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Einzuges Sigmund's in Constanz beschrieb uns ein Augenzeuge, der Italiener Ventura Pontanus aus Perugia, der in einem Berichte an den apostolischen Notar Stephan von Nardini die Liebenswürdigkeit des Fürsten, den Glanz seines Gefolges, die Kraft und den Kriegsmuth deutscher Jünglinge, so wie die reizende Tracht und Schönheit deutscher Frauen voll Bewunderung in begeisterten Worten hervorhob1).

Sigmund sowohl als seine Gemahlinn bezeichneten ihren Aufenthalt in den vorderen Ländern mit Handlungen fürstlicher Milde und Klugheit. Eleonora bestätigte den Inhabern von Pfandschaften den Genuss und Besitz derselben noch auf eine längere oder kürzere Reihe von Jahren. Sigmund leitete aus Radolfszell Unterhandlungen mit dem Bischofe Ortlieb von Chur ein, zur friedlichen Beilegung der zwischen ihren Unterthanen obwaltenden Streitigkeiten 2). Am 11. November finden wir ihn zu Freiburg im Breisgau, am 29. wieder in Radolfszell, vom 10. December bis zum Ende des Jahres in Ensisheim. Am ersteren Orte bestätigte er den Bürgern alle alterworbenen Freiheiten und Gerechtsame; während des Aufenthaltes zu Ensisheim, wo er die Huldigung der vorderen Länder empfing, erneuerte er der Bürgerschaft dieser Stadt, dem Städtchen Pfirt, dem Rathe zu Altkirchen, den Bürgern von Tattenried, der Abtissinn und dem Frauenkloster so wie der Stadt Masmünster, ferner denen von Villingen und Thann, einzelnen Edlen und Corporationen alle die von seinen Vorfahren erlangten Freiheiten und vermehrte sie noch mit neuen Gnaden 3). Mitten in dieser edlen Beschäftigung überraschte den Herzog die unerwartete Nachricht von dem Abfalle und der Wegnahme der Stadt Rapperschwyl, und die weitere Anzeige, dass ein ähnlicher Handstreich von Seite der Züricher auch auf Winterthur beabsichtigt sei. Obwohl die letztere Nachricht völlig unbegründet war, indem im Gegentheile die aus dem Plappartkriege heimziehenden Züricher Schaaren, als sie in Winterthur Nachtlager hielten, Gefahr liefen, daselbst ermordet zu werden, und die Winterthurer noch längere Zeit nachher keinen Züricher ihre Märkte besuchen liessen; glaubte Herzog Sigmund dennoch zur Verhütung weiterer Übergriffe einen reisigen Zeug nach Winterthur legen zu müssen *). Bei den Eidgenossen erhob er nicht geringe Klage über ihren alles Recht verletzenden Eingriff), verlangte die Aufrechthaltung des fünfzigjährigen Friedens ), und die Herausgabe von Rapperschwyl so wie alles Übrigen was die Eidgenossen ihm entrissen).

Weil aber Sigmund's Klagen und Forderungen wenig oder gar kein Gehör fanden, indem, wie Stettler sich ausdrückt, der Herzog nicht viel Wesens daraus machen konnte, griff dieser zu einem andern Mittel und beschloss Gewalt mit Gewalt abzutreiben. Vor allem verstärkte er sich mit Bundesgenossen), dann betrieb er in Zuschriften an den Bischof von Trient, an den Hauptmann an der Etsch Oswald Sebner, an Heinrich Campenner Hauptmann auf Persen und an mehr andere einflussreiche Männer in Tirol die möglichst schnelle Einhebung der von den Gerichten, Städten und anderen Ständen des Landes

Innthale und an der Etsch (Urk. dd. Innsbr. 4. Sept.). Ein gleiches Credentiale für Conrad Vintler, zur Verhandlung mit allen landesfürstl. Städten in Tirol (Vintler, Stammbuch ete. Bibl. Tirol. Tom. 894. Urk. dd. 2. Oct.). Am 3. Oct. beglaubigte er denselben als seinen Bevollmächtigten zur Unterhandlung mit den Bischöfen von Trient und Brixen (Vintler, Stammb. loe. eit.). In allen diesen Documenten bezieht sich Sigmund auf Verhandlungen, die auf einem Landtage zu Innsbruck vorher stattgefunden, und wo die Hilfe bereits zugesagt worden war.

1) Ventura de Perusió bei Freher, rer. germ. scriptor. II, 171 etc. (editio Struvii). IV. Buch, 6. Cap.

2) Radolfszell 23. Oct. 1458, k. k. geh. Arch.

Vergl. Joh. v. Müller, Schweiz. Gesch.

3) Lichnowsky Regest. Bd. VII. Die Bestätigung der Freiheiten der Juden in Elsass, Suntgau, Breisgau und Schwaben. Schatzarch. III, p. 1663.

4) Tschudi II, 591.

5) Stettler, Schweiz. Chron. 180.

6) Geschlossen am 28. Mai 1412 zwischen Sigmund's Vater Herzog Friedrich u. den Eidgenossen. Die Friedens-Urk. bei Tschudi. Vergi. Joh. v. Müller, II. Buch am Ende.

7) Urk. im geh. Arch. in Wien.

8) Zweijähr. Einigung mit dem Grafen Ulrich von Würtemberg am 29. Nov. 1458 (Regest. bei Lichnowsky VII.). Funfjähriges Bündniss mit der Stadt Strassburg (19. Dec. 1458. Chmel, Material. VI, 166).

zugesicherten Geldhilfe, deren er zu seinen Rüstungen und zur Abwehr der täglich bevorstehenden Angriffe mehr als jemals bedurfte '). Seinem Vetter, dem Erzherzoge Albrecht, der wie es scheint, ihn nach Österreich eingeladen, schrieb er, er möchte lieber zu ihm nach Feldkirch kommen, um sowohl die im Briefe des Erzherzogs angedeuteten Sachen vor Handen zu nehmen, als auch andere, Beide betreffende Läufe zu besprechen. Sigmund könne der Eidgenossen wegen nicht abkommen und lege auf seine Anwesenheit zu Feldkirch um so grösseres Gewicht, als er täglich auf heftige Angriffe gefasst sein müsse2). Auch an den Papst Pius II. wendete sich Herzog Sigmund, um durch seine Dazwischenkunft den Ausbruch des Krieges zu verhüten; .er ordnete eine Gesandtschaft zu diesem Zwecke nach Florenz ab, wo der Papst sich damals aufhielt 3).

Pius II. kam dem Wunsche des Herzogs mit der grössten Bereitwilligkeit entgegen, denn er hatte ganz eigene und viele Gründe sich dieser Sache anzunehmen und einen Ausbruch des Krieges zwischen den Eidgenossen und Österreich beinahe um jeden Preis zu verhindern.

Seit seiner Erhebung auf den päpstlichen Stuhl, 19. August 1458') war es der Eine, sein ganzes Wesen durchdringende, seine ganze Thätigkeit belebende und umfassende Gedanke und Wunsch, Friede und Eintracht unter allen christlichen Fürsten herzustellen, und ihre vereinigte Macht gegen den Erbfeind der Christenheit zu kehren zur Verhinderung seiner weiteren verheerenden Ausbreitung, und zur Wiedereroberung der christlichen Länder, die bereits seine Beute geworden. Bewunderungswürdig erscheint seine Thätigkeit, nach allen Richtungen hin flogen seine bittenden, mahnenden, strafenden Briefe, an alle Fürstenhöfe eilten seine Legaten. Um persönlich einzuwirken lud er alles was Macht in Europa besass zu einer Versammlung nach Mantua und beschloss, wenn ihm die Versöhnung und Begeisterung der christlichen Potentaten für seine Absichten gelänge, mit dem Muthe und dem Feuereifer eines Jünglings sich selbst an die Spitze des heiligen Kampfes zu stellen 3).

Bei diesen Bemühungen konnte dem Papste nicht leicht eine Nachricht unwillkommener sein als die, dass zu den vielen Fehden und Unruhen die in Deutschland seine Pläne durchkreuzten °), auch noch die Fehde der Eidgenossen gegen einen Fürsten hinzukommen sollte, den er nicht nur aus alter Anhänglichkeit an das österreichische Haus liebte, sondern auf dessen Mitwirkung er vorzüglich zählte und von dessen Macht und Verbindung er sich Grosses versprach').

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1) Den Bischof v. Trient versichert Sigmund aus Feldkirch 7. Febr. 1459, dass er mit Vergnügen die Zusicherung der Hilfe vernommen. Er bittet ihn, allen Fleiss anzukehren, damit solche Hilfe von den Unterthanen schnell hereingebracht werde, indem er derselben zu Nutz und Frommen aller seiner Lande und Leute sehr benöthe. Am 8. Februar befiehlt Herzog Sigmund dem Oswald Sebner für die Einbringung des Anlehens von den Ämtern u. Einzelnen u. vom Gotteshause Brixen des Krieges mit den Eidgenossen wegen Sorge zu tragen. Gerade im Begriffe nach Tirol zurückzukehren, werde er aufgehalten durch Sachen mit den Eidgenossen vorgefallen." Am Schlusse des Schreibens neuer Auftrag, darob zu sein, dass das Anlehen eingebracht, überhaupt Geld aufgebracht werde. Den Hauptmann auf Persen, Heinrich Campenner, fordert Sigmund am 18. Febr. auf, mit allem Fleisse dahin zu wirken, dass die Gerichtsleute von Persen bei ihrem gegebenen Worte bleiben, und die Geldhilfe bewilligen. Auf ihre Einwendungen soll er ihnen vorstellen, dass der Herzog des Geldes um Land und Leute und um seiner grossen Nothdurft willen haben müsse; sie sollen Mitleiden mit ihm haben, nicht verziehen, und ihn in solcher Nothdurft nicht stecken lassen (Urkunden im Regist. d. Händel etc. im k. k. geh. Arch.).

2) Urk. dd. Feldkirch. 8. Febr. 1459 im Regist. d. Händel etc. k. k. geh. Arch. in Wien.

3) Gobellini, commentarii etc., p. 94. Inter haec et legati Sigismundi Austriae ducis Pontificem adiere, qui Swizzaros propediem in armis dixerunt futuros, australemque Domum bello aggressuros. . . . quod intelligens Sigismundus . . . ad Pontificem, qui bellum interciperet... oratum misit."

4) Raynald. ad an. 1458.

5) Raynald. ad an. 1458 et 1459.

6) Gobellini commentarii etc. p. 111. „Inter haec gravissima Germanos exagitare principes discordia coepit... nec dubium videbatur quin superior Germania omnis rueret in ferrum. Incendium atrox et nulli parsurum excitabatur; quae res magno moerore Pontificem affecit." Vergl. Häberlin, Teutsche Reichsgesch. VI. 371 - 380, 385 395. Halle 1774.

7) Schon 14 Tage nach seiner Erwählung schrieb Pius an den Herzog Sigmund: „Hanc vero assumtionem nostram ad tuam consolationem significandam duximus generositati tuae, quem uti peculiarem nostrum et ecelesiae filium singulari complectimur charitate. Tua autem excellentia, quod maxime catholicos principes decet, a quibus ceteri bene vivend,

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Der Papst musste sich um so schmerzlicher berührt fühlen, als er schon am 25. Jänner 1459, auf seiner Reise nach Mantua aus Terni die ganz specielle Einladung an den Herzog Sigmund erlassen hatte, mit der Bitte, ja sicher bei der Versammlung zu erscheinen und durch sein Beispiel auf Andere zu wirken '). Darum forderte er sogleich auf die erste Kunde von der bevorstehenden Fehde die Städte Constanz und Basel auf, Alles anzuwenden, den Ausbruch des Krieges zwischen dem Herzoge Sigmund und den Eidgenossen zu verhüten und den Frieden zu vermitteln 2). Unter dem ersten Mai sendete er aus Florenz seinen Notar Stephan von Nardini einen ausgezeichneten Mann, den Pius mit grossem Vertrauen zu den wichtigsten Gesandtschaften verwendete und später auf den erzbischöflichen Stuhl von Mailand erhob, an den Herzog Sigmund, um den drohenden Brand noch rechtzeitig zu ersticken). Der päpstliche Legat eröffnete am 25. Mai zu Constanz die Friedensunterhandlungen. Ihm schlossen sich die Gesandten des Königs von Frankreich, Karl's VII., die ohnehin an Sigmund's Hoflager verweilten, und der Bischof Heinrich von Constanz an1). Den vereinten Bemühungen dieser Vermittler gelang es, die streitenden Parteien zu versöhnen. Am 9. Juni, nach sechzehntägigen Verhandlungen, verständigten sie sich über folgende Puncte.

Der am 28. Mai 1412 zwischen Sigmund's Vater dem Herzoge Friedrich und den Eidgenossen geschlossene fünfzigjährige Friede, der klar ausweise, was jeder Theil dem andern zu thun und zu halten verpflichtet sei, soll bis zu seinem Ausgange, 28. Mai 1462, von beiden Parteien getreu und festiglich ohne alle Gefährde gehalten werden.

Innerhalb der noch übrigen Frist des fünfzigjährigen Friedens, also innerhalb der nächsten drei Jahre, soll der heilige Vater der Papst, oder der allerchristlichste König von Frankreich, zur vollständigen Ausgleichung aller zwischen dem Herzoge Sigmund und gemeinen Eidgenossen bestehenden Zerwürfnisse einen andern Tag nach Basel, Constanz oder nach einem andern gelegenen Orte einberufen. Auf diesem Tage sollen des heiligen Vaters und des Königs von Frankreich Botschafter oder Legaten, auch des Bischofes von Constanz und der Städte Constanz und Basel bevollmächtigte Abgeordnete erscheinen, und vor denselben alsdann Herzog Sigmund entweder persönlich oder durch Anwälte, dessgleichen die Eidgenossen durch ihre Vertreter ihre Klagen und Forderungen vorbringen. Alle ihre Streitsachen sollen zu einem gütlichen Vergleiche und zu einem ewigen Frieden gebracht werden.

Wegen Forderungen welche Diener, Räthe, Schutzempfohlene oder Unterthanen der einen Partei gegen die andere haben, soll kein Theil den andern mit Gewalt überziehen oder bekriegen, oder das zu thun gestatten, sondern jeder soll sein Recht auf den Wegen suchen, welche der fünfzigjährige Friede bezeichnet).

exempla debent assumere, fidem catholicam nostram et apostolicae sedis auctoritatem, honorem etc. protegere ac defensare velit. ut ceteri fideles exemplo tui ad similia incitentur. (Urkunde dd. Rom. 2. Sept. 1458 bei Chmel Material. II, 160.) 1) Urk. in d. Font. rer. austriac. II, 180.

2) Urk. dd. Siena 13. April 1459 bei Freh. rer. germ. script. II, 116. (edit. 1602.)

3) Gobellini commentar. p. 94. Das Credentiale dd. Florenz 1. Mai 1459 bei Chmel Material. II, 169. „Quantis hucusque conatibus quanta diligentia adnisi sumus, ut principes, populos et omne nomen christianum ad pacem concordiam unionem et mutuae benivolentiae consensum perducamus, in barbarosque spursissimos dei hostes armemus tua celsitudo novit. . . Et si a caeteris Christianis bene speravimus, nullos tamen populos nullam gentem aut nationem majora Alemannis praesidia rei christianae allaturam credimus, quam scimus vidimus novimus fidei ardore, religionis devotione christianissimam, virorum fortium abundantia potentissimam . . . Sed molestissimo percussi sumus nuncio, christianae salutis inimicum Sathanam inter multos atque primores alemanniae principes et populos acerrimas venenosasque disseminasse discordias. Quare ut tantis tam dolendisque periculis obviemus, Stephanum Forliviensem. . ad te duximus mittendum. .“

4) Chmel Material. II, 173. Die französ. Gesandten waren: Helyas Bischof v. Viverensz (Viviers?), Georgius Havart Herr zu Rosier, maître des requêtes, u. Johann v. Campidenario, Gebietiger S. Antonien von Ysenheim. Auffallend sind die Irrthümer bei Zellweger Appenzell. Gesch. II, 22. Nach ihm fand sich ausser dem Herzoge und seiner Gemahlinn u. den Gesandten des Königs von Frankreich auch „der Cardinal von Siena Piccolominials Abgeordneter des Papstes" ein! Sollte Zellweger wirklich nicht gewusst haben, dass Aeneas Sylv. Piccolomini am 19. Aug. 1458 als Pius II. zum Papste erwählt worden?

5) Urk. dd. Constanz 9. Juni 1459 in Chmel's Material. II, 173. Vergl. Chmel's Regest. K. Friedr. IV. Bd. II, num. 3710. Zellweger, Versuch etc. p. 7. 8.

Die Freude des Papstes über die durch seinen Legaten zu Constanz bewirkte Aussöhnung des Herzogs Sigmund mit den Eidgenossen war ungemein gross; nicht nur Gobellinus versichert uns dessen, und fügt hinzu, Pius habe dem Legaten zum Beweise seiner Freude wie seines Vertrauens den Auftrag ertheilt, ohne Verzug nach Nürnberg zu eilen, um auch dort Frieden und Eintracht unter den deutschen Fürsten zu stiften'), sondern Raynaldus theilt uns auch Stellen des Briefes mit, in welchem Pius seinen Glückswunsch und seinen Dank an Nardini ausdrückt2).

Den Herzog lud nun der Papst dringendst ein, nach Mantua zu kommen, was jetzt für Sigmund um so leichter sei, da er mit den Fürsten und Städten Alemanniens Frieden gemacht habe, aber auch um so nothwendiger, als bereits Zendrew in Rascien von den Türken erobert worden und die Gefahr näher sei3). Am 2. und 6. October wiederholte Pius seine dringende Aufforderung, da in der Zwischenzeit auch noch andere Gründe hinzugekommen waren, welche den Papst bestimmten, unmittelbar und persönlich mit dem Herzoge zu verkehren). Sigmund gehorchte dem Rufe; schon unter dem 5. August traf er Vorkehrungen für die Sicherheit der vordern Lande, indem er Land und Leute für die Zeit seiner Abwesenheit dem Grafen Ulrich von Würtemberg empfahl und den Grafen Hugo von Montfort zum obersten Hauptmann daselbst einsetzte3). Am 10. November traf er mit einem glänzenden Gefolge in Mantua ein. Pius liess ihn von zwei Cardinälen und seiner ganzen Curie feierlichst empfangen, behandelte ihn mit der grössten Aufmerksamkeit, und pries mit herrlicher Rede vor aller Versammlung des Herzogs Tugenden und vortreffliche Eigenschaften, die seit dessen Knabenalter der Papst kennen zu lernen Gelegenheit gehabt habe°).

Zur Beilegung der Streitigkeiten mit den Eidgenossen wurde auf Sigmund's Bitten der vom Legaten Nardini im Vertrag vom 9. Juni 1459 ohne nähere Zeitbestimmung in Aussicht gestellte Tag, in Übereinstimmung mit dem Könige von Frankreich und dem Bischofe von Constanz, auf den nächsten Sonntag Oculi (16. März 1460) nach Constanz ausgeschrieben und den Botschaftern beider Parteien aufgetragen, unfehlbar daselbst zu erscheinen. Dort sollten die Räthe des Königs von Frankreich mit dem Bischofe von Constanz zu Recht sitzen, die Parteien verhören und handeln wie sich's gebührt. Inzwischen sollten alle Streitsachen der Parteien und ihrer Anhänger bis zum Tage Oculi in guten Dingen anstehen und kein Theil gegen den andern im Argen etwas vornehmen').

Um sich dem Herzoge noch gefälliger zu zeigen, erliess der Papst am 2. Jänner 1460 ein wohl absichtlich in allgemeinen Ausdrücken gehaltenes, an den Bischof von Basel und an die Äbte von Kempten und Stams gerichtetes Breve, in welchem er diesen Prälaten den Auftrag ertheilte, dahin zu wirken, dass alle dem Herzoge Sigmund und dessen Vorfahren auf gewaltsame Weise abhanden gekommenen Besitzungen wieder an ihn zurückgebracht würden, ein Breve, von dem sich kaum in Abrede stellen lässt, dass es vorzugsweise den Eidgenossen gemeint war. Pius II. erklärt darin, dass es zum Berufe des apostolischen Stuhles gehöre, Ungerechtigkeiten, wo sie sich zeigen, zu unterdrücken. Nun habe er mit grosser Betrübniss vom Herzoge Sigmund die Klage vernommen, dass ihm eine Menge von Städten, Burgen, Flecken, Dörfern und anderer Besitzungen im Herzogthume Österreich, in der Grafschaft Tirol, in Schwaben, Elsass, Breisgau, in den Bisthümern Salzburg, Passau, Constanz, Basel, Strassburg, Lausanne, Augsburg, Freisingen, Brixen, Trient, Chur und Feltre auf ungerechte Weise entfremdet worden sei. Seine Vorfahren hätten in Zeiten

1) Gobellin p. 113. „Anxius inter haec Pontifex Pius II. felici nuntio recreatus est, quod apud Constantiam Nardini Legati sui opera compositae res fuerant. . . Jussit Pontifex Nardinum propere Norimbergem petere etc."

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7) Tschudi II, 594. Dieser von Tschudi zum J. 1459 mitgetheilte „Abschied zu Constanz vor dem neuen Jahrstag“ kann nur in dem im Texte gegebenen Zusammenhang aufgefasst werden.

der Noth dergleichen Besitzungen verpfänden müssen; nun hätten aber deren Inhaber, die Verlegenheit der Herzoge von Österreich benütztend, diese zu nachtheiligen Versprechungen und eidlichen Zusagen gezwungen, und verweigerten jetzt auf die erpressten Zusicherungen pochend die Ablösung der Pfandschaften. Herzog Sigmund habe den päpstlichen Stuhl um Hilfe angerufen, und dieser trage hiermit den obgenannten Commissären auf, selbst mit Anwendung des Interdictes und Bannes dahin zu wirken, dass die in vorbeschriebener Weise abhanden gekommenen Besitzungen wieder an den Herzog Sigmund zurückgebracht werden').

Der Papst ging zu Gunsten Sigmund's noch weiter. Nach der letzten, vor dem Ausgange des Jahres 1459 zu Constanz mit dem Hause Österreich vereinbarten Abrede hätte Rapperschwyl an den Herzog Sigmund zurückgegeben werden sollen). Allein die Eidgenossen erfüllten diesen Punct des Vertrages nicht nur nicht, sondern entrissen dem Herzoge gegen den Frieden auch noch die Stadt Stein, indem sie den halben Theil derselben in Eid und Gelübde nahmen. Sigmund brachte die Klage hierüber an den Papst wie auch an den König von Frankreich). Nun erliess Pius ein Breve, worin beiden Parteien geboten wurde, dem Abschiede von Constanz vollkommen nachzuleben, mit der beigefügten Drohung, dass der dawider handelnde und des Friedens sich weigernde Theil in den Bann verfallen sein sollte1).

Allein mit einem Male veränderte sich die ganze Lage der Dinge. Papst Pius II., der, wie das Vorstehende zeigt, auf Herzog Sigmund grossen Werth gelegt, dessen Streitigkeiten mit den Eidgenossen durch die Absendung eines eigenen Legaten ausgeglichen, ihn zu Mantua mit väterlichem Wohlwollen und zarter Aufmerksamkeit behandelt und gegen die Übergriffe der Schweizer sogar in Schutz genommen, derselbe Papst Pius II. spricht, ehe sechs Monate verstrichen, die Eidgenossen von aller und jeder Verpflichtung, die mit Sigmund eingegangenen Friedensschlüsse zu halten, frei und ledig, widerruft die Censuren die er gegen die eidgenössischen Orte wegen ihrer Angriffe auf österreichisches Gut verhängt, fordert dieselben auf, mit dem Herzoge allen Verkehr und jedes Bündniss abzubrechen, und im Falle der Papst es verlange, als muthige Vollstrecker der Gerechtigkeit dem päpstlichen Stuhle mit Waffengewalt beizustehen. Die Ursachen dieser grossen Veränderungen lagen in den Beziehungen des Herzogs Sigmund zu dem Bischofe von Brixen, dem Cardinal Nicolaus Cusanus 5).

Zwischen diesem Kirchenfürsten und dem Herzoge waren nämlich mittlerweile aus verschiedenen Gründen die heftigsten Streitigkeiten entstanden. Die Spannung war schon im Jahre 1457 so weit gestiegen, dass der Cardinal bei einem Aufenthalte in Innsbruck Gefahr für sein Leben befürchten, und zu seiner Sicherheit auf sein beinahe unzugängliches Felsenschloss Andraz in Buchenstein sich flüchten zu müssen glaubte ). Alle Vermittlungsversuche des Papstes Calixtus III., des Herzogs Ludwig von Baiern,

1) Urk. dd. Mantua 2. Jän. 1460. Chmel, Material. II, 187. Die Jahreszahl 1459 anstatt 1460 erklärt sich in dieser wie mehreren anderen aus Mantua datirten Urkunden, dass die röm. Kanzlei daselbst das Jahr von Ostern zu Ostern berechnete.

2) Es erhellet dies zwar nicht aus dem von Tschudi II, 594 mitgetheilten Abschiede, wohl aber aus Gobellin p. 113, aus Raynald zum J. 1460 num. 44, und ganz unzweideutig aus dem Schreiben Sigmund's an Petermann von Raron bei Tschudi II, 604. 3) Siche Urk. bei Chmel in den Monument. Habsburg. Erste Abth. I. Bd. p. 231. Dieses Schreiben der Eidgenossenschaft war nicht an Kön. Ludwig XI. gerichtet, sondern an Karl VII; und gehört nicht in das Jahr 1474, wohin Chmel, allerdings mit einem Fragezeichen, es versetzt, sondern zum Jahre 1460 und zwar in dessen Anfang. Die Urkunde selbst enthält die Beweise für diese Behauptung. Der König von Frankreich schrieb an die Eidgenossen, wie die Urk. angibt, am XV. November. Am 3. December erhielten die Eidgenossen dessen Brief. „Der König habe im vergangenen Jahre seine Botschafter gesendet“; das war vom Zeitpuncte der antwortenden Eidgenossen betrachtet, das Jahr 1459. Ferner heisst es in der Urkunde: „Welche matery des frids in gegenwart ewrer Künigl. majestät botschafter am jüngsten zu der stat Constanz vernewt und abgeredt ist"; darunter ist der oben aus Tschudi II, 594 angeführte Abschied zu verstehen. Das Schreiben der Eidgenossen an den König v. Frankreich fällt also in den Anfang des Jahres 1460.

4) Aus Sigmund's Schreiben an Petermann von Raron dd. Feldkirch 12. Oct. 1460 bei Tschudi II, 604.

5) Der Verfasser ist Willens, diese in vielfacher Beziehung höchst wichtigen Verhältnisse zwischen dem Cardinal Cusanus und Herzog Sigmund in einer eigenen Abhandlung darzustellen.

6) In geringer Entfernung von Castello in Buchenstein ragt ein mächtiger dreieckiger Fels frei empor, und auf diesem, wie das Nest eines Adlers in schauderhafter Höhe das Schloss Andraz so kühn aufgebaut, wie kaum ein anderes im Lande - jetzt eine wunderherrliche Ruine der einzige Glanzpunet im düstern Thale. Staffler, Tirol u. Vorarlberg etc. II, 519.

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