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Die beigefügte durch das Boethiuslied veranlaßte Abhandlung über den epischen Vers in Frankreich bitte ich so hinzunehmen wie ich sie gebe, nicht als eine ge lehrte Untersuchung der epischen Formen in ihrem Wesen, ihrem Ursprung und ihren historischen Beziehungen; meine Absicht war Freunde der romanischen Poesie auf einige dahin gehörige Dinge aufmerksam zu machen, die zu fen: nen der Mühe lohnt, wiewohl sie häufig unbeachtet bleiben. Ich habe indessen auch verschiedene Beobachtungen und Ansichten, die den bezeichneten Gegenstand nur ent fernt berühren, hier und da einzustreuen kein Bedenken getragen.

Bonn, am 15, December 1845.

Altromanische Sprachdenkmale.

Ties, rom. Denfmale.

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I.

Die Eidschwüre vom Jahr 842.

Die berühmten i. I. 842 zu Straßburg geleisteten Eidschwüre Ludwigs des Deutschen und Karls des Kahlen und ihrer Völker hat uns bekanntlich Nithart, Karls des Großen Enkel, in seinem Geschichtswerke sowohl in ihrer romanischen wie in ihrer deutschen Abfassung aufbewahrt (Histor. lib. 3, cap. 5). Nithart schrieb 841 bis 843 auf Befehl Karls des Kahlen, dessen Vertrauter er war. Ihm mußte das Original der Eide zur Hand sein, und da er sie nicht, wie die vorausgehende Anrede beider Könige an die Völker, ins Lateinische übersehen wollte, so hat er sie gewiß sorgfältig eingetragen. Leider aber ist die einzige uns erhaltene Handschrift seiner Ges schichte eine nicht fehlerfreie Abschrift aus dem 9. oder 10. Jahrh. Die deutsche Abfassung hat darin sehr gelitten, die romanische ist offenbar besser: denn selbst das Schwanken in den unbetonten Endungen der Nomina (fradre und fradra, Karlo und Karle) hat der Schreiber beibehalten, wiewohl dies ses Schwanken am Ende des 9. Jahrh., in welches die Abschrift frühestens zu sehen wäre, nicht mehr vorkam. Unbedingten Glauben wird man ihm freilich auch in dem romanischen Terte nicht schenken wollen, wenn man erwägt, mit wie geringer Ges nauigkeit man im Mittelalter Abschriften von Urkunden zu fers tigen pflegte.

Beide Abfassungen sind nicht genau übereinstimmend. Die romanische ist bestimmter und umständlicher: Ludwig nennt hier seinen Bruder jedesmal mit Namen, während Karl in der deuts

schen Abfassung den Namen seines Bruders nicht ausspricht; die nähere Bestimmung von salvar 'in adiudha et in cadhuna cosa' fehlt daselbst, auch vermißt man das deutsche Wort für numquam. Ich möchte nicht daraus folgern, Ludewig als der åltere Bruder habe das Original geliefert, wornach die etwas unvollkommene deutsche Uebersetzung eingerichtet worden: denn auch diese ist an einer Stelle wenigstens grammatisch genauer (s. Anm. zu lostanit S. 12). Es war am natürlichsten, daß man die Eide erst lateinisch aufschrieb und hieraus in die Volkssprachen übertrug. Daraus erklärt sich auch am leichtesten die große Annäherung des romanischen Lertes an den lateinischen Ausdruck, vor allem die Auslassung des Artikels, welcher der Sprache längst bekannt sein mußte.

Raynouard nennt die Eide romanisch, was ihm gleichbedeutend ist mit provenzalisch, denn nach seiner Ansicht ward ganz Frankreich damals noch von dieser Mundart beherrscht. Daß um die Mitte des 9. Jahrh. die Sprache Süd- und Nordfrankreichs im wesentlichen dieselbe war, darf man einråumen; daß aber das fragliche Denkmal nicht provenzalische, sondern im Gegentheil französische Färbung trägt, ist schwer zu låugnen. Ich erinnere nur an die unprovenzalische Partikel pro, an die Personalendung t, insbesondre an das Pråsens dist (prov. deu, franz. deit), so wie an die Formen amur, dunat, nun statt amor, donat, non. Der franz. Mundart fehlt bloß das Pronomen ist, das aber hier nur in einer adverbialen Verbindung gebraucht, im übrigen durch das ganz franz. cist vertreten wird. * Die südliche d. h. provenzalische Sprachform war vermuthlich weniger rauh, weniger von Mundarten durchkreuzt als die nördliche.

Der unten folgende romanische Lert ist nach einem Facsimile in Roqueforts Glossaire de la langue romane tom. I. p. XX mit Rücksicht auf Perzens Abdruck (Monum. Germ. hist. tom. I. p. 665. 666); der deutsche, den ich als critisches

*) Gleichwohl konnte neuerlich Ampere noch aussprechen: le serment présente... quelques formes françaises et un plus grand nombre de formes provençales. Hist. litt. avant le 12. siècle. III. 487.

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