Obrazy na stronie
PDF
ePub

Doch wir können uns auf derartige Einzelheiten nicht weiter einlassen; es würde dieses einerseits viel zu weit führen, es dürfte andererseits auch überflüssig sein. Suchen wir lieber einen Standpunct zu gewinnen, von welchem aus eine Prüfung und Beurtheilung der in Rede stehenden Theorien nach ihrem Gesammtwerthe möglich ist.

10. Daß die Welt nach unberechenbaren Zeiten einmal vergehen wird, gibt die neuere Wissenschaft bekanntlich zu. Indessen der Weltuntergang wird sich nicht auf dem Wege eines allmählichen Naturprocesses vollziehen, wie ihn die Wissenschaft sich denkt; er vollzieht sich nach Lehre der H. Schrift ganz plöglich durch unmittelbares Eingreifen Gottes. Der Eintritt des Weltendes und die Zeit desselben find folglich durch einen freien Rathschluß Gottes bedingt, der eben deßwegen, wie alles andere freie Wirken Gottes in der Zukunft, für das vernünftige Geschöpf ein tiefes Geheimniß ist und bleibt, so lange nicht Gott selbst durch eine Offenbarung das Dunkel lichtet. Was also lehrt uns die Offenbarung, die Schrift, über die Zeit des Weltendes?

Sie sagt uns bloß, daß die Welt vergehen werde; sie gibt auch eine Reihe von Zeichen an, die, dem Ende unmittelbar vorausgehend, die Nähe deffelben ankündigen werden, aber über den Zeitpunct des Endes sagt sie nichts./

Nun gibt es freilich mancherlei Wahrheiten, über welche die h. Schrift zwar keinen directen Aufschluß gibt, die aber aus anderen Mittheilungen, welche sie macht, auf dem Wege der Schlußfolgerung nachgewiesen werden können. Sollten sich also in der h. Schrift wenigstens nicht einige Anknüpfungspuncte finden, aus denen die Zeit des Endes indirect, durch Folgerung und Rechnung, erschlossen werden könnte? In der eschatologischen Rede bei Matthäus heißt es: „Ueber jenen Tag aber und die Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel des Himmels, nur der Vater allein 1).“. Und bei Marcus: Ueber jenen Tag aber oder die Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel im Himmel, auch nicht der Sohn, nur der Vater 2)." Hiermit ist die Frage auctoritativ entschieden; niemand weiß die Stunde und niemand kann sie wissen. Denn derjenige, der uns allein belehren könnte, der Sohn, soll uns hierüber nicht belehren, weder direct, noch auch indirect, sondern gar nicht. Es ist folglich ein eitles Unterfangen, aus der Offenbarung des Sohnes etwas

"

[ocr errors][merged small][merged small]

deduciren zu wollen, was laut feierlicher Versicherung des Sohnes in seiner Offenbarung gar nicht enthalten ist, in ihr auch nicht einmal einen Anhaltspunct besigt, aus dem es abgeleitet werden könnte. Tag und Stunde sind und bleiben auch für diejenigen, die im Lichte der Offenbarung wandeln, das unerforschliche, unergründliche Geheimniß des dreieinigen Gottes. So erklärt es sich, daß auch die Engel die Zeit nicht wissen. Denn fände fich irgend ein Anhalt, ein Anknüpfungspunct in der H. Schrift, dann würden wenigstens die erhabenen himmlischen Intelligenzen im Stande sein, irgend einen Schluß zu machen; aber auch ihnen sind Tag und Stunde unbekannt1). Auch nach seiner Auferstehung hat Christus weitere Auskunft nicht gegeben, sondern hat geradezu jedwede Belehrung nachdrücklich abgelehnt. Herr, fragten die Apostel, stellst du in dieser Zeit das Reich Israel wieder her?" Der Herr aber antwortet: „Es steht euch nicht

[ocr errors]

1) Auf die Frage, ob die Engel und Seligen, oder doch einige derselben, auf dem Wege ganz specieller Offenbarung, etwa durch die visio beatifica, Tag und Stunde kennen, geben die Theologen der Natur der Sache nach ganz unbestimmte Antworten. Es laffen sich, bemerkt der H. Bonaventura, Auctoritäten und Congruenzgründe pro et contra anführen und man wird annehmen dürfen, daß einigen Engeln und Seligen die Zeit be kannt sei. Quidam dicunt, quod sic, quidam, quod non. Sed certe quid sit super hoc tenendum, magis docebit experientia, quam nunc doceat scientia, utrumque enim est possibile. Cum enim Christo soli communicata sit omnis scientia, non video, quare angeli illud ignorare non possint, cum istud non sit de substantia gloriae ipsorum. Rursus, cum Deo sint familiares et nihil in hujus rei scientia perdere possint, non video, quare istud non congruat revelari. Non tamen est facile hoc definire. Unde quia aliquae auctoritates sanctorum videntur sonare, quod angeli hoc norunt, aliquae quod ignorent, sane dici potest, quod istud notum sit aliquibus angelis et beatis, aliquibus ignotum. In 4. Dist. 48. a. 1. q. 4. Andere Theologen verhalten sich noch entschiedener ablehnend, und nur bezüglich der allerseligsten Jungfrau hält Suarez eine Ausnahme für möglich: Ostendimus, animam Christi cognoscere illum diem, non naturali scientia, sed beata et infusa; de angelis vero et aliis beatis diximus esse incertum, an in Verbo cognoscant hunc diem. Verisimilius autem duximus cum Richardo, Soto et aliis, non cognosci. Quod tamen regulariter intelligendum est, nam fortasse a Beata Virgine cognoscitur. Auch selbst den Fall gesetzt, fügt Suarez noch hinzu, daß die Engel die Zahl der Prädestinirten kennen sollten, können sie hieraus keinen sichern Schluß auf die Zeit des Endes machen, weil sie nicht wissen, wie hoch sich jedesmal in den einzelnen Zeitfristen die Zahl der Auserwählten belaufen wird. In 3. Disp. 53. sect. 4. n. 8./

-

zu, die Zeiten oder die Zeitumstände zu wissen, welche der Vater in seiner Macht festgesetzt hat 1)." Also Chriftus läßt die Apostel nicht bloß in Unkenntniß über die Zeiten und näheren Umstände, über Dauer, Vollendung und Ende des messianischen Reiches; er fügt hinzu, daß sie auch kein Recht und kein berechtigtes Interesse haben, darüber belehrt zu werden. Tag; Stunde und Zeit des Endes können wir folglich nicht wissen und sollen wir auch nicht wissen. Wie also kann man aus der h. Schrift etwas ableiten wollen, was aus ihr gar nicht abgeleitet werden kann?/

Darum betonen auch die Apostel in der Folgezeit ihre Unkenntniß in der gedachten Beziehung. Wohl ist es wahr, daß sie mehrfach die baldige Wiederkunft Christi hofften, daß sie es für möglich und selbst für wahrscheinlich hielten, dieselbe noch zu erleben 2). Der Umstand, daß in der Weissagung Christi die Zerstörung Jerusalems und das Ende der Welt im prophetischen Bilde sich zeitlich ganz nahe zu be= rühren scheinen; die allgemeine und unbestimmte Form der Ausdrücke, die eine Beziehung auf die nahe Zukunft ebenso gut zuließ, als auf die entfernte; die vielfache Uebereinstimmung der Zeichen, die dem Falle der h. Stadt und dem allgemeinen Gerichte vorausgehen; die Verfolgungen und Drangsale, die wunderbar schnelle Verbreitung des Christenthums in der damals bekannten Welt; die glühende Sehnsucht nach der Wiederkunft Chrifti: alles dieses konnte den Gedanken an die baldige Wiederkunft recht wohl nahe legen. Deßwegen hält der H. Paulus es in der That für möglich, daß er die Wiederkunft des Herrn erleben werde; er hält aber auch für möglich, daß bis zu derselben geraume Zeit verfließen könne. Schon im ersten Briefe an die Thessalonicher bekennt er seine Unwissenheit: „Ueber die Zeiten aber und Zeitpuncte, Brüder, brauche ich euch nicht zu schreiben. Denn ihr selbst wisset gar wohl, daß der Tag des Herrn kommt, wie ein Dieb in der Nacht 3).“ Und als gleichwohl in Theffalonich viele

1) Apostelgesch. 1, 6 f.

[ocr errors]

2) Vgl. I Theff. 4, 15 f. I Cor. 16, 22. Phil. 4, 5. Jac. 5, 7 ff. I Joh. 2, 18.

[ocr errors]

3) I Theff. 5, 1 f. Daß Paulus I Theff. 4, 16 nur an die Möglichkeit denkt, die Parusie noch zu erleben, behauptet unter Bezugnahme auf 5, 1 f. auch Simar, Theologie des h. Paulus. §. 45. Aehnlich Reischl zu I Theff. 4, 14, und Hundhausen, der I. Brief Petri. Mainz 1873, im Commentar zu 4, 7. Oder der Ausdruck „wir die Lebenden" ist

wegen der vermeintlichen Nähe dieses Tages sich aufregten, da erhob der Apostel in einem zweiten Sendschreiben warnend seine Stimme und bedeutete den Gläubigen, daß der Tag des Herrn noch keineswegs so nahe sei, daß vielmehr vor seinem Eintritte noch gewaltige Processe fich auswirken müßten (großer Abfall und Entwickelung des antichrist= lichen Geistes bis zur Erscheinung des persönlichen Antichrist): „Wir bitten euch aber, Brüder, in Betreff der Ankunft unseres Herrn Jesu Christi und unserer Versammlung zu ihm, daß ihr euch nicht sogleich aus der Faffung bringen, noch auch erschrecken lasset weder durch eine Weissagung, noch durch ein Wort, noch durch einen Brief, die angeb= lich von uns herrühren sollen, als ob nahe bevorstehe der Tag des Herrn. Niemand möge euch täuschen in irgend einer Weise. Denn wenn nicht zuvor der Abfall gekommen ist und sich offenbart hat der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, welchen der Herr Jesus Christus vernichten wird mit dem Hauche seines Mundes und vertilgen durch die Erscheinung seiner Gegenwart 1)." Ebenso deutlich oder wohl noch deutlicher spricht sich der h. Petrus aus. Die Weissagungen von der Wiederkunft Christi, bemerkt er gewissen Spöttern und Zweiflern gegenüber, werden sich unfehlbar gewiß erfüllen. Wenn die Erfüllung noch aussteht, so hat das seinen Grund einmal in der Langmuth Gottes, die möglichst viele zur Buße führen will, dann aber in dem Umstande, daß das, was uns als lange Zeit erscheint, für Gott ist, wie ein einziger Tag. Denn der ewige Gott ist über allen Zeiten erhaben, für ihn gibt es keine lange oder kurze Zeit, für ihn sind tausend Jahre, wie ein Tag, und ein Tag, wie tausend Jahre 2). Also nach dem h. Petrus können

[ocr errors]

figürlich zu nehmen, und redet der Apostel die Gesammtheit aller Gläubigen an bis zum Ende der Welt: Wir Gläubige, soweit wir dann noch leben werden, oder auch: Diejenigen von uns, welche dann noch leben werden. Simar a. a. D. unter Berufung auf. Augustin, Chrysosto: mus, Thomas, Estius, Döllinger u. a. Abweichend freilich Keppler in der Lit. Rundschau. 1884. n. 11. S. 330.

[ocr errors]

1) II Theff. 2, 1 ff. 2) II Petr. 3, 1 ff. Dem h. Johannes (I. 2, 18) erscheint die christliche Weltperiode der göttlichen Ewigkeit gegenüber sogar als Stunde: Filioli, novissima hora est. Dazu bemerkt Suarez: Totum tempus legis gratiae, quod a primo usque ad secundum Christi adventum protenditur, licet in se longum sit et multis annis duraturum, tamen respectu aeternitatis est brevissimum et veluti dies unus, et ideo totum hoc tempus voca

[ocr errors]

möglicherweise noch Jahrtausende vergehen, bevor der Herr erscheint. Man wird, schon rein menschlich gesprochen, diesem Standpunct der H. Apostel die volle Anerkennung nicht versagen dürfen. Der Herr hatte über den Zeitpunct seiner Rückkehr eine bestimmte Angabe nicht gemacht, und so sind die Jünger des Herrn ungewiß und lassen alles ungewiß. Jeder konnte und jeder kann möglicherweise diese Wiederkunft noch erleben; sie kann sich möglicherweise auch noch Jahrtausende verziehen. Wer kann es wissen? Und für alle Fälle hatte der Herr das mahnende Wort gesprochen: „Wachet, denn ihr wiffet weder den Tag, noch die Stunde 1)!" Hiernach handelten die Apostel, und es wird für alle und für alle Zeiten recht sehr gerathen sein, gerade so und nicht anders zu handeln. /

11. Nun heißt es aber bei Matthäus (24, 14): „Und es wird dieses Evangelium gepredigt werden auf der ganzen Erde zum Zeugnisse allen Völkern, und dann wird das Ende kommen." Könnte man hieraus nicht in folgender Weise argumentiren: In unseren Tagen ist das Evangelium auf der ganzen Erde verbreitet, folglich wird demnächst das Ende kommen? - Indeffen fragt es sich zunächst, ob denn die Verbreitung des Evangeliums in unseren Tagen wirklich in dem Maße zur Thatsache geworden ist, wie es dem Sinne dieser und anderer Schriftstellen entspricht. Nach dem h. Augustinus ist dieses keineswegs der Fall. Der Heilige verweist zunächst auf einige alttestamentlichen Schriftterte, in denen gesagt wird: „Und herrschen soll er (der Messias) von Meer zu Meer, und vom Strome bis an der Erde Enden. Alle Völker, die du geschaffen, werden kommen und anbeten vor dir, o Herr, und werden deinen Namen verherrlichen; anbeten wird ihn jeder an seiner Stätte, alle Inseln der Völker 2)." Wenn also nicht einmal die Inseln ausgenommen sind, folgert der h. Lehrer, dann wird am allerwenigsten ein Land übrig bleiben, das ohne die Kirche wäre 3). Der Heilige fügt hinzu: Gemäß den eben

tur a Johanne hora novissima. Disp. 53. sect. 2. n. 9. Ebenso der H. Thomas Dist. 47. q. 1. a. 1. Sol. 3. ad 3.

1) Matth. 25, 13.

2) Pf. 71, 8; 85, 9. Soph. 2, 11.

3) A mari usque ad mare totus est orbis cum omnibus gentibus. Omnes insulae dixit, tamquam diceret, etiam omnes insulae, hinc ostendens, quam nulla relinquatur terrarum, ubi non sit ecclesia, quando nulla relinquitur insularum. ep. 2 ad Hesychium c. 12 (Mauriner ep. 199).

« PoprzedniaDalej »