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Seitdem die Geschichte unserer Nationallitteratur unter den Lehrgegenständen der höheren Schulen die ihr gebührende Stelle eingenommen hat, mufste sich bald das Bedürfnis aufdrängen, den Schülern durch eigene Lektüre eine wenigstens allgemeine Anschauung von den wichtigsten im Vortrage besprochenen Werken auch des Mittelalters zu verschaffen. Denn wie die Anschauung allenthalben der Auffassung des Gehörten zu gröfserer Klarheit verhilft, so auch hier. Ein litteraturgeschichtlicher Unterricht ohne begleitende Lektüre würde kaum fruchtbarer sein, als ein geographischer ohne Landkarte und ein mathematischer ohne Figuren. Wie aber jeder Unterricht seinen Zweck um so mehr erreichen wird, je vielfacher er den Schüler zu eigener Thätigkeit anregt, so wird auch ein blofses Vorlesen oder Vorübersetzen von Litteratur-Proben seitens des Lehrers dem Schüler nur eine sehr mangelhafte Kenntnis derselben verschaffen und ihm am wenigsten ein klares Bild von der Form beibringen. Vielmehr mufs derselbe instandgesetzt werden, sich selbst auf die Lektüre vorzubereiten, um mit eignen Kräften das Verständnis zu erstreben und die Schwierigkeiten, welche die Erklärung des Lehrers erst lösen wird, wenigstens vorher zu ahnen.

Zu diesem Zwecke reichen blosse Textabdrücke, wie sie als Anhang einzelnen Lesebüchern für obere Klassen beigefügt worden sind, nicht aus. Aber auch ein auf wenige Seiten beschränktes Wörterverzeichnis befriedigt selten nur die lexikalische Seite der Vorbereitung, wieviel weniger die ungleich schwierigere grammatische Seite derselben. Diese aus längerer Praxis gewonnene Überzeugung veranlafste den Herausgeber einen Schritt weiter zu gehen, als man bisher gewohnt war, und durch einen fortlaufenden Kommentar nicht nur dem Schüler alles erforderliche Material zu der unbedingt von ihm zu verlangenden Vorbereitung (wenigstens auf die mittelhoch

deutschen Stücke) zu liefern, sondern auch dem mit litterarischen Hülfsmitteln auf diesem Gebiete oft dürftig ausgerüsteten Lehrer weitere Andeutungen zu sprachlichen, metrischen, ästhetischen Erläuterungen zu geben.

Bei dem Gebrauche der vorliegenden Probensammlung dürfte es zweckmässig sein, wenn der Lehrer die Erklärung der althochdeutschen Stücke vollständig selbst übernähme, weil deren Verständnis nicht allein absolut schwieriger ist, als das der mittelhochdeutschen, sondern auch am frühesten im Unterrichte vorgenommen werden soll. Bei dem Beginn der mittelhochdeutschen Periode lasse er dann die (deshalb nicht mehr beigefügte) Übersetzung von dem Schüler nach vorhergegangener häuslicher Vorbereitung geben, nachdem dieser an mehreren Beispielen gesehen hat, was von ihm verlangt wird und wie er zu verfahren hat, um seine Aufgabe zu lösen. Eine gute Vorbereitung zur Lektüre des Altdeutschen würde es noch sein, wenn schon vor dem Beginn des Unterrichtes in der Litteraturgeschichte einige mittelhochdeutsche Proben, z. B. die hier aus dem Nibelungenliede mitgeteilten, gelesen würden.

Je intensiver aber die Bekanntschaft mit dem Gelesenen werden soll, desto weniger extensiv durfte die Auswahl sein. Diese beschränkt sich daher noch mehr, als die Übersicht der Litteraturgeschichte selbst, auf die wichtigsten Erzeugnisse und bricht mit dem Schlusse der ersten Blüteperiode unserer Litteratur ganz ab, in der Voraussetzung, dafs der Schüler, der den hier vorliegenden Stoff durchgearbeitet hat, imstande sein werde, die in sprachlicher Beziehung weit leichter verständlichen Proben vom 14. Jahrh. an durch das blofse Anhören hinreichend aufzufassen. Innerhalb dieser Grenzen konnten dennoch bei sorgfältigster Benutzung des Raumes ziemlich reichhaltige Proben aus den Hauptwerken, den Nibelungen, der Kûdrûn, dem Parzival, den Minnesingern, gegeben werden, umsomehr, da beim Volksepos der Text auf die von der Kritik für echt gehaltenen Strophen beschränkt wurde. Dem litteraturgeschichtlichen Zweck entsprechend, wurde allenthalben das am meisten Charakteristische ausgewählt, insofern nicht höhere Rücksichten pädagogischer Art im Wege standen.

Prof. Wilhelm Pütz.

Vorwort zur fünften Auflage.

Gegenwärtige fünfte Auflage des altdeutschen Lesebuches von Prof. Pütz, dessen anregendem Unterrichte der Unterzeichnete die Liebe zur Beschäftigung mit dem deutschen Altertum verdankt, und dessen hier von neuem erscheinendem Buche er von Anfang an nahe gestanden, war von dem Verfasser für den Druck schon so ziemlich fertig gestellt, als der Tod den Hochbetagten seiner verdienstlichen Thätigkeit entrifs. Umsomehr war durch die Pietät gegen den Verewigten seiner Arbeit gegenüber eine möglichst schonende Haltung angezeigt. Da aber andrerseits die fortwährende Erhöhung der Brauchbarkeit seiner Lehr- und Lesebücher stets leitender Grundsatz des Verfassers gewesen, so durften, wo eine Berichtigung geboten, eine Verbesserung angebracht schien, ängstliche Bedenken nicht in den Weg treten. Getilgt wurde daher nur wenig, geändert, wo es zweifellos nötig war, allerdings nicht selten, sowohl in den Lesestücken zur Herstellung eines richtigen Textes, wenn durch altgewordene Druckfehler oder durch sonst ein Versehen Verderbnisse sich festgesetzt hatten, als auch in den Anmerkungen, teils um dieselben mit dem Texte in Einklang zu bringen, teils um sie richtiger 1) oder schärfer zu fassen; noch häufiger wurden Zusätze eingefügt, namentlich sprachvergleichender und wortdeutender Art, wie sie Schülern erwünscht zu sein pflegen. Einiges davon verdankt der jetzige Herausgeber der gütigen Mitteilung des Herrn Gymnasialdirektors Dr. Vogt hierselbst. Die Auseinandersetzung über das Lautverschiebungsgesetz im grammatischen Anhange, die Bezeichnung der Hebungen an einzelnen Stellen und die Erörterungen über die Versmasse, sowie die chronologischen Anhaltspunkte neben den Überschriften, endlich die neu hinzugekommenen Lesestücke (No. 3 b, No. 46 a und der Schwur der fränkischen Könige vom Jahre 842) werden hoffentlich nicht als unpraktische Zuthaten erfunden werden. Eine tiefer eingreifende Umgestaltung des Buches wurde wegen der oben angegebenen Rücksicht dermalen noch vermieden.

1) Die zahlreichen Hinweise auf Zeitschriften, auf J. Grimms deutsche Grammatik und Gesch. der deutschen Sprache, auf W. Grimms deutsche Heldensage, bei denen, mit Ausnahme des 1. Bandes der Gramm., gewöhnlich die 1. Ausgabe benutzt ist (bei J. Grimms Mythologie die zweite), habe ich nicht alle auf ihre Genauigkeit prüfen mögen; wer wirklich nachschlägt, findet sich jetzt mit Hilfe der Register in den neuern Auflagen der Grimmschen Bucher leicht zurecht.

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