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Erscheinung gerichtet zu werden und ewigen Lohn oder ewige Strafe von ihm zu empfangen. Vom Strafgericht über Jerusalem, von einem speciellen irdischen Strafgerichte über einzelne gott- und kirchenfeindliche Mächte ist hier nicht die Rede, auch nicht vom besonderen Gerichte nach dem Tode. Fast jeder einzelne der von uns aufgestellten und mit Schriftterten belegten Säße für sich allein genommen genügt schon zum Beweise, und wir brauchen wohl nichts weiteres beizufügen.

Noch sei erwähnt, daß man geglaubt hat, speciell für die Idee, daß das von der Schrift geschilderte Gericht in der Zerstörung Jerusalems seine Erfüllung gefunden habe, auch einige Säße des h. Paulus im zweiten Briefe an die Thessalonicher verwerthen zu können. Der h. Apostel spricht dort von einem Ruchlosen, einem Menschen der Sünde, welcher der zweiten Parusie Chrifti vorausgehen und den Tempel Gottes schänden, den aber bei der Parusie das Strafgericht Christi vernichten werde 1). Unter dem Menschen der Sünde versteht man nämlich, den Kaiser Nero, der Jerusalem und den Tempel geschändet und zerstört habe und durch die Parusie Christi vernichtet worden sei. Indessen die fragliche Idee findet auch in dieser paulinischen Stelle keine Stüße. Das Strafgericht beim h. Paulus richtet sich ja gar nicht gegen Jerusalem, sondern gegen den Menschen der Sünde. Auch ist es Nero nicht gewesen, der Jerusalem zerstörte und den Tempel schändete; auch die vom Apostel erwähnten großen Zeichen und Wunder finden sich bei Nero nicht. Endlich fand dieser Kaiser seinen Untergang nicht in Folge des Strafgerichtes, welches Gott über Jerusalem ergehen ließ, sondern er war beim Eintritte desselben bereits längst gestorben 2). Wir kommen übrigens später noch einmal auf diesen Punkt zurück.

4. Die Lehre der Tradition, der Väter und Theologen, ist von Anfang an so einstimmig und so klar, daß es gar nicht nothwendig ist, auf dieselbe hier noch eigens einzugehen. Väter und Theologen werden überdies im Verlauf der Darstellung noch reichlich genug zum Worte kommen, wenn wir uns mit den Einzelheiten des Gerichtes zu beschäftigen haben werden. /

1) II Theff. 2, 3 ff.

2) Vgl. Simar, Theologie des h. Paulus. Freiburg 1883. II. Aufl. §. 46 und Grimm, der xatéxwv des II. Theffalonicherbriefes. Stadtamhof. 1861. S. 7,

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Ebenso klar und bestimmt ist von Anfang an die Lehre der Kirche. Schon das apostolische Symbolum sagt von Christus: Venturus est iudicare vivos et mortuos; desgleichen das Symbolum von Nicäa und Constantinopel: Venturus est cum gloria iudicare vivos et mortuos. Weiterhin erklärt das Athanasianum: Ad cuius adventum omnes homines resurgere habent cum corporibus suis et reddituri sunt de factis propriis rationem. Auf die beinah gleichlautenden Erklärungen der elften Synode von Toledo i. J. 675, des vierten Lateranensischen Concils und des Tridentinums sei bloß in Kürze hingewiesen 1). Auch das kirchliche Todtenofficium spricht vom Tage des Gerichtes und nennt ihn einen großen und gar bittern Tag (dies magna et amara valde), einen Tag der Rechenschaft (dies rationis), des Zornes, des Zitterns und des Weinens (dies irae, tremenda, lacrymosa), des Unheiles und des Jammers (calamitatis et miseriae), schildert im Dies irae in unübertrefflich großartiger Weise die Schrecken dieses Tages und leitet uns zugleich an, durch inniges, reuiges und vertrauensvolles Gebet das Erbarmen Gottes an jenem Tage uns zu sichern.

5. Gott, der die Dinge aus dem Nichts in's Dasein versezte, führt sie in seiner Weisheit, Güte und Gerechtigkeit auch zu ihrem Ziele hin. Aus diesem ganz einfachen Grundgedanken leitet der h. Thomas auf speculativem Wege die Realität, oder doch die hohe und allseitige Congruenz des zukünftigen Weltgerichtes ab. Die geschaffenen Dinge nämlich, insbesondere die vernünftigen Wesen, erreichen dadurch ihre Bestimmung, daß sie alle empfangen, was ihnen gebührt, ihnen allen aber nach Gebühr zu geben, ist gerade der Zweck des Weltgerichtes 2). In diesem Gerichte empfangen alle irgendwie betheiligten Factoren was ihnen zukommt: Gott, Christus, der Mensch, die Menschheit. Im einzelnen ergeben sich die folgenden Congruenzbeweise. /

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1) Vgl. Denzinger, Enchiridion. n. 234, 356, 863.

2) Sicut operatio pertinet ad rerum principium, quo producuntur in esse, ita iudicium pertinet ad terminum, quo res ad suum finem perducuntur. Unde necesse est, ut sit aliquod iudicium universale correspondens ex adverso primae rerum productioni in esse, ut videlicet sicut tunc omnia processerunt immediate a Deo, ita tunc ultima completio mundo detur unoquoque accipiente finaliter, quod ei debetur secundum seipsum. in 4. Dist. 45. q. 1. a. 1. Sol. 1.

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Es geziemt sich zunächst, daß der einzelne Mensch für sich allein betrachtet empfange, was ihm gebührt. Beim speciellen Gerichte ward freilich der Seele bereits Lohn oder Strafe zugesprochen. Aber der Leib hat ja mitgewirkt zum Guten und zum Bösen, und es geziemt sich, daß auch der Leib in seiner Weise an Lohn und Strafe Antheil nehme. Es geziemt sich folglich ein Endgericht, in welchem dem Menschen zugesprochen wird, was ihm nach Leib und Seele zukommt. Und weil die Auferstehung eine allgemeine und gleichzeitige sein wird, so folgt schon hieraus, daß das Endgericht den Character eines Universalgerichtes annehmen wird.

Aber der Mensch ist nicht bloß einzelner Mensch, er ist auch Theil eines größeren Ganzen; und sein sittliches Thun und Lassen, das sich nur allmählich vollständig und allseitig auswirken kann, ist für das Ganze im hohen Grad bedeutungsvoll. Wer kann den Segen und den Fluch ermessen, der sich an das sittliche Verhalten, das Wort und Beispiel eines Menschen knüpft? Ein Segen oder Fluch, der vielleicht durch Jahrzehnte und Jahrhunderte immer weitere Wellenfreise zieht, die, wie Oswald schön bemerkt, vielleicht erst an den Gestaden der Ewigkeit zur Ruhe kommen. Zum Theil nun konnte und mußte der Mensch diese Folgen seines Thuns voraussehen, und insoweit sind ihm dieselben beim Einzelgerichte auch schon zum Lohne oder zur Strafe angerechnet worden. Zum Theil freilich konnte er diese Folgen nicht hinlänglich überschauen, und sie blieben insoweit in der Bestimmung des Maßes von Lohn und Strafe auch ohne Einfluß. Gleichwohl wird es für die Guten in alle Ewigkeit eine ganz specielle (accidentelle) Wonne sein, all den Segen, und für die Gottlosen eine specielle Beschämung, all den Unsegen zu schauen, der sich, vorausgesehen oder nicht vorausgesehen, aber thatsächlich an ihr irdisches Thun und Lassen knüpfte. Der Zweck des allgemeinen Gerichtes geht nun dahin, einem jeden zur ewigen Wonne oder ewigen Beschämung die Frucht und Wirkung seines Thuns zu zeigen./

Der Mensch ist Theil eines Ganzen; hieraus ergibt sich noch ein neuer Congruenzgrund für die Realität des Endgerichtes. Wie verschieden nämlich sind die irdischen Loose! Das Kind Gottes, arm, gedrückt und klein, bleibt unbeachtet in der Welt, oder ist selbst Gegenstand der Verachtung und des Hohnes; und der Knecht der Sünde schwelgt in Glanz und Ehre, in Reichthum und Genuß. Das allgemeine Gericht aber macht diesem Mißverhältnisse ein Ende und

weist jedem diejenige Stelle an, die ihm innerhalb der Gesammtheit wirklich zukommt. Das Kind Gottes wird öffentlich vor den Augen der Welt zu Ehren gebracht; der Knecht der Sünde aber, vielleicht obendrein scheinheiliger Heuchler, wird öffentlich in den Abgrund der tiefften Schmach gestürzt, und die ganze Welt wird jezt, wenn auch zum Theil mit Ingrimm, der göttlichen Gerechtigkeit, die alles herrlich ausgleicht; verdiente Huldigung bringen./

Aber nicht bloß für die Theile des Ganzen, auch für das Ganze selbst geziemt sich ein allgemeines Endgericht. Die Menschheit bildet ein großes, einheitliches Ganze, eine Völkerfamilie, und jedes Volk für sich bildet wiederum ein Ganzes. Nicht bloß der einzelne Mensch hat seine Geschichte und ist Gegenstand göttlicher Führungen, dasselbe gilt von jedem Volk und von der ganzen Völkerfamilie. Und wie der einzelne Mensch seine Thaten seßt, gute und böse, so auch ein einzelnes Volk, so auch die ganze Menschheit, je nach dem guten oder bösen Geiste, der gerade herrschend ist. In jedem Volke und in der gesammten Menschheit gruppiren sich die Massen zu gemeinsamem Streben und haben gemeinsame Erfolge und gemeinsame Mißerfolge, gemeinsames Verdienst und Mißverdienst. Die guten Geister unter Christi Fahne arbeiten einmüthig für Gott und für das Gute. Wer ermißt den Segen, der als Frucht ihrer Tugend, ihrer Opfer, ihres Gebetes sich über die Gesammtheit ausgießt? Aber auch das Geheimniß der Bosheit ist im Schooße der Menschheit wirksam; eins im Kampfe gegen Gott und gegen Gottes Sache sind sie zu gottlosem Treiben unter Satans Fahne verbündet. Wer ermißt den Unsegen, der von der geeinten und verbündeten Bosheit nach allen Richtungen hin ausgeht? Und so erscheint die Gesammtheit vor Christi Richterstuhl. Da erkennt die Menschheit das früher nicht ge= kannte oder geradezu verkannte liebevolle und gnädige Walten der göttlichen Weisheit, die in der Geschichte der Menschen und der Völker menschlichem Aberwig und menschlicher Bosheit gegenüber dennoch alles zum Besten zu lenken verstand. Da schaut die Menschheit allen den Segen, der vom Gottesreiche jemals ausgegangen, und die Bürger dieses Reiches schauen mit Entzücken hin auf die Frucht ihres gemeinsamen Wirkens. Aber auch die ganze Niedertracht des Welt= reiches kommt an den Tag, und in tiefster Beschämung erkennen sie, die jemals dem Heerbanne Satans angehörten, ihre Thorheit und ihre gänzliche Ohnmacht. Ohne es zu wissen und ohne es zu wollen,

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waren sie nur Werkzeuge in Gottes Hand, und ihr frevelhaftes Beginnen ist nur der Sache Gottes und nicht ihnen zu Gute gekommen. Jezt ist das leßte Gericht und die leßte Vergeltung. Noch einmal wird belohnt und noch einmal wird bestraft; nicht wie auf Erden, wo der Weizen mit dem Unkraut zusammenwuchs, wo der Segen auch über den Schuldigen sich ergoß, und die Unschuldigen nicht selten in die Strafe mit hineingezogen wurden. Die große, ewige Scheidung vollzieht sich jetzt, und Gottes Fluch trifft nur die Schlechtigkeit und schmettert sie auf ewig nieder, und sein Segensspruch trifft nur die Tugend und erhebt sie ewig zur verdienten Ehre./

Mit Recht machen verschiedene Theologen darauf aufmerksam, daß das letzte Weltgericht auch nach rückwärts hin, für die lebende Generation, eine nicht zu unterschäßende hohe sittliche Bedeutung habe. Der Gedanke an dieses Gericht ist nämlich eine ernste und eindringliche Mahnung für den Sünder. Es nügt ihm wenig, seine Schlechtigkeit unter scheinheiliger Maske zu verbergen und im erborgten Heiligenschein der Tugend, geachtet, gefeiert, vielleicht sogar vergöttert von der Mitwelt aus dieser Zeitlichkeit zu scheiden. Es kommt der Tag, der ihn vor den Augen der ganzen Welt entlarven wird, und seine Schmach wird um so größer sein. Für den Guten aber ist der Gedanke an das jüngste Gericht im hohen Grade tröstlich und erhebend. Mißkannt, verachtet und verspottet in der Welt geht er standhaft seine Wege, gleichgültig gegen Lob und Tadel dieser Welt. Es kommt ein Tag, · der ihn vor den Augen dieser Welt mit ewigen Ehren krönen wird. „Dann werden die Gerechten mit hohem Freimuthe vor dem Antlige ihrer Dränger stehen, vor dem Antlige derer, welche als erfolglos darstellten ihre Mühen. Bei solchem Anblicke werden diese von schauer= licher Furcht durchzuckt und sich entseßen über die unerwartete Rettung, indem sie andern Sinnes werdend bei sich sprechen und in der Angst des Geistes seufzen: die sind es, welche wir einst zum Gelächter hatten und als Zielscheibe unseres Uebermuthes. Wir Aberwigigen hielten ihr Leben für Thorheit und ihr Ende für ehrlos. Siehe, wie sie unter die Kinder Gottes gezählt sind, und ihr Loos ist unter den Heiligen. Also find wir abgeirrt vom Wege der Wahrheit, und der Gerechtigkeit Licht hat uns nicht geleuchtet und die Sonne stieg nicht auf für uns.

Was frommte uns der Uebermuth? und was hat uns des Reichthums Prahlen eingebracht? Das alles ging vorüber wie ein Schatten, wie ein eilender Bote, wie ein Schiff, welches das wogende Meer

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