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die lezte Zeit vorbereitenden Momenten ausdrücklich genannt werden. Gelänge es dem Materialismus und Socialismus unserer Zeit mit ihren Principien von der Emancipation des Fleisches, von der Güterund Weibergemeinschaft den rechtlich geordneten Staat und seine GrundLage, die Familie, in ihren tiefsten Fudamenten zu zerstören, so wäre die Stunde gekommen, wo das Geheimniß der Bosheit sich völlig ausgebären und der Mann der Sünde, der Antichrist sich offenbaren würde,“ oder doch, fügen wir hinzu, sich offenbaren könnte. Denn eine abermalige Reorganisation der Gesellschaft durch die Kirche bliebe noch immer denkbar und möglich.

Eine andere, sehr beachtenswerthe Deutung, die schon von Reischl erwähnt, von Simar vertreten 1) und von J. Grimm in der bereits namhaft gemachten Monographie eingehender begründet wird, versteht unter Zuhülfenahme des griechischen Textes 2) unter dem natixwv den Antichrist selbst, der seine eigene persönliche Ankunft noch hinhaltend, auch die Ankunft Christi hinhält. Freilich ist das „Geheimniß der Bosheit", d. h. die antichristliche Bosheit jezt schon wirksam, aber sie verbirgt sich noch im geheimnißvollen Dunkel, im Schooße der Gesellschaft, sie zeigt sich noch nicht sichtbar und greifbar an der Spige der Menschheit in einer einzelnen Person verkörpert. Aus dem Geheimniß der Bosheit muß zuvor der persönliche Antichrist herausgeboren werden (ews èx péσou yévntai), und ist er dann erschienen, dann wird auch bald der Herr erscheinen, um den Erzfeind jählings zu zerschmettern.

Die beiden Bemerkungen des Apostels, die auf die Zeit des Antichrist Bezug haben, sind also, wie immer wir sie erklären wollen, recht unbestimmt und dunkel. Sie sagen, daß einzelnes noch geschehen muß, bevor Christus oder auch der Antichrist erscheinen kann. Aber wie lange Zeit erforderlich ist, bis es geschehen, entzieht sich aller und jeder Berechnung./

1) Simar im Kirchenlexicon I. S. 925 und Theologie des h. Paulus §. 46. 2) Die Vulgata liest: Nam mysterium iam operatur iniquitatis, tantum ut qui tenet nunc, teneat, donec de medio fiat. Der griechische Tert aber: Τὸ γὰρ μυστήριον ἤδη ἐνεργεῖται τῆς ἀνομίας, μόνον ὁ κατέχων ἄρτι ἕως ἐκ μέσου γένηται.

Fortsetzung.

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§. 5.

Character, Leben und Wirken des Antichrist; der Prophet desselben. Die Verfolgung der Kirche; Gog und Magog.

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1. Ueber den Character und das Wirken des Antichrist gibt uns der h. Paulus a. a. D. nähern Aufschluß. Er nennt ihn „den Menschen der Sünde, den Sohn des Verderbens, den Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott genannt wird, so daß er, sich als Gott erzeigend, im Tempel Gottes sich niedersegt“; er nennt ihn „den Ruchlosen, dessen Ankunft ist gemäß der Wirksamkeit des Satan in aller Kraft, in Zeichen und Wundern der Lüge und in jeglichem Truge des Unrechts für die, welche verloren gehen dafür, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben.“ Wir erhalten hier einige Grundbestimmungen über die Person und das Leben des Antichrist, an deren dogmatischem Character nicht gezweifelt werden kann. Denn ganz unzweideutig klar und für jeden verständlich spricht der Apostel es aus: Der Antichrist wird ein Mensch von unglaublicher Gottlosigkeit, ein grenzenlos hochmüthiger Feind und Widersacher Gottes sein, er wird sogar göttliche Verehrung für sich in Anspruch nehmen und die Menschen durch Lüge, Betrug, Gewalt, scheinbare Wunder zu verführen trachten. Die nähere Ausdeutung des einzelnen hingegen wird auch hier nicht überall in gleicher Weise gewiß und zuverlässig sein./

Der Antichrist ist „der Mensch der Sünde, der Ruchlose“, also ein Mensch, der, Satan ähnlich und unter Satans Einfluß, ganz und gar der Sünde und nur der Sünde dient; ein Mensch, der durch die Zahl, die Arten, die Schwere seiner Sünden unter allen Sündern sich hervorthut, der vielleicht auch nicht ein einziges Mal etwas moralisch Gutes thut 1); der nicht bloß für seine eigene Person dem Laster fröhnt, sondern auch unter seinen Mitmenschen mit unerhörtem Eifer, mit unerhörten Mitteln, mit unerhörtem Erfolge für die Sünde grauenhafte Propaganda macht. Caput omnium malorum propter malitiae perfectionem nennt ihn der h. Thomas 2), und nach Suarez ist er omnium hominum iniquissimus 3).

1) Aliqui sentiunt, numquam esse bene moraliter operaturum. Quod licet sit incertum, tamen non est incredibile. Suarez, Disp. 54. sect. 3. n. 3. 2) S. 3. q. 8. a. 8. 3) 1. c.

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Um diese maßlose Schlechtigkeit zu erklären, nehmen manche Väter an, der Antichrist werde schon vom Mutterleibe an unter dem verderblichen Einfluß des Teufels stehen, und mit den fortschreitenden Jahren werde Satan im Bunde mit Zauberern und andern gottlosen Menschen diesen unheilvollen Einfluß fortseßen und auf's höchste steigern 1). Wir werden dieses zugeben, aber nicht einseitig betonen dürfen. Der Mensch der Sünde kann sich in seiner Entwickelung nicht lediglich passiv verhalten, die Sünde ist ihm nicht lediglich von außen angethan, fie ist wesentlich auch seine eigene freie That und seine eigene sittliche Schuld. Auch die fernere Annahme einzelner, der Antichrist werde in Folge seiner Schlechtigkeit von seinem h. Schußengel gänzlich verlassen werden, bedarf einer Einschränkung. Denn auch dieser Unglückseligste der Menschen wird seinen Schuzengel haben und behalten; seine Schlechtigkeit freilich wird so groß sein, daß Engel und Gnade zu erfolgreichem Wirken wohl nie Gelegenheit finden werden. Laut dem h. Thomas würde die Thätigkeit des Schußengels wesentlich eine coercitive sein, deren Zweck dahin geht, den Antichrist von noch größeren Freveln abzuhalten 2). Daß ein Mensch von solcher Beschaffenheit als Widersacher Gottes sich darstellen wird, wie der Apostel weiterhin bemerkt, ist selbstverständlich; er ist der Widerfacher Gottes, Christi und der Kirche im eminenten Sinne; den Kampf gegen Gott und Christus betrachtet er als seine Lebensaufgabe. Daß er ebendeßwegen ein Sohn des Verderbens ist, erscheint ebenso selbstverständlich. Sohn einer verderbten Zeit, von sündigem Verderben genährt und großgezogen, ist er ewigem Verderben geweiht und ist auch für zahllos andere Ursache ewigen Unterganges. /

2. Unter den gottlosen Leidenschaften des Antichrist hebt der Apostel speciell den Hochmuth hervor, und zwar einen so maßlosen, daß der Widersacher sich über alles erheben wird, was Gott genannt

1) Suarez 1. c.

2) Sicut praesciti et infideles et etiam antichristus non privantur interiori auxilio naturalis rationis, ita etiam non privantur exteriori auxilio toti naturae humanae concesso, sc. custodia angelorum, per quam etsi non iuventur quantum ad hoc, quod vitam aeternam bonis operibus mereantur, iuvantur tamen quantum ad hoc, quod ab aliquibus malis retrahuntur, quibus et sibi ipsis et aliis nocere possent. Nam et ipsi daemones arcentur per bonos angelos, ne noceant quantum volunt. Et similiter antichristus non tantum nocebit, quantum vellet. S. 1. q. 113. a. 4. ad. 3./

wird, ja, daß er sich selbst als Gott erzeigen und im Tempel Gottes sich niederlassen wird, um göttliche Huldigung sich darbringen zu lassen. Damit stimmt die Schilderung bei Daniel, wo vom kleinen Horn, dem Antichrist, gesagt wird, daß er Ungeheueres und Vermesse= nes gegen den Allerhöchsten rede, daß er auf keinen Goft achten, sondern über alles sich erheben werde, und dann noch der Zusaß gemacht wird: Deum autem Maozim in loco suo venerabitur 1). Man kann hier unter specieller Bezugnahme auf Antiochus Epiphanes mit einigen Exegeten übersehen: „Aber den Gott der Stärke, d. h. den Kriegsgott (Jupiter Capitolinus) wird er ehren.“ Aber weil vorher ausdrücklich gesagt wurde, daß der Gottesfeind keinen andern Gott anerkennen werde, so dürfte die Erklärung und Uebersehung Theodoret's, Bellarmin's und Rohling's richtiger sein: „Einen Gott der Stärke wird er (der Antichrist selbst) ehren auf seiner Stelle," d. h. auf dem Plaze, den er einnimmt, steht nach seiner Versicherung der starke Gott, er selbst ist dieser Gott./

Man wird sich diesen Hochmuth des Antichrist erklären können. Daß er, der die ganze Welt in Bewegung sehen wird, über ganz außerordentliche Anlagen, eminente Intelligenz, großartige Thatkraft, über ein gewinnendes, imponirendes Aeußere, ein gesellschaftliches Talent, das, im Bunde mit allen Künsten der Heuchelei, berückt und hinreißt, kurz, über alles das verfügen werde, was geeignet ist, die Bewunderung der Menge zu erregen, daß er ein wahrer Säcularmensch sein werde, läßt sich von vornherein erwarten. Der Verfasser des Elucidariums unter den Werken Anselm's versichert, der Antichrist werde einen unglaublichen Verstand und hinreißende Beredsamkeit befigen, er werde alle Künste und alle Wissenschaft beherrschen. Da wird der Mensch der Sünde nicht demüthig bleiben können. Und hat er dann, angelangt auf dem Gipfel politischer Macht, die Maske abgeworfen und sich zum Bannerträger der Gottlosigkeit offen hingestellt, umgeben gleichzeitig von dem unheimlichen, infernalen Zauber, mit dem die Hölle ihn umkleiden wird, und liegt die ganze verkommene Welt ihm huldigend dann zu Füßen, dann wird man sich über einen maßlosen Stolz, der die ganze Menschheit verachtet, nicht wundern dürfen. Aber wie erklären wir uns einen Stolz, der nach den Andeutungen der h. Schrift bis zur Selbstvergötterung sich steigert und göttliche

1) Dan. 7, 8 ff.; 13, 36 ff. Bauk, Weltgericht und Weltende.

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Anbetung für sich in Anspruch nimmt? Sollte der Antichrist denn allen Ernstes glauben, der Allerhöchste selbst zu sein und feinen über sich zu haben? -Wäre der Hochmüthige ein Atheist, man würde es sich erklären können. Oder wäre er ein Polytheist, man würde es ebenfalls begreiflich finden, wenn er schließlich nach Weise der römischen Imperatoren sich dahin verstiege, in den Bewohnern des Olymp seines Gleichen zu erblicken oder gar, sich für höher zu dünken, als sie alle. Oder wäre er endlich ein emanatistischer Pantheist, wie Simon der Zauberer, man würde es verstehen, wenn auch er glaubte, die Gottheit selbst, oder doch ein Theil derselben zu sein. Aber alle diese An= nahmen, so will uns scheinen, denken doch zu gut vom Antichrist 1). Ein Mensch von solcher Verstandesschärfe kennt schon den einen Gott, und alle Künste der Sophistik, welche die Leidenschaft erfinden mag, find nicht im Stande, diese klare Einsicht auch nur vorübergehend zu verdunkeln. Er kennt ohne Zweifel auch Jesum Christum, den Messias und Gottes Sohn. Nicht so sehr an einen Mangel der Erkenntniß werden wir zu denken haben, als vielmehr an eine grenzenlose Verdorbenheit des Willens. Er ist der Mensch der Sünde, der Widersacher, das caput omnium malorum und omnium hominum iniquissimus. Bei ihm wird jene Sünde sich finden müssen, welche der h. Thomas das maximum et pessimum peccatum, die schauerlichste Sünde nennt, das odium Dei, directer, diabolischer Haß gegen Gott den Herrn 2). Voll von maßlosem Hochmuth, vergöttert von der Welt, ein moralisches Ungeheuer, haßt der Antichrist Gott den Herrn ingrimmig, möchte ihn entthronen, vernichten, so er die Macht hätte. Und so sucht er ihn wenigstens hier auf Erden zu entthronen, so weit er kann, und nimmt deßwegen die Gott gebührende Ehre in teuflischem Haß und Hochmuth für sich selbst in Anspruch. Jener römische Kaiser, der voll Ingrimm sterbend rief: Nazarener, du hast gesiegt! dürfte in dieser Beziehung ein schwaches Vorbild des legten und größten GottesFeindes sein. Der h. Paulus a. a. D. fügt noch hinzu: „Und deßhalb schickt Gott ihnen eine wirksame Kraft der Verführung, daß sie der Lüge glauben." Der Antichrist wird lügen, wird sagen, was er selbst nicht glaubt. Er wird sich für den Messias, den Allerhöchsten ausgeben, und viele werden glauben, was er selbst nicht glaubt./

1) Suarez freilich hält für glaubhaft, daß der Antichrist ein Atheist sein werde, der nur dem Satan Cult erweist. Disp. 54. sect. 4. n. 6.

2) S. 2. 2. q. 34. a. 2.

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