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§. 70. Absolution. Die Lossprechung von der Sünde vollendete das Sacrament der Buße. In frührer Zeit bei weiterer Entwickelung der Kirchengewalt ward das Absolutionsrecht nur den Bischöfen und Priestern beigelegt, indem ihnen die Gewalt zu lösen von Gott verliehen sei; daraus folgerten die Gegner der Laienbeichte, daß diese weniger wirksam als die Priesterbeichte sei, obgleich die göttliche Barmherzigkeit auch da sich des Gerechten erbarme. Der Ansicht Peters des Lombarden trat Richard von St. Victor im zwölften Jahrhundert schroff entgegen, und Thomas von Aquino bildete die Lehre vom Amt der Schlüssel weiter und dergestalt aus, daß die frühere forma absolvendi deprecatoria in die indicativa: Ego absolvo te etc. verwandelt wurde. Die freiere religiöse Richtung lehnte sich jedoch lange dagegen auf, und fast alle Secten des Mittelalters stimmten in der Meinung überein, welche von der Kirche fortan als die gefährlichste Keßerei verfolgt ward, daß der Laie ebensowohl Beichte zu hören und zu absolviren das Recht habe, wie der Priester. Selbst Albertus Magnus gestattet noch die Laienabsolution im Nothfall. Sent. L. IV. dist. 17. art. 58, 59, unterscheidet er fünf Arten der potestas absolvendi. Die vierte geschieht ex officio ministrorum concessa sacerdotibus. Et ultima ex unitate fidei et charitatis, et haec pro necessitatis articulo descendit in omnem hominem ad proximo subveniendum; et hanc potestatem habet laicus in articulo necessitatis. Nur einmal wird dieser Punkt bestimmt in unserm Gedichte berührt, indem Trevrecent, der sich selbst einen Laien nennt, den Parcival von seiner Sündenschuld losspricht, nachdem er dessen Beichte gehört, und dieser Buße gethan hat. Der Dichter kann indeß hierbei noch im Sinn gehabt haben, daß Trevrecent theils als frommer Einsiedler, theils als Graldiener und Angehöriger des Gralkönigsgeschlechts noch einen priesterlichen Karakter gehabt habe, wie ja auch die Tempelherren, deren Orden das Templeisenthum im Parcival nachgebildet ist, sich das Absolutionsrecht beilegten. Jeden Falls aber tritt im Kampf des Parcival mit Feirefiß die Ansicht des Dichters hervor, daß die Befreiung von der Schuld der Sünde nur allein Gott gewähre, wonach also die Absolution Trevrecents nur die Bedeutung haben kann: daß er ihm die Sünden in Beziehung auf die Strafe erlasse, wie auch schon Richard von St. Victor distinguirte. Denn erst, als Gott Ithers Schwert in Parcivals Hand zerbrach, ward dieser von der Sündenschuld des Verwandtenmordes und rêroubes entbunden, und hier erst erhielt des Einsiedlers Absolution Gottes Bestätigung. Danach klingt es fast wie eine Ironie gegen das päbstliche Schlüsselamt, wenn der Baruch zu Bagdad mit dem Pabst

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in Nom in dieser Beziehung verglichen wird, der den Heiden für sünde gît wandels urkünde (P. 14, 1.), zumal wenn man vergleicht, wie auch Freidank gegen den Mißbrauch des päbstlichen Absolutionsrechts eifert.

P. 501, 15: Parzival die swaere
truoc durch süeziu maere,
wand in der wirt von sünden
schiet

und im doch rîterlichen riet.

P. 502, 25: Trevrecent: gip mir dîn sünde her;

vor gote ich bin dîn wandels

wer.

P. 744, 14: got des niht lan-
ger ruochte,

daz Parzivâl daz rê nemen
in sîner hende solde zemen:
daz swert er Ithêre nam,
als sîner tumpheit dô wol zam.

Frid. 149, 23: daz der bâbest niht gesünden müge,

swer des giht, daz ist ein lüge. 150, 8: dem bâbest anders niht enzimt,

wan daz er sünden buoze nimt: er mac dem riuwaere

wol senften sîne swaere.

Frid. 150, 20: sünde nieman mac vergebn

wan got al ein; dar sule wir
strebn.

diu gnâde eime esele wol gezimt,
daz er dem ohsen sünde nimt.
der ablâz dunket tôren guot,
den ein gouch dem andern tuot.
151, 7: der bâbest hât ein
schoene lebn:
möhte er sünde ân riuwe vergebn,
sô solte man in steinen,
ob er der kristen einen
oder keiner muoter barn
lieze hin zer helle varn.
151, 23: der bâbest ist ein ir-
desch got,
und ist doch dicke der Rômaer
spot.

153, 7: ze Rôme ist alles reh-
tes kraft

unt alles valsches meisterschaft. 153, 19: laege Rôme in tiuschen landen,

diu kristenheit würde ze schanden.

IV. Priester weihe.

§. 71. Die Existenz eines besondren und eigentlichen Priesterthums, welches sich an die besondre von Christus empfangene Sendung und Ermächtigung anlehnt, stand im Glauben und Leben der Kirche zwar von jeher fest, und es findet sich die biblische Idee des allgemeinen Priesterthums bei den Kirchenvätern oft wiederholt, und dieses Priesterthum darin begründet, daß Alle insgesammt Glieder Christi, des wahren Hohenpriesters, sind, Alle die Taufe und den h. Geist empfangen (Offenb. 1, 6; 5, 10; 20, 6. 1. Petr. 2, 5-9) und Gott

sich selbst fortwährend aufzuopfern haben; allein bei der weitern Gestaltung der Kirche blieb der Gedanke fern, eine Gleichheit Aller im Heiligthum zu statuiren und den Bestand eines eigentlichen von Christus besonders eingesetzten und mit höheren Befugnissen bekleideten Priesterstandes in Abrede zu stellen; nur einige extreme Kezersecten lehnten in dem Streben nach Rückkehr zu einem sogenannten Urchristenthum hiergegen sich auf. Daher ward nicht den Gläubigen als solchen die Macht und das Recht der Sacramentsausspendung zugelegt, sondern dieses als ein Attribut des eigentlichen Priesterthums als solchen anerkannt, ihm die Würde der Mittlerschaft zwischen Gott und seinem Volk zugestanden, und diese Würde über alle irdische Größe weit hinausgesetzt nach dem Maße, in welchem das Himmlische über dem Irdischen, der Geist über dem Leib erhaben ist. Schon bei den ältesten Kirchenvätern galten die Bischöfe als die eigentlichen Nachfolger der Apostel und die eigentlichen Vorsteher der Kirche Gottes und Christi Stellvertreter, ohne deren Willen und Ermächtigung nichts in der Kirche geschehu durfte. Die Priesterweihe war ein Sacrament, welches dem Ordinirten einen unauslöschlichen Karakter aufdrückte, das daher auch nicht wiederholt werden konnte, und ihre Wirkung ist nach der Lehre der Alten die priesterliche Gnade, die Kraft des Geistes; und der eigentliche Ausspender ist Gott, oder näher der H. Geist, und dessen Organ der Bischof. Bei unserm Dichter finden wir das Sacrament selbst in einem Beispiele nicht vorgeführt, allein die Heiligkeit dieses geweihten Standes und den Glauben daran hinreichend und bestimmt ausgesprochen a). - Die Märtyrer des christlichen Glaubens, die unter den Verfolgungen der ersten Jahrhunderte Habe und Gut, Freiheit und Leben ihres Bekenntnisses halber heldenmüthig hingaben, wurden die Heroen der Christenheit, Begleiter und Diener, Freunde und Vertraute Gottes, an Rang nicht selten über die Engel geseßt und als Helfer in allen Nöthen gepriesen und angerufen. Die Heiligenverehrung nahm schon im vierten Jahrhundert ihren Ursprung. Die Bußübungen in ihren strengsten Gestalten, die Entsagung aller weltlichen Freuden, ein ascetisches Leben in stillster Einsamkeit heiligte den Mann schon auf Erden und das Volk verehrte ihn gleich einem geweihten Priester. Diese Verehrung genießt Trevrecent, ungeachtet er sich einen Laien nennt, zu ihm wird gewallfahrtet, und er übt priesterliche Funktionen. Er wird als ein heiliger Mann, sein Leben als ein heiliges bezeichnet. Den von der Kirche heilig gesprochnen Wilhelm von Orange, dessen Gebeine 1129 transferirt wurden, und dessen Wunderkraft sich noch 1679 bethätigte, ruft unser Dichter als einen heiligen

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Helfer an; die im Kampf gegen die Heiden gefallnen Christen gelten als heilige Märtyrer, und selbst die noch lebende Kyburg wird wegen ihrer Leiden, die sie der Taufe willen duldet, heilec frouwe genannt b). Beiläufig sei bemerkt, daß Parcival als einfältiger Knabe dem Artus Heiligkeit beilegt, da er meint, die aus der Ferne gesehnen Thürme wachsen aus der Erde, und Artus habe sie gesäet. Auch der Heide Terramer legt natürlich seinen Göttern Heiligkeit bei c). Der Priester stand im Gottesfrieden, und deßhalb auch die, welche Gott ihr Leben geweiht hatten: so die Einsiedler Kyot und Manfilyot, und Trevrecent weiß sich im unmittelbaren Schutz Gottes, denn er bereite sich gar gein der himelischen schar (P. 452, 25.), und ein Bär und Hirsch hätte ihn mehr erschrecken können, als ein bewaffneter Mann d).

a) P. 502, 7-22 belehrt Trevrecent den Parcival:

welt ir im riwe künden,

er scheidet iuch von sünden. P. 452, 23: sus stuont sîn heilec

lîchez lebn.

wîp und pfaffen sint erkant, die tragent unwerliche hant: sô reicht übr pfaffen gotes segen. W.4,4: helfaere, dô dîn kiusche der sol dîn dienst mit triwen

pflegen,

dar umbe, ob wirt dîn ende guot,
du muost zen pfaffen haben muot.
swaz dîn ouge ûf erden siht,
daz glichet sich dem priester niht.
sîn munt die marter sprichet,
diu unser flust zebrichet.
ouch grîfet sîn gewîhtiu hant
an daz hoeheste pfant,

erstreit

mit diemuot vor der hôhsten hant, daz si dir helfe tet erkant. W. 4, 15: mîns sündehaften mundes galm

dîn heilekeit an schrîet. W. 259, 9: ir (der Gefallnen) heilec verch und iriu bein. W. 420, 11: nu müez wir teilnünftic wesen ir heilekeit.

ir marter unde

daz ie für schult gesetzet wart. swelch priester sich hât sô bewart, daz er dem kiusche kan gegebn, W. 226, 4: al sîn (Wilhelms)

wie möht der heileclîcher lebn? b) P. 462, 11: Trevrecent: doch ich ein leie waere,

der wâren buoche maere kund ich lesen unde schrîben. P. 448, 23: iu ensitzet niht ze

verre vor

ein heilec man: der gît iu rât, wandel für iwer missetât.

heilikeit

möht im siuften hân erworben:
er waer vor leide erstorben
des morgens, wan sîn manlîch art,
d. h. Seufzen des Schmerzes und
Leides hätte ihn getödtet und da=
durch zum Heiligen gemacht, wenn
nicht sein mannliches Wesen ihn
noch am Leben erhalten hätte.

W. 403, 1: Gîbure, heilic frouwe dîn saelde mir die schouwe noch füege

c) P. 161, 29: des jaher im (Artus) für heilekeit

und daz sîn saelde waere breit. W. 354, 10: Terramer: der Verlust meiner Verwandten al mîner gote heilekeit solte erbarmen. d) P. 190, 24: zer wilden albe klûsen

die alten sâzen sunder wer. si heten ouch fride vome her. P. 457, 25: hêrre geloubet mirz,

P.

mich hat der ber und ouch der hirz erschrecket dicker denne der man. ein wârheit ich iu sagen kan: ichn fürhte niht swaz mennisch ist.

ich hân ouch mennischlichen list.
458, 1: het irz niht für einen
ruom,

sô trüege ich fluht (weder Zuflucht
in dieser Abgeschiedenheit) noch
magetuom (ascetisches Leben).
mîn herze enpfienc noch nie den
kranc,

daz ich von wer getaete wanc.

§. 72. Der guote man. Grâ. Grimm, Mythol. ed. 2. S. 79 weist nach, daß im Gothischen der Gott dienende fromme Mann gudja (iɛoeus) heißt, und Matth. 8, 4; 27, 1. Marc. 10, 33; 11, 27; 14, 61. Luc. 1, 5; 20, 1. Joh. 18, 19, 22; 19, 6. überseßt Luther es mit Priester, Hohepriester. Bei der geistlichen Amtsthätigfeit, die dem Trevrecent beigelegt ist, wird daher auch in seiner Bezeichnung der guote man (P. 457, 2; 458, 25; 460, 19; 476, 23; 487, 24; 799, 13.) die Bedeutung der Priesterwürde zu erkennen sein. In der geringeren Bedeutung als fromm heißen der fürstliche Pilger und sein Gefolge die guoten liute (P. 447, 11.). In der geringsten Bedeutung als gut, rechtschaffen, sagt der wunde Ritter zu Gawan: dâ half mir diz guote wîp ûf ir pfert (P. 507, 8.), und der Dichter in Beziehung auf Gawan und den Löwen, der jenen anfällt: wolt man in solher spîse wenen, daz er guote liute gaeze, ungern ich pî im saeze (P. 572, 9.).

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Grâ, grau, die Farbe, gebraucht man abgefehn von so farbigen Gegenständen (3. B. swarz unde grâ zobel, P. 168, 13.) besonders vom anbrechenden, grauenden Tage a) und vom grauen Haupthaar alter Leute. Vortrefflich gewählt ist beim Titurel die Vergleichung seines grauen Haupthaares mit dem durchsichtigen ätherischen grauen Duft, wenn man sich des Hautglanzes erinnert, welcher der Königsfamilie des Grals eigen ist. Das Haar umgab wie ein durchsichtiger Nebel das leuchtende Antlitz des Greises. Ebenso waren auch Khot und Manfilhot grâ unde wol gevar (P. 186, 29.). Grau war aber auch die Kleidfarbe der Büßenden; wenn also nicht vielleicht auch in

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