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welche die eine Partei gegen die andere geltend zu machen suchte. Tschudi und Chmel theilen dieselben in ausführlicher Aufzählung mit1). Die österreichischen Klagen stiegen hinauf bis zum Anbeginn des Kampfes der Eidgenossen gegen das Haus Österreich, zählten alle Übergriffe der Ersteren gegen das Letztere unter den Herzogen Leopold, Friedrich und Sigmund auf, bemerkten, wie kein Vertrag, keine Ausgleichung von den Schweizern je gehalten wurde, und forderten zum Schlusse nicht nur die Zurückgabe alles dem habsburgischen Hause Entrissenen, sondern auch die Rückkehr jener Eidgenossen selbst, die sich gegen Österreich empört, zum früheren Gehorsame 2).

Über diese starken Forderungen entstand unter den Boten der Eidgenossen eine solche Aufregung, dass sie geradezu von Constanz fortreiten wollten; nur den Bitten und Bemühungen der Schiedsherren gelang es noch, sie zu besänftigen und dahin zu bringen, dass sie auf die vorgebrachten Klagen eingingen und Antwort ertheilten, wobei sie eben so stark die Unbilden hervorhoben, die ihnen vom Herzoge und dessen Vorfahren zugefügt worden seien. Man vereinigte sich endlich dahin, dass in der Woche vor Pfingsten (17. bis 24. Mai) ein neuer Tag zu Constanz gehalten werden sollte 3).

In der Woche vor Pfingsten trafen Herzog Ludwig von Baiern, der Bischof Johann von Basel und die Abgeordneten der Stadt Basel und der Eidgenossen zu Constanz ein, um mit dem Bischofe Heinrich und den übrigen Friedensvermittlern die langwierigen Streitigkeiten entweder auf ewig, oder wenigstens auf eine lange Reihe von Jahren auszugleichen. Da der Waffenstillstand zu Pfingsten ablaufen sollte, verlängerten sie vor Allem denselben bis Frohnleichnamstag (4. Juni) und arbeiteten hierauf an der Zustandebringung des definitiven Friedens'). In der Zwischenzeit traf eine Menge der vornehmsten geistlichen und weltlichen Herren in Constanz ein, um Zeugen und Förderer des Friedenswerkes zu sein. Ausser den Obengenannten die Bischöfe von Trier, Speier, Worms und Augsburg, die Markgrafen Albrecht von Brandenburg und Karl von Baden, die Botschafter der Könige von Frankreich und Schottland und des Herzogs Philipp von Burgund, und, wenn wir dem Thomas Ebendorfer glauben dürfen, ausser dem Erzherzoge

1) Tschudi loc. cit. Chmel in den Monumentis Habsburg. Erste Abth. I. Bd. p. 186 und 194. Ich halte nämlich dafür, dass die von Chmel dem J. 1474 zugeschriebenen Urkunden zu den Constanzer Verhandlungen vom 2. Mai 1461 gehören. Meine Gründe sind folgende: Ihr Inhalt stimmt, wenn auch nicht durchwegs, so doch grossentheils, fast wörtlich mit dem Actenstücke bei Tschudi überein, was auf ihre Zusammengehörigkeit hinweist. Als Thaedigungsmann bei den Verhandlungen wird

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in der Urkunde bei Chmel p. 186 gleich anfangs Marquard Breisacher genannt; dieser Breisacher war aber auch bei der Vermittelung des Waffenstillstandes am 7. Dec. 1460 Thaedigungs-Mann (Chmel, Material. II, 227). Breisacher setzte also am 2. Mai 1461 fort, was er am 7. Dec. 1460 angefangen. Ferner wird in keinem der beiden Documente bei Chmel eines Ereignisses erwähnt, das in die Zeit nach dem Jahre 1461 gehörte. Rührten die beiden Urkunden aus dem J. 1474 her, so müsste doch wenigstens mit irgend einer Andeutung der burgundischen Händel, um die es sich 1474 handelte, oder des Waldshuter Krieges vom J. 1468, den Sigmund nicht verschmerzen konnte, Erwähnung geschehen. Man findet aber nicht die leiseste Hinweisung, weder auf das eine, noch auf das andere. Im zweiten Actenstücke bei Chmel p. 196 wird vom Jahre 1458 der Ausdruck gebraucht „novissime“. (Novissime videlicet de anno LVIIIo homines ad dominium Rheinegk pertinentes sibi jurare fecerunt.“) Wie hätte man im J. 1474 von Ereignissen des Jahres 1458 den Ausdruck „novissime“ gebrauchen können? Das konnte man wohl im Jahre 1461. Seite 198 bezieht sich eine Klage der Gesandten Sigmund's auf die „dieta Oculi hic Constantie servata." Diese „dieta vom Sonntag Oculi" ist dieselbe, welche nach Tschudi II, 594 noch vor dem Neujahrstag 1460, also noch vor dem Ende des Jahres 1459 festgesetzt worden war, mithin am 16. März 1460 zu Constanz gehalten werden sollte. Dass sie gehalten wurde, wissen wir nur aus diesem Documente; ebenso, dass damals bestimmt worden, alle Streitsachen sollten bis zum Feste Johannes des Täufers (24. Juni 1460) ruhig anstehen. Die Klage des Herzogs Sigmund, dass die Eidgenossen, anstatt diesem Beschlusse nachzuleben, lieber Diessenhofen, Winterthur und Frauenfeld bekriegt haben, bezieht sich nun aber ganz auf Ereignisse des Jahres 1460. Es kann also das Actenstück nicht zum J. 1474, sondern nur zum J. 1461 gehören, wo über die Verletzungen der Verträge vom J. 1459, 1460 und über Ereignisse dieser Jahre Klage geführt und der Friede vermittelt werden sollte. Endlich handelte es sich im J. 1474 zwischen Herzog Sigmund und den Eidgenossen um ganz andere Dinge, als um Klagen über Ereignisse der J. 1459 und 1460.

2) Chmel in den Monument. Habsburg. loc. cit. p. 199. „Quare pro parte illustriss. princip. Sigismundi ducis ac inclitae domus Austriacae petitur, quod rebelles et abjecti hujusmodi in pristinam revertantur obedientiam, ac dampna etc. restituant etc." 3) Tschudi II, 617 etc.

4) Tschudi l. c. 612.

Denkschriften der philos.-histor. Cl. IX. Bd.

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Albrecht auch Herzog Sigmund in Person'). Am Montage vor dem Frohnleichnamsfeste (1. Juni) kam endlich der Abschluss des definitiven Friedens, oder besser gesagt, eines Waffenstillstandes auf fünfzehn Jahre zu Stande. Der wesentliche Inhalt des Vertrages besteht in folgenden Puncten. Zwischen beiden Parteien herrscht vom Datum der Vertragsurkunde bis zum St. Johannestage zur Sonnenwende des Jahres 1476, also durch 15 Jahre, ein aufrichtiger Friede. Zur vollständigen Beilegung aller wie immer aus dem Kriege entstandenen Misshelligkeiten erscheinen beide Parteien, sobald ihnen der Pfalzgraf bei Rhein innerhalb der 15 Jahre einen freundlichen Tag gen Constanz ankündigt, ohne Aufschub mit voller Gewalt, und werden vor demselben und den beigezogenen Räthen mit ernstlichem Fleisse die endliche und ewige Richtung und Schlichtung herbeizuführen suchen. Die beiderseitigen Gefangenen sollen ohne Lösegeld freigegeben werden. Niemand soll berechtigt sein, wegen noch ausständiger Brandschatzungen während der 15jährigen Friedensdauer eine Forderung zu stellen; andere Schulden sollen bezahlt werden, aber Niemand darum vor fremden Gerichten, sondern nur vor des Angeklagten Richter belangt werden können. Die Ansprüche der Gradner an den Herzog Sigmund sollen von diesen Friedensverhandlungen gänzlich ausgeschlossen sein, sonst aber der Friede in allen Puncten und Artikeln für beide Theile gelten. Was jedweder Theil im Kriege dem andern abgenommen und in seine Gewalt gebracht, das soll er die Zeit des Friedens hindurch behalten. Die Rittern, Bürgern, Knechten und anderen Personen während des Krieges abgenommenen Schlösser und Güter sollen in den Händen derer verbleiben, die sie jetzt inne haben. Was hierüber auf den weiteren gütlichen Tagen bestimmt werden wird, das soll für die Zukunft massgebend sein. Käme es auf diesen Tagen zu keiner Ausgleichung, so soll jedem sein Recht darauf vorbehalten sein. Wollte aber Jemand seine Ansprüche früher geltend machen, so mag er sein Recht suchen nach den Bestimmungen des fünfzigjährigen Friedens. Kein Theil soll des andern Feinde in seinen Landen hausen und herbergen. Weder die Eidgenossenschaft insgesammt, noch ein einzelner Ort soll Jemand der der österreichischen Herrschaft oder Einem der Ihrigen angehört, als Bürger, Landmann oder Schutzbefohlenen aufnehmen dürfen. In Betreff Winterthur's soll es bei der früheren Abrede (vom 7. December 1460) sein Verbleiben haben. Zur Befestigung des Friedens soll zwischen den Städten und Gebieten beider Parteien freier Verkehr, Handel und Wandel stattfinden, und endlich um keiner Forderung willen soll innerhalb der Zeit des Friedens die eine Partei gegen die andere eine Gewaltmassregel anwenden, sondern in jedem Falle das Recht nach dem Inhalte des fünfzigjährigen Friedens zu Constanz oder Basel suchen 2).

So endigte der von den Gradnern und vom Papste Pius II. angeregte Krieg. Was Österreich im Thurgau besessen, war alles an die Eidgenossen verloren gegangen, und von den übrigen angegriffenen Ortschaften nur Winterthur gerettet worden. Diese Stadt welche bis zum 11. December von den Eidgenossen mit aller Macht belagert, aber von der Besatzung mit der grössten Tapferkeit vertheidigt, dann

1) Thom. Ebendorfer bei Pez II, 937, „ad quam dietam personaliter accesserunt praefati Duces Albertus et Sigismundus“. Ebendorfer ist ein gewichtiger Zeuge; allein den Frieden unterzeichnete nur Erzherzog Albrecht für sich und als Bevollmächtigter Sigmund's, was auf die Anwesenheit des letztern nicht schliessen lässt.

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2) Tschudi II, 612. Urk. dd. Constanz, 1. Juni 1461. Stettler Schweizer Chron. p. 182. Thom. Ebendorfer bei Pez II, 937. Chmel, Regest. K. Friedr. IV., Bd. II, num. 3878. Zellweger, Versuch etc. p. 8. Wie sehr Zellweger zu einer gewissen Einseitigkeit hinneigte, beweist die Behauptung, dass die Herzoge den Waffenstillstand nur eingingen, um Zeit zu gewinnen, den Krieg, sobald es ihnen gelegen wäre, wieder zu beginnen. Er beruft sich zur Unterstützung seiner Behauptung auf den zwischen Albrecht und Sigmund geschlossenen Vertrag, in welchem Letzterer dem Ersteren die Regierung seines Landes jenseits des Bodenund Wallensee's übertrug zur bessern Kriegführung gegen die Eidgenossen. Zellweger gibt die Zeit, wann dieser Vertrag geschlossen wurde, nicht an, und so gewinnt es den Anschein, als hätten die Herzoge die eine Hand zum Frieden geboten, mit der andern zum Schwerte gegriffen. Hätte Zellweger die Zeit berücksichtigt, so würde er obige Behauptung kaum ausgesprochen haben. Sigmund trat die erwähnten Landschaften an Albrecht ab am 30. März 1461, also zwei Monate vor dem Friedensschlusse. Wie kann aus dem was zwei Parteien zur kräftigern Führung des Krieges vor dem Friedensschlusse thun, gefolgert werden, sie haben nach dem Friedensschlusse keinen Willen diesen zu halten?

aber nach dem Abzuge eines grossen Theiles der eidgenössischen Schaaren nur mehr beobachtet worden. war, öffnete nun auch ihre Thore und trat in friedlichen Verkehr mit den umliegenden Orten1).

Von Rom aus wurden zwar noch ein paar Versuche gemacht, den Frieden zu vereiteln und die Eidgenossen gegen den Herzog Sigmund aufzuregen. Der Bischof Heinrich von Constanz, die Züricher und die übrigen Eidgenossen erhielten Vorwürfe, dass sie gegen die früheren päpstlichen Ermahnungen und gegen ihr eigenes früher gegebenes Wort mit Sigmund sich ausgesöhnt und Bündnisse geschlossen. Sie seien aber nur durch falsche Vorspiegelungen getäuscht worden; Sigmund denke an nichts weniger als an eine Versöhnung mit Rom, er erhebe sich vielmehr immer stolzer gegen den heil. Stuhl). Nun habe er sogar an unschuldige Klosterfrauen frevelnde Hand angelegt und sie gewaltthätig aus dem Lande gejagt3). Die Eidgenossen sollen daher ihres Versprechens eingedenk allen Verkehr mit ihm meiden, bis er unter der „eisernen Ruthe" gedemüthigt in sich gehe *).

Die Aufforderung vermochte aber keine Wirkung mehr hervorzubringen; der Friede zwischen dem Herzoge Sigmund und den Eidgenossen erhielt sich und der noch übrige Streit mit und wegen der von den Schweizern geschützten Gradner, der jetzt wieder in den Vordergrund trat, nahm den Charakter eines geordneten, wenngleich heftigen Rechtsstreites an.

Bei den Friedensverhandlungen zu Constanz waren, wie oben bemerkt wurde, die Gradner mit ihren Ansprüchen und Forderungen gegen den Herzog Sigmund abgewiesen und diese als nicht zu den Tractaten gehörig von den Verhandlungen ausgeschlossen worden. Es hatte diese Abweisung stattgefunden auf Grund eines eigens hierüber veranlassten schiedsgerichtlichen Spruches. Die Behauptung der Eidgenossen, dass der fünfzigjährige Friede auch auf die Gradner anzuwenden sei, war vom Herzoge Sigmund bei jeder Gelegenheit in Abrede gestellt worden. Bei den Constanzer Friedensverhandlungen kam die Frage wieder zur Sprache und wurde jetzt von beiden Theilen an die Stadt Constanz zur Entscheidung gewiesen. Die Commission erkannte durch richterlichen Spruch, dass die Gradner nicht berechtigt wären, den Herzog Sigmund weder auf Grund des fünfzigjährigen, noch auf Grund des fünfzehnjährigen Friedens zu belangen, weil ihre Forderungen aus einer Zeit herrührten, die ihrer Aufnahme in das Zürich'sche Bürgerrecht um 15 Jahre voranging). In Folge dieses Spruches waren also die Gradner, wie gesagt, von den Friedensvermittlern mit ihren Forderungen abgewiesen und ihre Angelegenheit als reine Privatsache zwischen ihnen und dem Herzoge Sigmund einfach auf den vom Letzteren wiederholt angebotenen Rechtsweg gewiesen worden. Die Gradner, preisgegeben vom Constanzer Tage, willigten ein, gerne oder ungerne, und so begann wieder der frühere Rechtsstreit zwischen dem Herzoge und ihnen, aber mit einer theils offenen, theils geheimen Unterstützung von Seite der Eidgenossen, welche die Bestimmung des Constanzer Friedens zur Täuschung machte.

Schon am 27. Juni, vier Wochen nach dem Friedensschlusse, ersuchten der Bürgermeister und die Räthe der Stadt Zürich, und sämmtliche Eidgenossen den Herzog Sigmund, ihnen in der Sache der Gradner einen freundlichen Tag an irgend einem gelegenen Orte festzusetzen; „sie wollten sich dabei so beweisen, dass der Herzog ihren guten Willen merken und Gefallen daran haben sollte"; am Schlusse fügten sie aber den sonderbaren Beisatz hinzu: „und aber sonst der Friede nicht gehalten werden möge"). Die

1) Stettler, p. 182.

2) continuo magis magisque superbiae suae cornua contra hanc sedem, fidem catholicam et nos erigere, ac sacrilegium sacrilegio addere."

3) Herzog Sigmund liess die Clarissinnen von Brixen, weil sie wider sein Verbot das Interdict beobachteten, aus dem Lande schaffen.

4) Urk. im Innsbr. Arch., dann in Handlung ete. Brixn. Arch. p. 415, dd. Rom, 31. Jän. 1462. 5) Burglehn. I, 2. Abth., p. 317.

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Sinnacher VI, 520.

6) Urk. im Innsbr. Schatzarch. dd. 27. Juni 1461.

Absicht der Eidgenossen ging bei diesem Antrage offenbar dahin, den Gradner Handel, trotz der Constanzer Friedensbestimmungen, an sich zu ziehen. Herzog Sigmund war aber nichts weniger als geneigt. den Eidgenossen das Recht zuzuerkennen, sich in die Gradner Sache zu mischen; er lehnte ihren Antrag ab mit der Berufung auf den Constanzer Friedensschluss, durch welchen sein Streit mit den Gradnern nicht als eine eidgenössische, sondern als eine Privatsache erklärt worden war. An Wiguleis Gradner hingegen') erneuerte er sein früheres Angebot, ihren Streithandel einem Schiedsgerichte, bestehend aus dem Erzherzoge Albrecht, aus zwei Räthen des Herzogs und aus zwei von den Gradnern gewählten Mitgliedern der Tirol'schen Landschaft, zur Entscheidung zu übertragen. Die Zusammenkunft sollte zu Constanz oder zu Lindau stattfinden. Wiguleis erklärte sich mit dem Angebote einverstanden, obwohl," wie er beisetzte, „Herzog Albrecht ihm seither immer ungnädig gewesen“ 2).

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Nicht einverstanden mit dem herzoglichen Antrage erklärten sich aber die Eidgenossen. Unter dem 6. October erhielt Herzog Sigmund von der Stadt Zürich und gemeinen Eidgenossen Zuschriften, worin sie den Beweis zu liefern suchten, dass die Gradner als Bürger der Eidgenossenschaft im Constanzer Frieden begriffen seien3). Sigmund liess sich durch diese Einsprache nicht beirren, sondern lud Bernhard Gradner's Gemahlinn, Veronica von Starkenberg, die sein Rechtsanerbieten angenommen, auf den St. Barbaratag 4. December an seinen fürstlichen Hof nach Innsbruck, und schickte ihr, ihren Anwälten, oder wen sie mitbringen oder abordnen wollte, sicheres Geleite. Dem Wiguleis Gradner erklärte er, dass er, obwohl derselbe vor Allem schuldig gewesen wäre, sich um Ehre und Glimpf zu rechtfertigen, dennoch in Anbetracht seines bereitwilligen Entgegenkommens davon abgehen, und auf sein Verlangen ihm vor den herzoglichen Räthen das Recht ertheilen lassen wollte. Hingegen stellte er die Behauptung der Eidgenossen, dass die Gradner Sache in den Constanzer Frieden gehöre, mit aller Entschiedenheit in Abrede und verwies sie an das schon früher von ihm in Vorschlag gebrachte Fürstengericht, wenn sie es auf eine Entscheidung ankommen lassen wollten'). Nach einigen Verhandlungen, in denen unter Anderem der Rechtstag für Veronica vom 4. Dec. 1461 auf den 10. März 1462 verschoben worden war, kam es am 25. des letztgenannten Monats und Jahres in Innsbruck wirklich zu Entscheidungen in der Klage der Veronica von Starkenberg gegen den Herzog Sigmund. Als Anwalt der Klägerinn war Burkhart Rullensinger erschienen). Sprecher für den Herzog Sigmund waren Dr. Lorenz Blumenau und Dr. Gregor von Heimburg; Richter, von Herzog Sigmund nach den Privilegien des Hauses Österreich dazu bestimmt, der Ritter Christoph Botsch, Hauptmann an der Etsch und Burggraf auf Tirol. Die Verhandlungen sind nicht ohne Interesse. Die Forderungen der Veronica betrafen mehrere Vermächtnisse in Geld und fahrender Habe, welche Bernhard Gradner ihr als Morgengabe verschrieben; ferner Kleinodien und Frauengeräthe, was sammt und sonders Herzog Sigmund eingezogen habe. Ihr Gemahl Bernhard habe ihr 200 Mark Geldes jährlicher Gülte die er mit dem Schlosse Stein unter Löwenberg vom Herzoge Sigmund erhalten, als Morgengabe verschrieben; auf gleiche Weise habe er ihr alle fahrende Habe die er in den Landen des Herzogs besass, zu demselben Zwecke urkundlich zugeeignet ;

1) Bernhard muss um diese Zeit sich nicht in der Schweiz befunden haben; es erscheint eine Zeitlang in den Verhandlungen nur sein Bruder.

2) Urk. im Innsbr. Schatzarch. dd. 18. Juli 1461.

3) Urk. im Innsbr. Schatzarch. dd. 6. Oct. 1461. Der Streit drehte sich um die Behauptung Sigmund's: „Der Friede bestimme, dass kein Theil des andern Feinde aufhalten dürfe; die Gradner seien aber des Herzogs Feinde etc." Die Eidgenossen erwiederten: „Es nehme sie Wunder, wie Sigmund die Gradner seine Feinde nennen könne, da im Frieden bestimmt worden, dass alle diejenigen welche am Kriege betheiligt waren, versöhnt sein sollten, und die Feindschaft der Gradner im Frieden nicht ausgenommen worden sei etc." Ferner stützten sich die Eidgenossen, auf den 14. Art. des Friedensschlusses, der da bestimmte, dass, wenn irgend eine Partei Ansprüche an die andere hätte, dieselben nur nach Inhalt des 50jährigen Friedens ausgetragen werden sollten. Sie übersahen, wie Sigmund richtig entgegnete, dass sie selbst beim Constanzer Frieden in die Ausschliessung der Gradner gewilligt hatten ; daher nur mit Unrecht sie wieder in den Frieden einbeziehen wollten.

4) Urk. im Innsbr. Schatzarch. dd. Bozen, 3. Nov. 1461.

5) Vollmachtsbrief der Veronica für Burkh. Rullensinger, dd. 25. Febr. 1462. Innsbr. Schatzarch.

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das eine wie das andere habe aber Herzog Sigmund zu seinen Handen genommen. Überdies habe man ihr ihre Kleider, Fahrnisse und andere Geräthschaften die sie bei ihrer Flucht aus dem Lande in Innsbruck zurückliess, entrissen 1).

Die Sprecher des Herzogs Sigmund erwiederten auf diese Forderungen und Klagen: „Die Veronica müsse beweisen, dass sie im Besitze des Schlosses Stein unter Löwenberg gewesen sei; denn wenn nicht sie, sondern ihr Gemahl Eigenthümer war, habe sie kein Recht zu demselben, da es dann nicht ihr sondern dem Bernhard Gradner abgenommen wurde.

Was die fahrende Habe ihres Gemahles betreffe, die er ihr zur Morgengabe verschrieben, ihm aber abgenommen worden sei, so habe derselbe als Feind das Land angegriffen, Land und Leute beschädigt und sei als Feind behandelt worden. Habe er Zeug in den Schlössern gehabt, so sei dieser ihm als Feind und nicht ihr entrissen worden. Dass auf irgend einem Schlosse Geräthe weggenommen worden wäre, welches der Frau Veronica gehört hätte, sei dem Herzoge nicht bekannt. Würde sie nachweisen können, welches Frauengeräthe ihr in den Schlössern weggenommen worden, so wollte man es ihr zurückstellen. Übrigens seien dies blosse Worte, denn wollte Bernhard Gradner angeben, welches Geräthe der Schlösser er seiner Frau verschrieben habe, so wären es Rosse, Harnische und Waffen, die habe er gebraucht, nicht sie die Frau, also war es sein Gut, nicht ihr Gut." Doch erklärten die Sprecher im Namen Sigmund's dass der Herzog bereit sei, ihr die fahrende Habe zurückzustellen, von der sie das Eigenthumsrecht nachweisen könne; die Gegenstände welche in Innsbruck zurückgeblieben, und unstreitig ihr Eigenthum seien, sollen ihr sogleich herausgegeben werden2).

Da durch diesen Rechtsspruch Veronica, oder vielmehr ihr Gemahl Bernhard Gradner wenig gewann, so entspannen sich neue Verhandlungen und das Ergebniss derselben war, dass nach sechs Wochen wieder ein Rechtstag gehalten werden und dann erst nach besserer Begründung mancher Forderungen die definitive Entscheidung erfolgen sollte.

Nach mancherlei Verzögerungen fand am 12. Juni die verabredete Zusammenkunft in Innsbruck Statt, wieder vor dem vom Herzoge aufgestellten Richter Christoph Botsch. Sachwalter Sigmund's waren dieselben Rechsgelehrten Gregor von Heimburg und Lorenz Blumenau. Veronica von Starkenberg sendete aber diesmal als ihre Anwälte Konrad Otzmanstett und Hans Haber). Sie hatte diese mit einem Documente versehen, in welchem sie bei Treue und Wahrheit, wie sie diese nur immer sagen solle und könne", versicherte, dass ihr ihr Gemahl vor dem Kriege mit dem Herzoge nicht nur alle fahrende Habe die er damals besass, sondern auch die er noch erwerben würde, als Morgengabe verschrieben habe1). Zur grösseren Beglaubigung legte sie den Morgengabbrief ihres Gemahles bei ").

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Auf dem Tage zu Innsbruck waren die Gegenstände der Verhandlung dieselben welche am 25. März zur Sprache gekommen waren. Nach mancherlei Klage und Antwort, Rede und Gegenrede, ward in Betreff des Schlosses Stein unter Löwenberg zu Recht erkannt, dass Herzog Sigmund nicht verhalten sein soll,

1) Das Verzeichniss der in Innsbruck zurückgelassenen Kleider und anderer Habseligkeiten der Veronica von Starkenberg nahm Hormayr als einen Beitrag zur Sittengeschichte des 15. Jahrhunderts in das Archiv für Süddeutschland auf, I, 415. Es mag auch hieher gesetzt werden. „Es ist ein Schreiben zu finden, so sy (Veronica) zu Ynnsbrugg auf den Tag und Stundt, als sie von dannen geflochen, und mit Irem Mann in die Stadt Zürich zu den Schweitzern sich begeben, in Ihrem Hauss gelassen gehabt. Als nemblichen ain runden Perlenrock mit einem Fehenen Kirsen, und zween rundgulden Ermel, Item ain grün sametnen mit Flüglen, darunter ain Fehenen Kirsen mit Unterermel desselben Samets. Item ain blawen Sammt mit Flüglen, darunter ain Hermelin Kirsen mit Unterermeln desselben Sammets. Item ain weissen Badrock Arres (?) darunter ain Fehen Kirsen mit silbernen Knöpfen. Item vier Mennt, darinnen ain Fraw zur Kirchen geht. Mer sechs andere Frawen Röck von Tuch mit Flüglen, darunter Sendel, und die Ermblen mit grün Atles gefietert waren. Dann zwei Hundert Herml Palg, und viel andere Sachen mer in grosser Anzahl." 2) Urk. im Innsbr. Schatzarch. dd. Innsbruck, 25. März 1462.

3) Veronica's Mandat für dieselben, dd. 26. Mai 1462, im Innsbr. Schatzarch.

4) Urk. im Innsbr. Schatzarch. dd. 29. April 1462.

5) Innsbr. Schatzarch. Repertor. III.

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