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einmal die allerleßten Schrecken des Endes werden auf einen Theil der Menschen durchgreifenden und nachhaltigen Eindruck machen. Wie in den Tagen Noe's, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein. Wie sie damals aßen und tranken, zur Ehe nahmen und gaben bis zu dem Tage, an welchem Noe in die Arche ging, und die Fluth kam und sie alle hinwegraffte, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein. Und wie es in den Tagen Lot's ge= schah, wo sie aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten bis zum Tage, an welchem Gott Feuer und Schwefel vom Himmel regnen ließ und sie alle vertilgte, also wird es auch an dem Tage sein, an welchem der Menschensohn sich offenbaren wird 1).“ Plöglich und unvermuthet erscheint der Herr, wie ein Dieb in der Nacht, wie die Wehen einer Schwangeren, wie ein Hausherr, der unerwartet von der Reise heimkehrend den bösen Knecht inmitten seiner Frevelthaten überrascht; wie ein Bräutigam, der plöglich um Mitternacht erscheint, wo alle schlafen; der Tag des Herrn ist einer Schlinge gleich, die man plöglich, unversehens um den Hals des Thieres wirft 2). Und so erfüllt sich das andere Wort des Herrn, daß beim jähen Eintritt des Endes zur Umkehr und Buße keine Zeit mehr sein wird. In dem sittlichen Zustande, in welchem sich jeder gerade be= findet, stirbt er und verharrt er, um aus dem Tode sofort zum ewigen Leben oder zum ewigen Tode aufzustehen. Zur Warnung für die Sünder ist es gesagt, aber auch zur heilsamen Mahnung der Gerechten: „Dann werden zwei auf dem Felde sein, der eine wird an= genommen, der andere aber nicht; zwei werden mahlen am Mühlsteine, die eine wird angenommen und die andere nicht; in jener Nacht werden zwei auf einem Bette sein; der eine wird angenommen und der andere verstoßen 3).“ /

Einzelne der angedeuteten Vorzeichen erfordern übrigens eine etwas eingehendere Besprechung, und zwar zunächst die Apostasie und der Antichrist, dann die Wirksamkeit des Elias und Henoch's und die durch sie herbeigeführte Bekehrung des Judenthums.

1) Luc. 17, 28 ff.

2) Matth. 24, 42 ff.; 25, 1 ff. Luc. 21, 35. I Theff. 5, 2 f.
3) Matth. 24, 40 f. Luc. 17, 34.

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§. 4.

Der Antichrist. Realität, Natur, Herkunft, Name, Zeit

desselben.

1. Ueber den Antichrift ist von jeher viel geschrieben worden; der gelehrte Dominikaner Thomas Malvenda im 16. Jahrhundert beispielsweise widmet dieser unheimlichen Persönlichkeit einen ganzen Folioband mit nahezu anderthalb tausend Seiten und schickt seinem Werke ein Literaturverzeichniß voraus, welches beinah fünfzehn Spalten Folio ausfüllt1). Wir wollen aus dem reichen Material wenigstens das Wichtigste herausheben, denn der lezte und größte Gottesfeind nimmt nun einmal in der Geschichte der Endzeit eine höchst bedeutungsvolle, leider ebenso unheilvolle Stellung ein. Wir wollen uns bemühen, das Bild des Mannes, welches die alten Väter und Theologen uns gezeichnet haben, wenigstens in seinen Grundlinien wiederzugeben, einmal aus Achtung gegen jene Väter und Theologen, dann zum Zwecke der Vollständigkeit und im Interesse unserer Leser. Der Umstand, daß manche Einzelheiten nicht auf dogmatische Gewißheit, sondern nur auf größere oder geringere Wahrscheinlichkeit Anspruch machen können, darf uns dabei nicht allzugroße Sorge machen. Wohl in keiner Wissenschaft, auch nicht in der Theologie, ist alles unanfechtbares Dogma; manches ist nur mehr oder weniger begründete Ansicht, Meinung, Hypothese und bleibt Gegenstand fortgesetter wissenschaftlicher Untersuchung, bis es zu irgend einer Zeit gelingt oder auch nicht gelingt, in dem einen oder andern Stücke die Dinge zu noch größerer Wahrscheinlichkeit oder gar bis zur Gewißheit fortzuführen. Bis dahin muß natürlich alles im status quo verbleiben. Wir werden in unserer Darstellung selbstredend das Gewisse und Ungewisse möglichst sorgfältig auseinander halten und nur solches bringen, was beachtungswerthe Gründe und eine achtunggebietende Vertretung seitens der Väter und der Theologen für sich hat. Diejenigen Einzelheiten, die nicht hinlänglich gewiß sind, werden wir, zumal wenn sie untergeordnete Dinge betreffen, durchweg auch schon durch den Druck für's Auge kenntlich machen./

1) Thomas Malvenda, de antichristo. Lugduni 1547.

2. Das Wort Antichrist findet sich nur beim h. Johannes1) und bezeichnet der mehrfachen Bedeutung des avri entsprechend sowohl einen Pseudochristus, der sich an die Stelle des wahren Christus sezen möchte, als auch einen Chriftusfeind. Der biblische Antichrist ist der Natur der Sache nach beides zugleich, und zwar im eminenten Sinne des Wortes.

Daß vor dem Ende der Welt der Antichrist erscheinen wird, lehrt der h. Johannes in seinem ersten Briefe (2, 18) ganz ausdrücklich: „Kindlein, es ist die lezte Stunde (die lezte, die messianische Periode). Und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind auch wirklich jezt viele Antichriften erstanden 2)." Der h. Brief= steller sezt also den Glauben an den zukünftigen Antichrist bei seinen Lesern voraus, da sie über diesen Punct bereits mündlichen Unterricht empfangen haben. Er beschränkt sich deßwegen hier an dieser Stelle darauf, auf die Antichristen der damaligen Zeit hinzuweisen, die als Vorläufer dem lezten und größten Gottesfeinde vorausgehen. Damit gibt er dem Glauben an den zukünftigen Gottesfeind eine neue, greifbare Stüße, weckt und belebt heilsam diesen Glauben und warnt zugleich eindringlich vor den bereits vorhandenen Gesinnungsgenossen des Gottlosen./

Wichtig ist die Darstellung des h. Paulus im zweiten Briefe an die Theffalonicher. Die Gemeinde von Thessalonich war lebhaft beunruhigt wegen der vermeintlichen Nähe des Weltendes, und einige Andeutungen des H. Apostels in seinem ersten Briefe (4, 12 ff.), welche die Nähe der Auferstehung und des Endes anzudeuten schienen, mochten einigermaßen zu dieser Beunruhigung beigetragen haben. Der Apostel beeilt sich deßwegen, in seinem zweiten Briefe eine nähere Erflärung nachfolgen zu lassen, bez. die bereits gegebenen Erklärungen wieder in Erinnerung zu bringen. Er beschwört die Leser im Eingang des 2. Kap., sich doch nicht einzureden, auch nicht einreden zu lassen,

1) Vgl. I Joh. 2, 18 u. 22; 4, 3; II Joh. 7.

2) Henle, der Evangelist Johannes. München 1884. S. 92 deutet die novissima hora vom „Weltende, vom lezten Abschnitt der messianischen Weltperiode." Die nachfolgenden Bemerkungen über die Inspiration und die ,,subjective Frrung“ des h. Johannes find ́uns nicht ganz klar geworden. Was immer der h. Johannes subjectiv über die Nähe des Weltendes, vielleicht irrig, gemuthmaßt haben mag, ist für uns ziemlich gleichgültig. Der objective Sinn, den der Ausdruck novissima hora an sich und nach Gottes Intention thatsächlich hat, kann nicht der von Henle angedeutete sein. Vgl. S. 36 f.

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als wenn der Tag des Herrn so nahe bevorstehe; zwei Dinge müßten zuvor noch eintreten: der allgemeine Abfall; dann, nachdem der Weg geebnet, die Ankunft, das Reich, der Untergang des Menschen der Sünde, des großen Widersachers Gottes: „Niemand täusche euch in irgend einer Weise; weil, wenn nicht gekommen ist der Abfall vorher und sich geoffenbart hat der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott ge= nannt wird, entsinnet ihr euch nicht, daß, als ich noch bei euch war, ich dieses euch gesagt habe? Das Geheimniß der Ruchlosigkeit ist bereits wirksam.“ Wir haben aus der längeren Ausführung des h. Paulus nur die zunächst hierher gehörigen Theile herausgehoben; auf die weiteren Angaben des Apostels werden wir noch mehrfach zurückkommen müssen. Wir sehen aber, daß die Darstellung des Völkerapostels mit der des Liebesjüngers im vollsten Einklang sich befindet; der lettere stellt die Ankunft des großen Chriftusfeindes, des Widerchrist, der erstere die des großen Gottesfeindes, des Widersachers Gottes in bestimmte Aussicht. Ferner ist nach dem h. Johannes der antichriftliche Geist bereits in der Welt, in den Widerchristus seiner Zeit, deren lange Reihe später im Antichrist per eminentiam abschließen und zugleich gipfeln wird. Und auch nach dem h. Paulus ist das Geheimniß gottes- und christusfeindlicher Bosheit bereits wirksam in der Welt, um seiner Zeit, wenn kein Hemmniß mehr entgegensteht und alles reif für seine Ankunft ist, den Menschen der Sünde, den Widersacher, die schauerlichste Verkörperung und den Höhepunct aller Ruchlosigkeit aus sich herauszugebären. /

3. Auch die prophetischen Theile der alt- und neutestamentlichen Schrift enthalten mannigfache und zum Theil interessante Aufschlüsse. In der bereits erwähnten Schilderung bei Daniel gibt uns der Prophet (c. 7, 1 ff.) einen Ueberblick über die Weltgeschichte vom grauen Alterthume an bis zum legten Ende. Er sieht vier Thiere aus dem Meere aufsteigen: Löwin, Bär, Panther und ein unbenanntes Thier, die Sinnbilder des babylonischen, des medisch-persi= schen, des griechisch-macedonischen und des römischen Weltreiches. Das vierte Thier trägt zehn Hörner, und sieh, ein anderes kleines Horn wuchs aus ihrer Mitte auf, und drei von den früheren Hörnern wurden abgestoßen durch selbiges; und siehe, Augen wie Menschenaugen waren an diesem Horn und ein Mund, der Ungeheueres redete." Dazu gibt der interpretirende Engel folgende Erklärung: „Und die

zehn Hörner desselben (römischen) Reiches werden zehn Könige sein, und ein anderer wird auftreten nach ihnen, und er wird mächtiger sein, als die früheren und wird drei Könige erniedrigen. Und er wird Reden gegen den Allerhöchsten ausstoßen und die Heiligen des Allerhöchsten niedertreten, und wird wähnen, daß er zu ändern vermöge Zeiten und Geseze, und sie werden gegeben in seine Hände eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit. Und das Gericht wird sich niedersehen, damit genommen werde die Macht und vernichtet und fie zu Grunde gehe bis an's Ende." Also aus dem römischen Reiche gehen zehn Könige, zehn Reiche hervor; wir können auch sagen: ein System von Staaten, denn wir sind nicht genöthigt, die Zehnzahl gerade streng buchstäblich zu fassen. Und dieses Staatensystem, aus wie vielen gleichzeitigen und sich folgenden Gliedern es immerhin bestehen mag, sezt sich bis an's Ende fort. Denn bis an's Ende, wo das Gericht stattfindet und die gottlose Macht verschwindet, läßt uns der alttestamentliche Seher blicken. Zur Zeit des Endes wächst dann ein neues, elftes Horn empor; zuerst unscheinbar klein wird es mächtiger und mächtiger, vernichtet, unterjocht mit roher Gewalt den kleinern Theil des bestehenden Staatensystems und tritt, mächtiger geworden als alle anderen, an die Spiße des Ganzen. Dieses elfte Horn am Schluffe der Weltzeit, das Ungeheures redet, das Reden ausstößt gegen den Allerhöchsten, die Heiligen des Allerhöchsten niedertritt, sich stolz und frech über alle bestehende Ordnung hinwegsezt, bis es von Gottes Gericht getroffen ohnmächtig zusammenbricht, ist mit dem Widerchrist beim h. Johannes, mit dem Widersacher Gottes beim h. Paulus, dem Menschen der Sünde, der am Schluß der Zeiten erscheinen und sich über alles erheben wird, was Gott ge= nannt wird, bis Christus ihn mit dem Hauche seines Mundes vernichtet, so evident identisch, daß gar kein Zweifel möglich ist. /

Bemerkenswerth ist auch die Darstellung im 11. Cap. Daniels. Der erste Theil derselben dürfte sich freilich ausschließlich mit Antiochus Epiphanes beschäftigen; doch ist die katholische Deutung darüber einig, daß Daniel im zweiten Theile von V. 36 an im König Antiochus den Antichrist selber schildert, so zwar, daß die einzelnen Züge der Schilderung erst in der Person des Antichristen ihre Erfüllung überhaupt, oder doch ihre volle Erfüllung finden werden. Wir heben einstweilen bloß einige Säge hervor; denn sie sind characteristisch und ganz conform mit allem dem, was wir über den Widerchrift bereits

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