind die ansehnlicheren Orte des Salzkammergutes, Traunkirchen, Ebensee, Ischl1 und Goisern, sowie Altmünster am Traunsee zugleich Fundstellen von Münzen, Inschriften und Gräbern, ein Zeugniss, dass auch sie schon in römischer Zeit besiedelt waren. Von Gmunden weg verlieren sich die Spuren; die Hauptverkehrslinie scheint wegen des Traunfalles die seitabliegende Richtung durch das Thal der Aurach genommen zu haben, um zwischen Vöcklabruck und Schwanenstadt auf die römische Reichsstrasse, die Lauriacum und Ivavum (Lorch und Salzburg) verband, auszumünden.

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Die Producte des Salzwerkes gingen wohl hauptsächlich auf diesem Wege ins Uferland hinaus. Gewiss aber bestanden sehr alte Saumpfade über das Gebirge schon aus vorrömischer Zeit her, durch welche wenigstens in der schneefreien Jahreszeit eine kürzere Verbindung mit den Nachbarthälern hergestellt war. Der eine in die Gosau führte wohl längs des Gosaubaches, ein anderer über den Koppen ist bisher noch fraglich, ein dritter scheint längs des grossen Zlambaches nach Altaussee geführt zu haben, da man am linken Ufer dieses Wassers bei Leistling im Jahre 1760 einen Schatz von mehreren hundert Silberdenaren römischer Kaiser aufgefunden hat, der einem verunglückten oder beraubten Wanderer angehört haben wird. Der früher in die Combination einbezogene Uebergang über die Pötschen muss insoferne fallen gelassen werden, als man sich für ihn auf einen römischen Inschriftstein berief, der auf der Höhe dieses Berges gestanden sein soll. Hiebei spielt ein Irrthum bezüglich der Fundstelle mit, eine Verwechslung von Bergnamen, da dieser Inschriftstein nicht auf der Pötschen, sondern in Carantania (Kärnten) in Monte Peczen' (Peczen im Klagenfurter Kreis) stand."

Nach der Richtung des dem grossen Zlambach folgenden Saumpfades, den wir uns wenigstens in den niederen Regionen als ein Bergsträsschen vorstellen können, muss er nahe dem nördlichen Ufer des Hallstätter Sees mit der Strasse längs des Traunufers zusammengetroffen sein, dort also ein Knotenpunkt von Verkehrswegen bestanden haben, der beträchtlich genug war, um das Entstehen einer römischen Ansiedlung zu unterstützen.

12. Auf einen solchen weisen die Ausgrabungen, welche der damalige Bergrath Josef Stapf im Jänner 1876 mit zu diesem Zwecke gesammelten Geldmitteln vorgenommen hat.

1 C. I. L. III, 2, Nr. 5620 und 5621. Vgl. oben S. 14, Note 2 und S. 26.

Die im Museum verwahrten Münzen aus Goisern sind in Beilage I, Nr. 42-44 verzeichnet. Eine im letzteren Orte befindliche Privatsammlung, von der ich jüngst hörte, habe ich noch nicht Gelegenheit gehabt, zu sehen.

3 C. I. L. III, 2, Nr. 5622. Vgl. oben S. 14, Note 3.

Die Funde sind neuerdings übersichtlich zusammengestellt und mit Abbildungen versehen in Dr. Ferdinand Krakowitzer, Geschichte der Stadt Gmunden in Oberösterreich, Bd. I (1898), S. 94-100.

5 Schultes hörte von 800 Münzen, die theils zerstreut in verschiedene Hände kamen, theils und wohl zum grössten Theile eingeschmolzen wurden; er sah davon zwei Stücke, welche in die Sammlung Steinkogler gelangt waren, einen Pertinax und einen Gordianus III. Nach der Chronik von Goisern gibt v. Sacken (Grabfeld von Hallstatt, S. 150) die Zahl auf 400 an. 6 C. I. L. III, 2, Nr. 4730.

Ihre Ergebnisse sind von Freih. v. Sacken unter Beigabe von Plänen in reducirtem Massstabe und mit Hinweglassung der Durchschnitte nach Josef Stapf's Berichte veröffentlicht worden.1 Da ein genaueres Eingehen auf die Analogien mit den römischen Gebäuden in Lahn und auf die Zeitbestimmung, soweit sie aus baulichen Merkmalen möglich ist, eine Wiederholung der Pläne und die Beigabe von Durchschnitten nöthig macht, gebe ich beides in dem grösseren Massstabe des Originalplanes, der ebenfalls aus der kundigen Hand des Herrn Isidor Engl hervorgegangen ist und mir von der k. k. Central-Commission (für Kunstund historische Denkmale), in deren Mappen er sich befindet, für diesen Zweck zur Verfügung gestellt worden ist, wofür ich hier den wärmsten Dank ausspreche.

Die Ausgrabungen werden nach dem nächsten grösseren Orte zumeist als die von St. Agatha bezeichnet, die Fundstelle liegt aber von diesem Dorfe 1.2 Km. südlich2 (in der nächsten Nähe der Häuser Nr. 16 und 18 der Ortschaft Au, am westlichen Fusse des Arikogels), 0·2 Km. nördlich von Steeg am Hallstätter See, wo schon früher eine Bronzemünze von Kaiser Commodus (Beilage I, Nr. 37) gefunden worden ist.

Das so verdienstliche Unternehmen der Ausgrabung hatte leider mit beträchtlichen Hindernissen zu kämpfen. Für die verhältnissmässig grosse räumliche Ausdehnung zweier römischer Gebäude, auf die man hier gerieth, und die voneinander nur 18.6 M. entfernt lagen, erwiesen sich die Geldmittel zu gering. Das Terrain ist mit einem Obstgarten bestanden, der geschont werden musste, der Grundeigenthümer endlich stellte die Bedingung, dass die Suchgräben nach vier bis fünf Wochen zugeschüttet sein müssen. Daher konnten nur die Mauerzüge verfolgt werden und musste die Ausräumung des Schuttes aus den von ihnen umschlossenen Innenräumen unterbleiben.

Das eine Gebäude (Fig. 11) liegt 6 M. nordöstlich vom Hause Nr. 16 der Ortschaft Au und ist fast genau von N. nach S. orientirt. Die Umfassungsmauer wurde nicht angetroffen; die aufgegrabenen Mauern sind nur 60 Cm. stark, mit Ausnahme eines Theiles der Nordmauer, welcher auf 1 M. verstärkt ist. Sie bestehen aus Bruch- und grossen Rollsteinen; der reichliche Mörtel, der sie verbindet, zeigt eine Beimischung von Ziegelmehl; sie sind in 14 M. Tiefe auf gewachsenem Boden (Zlambachschotter) gelegt und ragten bis knapp unter die Rasendecke des Wiesgrundes herauf. Soviel aus den blossgelegten Mauerzügen geschlossen werden kann, bildete der Bau ein fast gleichseitiges Viereck von 10.2 M. Länge (N.-S.) und 9.25 M. Breite (O.-W.) im Lichten.

In der nordöstlichen Ecke befindet sich ein Raum A von 3.8 zu 3.2 M. im Lichten, welcher an der Südwestseite durch Abschrägung der betreffenden Mauer (g) um etwa 80 Cm. vergrössert ist. Er war mit einem unmittelbar auf den gewachsenen Boden gelegten Ziegelpflaster versehen, dessen einzelne Ziegel 20 Cm. breit und 50 Cm. lang sind. Auch aussen auf der Nordseite (bei a) fand sich ein Ziegelpflaster von 80 Cm. Breite, augenscheinlich von einem Gange herrührend, der jenem des grösseren Gebäudes in Lahn (s. Tafel, bei de) entspricht; es wird hier ein Zugang von aussen her vermuthet.

Raum B hatte, nach den Ansätzen der Flügelmauern zu schliessen, eine Breite von 2.4 M. im Lichten. Es folgt ein kleiner Raum C, dessen noch erhaltene Westmauer bei b abgerundet ist, wohl also eine Art von Apsis gebildet hat.

1 Mittheilungen der k. k. Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, N. F. II (1876), p. XLI.

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