Obrazy na stronie
PDF
ePub

des Herrn kommt, der große und furchtbare." Taß unter so grauenhaften Vorgängen die Menschen, oder doch sehr viele Menschen, vor Angst und Schrecken buchstäblich erstarren, d. h. des Todes sterben werden (añofúɣw), braucht der h. Lucas kaum eigens zu versichern. „Verklungen ist der Jubel der Pauken, der Lärm der Fröhlichen hat aufgehört, verstummt ist das wonnige Citherspiel. Weheklagen ist auf den Straßen, verschwunden ist alle Luft, verweht die Freude der Erde. Schlaff find die Arme, das Menschenherz zerrinnt und wird zermalmt; Krämpfe und Wehen ergreifen sie, der eine blickt starr den andern an, ihre Gesichter glühen vor Angst. Sieh, der Tag des Herrn kommt, der schreckliche, voll Zorn und Grimm, um die Erde in eine Wüste zu wandeln und die Sünder von ihr hinwegzutilgen 1)."/

§. 10.

Das Zeichen des Menschensohnes und die legte Posaune.

1. Inmitten des allgemeinen Aufruhres der Elemente, inmitten der nächtlichen Finsterniß erscheint urplöglich blendendes Licht am Himmel und die Nacht wird heller als der Tag: „Es wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen und alle Geschlechter der Erde werden weheklagen 2)." Unter diesem Zeichen des Menschensohnes haben wir selbstverständlich das h. Kreuz zu verstehen; denn das Kreuz ist das Zeichen Christi im eminenten Sinne des Wortes, auch das Zeichen aller Angehörigen Christi. Zwar erwähnt der h. Hieronymus noch eine andere Erklärung, die unter dem Zeichen eine Siegesfahne versteht; allein seit dem h. Cyrill von Jerusalem ist es allgemeine und constante Lehre der Väter und Theologen, daß unter dem Zeichen, welches mit großem Lichtglanze in die Finsterniß und in das allgemeine Grauen hineinleuchtet, das h. Kreuz verstanden werden müsse 3). Dieser Auffassung schließt sich auch das kirchliche Officium an, indem es am Feste Kreuzerfindung und Kreuzerhöhung vom H. Kreuze sagt: Hoc signum crucis erit in coelo, cum Dominus ad iudicandum venerit. /

[blocks in formation]

3) Hoc enim signum nullum aliud esse futurum, quam crucem Christi, omnes patres summa consensione docent exponentes haec loca, Chrysostomus et Graeci, Hieronymus, Hilarius, Beda omnesque Latini. Suarez, Disp. 57. sect. 2. n. 1. Vgl. Schanz zu Matth. a. a. D.

Als Sieger über Tod und Hölle erscheint Christus am Ende des langen Kampfes triumphirend über dieser Erde; da darf zu seiner Ehre und Verherrlichung das glorreiche Panier des Sieges, das h. Kreuz, nicht fehlen. Das Kreuz erscheint weiterhin zum Troste aller Frommen. Nach den vorausgegangenen furchtbaren Schrecken und Wehen werden sie jubelnd und frohlockend das heilige, altehrwürdige Zeichen begrüßen, das in Pracht und Majestät glückverheißend über ihnen am Himmel steht: O crux ave, spes unica! Der Augenblick ift nah, wo alle ihre Hoffnung sich erfüllen wird; sie erheben ihre Häupter nach Christi Wort, weil die Erlösung naht 1). Das Kreuz erscheint endlich zur Beschämung aller Gottlosen, aller Kreuziger und Henker Christi, sowohl derjenigen, die ihn blutiger Weise ans Kreuz geheftet, als auch derjenigen, die geistiger Weise durch schwere Sünde Chriftum von neuem freuzigten. Von ihnen und nur von ihnen gilt Christi Wort: „Und es werden weheklagen alle Geschlechter der Erde," denn nur die Gottlosen haben Grund zur Weheklage. Ob einzelne von ihnen im letzten Augenblicke, wie bei der Sündfluth, angesichts des Kreuzes vom Strahl der Gnade getroffen sich bekehren werden, wer kann es wissen? Suarez meint, daß einzelne sich bekehren werden, aber nicht so sehr aus Liebe, als vielmehr aus Furcht; die Verwirrung und der Schrecken werden so groß sein, daß sie kaum an ihr Seelenheil werden denken können. Aus Angst und Verzweiflung werden sie deßwegen den Tod suchen und nicht finden, in Höhlen und in Felsgeklüften sich verbergen und zu den Bergen und den Felsen sprechen: „Fallet über uns und bedecket uns vor dem Angesichte dessen, der auf dem Throne fizet und vor dem Zorne des Lammes 2)."/

2. Die Theologen werfen die Frage auf, welches Kreuz als Zeichen des Menschensohnes erscheinen werde, ob es ein Kreuz aus purem Lichtglanz sein werde, ähnlich demjenigen, welches einftmals dem Constantin erschien; oder ob an das wahre Kreuz Christi aus Pinienholz zu denken sei, dessen zerstreute Theile Gott sammeln, wunderbar

1) Luc. 21, 28.

2) In illis autem diebus aliqui convertentur ex metu fortasse magis; quam ex vero amore; imo ita erunt perturbati et terrefacti, ut vix possint de sua salute cogitare. Unde de illis dicitur (apoc. 9, 6): In diebus illis quaerent homines mortem et non invenient eam. Suarez Disp. 56. sect. 4. n. 5. vgl. Offb. 6, 15 f.; 9, 6.

zum ursprünglichen Ganzen zusammenfügen und dann mit Glanz und Ehren umgeben im hohen Himmelsdome auf ewige Zeiten aufpflanzen werde 1). /

Die letztere Ansicht wird von einzelnen Theologen, z. B. von Thomas Waldensis vertreten und Suarez weiß nichts Wesentliches

1) Nach alter Tradition hatte das Kreuz Christi die sog. lateinische Form, entsprechend den bei uns üblichen Darstellungen. Nach ziemlich zuverlässigen Schäßungen und Berechnungen betrug die Länge desselben ungefähr 15 Fuß, die Länge des Querbalkens ungefähr 7 Fuß, das Gewicht des Ganzen annähernd 100 Kilogramm. Seiner Beschaffenheit nach gehört das Holz des Kreuzes dem Geschlechte der Coniferen an. Denn nur harzhaltiges Holz konnte sich mehrere Jahrhunderte unverwesen unter der Erde erhalten. Volle Gewißheit aber haben in dieser Beziehung die microscopischen Untersuchungen der noch vorhandenen Kreuzreliquien gegeben. Und weil Tedernholz für eine Hinrichtung viel zu kostbar und selten war, so haben wir an die mittelländische Pinie zu denken, die theils eingeführt wurde, theils in Judäa selbst heimisch war. Wenn man in älterer Zeit hier und da annahm, das Kreuz sei aus drei oder vier verschiedenen Holzarten zusammengesezt gewesen, z. B. der Fuß aus Cedernholz, die Fortseßung bis zum Querbalken aus Cypreffen, die beiden Seitenarme aus Palmen-, das obere Ende des Längebalkens aus Olivenholz, so entsprechen solche Anschauungen der wirklichen Sachlage nicht, sondern verdanken ihre Entstehung dem Interesse für mystische Deutung. Ein ähnliches Bewandtniß hat es mit der übrigens sehr sinnigen und lieblichen Legende, Adam oder ein Engel habe vom Baume des Lebens im Paradiese ein Reis gerettet, habe daffelbe bei Jerusalem angepflanzt und das Kreuzesholz sei ein Nachkomme des paradiesischen Lebensbaumes. Ursprünglich auf der Schädelstätte vergraben, wurde das h. Kreuz i. J. 326 von der Kaiserin Helena aufgefunden (Fest Kreuzerfindung am 3. Mai), 615 von den Persern geraubt, 628 durch den Kaiser Heraclius wiedererobert und feierlichst nach Jerusalem zurückgebracht (Kreuzerhöhung, 14. Sept.). Schon von St. Helena's Zeiten an kamen kleinere Kreuzpartikel an die verschiedensten Orte, insbesondere nach Constantinopel und Rom. Eine vollständige Vertheilung der großen Kreuzreliquie von Jerusalem, die fortwährend von den Ungläubigen bedroht war, wurde um das Jahr 636 vorgenommen. Man zerlegte die Reliquie in 19 Theile und formte aus jedem dieser Theile ein kleines Kreuz, etwa 11/2 Spannen lang und einen Daumen breit. Vier derselben blieben in Jerusalem, drei kamen nach Constantinopel, die übrigen an andere, meist morgenländische Orte. Die Zerkleinerung und Zertheilung der einzelnen Reste aber sezte sich, namentlich zur Zeit der Kreuzzüge fort. Es gibt jezt Kreuzpartikel in aller Herren Ländern. Die ansehn= lichsten befinden sich in den Klöstern des Berges Athos, in Rom, besonders in St. Peter, in Venedig, Brüffel, Gent, Paris. Vgl. Rohault de Fleury in seinem Werke: Mémoire sur les instruments de la Passion. Paris 1870. 6. 46 ff./

gegen dieselbe einzuwenden. Nur auf eine anscheinende Schwierigkeit glaubt er aufmerksam machen zu müssen. Nach Lehre der Väter werde nämlich das Kreuz auf dem ganzen Erdkreis sichtbar sein und werde mit seinem Glanze das Licht der Sonne und des Mondes überstrahlen. Wie aber ist es möglich, fragt Suarez, daß das kleine, unscheinbare hölzerne Kreuz Christi einen so immensen Lichtglanz rings umher verbreite? Es dürfte somit die Ansicht des H. Anselm, Antonin's u. a. größere Wahrscheinlichkeit für sich haben, daß unter dem Zeichen des Menschensohnes nicht das hölzerne, sondern ein anderes, aus purem Licht bestehendes Kreuz von gewaltigen Dimensionen zu verstehen sei1). Wir müssen diese Controverse auf sich beruhen lassen, denn das biblische Wort „Zeichen des Menschensohnes" läßt eben beide Deutungen zu; gleichwohl meinen wir unmaßgeblich, daß Gottes Macht doch wohl im Stande ist, das h. Holz des Kreuzes mit einem so intensiven Lichtglanz zu umkleiden, daß es weithin genug sichtbar ist. Deßwegen möchten wir am liebsten beide Ansichten mit einander verbinden, indem wir das Lichtkreuz des Suarez gelten lassen, aber nur als herrliche Einfassung, als Glorienschmuck des wahren und echten Kreuzesholzes. So wäre dem Bedenken des genannten Theologen der Boden entzogen, und das hochheilige, hochehrwürdige wahre Kreuz besäße die verdienten Ehren, welche, wenn wir nicht irren, das chriftliche Gemüth pietätsvoll ihm ewig wünscht. Soll ja nach Andeutungen der Schrift und Tradition selbst die alttestamentliche Bundeslade am Ende der Zeiten in Glanz und Herrlichkeit von neuem sichtbar werden. Mit dem h. Thomas sind dann einige Theologen noch der weitern Ansicht, daß außer dem H. Kreuze auch die übrigen Werkzeuge des Todes Christi am Himmel erscheinen werden 2), eine Annahme, die, wie Suarez mit Recht bemerkt, zwar keine positiven Gründe für sich, Vernunft und Offenbarung aber auch nicht gegen sich hat 3). /

Was den Zeitpunct anbetrifft, in welchem das Kreuz erscheinen wird, so findet sich hier und da, z. B. bei Pseudo-Hippolyt und in den constitutiones apostolorum, die Meinung ausgesprochen, dasselbe werde sofort nach dem Sturze des Antichrist, seines größten

1) Disp. 57. sect. 2. n. 2 sq.

2) Veniente Domino ad iudicium signum crucis et alia passionis indicia (insignia) demonstrabuntur. Comp. theol. c. 244.

3) 1. c. n. 6.

Feindes und Unterdrückers, siegreich am Himmel erscheinen, zum Troste der Gläubigen und zur heilsamen Mahnung für die Ungläubigen. Indessen stärker vertreten bei den Vätern und Theologen ist die Lehre, daß das Zeichen des Menschensohnes erst unmittelbar vor der Ankunft des Menschensohnes, in der Morgenfrühe des Gerichtstages erscheinen und bis zum Abschluß des Gerichtes am Himmel erglänzen werde 1). Ob aber dasselbe durch unmittelbare Gottesmacht an seinem Orte sichtbar werden, oder ob es durch Engelshand als Siegesfahne vor dem nahenden siegreichen Könige und Richter vorausgetragen werden wird, um über der Stätte des Weltgerichtes aufgepflanzt zu werden, muß dahingestellt bleiben und ist auch nicht belangreich./

3. Während das Zeichen des Menschensohnes, das h. Kreuz, zunächst für die Lebendigen erscheint, wird vom Himmel her ein anderes Zeichen wahrgenommen, welches sich an die Todten richtet: die Posaune erschallt, die Stimme des Erzengels, des Sohnes Gottes läßt sich vernehmen. Führen wir uns zunächst die hierher gehörigen Terte vor. Bei Matth. 24, 30 f. heißt es: „Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und sie werden den Menschensohn kommen sehen in den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit. Und er wird seine Engel mit der Posaune senden mit großem Schalle, und sie werden seine Auserwählten von den vier Winden her zusammenbringen.“ Dazu kommen die beiden Aussprüche des h. Paulus: „Im Nu, im Augenblicke, bei der letzten Posaune, denn die Posaune wird ertönen da werden die Todten auferstehen 2)." „Er selbst, der Herr, bei dem Zuruf und bei der Stimme eines Erzengels und bei Gottes Posaune wird er herabsteigen vom Himmel, und die Todten in Christus werden zuerst auferstehen 3)." Dazu kommt endlich noch die Stelle im Evangelium des h. Johannes, in welcher von der Stimme des Sohnes Gottes allein die Rede ist: „Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, die Stimme des Sohnes Gottes hören werden 4)."/

Betrachten wir alle diese Stellen zusammengenommen, so erheben sich sofort zwei Fragen: In welcher Reihenfolge haben wir uns die Ereignisse zu denken? Erfolgt das Posaunensignal und die Auferstehung

[ocr errors][merged small][merged small]
« PoprzedniaDalej »