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II.

Lied auf die heil. Eulalia.

In einer Handschrift des 9. Jahrh., die aus der Abtei St. Amand in die öffentliche Bibliothek von Valenciennes übergegangen war, entdeckte es Hoffmann von Fallersleben im Jahr 1837 zugleich mit dem deutschen Ludwigsliede. S. Elnonensia, Monuments des langues romane et tudesque etc. Gand 1837. Beide Gedichte sind von derselben Hand geschrieben, nach dem Urtheile eines Kenners von dem gelehrten Hucbald († 937), der bei Karl dem Kahlen und dessen Kindern sehr in Gunst stand (Willems in der bemerkten Schrift p. 16). Hucbald mußte der deutschen und romanischen Sprache vollkommen mächtig sein. Vorangeht in lateinischer Sprache von anderer Hand ein begeisterter Gesang auf die heilige Eulalia, dessen Verfasser offenbar einen Hymnus von Prudentius auf dieselbe Heilige vor Augen hatte (Peristephanon num. 3), denn nicht allein bedient er sich anfangs desselben Metrums, er schaltet seinem Lied auch zwei Verse des Hymnus wörtlich ein:

spiritus hic erat Eulaliae,

lacteolus celer innocuus.

Man nimmt der Heiligen dieses Namens gewöhnlich zwei an, eine von Merida und eine von Barcelona (Acta Sanct. ed. Bolland. Febr. tom. II. p. 577); die erstere ist die von Prus dentius und mithin von dem Verfasser des lateinischen Liedes besungene. Das romanische Gedicht erinnert in nichts an jenen Hymnus, es weicht selbst in wesentlichen Puncten von ihm ab, indem es den Kaiser Marimian selbst als Richter nennt und

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Eulalia durch das Schwert sterben läßt, während nach dem Hymnus ein kaiserlicher Beamter zu Gerichte sißt und die Heilige durch das Feuer endet. Aber auch auf die von BarceIona kann es sich nicht beziehen, da diese gleichfalls unter eis nem kaiserlichen Präses den Feuertod litt (España sagrada, t. XXIX. p. 374); der Verfasser muß einer andern in einigen Umständen abweichenden Legende von einer römischen Eulalia gefolgt sein (vgl. das. p. 305), die der Kaiser Marimian selbst verurtheilt haben kann. Hieraus folgt wenigstens soviel, daß Hucbald nicht etwa selbst, durch das lateinische canticum ant geregt, das romanische Gedicht verfaßt hat: ein so gelehrter Mönch würde die darin gemeinte Eulalia des Prudentius nicht verfehlt haben. Vermuthlich also fand er es vor und fügte es als einen der Aufbewahrung werthen Versuch in der Volkssprache dem canticum bei. In der Handschrift folgt sodann das Ludwigslied, das mit dem französischen Gedicht die innere Ähnlichkeit hat, daß es gleichfalls einen Triumph des Christenthumes über das Heidenthum feiert.

Vergleicht man die Sprache dieses Denkmals mit der des vorigen, so liegt hier die französische Form entschieden vor, d. h. a in den Endungen ist dem platten e gewichen. Die Bildungen sind minder starr und doch bestimmter als dort, die Grammatik ist vollkommen geordnet. Es scheint, als habe die französische Mundart, nachdem sie seit der Theilung des fränkischen Reiches Nationalsprache geworden, sich in ihre in den Eiden fast noch im Keim liegende Gestaltung rasch gefunden. Wäre das Alter der Handschrift nicht so wohl verbürgt, so könnten Gründe aus der Entwicklungsgeschichte der Sprache geschöpft an der Richtigkeit desselben zu zweifeln verleiten. Einige grammatische Züge erwähne ich besser hier als in den Noten. 1) Artikel und Casuszeichen, die in dem ersten Denkmal fehlen, sind vorhanden. Eine Wahrnehmung wird die herkömmliche zuleßt noch von Fallot (Rech. p. 41) geäußerte Ansicht berichtigen können. Der männliche Artikel erscheint nämlich in dieser als ten Quelle bereits ganz in seiner eigenthümlich französischen Gestalt: Nom. Sing. li, Acc. lo, Nom. Plur. li, Acc. les. Wir lernen daraus, daß die Form li des Nom. Sing. feines

wegs die Stelle eines frühern den Provenzalen verbliebenen offenbar accusativischen lo eingenommen, sondern daß sie ihr vielmehr vorausgegangen und in Erwägung des lateinischen Vorbildes ille die ursprüngliche gewesen sein muß, in deren Besiß also sich die französische, nicht die provenzalische Mundart befindet. -2) Die Bezeichnung des Casus oder Numerus durch Zutritt oder Wegfall des s ist genau beobachtet; nur einmal steht krist für krists zur Vermeidung der Hårte. 3) Die 3. Person Sing. endet im Indicativ durchaus auf t, im Conjunctiv einigemal bloß auf e. Diese Unbestimmtheit nimmt in den nächsten Schriftwerken in hohem Grade zu. Die Lois de Guill. haben z. B. im Prås. Ind. apeled, encontre, semble, comand, im Conj. dereinet, espurget, mande, achat, prende, rende, face, vienge; die Livres des rois im Ind. peched, demandet, trespast, meine, eslieve, im Conj. deived, vived, murged, parolge, sache, face. Aus dieser rein zufälligen Schreibung mit t oder d ergibt sich, daß diese Buchstaben zur Zeit, wo die Abschriften gefertigt wurden, nur noch etymologische, nicht phonetische Bedeutung hatten. 4) Eine besondre Eigenheit in der Conjugation ist, daß das Perfect in seiner 3. Person Sing. zwei ganz abweichende Formen zeigt, nåmlich neben der gewöhnlichen aus dem latein. Perfect geflossenen noch eine mit r bezeichnete. So trifft man fut und furet vom Verbum estre, überdies roveret, auret, pouret, voldret. Führt man diese Form auf ein latein. Etymon zurück, so bietet sich im Indicativ nur das Plusquamperfect dar: aus fuerat, rogarat, habuerat, potuerat, voluerat lassen sich die angeführten Wörter bequem herleiten. Im Altfranzösischen

*

*) Im 13. Jahrh. muß auslautendes t vor Consonanten im allgemeinen stumm gewesen sein, wie die zusammengeseßten Reime lehren, z. B. art geté: largeté G. de Nev. p. 5; art gent: argent Nouv. fabl. ed Jubinal II. p. 317; court ci: accourci Ruteb. II. 71. Eine von Thomas Wright bekannt gemachte latein. geschriebene Anweisung zur englischnormannischen und lateinischen Orthographie aus dem 13. Jahrh. (Altd. Blätter II. 193) gibt die Regel, jeden auslautenden Consonanten vor folgendem Consonanter, sofern man keine Pause mache, verstummen zu lassen mit Ausnahme der drei Buchstaben s, m, n, r.

Diez, rom. Denkmale.

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sucht man diese Form im übrigen vergebens;* heutige Volks mundarten haben zwar im Perfect ein flerivisches r, aber grade nur im Plural, z. B. von être lautet im Burgundischen der ganze Plural fure (Schnakenburg, Tableau p. 76), im Wals Lonischen fouri (Remacle, Dict. wall. p. 12). Oder ist das Plusquamperfect hier gar nicht im Spiel? Verführte das r der 3. Person Pluralis die des Singulars ebenso zu bilden, um diesen Numerus mit jenem in Übereinstimmung zu bringen? Denn voldret und voldrent verhalten sich genau zu einander wie Pråsens chantet und chantent. Bedenkt man, daß der franz. Sprache das provenzalische als Conditionell ges brauchte Plusquamperfect von Anfang an abgieng, ferner daß eine solche Ausgleichung der Formen des Perfects umgekehrt auch in der Art vorkommt, daß der Plural sich nach dem Singular bequemen mußte (dist von dixit, dissent statt distrent von dixerunt) und daß auch andre Sprachen eine ähnliche Gleichsetzung verschiedener Personalformen kennen (ital. enno für sono aus è, deutsch wurde aus wurden u.dgl. mehr), so wird man sich für lettere Deutung entscheiden müssen. ** — 5) Ich führe noch an, daß non die allgemeine Negationspar tikel ist wie in den Eidschwüren; als Verneinung des Zeits wortes besigen es die nächsten Denkmåler nicht mehr, außer soweit eine Antwort umschrieben wird (non fait nein, er thut nicht). In einer Handschrift der Lois de Guillaume §. 3 liest man zwar qui ceste franchise non ad, wo aber non (nach andern Hs. neu) verschrieben scheint für nen, vgl. §. 45 nen en ki poesté il seit trové n'eit warrant; und so im Psalter

*) Nur in der alten Chanson d'Alexis 25, 5 finde ich il s'en firet liez, 122, 3 aber in gleicher Verbindung il se fist si estranges. Einige der ältern Quellen, namentlich die von Thomas Wright herausgegebenen Gedichte, sind mir nicht zugänglich gewesen.

**) Ich bedaure, daß sich Aug. Fuchs nicht über diese Form ausgesprochen hat. Wenn er aber das dem bemerkten florentinischen enno entspre= chende mailändische hin und bolognesische jin aus einem hypothetischen alt= italischen enti ableitet (Roman. Zeitw. p. 121. 140), so scheint mir die obige Deutung natürlicher und der Sprachentwicklung ganz gemäß.

des Trinity College kar nen est en lur buche dreit f. Rapp. au min. p. 200".

Die Mundart hat eigenthümliche Züge in den Vocalen. Sie seht uo für kurzes latein. o in buona und ruovet, für kurzes u in suon (suum); dieses uo entspricht dem ue oder oe andrer Denkmåler. Ou steht dem prov. o gleich in bellezour und lautete vielleicht wie im Neufranzösischen. Eine ans dre Combination scheint aber dasselbe ou in pouret und fou d. h. u schwebt hier so wie in auret, diaule, seule zwischen Vocal und Consonant. Nicht anders verhält sich das doppelte uu in auuisset und souue; es ist das heutige wallonische w, das dem englischen w ganz nahe steht Reiffenberg begrüst in unserm Liede die ursprüngliche belgische Mundart (s. Phil. Mouskes II. p. CCXCI). Vergleicht man Urkunden von Balenciennes aus dem Ende des 13. Jahrh. (s. Monuments pour servir à l'hist. de Namur p. p. Reiffenberg. Brux. 1. 454 ff.), so sieht man bald, daß dem Liede bei weitem nicht alle Merke male der darin gebrauchten Sprache zukommen und daß die Entwicklung der französischen Mundarten in ihren schärfern Gegensäßzen ein spåteres Ereignis sein muß. C statt des franz.)

ch in cose past allerdings zu cose so wie zu esquievin (échevin) und ähnlichen in jenen Actenstücken; ie in lazsier, chielt, 2 chieef zu chier, rechief, iestre (être); aber z oder c in aezo, cels scheidet sich von ch in chou, chiaus, cheli, chest, Valeuchiennes (wiewohl übrigens auch mit e cest, connissance ge schrieben wird); 1 in cels, melz von u in chiaus, loiaus; e in honestet von ei in veriteit;. ei in creidre, sostendreiet, pleier von oi in savoir, soit, bourgois; o in por, nos von bou in pour, nous; uo in buona von oi in boine. Weit ges ringer sind die Veränderungen, welche dieselbe Mundart in den folgenden Jahrhunderten erfuhr. Im 16. (f. Dialogue inédit in den Serventois p. p. Hécart) bemerkt man z. B. ch auch für ss eüche (fr. cût, in unserm Lied auuisset), ô für oi: étô, serô (étoit, seroit), Züge, die sich auch in dem gegenwär tigen s. g. Rouchi vorfinden.

Das Gedicht ist in freien Rhythmen verfaßt, die sich in kein bekanntes Schema fügen, wenn sich auch einzelnen Versen

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