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den Handlungen. Der Prophet (welchem Gott gnädig sein und Heil verleihen wolle!) hat gesagt: Der Mensch dessen die stärkste Strafe harrt, ist der Wissende welcher Gott dem Herrn durch seine Wissenschaft nicht nützt; derselbe sagte ebenfalls: Der Erste der am Tage des Gerichts in's Feuer gestürzet wird, ist der Gelehrte dessen Zunge überströmt, und der die Leute herumführt wie der Esel in der Mühle. Die Bewohner der Hölle werden sich um ihn sammeln und sagen: hast du uns nicht zur Beobachtung des Gebotenen und Vermeidung des Verbotenen ermahnt; er wird sagen: ich ermahnte euch zur Beobachtung des Gebotenen, und that es nicht, und zur Unterlassung des Verbotenen, und unterliess es nicht. Der Scheich Ebu Ishak von Schiras flüchtete sich zu Gott vor dieser Wissenschaft, indem er sagte: Wir flüchten uns zu Gott vor der Wissenschaft welche wider uns statt für uns beweiset (Verse):

Du weisst, was schmückt den Herrn, wie's ihm geziemt zu wandeln,
Du handle wie du's weisst, das Wissen ist zum Handeln.

Das Gleichniss des Predigers, des Ermahnenden, und des dem gepredigt oder der ermahnt wird, ist das des Siegels und des Thones oder der Säule und des Schattens; wie könnte der Thon ausdrücken, was nicht im Siegel gestochen, und wie wäre der Schatten gerade, wenn die Säule krumm. Hierauf hat man in Versen gesagt: O Mann, der du als Meister And're lehrest,

Ein anderer Vers lautet:

Und wieder sagt ein Vers:

Ist unterrichtet denn dein eig'ner Geist?
Du gibst die Arzenei, bist selbst ein Kranker,
Und kränker als wen du zu heilen weisst.
Du hörst nicht auf zum Recht uns anzuweisen,
Doch an gerechtem Sinn gebricht's dir meist.
Beginne mit dir selbst, der du voll Fehler,
Dass du vollendet, dann sanftmüthig sei'st.
Dann nehmen wir die Predigt folgsam an,
Dann nützt uns erst, was du uns lernen heisst.

Belehre nicht das Volk, wenn du selbst lebst im Wust,
Denn grosse Schande ist's, wenn Du es selber thust.

O Prediger! du wirst zum Pöbel selbst entadelt,

Wenn du selbst thuest, was dein Mund an Andrem tadelt.

Gott der Höchste hat (im Koran) gesagt: Befehlet dem Menschen Wohlthätigkeit und vergesst eure Seele; desshalben sagt man: die Sünden des Wissenden sind eine schwerere Last als die Sünden des Unwissenden, weil jener nachgeahmt wird, wie der Gottesgesandte (welchem Gott gnädig sein und Heil verleihen wolle!) gesagt: Wer ein schlechtes Beispiel der Sitte gibt, auf den fällt die Last derselben und die Last dessen der darnach handelt; den Unwissenden Sünder drückt in jeder Sünde Eine Last, den Wissenden zwei Lasten, die seiner eigenen Sünden, und die derer die ihn nachahmen; desshalb hat Ali (welchem Gott gnädig sein wolle!) gesagt: „Meinen Rücken brechen zwei Männer, der Unwissende welcher fromm, und der Wissende welcher lasterhaft; der Fromme verführt die Menschen durch seine Unwissenheit, und der Wissende durch seine Lasterhaftigkeit." Die Überlieferung erzählt vom Propheten (welchem Gott gnädig sein wolle!), dass er gesagt: Wehe dem Unwissenden einmal Wehe, und Wehe dem Wissenden siebzigmal Wehe! Es gibt Gelehrte welche die Pflichten der Religion nicht vernachlässigen aber das Disputiren lieben, damit man sage N. N. ist heute der Rechtsgelehrte des Landes; diese Liebe zum Disputiren vermischt sich mit seinem Fleische und Gebein, so dass er die guten Werke aufgibt, und den Koran vergisst, nachdem er denselben auswendig gelernt, und dass, wenn er beten soll, er einer Streitfrage über die monatliche Reinigung und die

Befleckungen im Schlafe nachdenkt und sich des Gebets entschuldigt. Man sagt: nach Wissenschaft streben ist besser als überzähliges Gebet, denn die Demuth ist keine der zum fünfmaligen Gebete vorgeschriebenen Bedingnisse. Man erzählt vom Meister Ebi Ali Dokat, dass er gesagt: „Wer eine von den Sitten des Islams vernichtet, geht zuletzt der ganzen Sunna verlustig, wer die Sunna verlässt, geht zuletzt der Erfüllung der nothwendigen Pflichten verlustig, und wer die nothwendigen Pflichten verachtet, geht des Einflusses Gottes verlustig, und fällt in's Nichtige, und in sein Herz fällt der Zweifel." Siehe! wohin die Vernachlässigung der Sitte und der guten Werke führt. Der Gelehrte muss eingezogen sein, damit seine Wissenschaft nütze, und der Nutzen derselben vermehrt werde. Man erzählt vom Propheten (welchem Gott gnädig sein und Heil verleihen wolle !), dass er gesagt: Wer nicht eingezogen in seinen Studien, dem sendet Gott eins von dreien Dingen; entweder er stirbt in der Jugend, oder er geräth unter die Bauern, oder er wird in den Dienst des Sultans verwickelt. Zur Eingezogenheit gehört, dass der Studirende sich hüte vor der Völlerei, dem zu vielen Schlafe, und dem zu vielen Reden das zu Nichts hilft, vor dem Essen der Speisen auf öffentlichem Markte, weil diese der Verunreinigung mehr ausgesetzt, vor aller Niederträchtigkeit und Vernachlässigung, welche von der Erwähnung Gottes entfernt, und den Segen derselben durch das Ansehen von Nothdürftigen und Armen verschwinden macht. Er hüte sich Anderen übel nachzureden, und viele Gesellschaften zu besuchen. Man hat gesagt: Wer zu viel spricht, vergeudet sein Leben und verliert seine Zeit. Er hüte sich vor den Sündern und Lasterhaften, vor den Müssiggängern und Eitelen, denn die Nachbarschaft steckt an. Er gehe nur mit Männern geraden Sinnes um, mit Scharfsinnigen, und fliehe die Trägen, die Bösen und Unruhestifter. (Vers):

Du frag' nicht um den Mann,

Sieh seinen Umgang an,
Denn Jeder hält für gut,
Was der Gefährte thut.

Es gibt Gelehrte welche kleine Sünden als lässliche betrachten, wie z. B. die üble Nachrede, den Spott und dergleichen mehr, oder welche sündhafte Neigungen, mit welchen sie der Schöpfer behaftet hat, nicht verstecken und sagen: „Wir wissen, dass wir der Sünde ergeben." Dieses ist Unwissenheit und nicht. Wissenschaft; denn jedes Gebrechen muss versteckt werden, besonders vom Gelehrten welchen man nachahmt; desshalb hat einer der Kundigen gesagt, dass er seinen Schülern nicht die höchsten und edelsten Zustände der Begeisterung mittheile aus Furcht, dass er hierin von ihnen nachgeahmt werde. Der Gelehrte muss sich von allen Sünden enthalten, vorzüglich - von den schweren, und kann er sich derselben nicht gänzlich enthalten, so muss er dieselben doch verbergen, um das hohe Ansehen der Wissenschaften zu schützen. Eines der schändlichsten Dinge ist die Verspottung der Beschäftigungen anderer und voriger Gelehrten, besonders der Gegner in Glaubenssachen. So sind Einige der strengen Eschaire (Jünger des Musa Eschaari) so weit gegangen die Anhänger des Imams Hanbal als Ungläubige zu verschreien, so dass jene von diesen verketzert wurden; dieses ist eine falsche und schiefe Ansicht, denn die geachtetsten der Imame die Hanefi, Schafii, Maliki, Hanbeli und Eschaari lehren, dass keiner derer die sich beim Gebete gegen die Kibla wenden, für einen Ungläubigen zu erklären sei; dies ist nicht Festigkeit der Lehre, doch wir wollen schweigen von denen die hinübergegangen zu ihrem Herrn, und längst gestorben. Sie thaten dies, was bei Gott! sie nicht hätten thun sollen.

Das neunte nothwendige Erforderniss, von Manieren und Gebühren (Adab) des Lehramtes, des Mufti, des Richters und der Vorbeter. Die erste Manier und Gebühr des Lehramtes erfordert die Unterdrückung alles Grolles beim Unterrichte; der Lehrer vermische nicht Scherz mit dem Ernste des Unterrichts, er härte sein Herz ab, und lache und spiele nicht, sein Herz sei abgestorben; er gehe in allen Geschäften mit Sanftmuth, Ansehen, Liebe, Milde und schmeichelhafter Behandlung vor, es kümmere

ihn nicht, ob sein Wort angenommen wird oder nicht; er sage: „Mir liegt ob meinen Auftrag auszurichten, aber die Leitung und Gewährung kommt von Gott dem Höchsten." Es hat Nichts auf sich, wenn er den Verstand des Lernenden prüft, und von seiner Begier nach Wissenschaft spricht, denn der Prophet (welchem Gott gnädig sein und ihm Heil verleihen wolle!) prüfte seine Gefährten, wie z. B. als er zu ihnen gesagt: Es gibt unter den Bäumen einen Baum, von dem kein Blatt fällt, derselbe ist das Gleichniss des Moslims. Sagt mir, welcher Baum ist dies? Einigen fielen die Dornenbäume der Wüste ein, dem Sohne Omar's fiel es ein, es sei die Palme, doch schämte er sich in seiner Meinung den Grossen der Gesellschaft zuvorzulaufen. Diese Überlieferung lehrt, dass es den Kleinen nicht zieme den Grossen in Worten zuvorkommen zu wollen, es sei denn, dass allgemeine Erlaubniss (zu sprechen) gegeben werde. Der Studirende streite nicht über die Wissenschaft und polemisire nicht über Wahrheit und Recht, denn diese Polemik öffnet das Thor des Irrthums; er wiederhole bei sich, was er auswendig behalten, um dasselbe zu befestigen, und für sich nützlich anzuwenden mit Beiseitelegung desjenigen dessen er nicht bedarf. Den Anfängern seien keine Schwierigkeiten in den Weg geworfen, sondern der Lehrer fange mit dem Leichten an, und wenn sie dasselbe gefasst, so halte er sie nicht länger bei den offenbaren Dingen auf, sondern gehe mit ihnen in die Schwierigkeiten der Rechtsgelehrsamkeit ein, und tauche mit ihnen in die Tiefen des Meeres. Eines der schändlichsten und verwerflichsten Dinge ist, wenn der Professor (Muderris) nur darauf sieht, dass der Schüler alle Tage eine gewisse Anzahl von Zeilen kenne, welche er ihm eintränkt, ohne dass derselbe die allgemein bekannten Vordersätze in allen oder ihren meisten Theilen einsehe; dies ist die Methode der Meisten welche auf das Amt eines Professors Anspruch machen; nicht jeder Gemeine kann eine bestimmte Anzahl von Zeilen täglich fassen und verstehen. Dieses Unglück hat zu unserer Zeit sehr überhand genommen, desshalb unterstehen sich Unwissende sich in das Lehramt einzudrängen, und auf diese Weise sind der Glanz der Collegien und die Formen der Wissenschaften verfallen. Solche sind es, welche den Verfall der Wissenschaften herbeiführen, bei alledem klagen sie über die Zeit. Gott möge ihnen vergelten, was sie gethan! Bei Gott! Er wacht über alle Dinge. In diesem Sinne habe ich folgenden Vers gesagt:

Weh' die Form der Schulen ist verfallen,

Wer wird wohl mit dem Verfallnen prahlen.

Der Lehrer habe bei seinem Unterrichte keine andere Absicht, als die Leitung der Diener Gottes zum Recht und zur Wahrheit, und ihre Führung zu dem was ihnen frommt, und alle Habgier auszurotten im Schüler. Er muss sich dem Armen nähern, und sich vor ihm demüthigen, und sich zum Schüler hinneigen, mit dem beginnen, dessen derselbe am meisten bedürftig zu seinem Unterhalte in diesem und im anderen Leben; er spreche mit jedem nach Massgabe der Verstandeskräfte und des Fassungsvermögens desselben. Er fühle sich nicht belästigt durch die an ihn gestellten Fragen und die ihm aufstossenden Sprachverwirrungen. Die Hauptaufmerksamkeit des Lehrers sei darauf gerichtet: ob der der Wissenschaft Beflissene Fassungsvermögen genug besitze, um die vorkommenden Knoten aufzulösen, und die Schwierigkeiten zu enthüllen; er verwende auf den Unterricht den grössten Fleiss (wenn der Schüler aber noch nicht dafür empfänglich), so lehre er ihn was er kann von den Religionspflichten und den Vorschriften der Sunna; er befehle ihm dann sich mit dem Erwerbe seiner Nahrung zu beschäftigen, und mit den guten Werken, warte aber bis gegen drei Jahre zu, ehe er die Einsicht desselben auf die Probe stelle.

Von den Manieren und Gebührendes Muftiamts. Die Alten hielten es nicht erlaubt sich das Amt der Entscheidung (als Mufti) anzumassen, wegen des Wortes des Propheten (welchem Gott gnädig sein und Heil verleihen wolle!): Die Kühnsten von Euch und ins Feuer! die Kühnsten von Euch zur Entscheidung! Fürwahr! der Rücken des Entscheidenden (Mufti) ist eine Brücke für die Menschen in der Hölle, die Entscheidung über das was erlaubt und verboten, von Gut und Blut und fleisch

lichen Genüssen. Die Sunna erfordert, dass sich keiner mit freiwilligem Herzen, sondern nicht anders als mit Drohungen gezwungen und wider Willen mit dem Amte eines Mufti bekleide. Der Imam gebrauche hiezu keinen der es selbst begehrt, denn das Begehren setzt Begierde darnach voraus, indem, wenn Widerwillen vorhanden wäre, er sich vor der Annahme verwahren würde. Den Alten galt Schweigen und Hören mehr als Reden, und Selbsterniedrigung mehr als Berühmtheit, und keiner von ihnen war, der nicht aufrichtig gewünschet hätte, dass ihm sein Bruder gleich komme in der Überlieferung und in der Entscheidung. Omer (welchem Gott gnädig sein wolle!) versammelte eines Tages alle Gefährten von Bedr, um über einen Fall zu entscheiden; er entschied nicht nach seiner Meinung, und wiewohl kein Trefflicherer gefunden ward als er, so weigerte er sich doch dessen. Der Mufti entscheide nur in den wichtigsten Angelegenheiten der Religion, und nicht über seltene Spitzfindigkeiten, und wird er um Etwas worüber er zweifelt, gefragt, so sage er: ich weiss es nicht. Das, ich weiss es nicht, ist das Höchste der Wissenschaft. Der Imam Malik welcher um Entscheidung von vierzig Fragen gefragt ward, antwortete auf sechs und dreissig derselben: „Ich weiss es nicht", wiewohl er einer der Imame, Vorkämpfer der Religion; und Ebi Hanife stand in sechs berühmten Streitfragen an, eine Entscheidung zu geben, und so haben viele der vorigen Schriftgelehrten, wenn gefragt, nicht anders als mit: Ich weiss es nicht, geantwortet. Durch die Entscheidungen suche der Mufti nur den Vorzug als Seid (Sejadet) und nicht die Auszeichnung (Riaset), nicht die Annäherung der Menschen, nicht die Gewinnung ihrer Herzen, um Nutzen von ihnen zu ziehen und Ehre zu erwerben; seine Absicht sei keine andere, als sich Verdienst bei Gott dem Höchsten zu sammeln und Sein Wohlgefallen zu verdienen, Sein Wort zu erhöhen, Seiner Religion den Sieg zu verschaffen, und das in ihm hinterlegte Pfand (der Rechtswissenschaft) den Brüdern der Religion zu überliefern. Dies ist Pflicht für ihn. Der Imam Mohammed hat von den Bedingnissen der Fetwaertheilung gesagt, wie folgt: „Wenn der Mufti mehr gute als schlimme Eigenschaften besitzt, so ist ihm gesetzlich erlaubt nach seiner Meinung zu entscheiden." Nach dem Imam Mohammed hat dasselbe Ebu Nassr El-Iraki überliefert; Ebu Jusuf hingegen sagt, dass dem Mufti nicht erlaubt sei ein Fetwa zu ertheilen bis er nicht die Gebote der Schrift und der Sunna, die aufhebenden und aufgehobenen Stellen, die Worte der Gefährten, das Ähnliche und die allgemeine Ansicht der Worte vollkommen inne hat. Ebu Jusuf und Safir und Aafijet Ben Seidenühüm haben gesagt: „Keinem ist rechtmässig erlaubt über unsere Worte zu entscheiden, über das von dem er nicht weiss, woher wir dasselbe genommen; wenn er die Bücher unserer Gefährten (der Imame) auswendig weiss, so mag er antworten erzählungsweise, wenn er dieselben aber nicht auswendig weiss, so bemühe er sich nicht nach der Analogie zu antworten, bis er nicht die Methode der Streitfragen und verschiedenen Seiten kennt." Ebubekr hat gesagt: „wenn er die Bücher aller unserer Gefährten inne hat, so muss er doch erst in der Fetwaertheilung als Schüler auftreten, bis dass er zur selben gehörig geleitet wird." Man sagt: es gebühret sich, dass jeder Mufti den Gebrauch der Einwohner seiner Stadt vorzüglich in's Auge fasse in Allem was nicht widerstreitet dem Gesetze, er antworte nicht denen welche mit Fleiss schwierige Fragen aussinnen, nicht denen welche Sprachverwirrungen und verwickelte Fälle vorbringen, denn dem Fragenden ist's nicht erlaubt dergleichen den Gesetzgelehrten vorzulegen, indem daraus nichts Anderes als die Geringschätzung der Gesetzgelehrten und die Verachtung der Religion erwächst. Der Mufti hüte sich der Laxität der Emire zu folgen und dieselbe unter den gemeinen Leuten zu verbreiten, so z. B. wenn er sagte: das Schachspiel ist erlaubt beim Schafii, und Malik gestattet die körperlichen, durch das Gesetz verhängten Strafen nachzusehen. Ahmed Ben Hanbel erklärt es für erlaubt das Wakf (Stiftungsgrund) zu verkaufen, wenn es verfällt, und der Nutzen desselben zu Nichts herabsinkt und es keinen Lebensunterhalt gewährt. Solche Laxität kann höchstens den Schwachen nachgesehen werden, eben weil dieselben aus Mangel an Kraft schwach. Die besondere Rücksicht für die Emire (Tachssiss) veranlasst Entscheidungen welche der Entscheidende selbst nicht für wahr hält, denn sonst

würde er dieselben insgemein ohne Bezug auf's Besondere entschieden haben. Dieses ist eines der Zeichen der Geringschätzung der Religion, und wir flüchten uns zu Gott vor Verderben. Ein solcher Mufti vergibt sein Ansehen, mindert die Majestät des Gesetzes, und verdirbt die Ordnung der Religion. Ein Dichter Satyriker hat gesagt:

Hört vom Imame Schafii,

Es ist das Schahspiel nicht verboten,

Ebu Hanife redet wahr

In seinem Wort von den Geboten:

Trink dreifach abgeklärten Wein,
Und wenn er viermal auch gesotten.

Und Malik sagt: Nichts hat's auf sich,

Wenn Stück und Rücken sich verknoten 1).
Ahmed erlaubt den Umgang frei

Mit Weissen, Schwarzen und mit Rothen;
Imame all' befugen dich

Zum Trunk, zum Spiel, zu Zoten.

Der Dichter welcher diese Verse gemacht, verdiente gegeisselt und in den Gassen herumgeführt zu werden; Gott wolle denselben zu Schanden machen und verderben dafür, dass er sich solcher Satyre erfrecht gegen die Imame der Moslimen und die Leiter der Muminin. Er hat den Imam Malik und die anderen nur verläumdet in dem was er vom Schahspiel, dem Trunke und den Zoten, der Hurerei und Sodomie sagt; vielleicht gaben hiezu nur die folgenden Verse des Ebu Nuwas Anlass:

Der Mann von Irak hat erlaubt den Wein zu trinken,
Verboten hat er nur betrunken hinzusinken.

Der von Hidschas erklärt dass beide Wein'2) nur Eines,

Von beiden ist erlaubt hiedurch Genuss des Weines.

Unter dem Manne aus Irak ist Ebu Hanife, unter dem aus Hidschas Schafii verstanden; der Dichter behauptet, dass Ebu Hanife den Palmenwein (Nebid), Schafii aber sowohl diesen als den der Rebe (Scherab) für Einen erklärt habe, und dass nach dem Ausspruche von Beiden der Wein erlaubt sei. Dem ist aber nicht so; denn Schafii hat gesagt, dass beide gleich verboten, und nicht, dass beide gleich erlaubt seien. Solche Worte sind Abwendung vom Glauben und Freigeisterei, wovor wir uns zu Gott flüchten. Es ist klar, dass Ebu Nuwas hier nur eine Satyre treiben wollte, dergleichen sich die Philologen öfters erlauben, allein Satyre über solche Gegenstände ist sehr unanständig, indem dieselbe ein Spiel mit der Religion Gottes. Das Thor des Mufti muss immer offen sein, und es darf von demselben Niemand zurückgewiesen werden. Der Rechtsgelehrte Ebul-Leis (dessen sich Gott erbarmen wolle!) hat gesagt: zehn Eigenschaften werden von den Gelehrten gefordert: Furcht (Gottes), Rath, Fürsprache, Ausharren, Geduld, Sanftmuth, Demuth, Enthaltsamkeit, beständiges Lesen der Bücher und Zugänglichkeit. Die letzte besteht darin, dass sein Thor gleich offen den Niederen und Vornehmen. Wir wissen von David (über welchen Heil sei!), dass derselbe sehr unzugänglich gewesen. Zu den Sitten des Mufti gehört weiter, dass er auf Fehlern nicht hartnäckig verharre, und sich nicht weigere die Wahrheit anzunehmen, auch von denen die unter ihm. Wir wissen von Ebi Hanife, dass er zum Worte seiner Schüler zurückkehrte, besonders zu dem Ebu Jusuf's und Mohammed's. Er zaudere und streite mit Keinem, was nur Zeitverlust. Man sagt: dem der Gutes thut, wird mit Gleichem gelohnt, dem der Böses thut, mit Gleichem vergolten werden. Er beschäftige sich mit den Geschäften seiner Seele, und nicht mit der Demüthigung seiner Feinde. Man sagt: wer seine Feinde demüthigen will, der erwerbe zuerst Wissenschaft. Hüte dich vor aller Anfeindung, denn diese bringt dich nur ins Gerede und macht dich Zeit verlieren. Lerne

1) Das Zusammenstossen mit dem Rücken von Knaben und Mädchen.

2) Der Palmenwein und der Wein der Traube.

Denkschriften der philos.-histor. Cl. IX. Bd.

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