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chen Erscheinungen nicht dazustehen. Daß aber diese Form nicht weiterhin zur Anwendung gelangte, ist bei aller Trefflichkeit des uns erhaltenen Bruchstückes schwerlich zu bedauern. In diesen kurzen keine Ruhe gestattenden Zeilen håtte das epische Gleichmaß des Vortrages nicht gedeihen können; die Erzählung erscheint hier in leidenschaftlicher durch die pathetische Wiederkehr eines vierzeiligen Refråns noch gehobener Aufregung, wie sie den in verschiedene andre Epopden aufgenommenen volks måßigen Abschnitten durchaus fremd ist.

Wenn nun auch die volksmäßige Epik in Frankreich wie anderwårts eine bestimmte Form wählte, von der wir im Boes thius das älteste und reinste Beispiel besißen, so muß dagegen eine nicht geringe Mannigfaltigkeit der Formen in dem lyri schen Volksliede des 12. und 13. Jahrh. (die Romanze oder Ballade mit eingeschlossen) anerkannt werden. Ich kann nicht umhin diesen anziehenden Gegenstand, dem bald eine sorgfältige Untersuchung zu Theil werden möge, vorübergehend zu berühren, da er die Stellung und Bedeutung des altepischen Verses einigermaßen zu erläutern geeignet ist.

Wir können uns von der Form und dem Geiste des lyrischen Volksliedes aus gewissen Proben und Spuren vornehms lich in der altfranzösischen Litteratur einen leidlichen Begriff machen. Theils nämlich liebten die Kunstdichter besonders in einfachen Romanzen, in Schäfer-, Lanz-, Frühlings- und Lagliedern in die Sphäre der Volksweisen herabzusteigen, denn die französische Poesie wandte sich nicht so vornehm von dem Volke ab wie die provenzalische, theils nahmen die Sammler hin und wieder wirkliche Volklieder auf, theils endlich schalteten erzählende Dichter einzelne Strophen- und Liederanfånge ein, die sie, wenn der Ton ihrer eignen Producte dazu stimmte, aus dem Munde des Volkes entnahmen. Die Volkspoesie trågt so eigenthümliche fast unter allen Himmelsstrichen wiederkehrende Züge, daß sie, auch wo sie nur Geringes leistet, der Kunsts

poesie gegenüber nicht wohl zu verkennen ist; nur muß man zwischen wirklich vom Volke gesungenen und in seinem Geiste gedichteten Liedern nicht zu strenge unterscheiden wollen. Ihre Merkzeichen liegen natürlich in dem was diese vermeidet; es kann bei verschiedenen Nationen verschieden sein. Bei dem französischen Volksliede ist z. B. von Seiten des Styles die leidenschaftliche oder spielende Wiederholung einer Gedankenformel zu erwähnen, wie in folgenden Zeilen (Renart IV. p. 106):

Prendes i garde,

s'on vos regarde,
s'on vos regarde,

dites le moi.

oder (das. p. 440):

Ameras me tu,

ameras me tu tu tu,

ameras me tu?

oder auch (Fabl. et cont. III. p. 106):

Or la voi, la voi, la voi.

Sodann das Einstreuen lebhafter Interjectionen, worin sich Leid und Freude ungezügelt aussprechen, wie hahai! ori! u. dgl. Von Seiten der Form große Einfachheit und Sparsamkeit, daher die Afsonanz oft den Reim vertritt wie noch jezt im französischen Volkslied (Journ. d. Sav. 1833 p. 387), auch reimlose Verse zugelassen werden. Die Strophen sind kurz, oft einreimig; beliebt ist der Refrån oder eingeschaltete refrånartige Zeilen. Die Verse haben theils jambischen theils trochäis schen Fortschritt; die ersteren scheint am liebsten die Romanze zu wählen, in welcher alsdann der zehnsylbige Vers noch der epischen Casur treu bleibt. Von solchen Romanzen in altepischen Versen hat sich ein kleiner Schaß erhalten, der unter den übrigen lyrischen Erzeugnissen denselben erquicklichen Eins druck hervorbringt wie in den deutschen Sammlungen die Lieder des von Kürenberg. Freilich können auch diese Romanzen in einigen Zügen z. B. der Verkettung mehrerer Strophen durch denselben Reim (coblas doblas, coblas ternas u. s. w.) die Einwirkung der höhern Lyrik nicht verläugnen, innerlich aber

sind sie dem Volksgesange unmittelbar verwandt,' zum Theil gradezu aus seinem Kreiße hervorgegangen.

Die provenzalischen Sammlungen enthalten zwar leichte Liedergattungen, die man volksmåßig nennen dürfte, allein solche, die diesen Styl bis auf den reimlosen Vers und die Assonanz wiedergeben lettere beschränkte sich nach den Leys d'amors ganz auf das Volkslied — kommen überaus selten vor. Ich theile darum ein Schäferlied dieser Art von einem Ungenannten mit, offenbar eine Probe höfischer Dorfpoesie. Von seiner Form mit vorangestellter refrånartiger an den spanischen Estribillo erinnernder, wenn auch nur in ihren Reimen wieders holter Halbstrophe ist mir kein zweites Beispiel vorgekommen. Es gehört muthmaßlich schon der spåtern Zeit an; ein französisches Original aber dafür anzunehmen, verbieten die ganz unfranzösischen Wörter auradura und artigua. Der (nicht feh lerfreie) Lert ist aus Ms 7698 der königl. Bibliothek zu Paris. Per amor soi gai e nom n'estrairai, aitan quan viurai n'acors (?) covinen.

Eu m[e] levei un bon mati
enans de l'albeta,
anei m'en en un vergier

per cuillir violeta,

Et auzi un chan

bel de luenh gardan,

trobei gaia pastorela
sos anhels gardan.

Dieus vos sal, Na Pastorela,

color de roseta;

fort me meravill de vos,

com estaitz soleta.

Bliaut vos farai,
si penrel vos plai,
menudet cordat

ab filetz d'argen.

Per fol vos ai, cavalier,
plen d'aüradura,

quar vos de mi demandas

so don non ai cura.

Pair' e maire ai

e marit aurai,

e si a dieu plai,

far m'aun onramen.

A dieu a dieu, cavalier,

que mon pairem crida,
qu'ieu lo vei la jus arar

ab bueus [apres] sel' artigua.
Que semenam blatz,
cuillirem n'asatz,

e si acaptatz,

dar vos em fromen.

E quant el l'en vit anar,

mes se apres ela,
apres la per la man blanqua,

gieta l'en l'erbeta.

Tres vetz la baiset,

anc mot non sonet;
e quant venc a la quarteta:
senher, a vos mi ren.

Wichtig wäre es die åltesten Formen des lyrischen Volksliedes kennen zu lernen, wo möglich aus einer Zeit vor der Entfaltung der Hofpoesie d. h. spätestens aus dem Anfange des 12. Jahrh. Wir würden alsdann erfahren, ob wirklich schon damals ein Gegensaß oder Unterschied stattfand zwischen lyrischer und epischer Form des Volksgesanges wie später zwis schen den Formen der Kunstlyrik und der Epopse, wie auch ob das von der höfischen Kunst noch nicht berührte lyrische Volks, lied bereits die vorhin bemerkte Mannigfaltigkeit der Formen liebte. Ich versuche es diese Fragen lediglich aus den Mitteln der weltlichen romanischen Poesie, so weit dieselben reichen,

zu beantworten; nur sie scheint eine von keiner fremden Ein mischung getrübte Anschauung zu gewähren.

Wenn ich nicht irre, können uns die leider wenig zahlreichen, für die Litteraturgeschichte aber bedeutungsvollen Lieder des Grafen Wilhelm von Poitiers, des ältesten Lyrikers in irs gend einer romanischen Zunge, einige Aufschlüsse in dieser Beziehung gewähren; sie scheinen um so mehr dazu geeignet, da Poitou das provenzalische und französische Sprachgebiet gewissermaßen vermittelte. Bei ihm sehen wir die noch junge Kunsts lyrik mit der Volkslyrik Hand in hand gehen, bis sie sich in den Leistungen der folgenden Dichter von ihr lossagt. Ich versuche es die Producte der ersten Classe von denen der zweis ten abzusondern: wenn auf leßte die oben berührten Criterien anwendbar sind und aus der spåtern Litteratur Beispiele entsprechender Formen sich nachweisen lassen denn an Nachahmung des fast unbekannten Troubadours wird man nicht denfen wollen so wird gegen ihren volksmäßigen Ursprung weiter nichts einzuwenden sein.

Die einzigen Kunstlieder des Grafen sind Farai chansoneta nueva und Mout jauzens me prenc en amar; athmeten sie auch nicht schon den Geist galanter Hofpoesie, so würde die Mischung trochäischer und jambischer Verse, der schwierige so wie der die Strophen künstlich verbindende Reim dafür zeugen. Alle übrigen mit Ausnahme des bekannten Pilgerliedes Pus de chantar m'es pres talens, das sich der Kirchenpoesie anschließt sind volksmäßiger Art, voll von Muthwillen und derben Licenzen. Ihrer Form nach sind sie zweierlei. Mehrere derselben, nåmlich) En Alvernhe part Lemozi, Farai un vers de dreit nien, Ben vuelh que sapchon li plusor, Pus vezem de novel florir, wählen vier bis fünf achtsylbige jambische Verse auf eine Strophe nebst zwei viersylbigen vor und nach. dem letzten der achtsylbigen. Mit Ausnahme eines dieser Gedichte, das je zwei Strophen durch den Reim verkettet und in so weit dem Kunstliede sich annähert, hat jede Strophe ihren eignen Reim, die kürzern Zwischenzeilen einen besondern. Das vollkommenste Beispiel in formeller und materieller Beziehung liefert die kecke Romanze, deren erste Strophe lautet:

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