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viereckigen Türmen an den Straßen nach Görlitz, Löwenberg und Breslau vermittelten den Verkehr mit der Außenwelt. Die Anlage der Stadt war im Innern durchaus regelmäßig. Den Mittelpunkt der Stadt bildete der große Ring, in dessen Mitte sich das Rathaus erhob. Nach Osten führte die Obergasse zum Obertore, wo die Straße nach Breslau abging. Nach Süden führte durch den uralten Schwibbogen die Nikolaigasse durch das Nikolaitor nach Löwenberg, während nach Westen die Zollgasse zum Niedertor und nach Görlitz führte. Östlich vom Ringe erhob sich die Pfarrkirche auf dem Kirchplatz, zu dem zwei Nebenstraßen führten. Auf einem andern freien Platze befand sich das kaiserliche Schloß, das von 1574-1596 umgebaut wurde. Endlich gab es noch einen dritten freien Platz, den Klosterplan, auf dem früher ein Dominikanerkloster gestanden hatte, das nach der Reformation als Spital diente, jedoch 1564 abgebrochen wurde, damit man einen geeigneten Platz zur Abhaltung des Getreidemarktes erlange. Damit sind die Sehenswürdigkeiten des damaligen Bunzlaus erschöpft. Die Töpferkunst, der die heutige Stadt ihren Ruf verdankt, blühte damals noch nicht. In einiger Entfernung von dem Ort fließt der Bober vorbei, dichte Waldungen lagen ganz nahe an der Stadt, um die sich einige Vorstädte legten, in denen die Bunzlauer Bürger ihre Gärten besaßen. Noch eine Bunzlauer Berühmtheit darf nicht unerwähnt bleiben: der Queckbrunn, dessen Namen wohl mit „erquicken" in Verbindung zu bringen ist. Kaiser Ferdinand und andere Berühmtheiten tranken daraus. Das Bunzlauer Bier verdankte ihm seine Güte. Ja, ihm soll es auch zu verdanken sein, daß Bunzlau so viele Talente hervorgebracht hat. Wenigstens behauptet dies Christian Hain von Löwenthal in einem an Andreas Tscherning gerichteten „Sonnet"

„Wann / wie die Eltern es uns pflegen vorzugeben /

Man auß den Brunnen zeucht die Kinder ingemein /
So glaub' vnd bild' ich mir es anders auch nicht ein /
(Weil der Erfahrung selbst niemand kan wiederstreben:)
Der Queckbrunn lasse nichts, alß lauter Tichter heben
Auch muss' im Bober nichts / dann nur Poeten sein.
Wird aber vns auß Scham gemacht ein solcher schein /
Vnd habt ihr Buntzler auch auß Müttern ewer Leben /
So hat doch zweiffels ohn' auß deß Parnassus quall

Auff ewren Queckbrunn zu ein'ader jhr gefall.
Dannher / wenn sie auß Durst deß Wassers in sich schlingen /
Sie nicht geringre Frucht / alß gutte Tichter bringen:
Dann ewer Name nun durchs gantze Deutsche Land
Vor andern, keinen sonst verachtet / ist bekand."

Auch Opitz hat ihm eine Ode gewidmet. In deutscher, lateinischer, ja in griechischer Sprache ist er besungen worden.1) Das ist aber in der Tat alles, was sich über das Aussehen des Städtchens in der damaligen Zeit sagen läßt, das eben nur ein kleines Landstädtchen mit ca. 2300 Einwohnern war.

In dieser Stadt war auch die Familie Tscherning heimisch, deren Mitglieder später in alle Winde zerstreut wurden.

Verhältnismäßig spät finden wir den Namen der nachher zu Ansehen gekommenen Familie in den alten Akten der Stadt Bunzlau auftreten. Zur Etymologie des Namens ist zu bemerken, daß derselbe mit größter Wahrscheinlichkeit von dem slavischen tschern = schwarz abzuleiten ist, tschechisch czern = polnisch czarn. Die Endung igk, ig, ing bedeutet „dazu gehörig“, „Sohn“. Andere Deutungen, wie Ableitung von dem Flüßchen Tschirne oder den deutschen Worten scar = Schar, Pflugschar oder md. scherning für Schierling (ahd. scereling, scerning) sind sehr unwahrscheinlich. Ahnlich klingende Ortsnamen wie Tschernitz bei Spremberg, Tschernikau bei Liegnitz werden mit ziemlicher Sicherheit auf das genannte slavische Wort zurückgeführt. Die Deutung aus dem Wendischen Szckerning lasse ich offen.

Gerade aus der Allgemeinheit des slavischen Wortes erklärt es sich, daß der Name doch verbreiteter war, als man annehmen möchte. Oskar Tscherning stieß bei seinen Forschungen zur Tscherningischen Familiengeschichte auf eine ganze Reihe von Vertretern des Namens, die mit der Bunzlauer Familie ziemlich sicher nichts zu tun haben.

Schon der Chronist von Bunzlau suchte etwas über den ersten Bunzlauer Vertreter des Namens, M. Martin Tscherning, zu ermitteln, ohne Erfolg zu haben. Das wenige, was wir von ihm wissen, ergibt sich aus einem Gedicht des Dichters Andreas Tscherning, das an Johann v. Tscherning, den später zu erwähnenden Amtmann vom Gröditzberg, gerichtet ist:*)

Daß ich zur Wissenschafft so grosse Lust gewan /
Hierzu hat ewre Gunst / Herr Vetter / viel gethan /

Nechst vnsres Ahnen Ruhm / dem Luther weiland ehre /
Vor vielen andern gab vmb seiner Kunst vnd Lehre
die grossen Nutz geschafft/ indem so manche Stadt
der Lehre Warheit jhm nächst GOtt / zu danken hat.

Zu dem Gedichte ist in der Erstausgabe am Rande vermerkt: „Magister Martin Tscherning, über den jedoch sonstige Nachrichten fehlen". War zwar das Andenken an diesen Mann in der Familie schon zu Andreas' Zeiten nicht mehr ganz sicher, so war doch in der Familientradition bekannt, daß jener zu Luther in nahe Beziehungen getreten sei, sich also frühzeitig der Reformation angeschlossen haben wird. Zu Luthers näheren Bekannten scheint er jedoch nicht gehört zu haben, denn alle Nachforschungen haben sich als vergeblich erwiesen.

Die beiden jüngeren Söhne des Magisters, Johann und Andreas, gründeten selbständige Familienzweige. Johanns Nachkommen wurden 1589 geadelt, wobei allerdings zu bemerken ist, daß das geadelte Patriziat in den Sechsstädten der Oberlausitz sich nicht „von" schrieb. Bei der Nobilitierung scheint ein altes Familienwappen benützt worden zu sein, da der Dichter Andreas Tscherning, der dem nicht nobilitierten Zweige der Familie angehörte, dasselbe Wappen führte. Daher sei hier die Beschreibung des Wappens eingefügt.3)

Ein roter Schild mit einem schräglinks von rechts oben nach links unten blauen Balken, worin drei weiße (silberne) Doppellilien nebeneinander; Turnierhelm mit rechts rotsilbernem, links blausilbernen Decken, auf der Helmkrone ein roter geschlossener Adlerflug, den schräglinks ein mit 3 silbernen Lilien belegter blauer Balken durchzieht, wie ein Schild. Die Tingierung, die vielleicht erst später aufgekommen ist, läßt sich auf Andreas Tschernings Petschaft, das von Rand zu Rand kaum einen Zentimeter Durchmesser hatte, allerdings nicht erkennen. Die Zeichnung entspricht aber völlig der gegebenen Beschreibung, nur daß rechts und links vom Helmschmucke noch die Anfangsbuchstaben seines Namens A und T eingestochen sind4).

Ein Mitglied dieses nobilitierten Zweiges, der schon genannte Johann III. Tscherning (1588-1666), stand mit unserem

Dichter Andreas Tscherning in nahen Beziehungen. Mit seinen Kindern ist Andreas zusammen aufgewachsen. Seit 1617 war Johann Mitglied des Rates seiner Vaterstadt, bis ihn 1631 die Gegenreformation zur Niederlegung seines Amtes zwang. Darauf finden wir ihn in verschiedenen Stellungen im Dienste der Herzöge von Liegnitz. In den letzten Jahren seines Lebens hatte er seinen Lebenslauf aufgezeichnet, der in seiner Schlichtheit ein sehr sympathisches Bild dieses eigenartigen Mannes gewährt und vorteilhaft von anderen Selbstbiographieen jenes Jahrhunderts absticht 5).

Mit seinen Enkeln starb um 1700 der geadelte Zweig der Familie aus.

Der Stammvater des bürgerlichen Zweiges der Familie Tscherning, Andreas I., ist der Urgroßvater unseres Dichters.

Er muß zwischen 1520 und 1530 geboren sein. 1546 wurde er Kürschnermeister 6). 1548 bewohnte er bereits das Haus Nikolaistraße 1, links wenn man vom Markt durch den Schwibbogen nach Süden geht. Dort wurde ihm 1550 ein Sohn, der Großvater unseres Dichters, geboren, der auffälligerweise den Namen Caspar erhielt. Der Vorname ist in der Familie Scholtz erblich gewesen, so daß man den Schluß ziehen könnte, die Mutter sei eine geborene Scholtz gewesen. Auch scheint seiner Ehe noch eine Tochter Barbara entsprossen zu sein. Doch ist seine Frau vor 1571 gestorben. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat er bald darauf eine zweite Ehe geschlossen mit Hedwig Gerber, der Tochter eines mit ihm 1546 gemeinsam aufgenommenen Kürschnermeisters 7). Aus dieser zweiten Ehe entsprossen sechs Kinder, zwei Söhne, Andreas II. und Friedrich, und vier Töchter.

Caspar Tscherning, sein ältester Sohn, wurde 1576 Kürschnermeister. 1582 einigte er sich mit seinem Vater wegen des mütterlichen Angefälles, vermutlich, da er sich in jenem Jahre verheiratete und zwar mit Ursula Albrechts). Seine Gattin starb am 2. Juni 1622, und er folgte ihr am 15. Juni 1623 in den Tod. Er hinterließ einen Sohn Andreas III., den Vater unseres Dichters, der c. 1583 geboren sein dürfte. 1610 wurde er Kürschnermeister und verheiratete sich mit Martha Ruthardt, Tochter des Andreas und der Anna Ruthardt. Er starb laut Eintragung des Meisterbuches der Kürschnerinnung im Jahre 1632.

Andreas I. hatte, wie erzählt, in zweiter Ehe Hedwig Gerber geheiratet, die ihm sechs Kinder gebar. Von diesen führten die beiden Söhne Andreas II. und Friedrich besondere Familienzweige fort.

Andreas II., geb. 1572, muß eine hochbegabte Persönlichkeit gewesen sein. Wenigstens spielt er in der Geschichte seiner Vaterstadt eine bedeutende Rolle. 1600 war er Kürschnermeister geworden. Von 1617 an finden wir ihn ständig in den städtischen Ämtern, und wechselsweise mit seinem Neffen Johann III. Tscherning gehört er dem Ratskollegium an. Während der Gegenreformation blieb er der protestantischen Sache treu. Er starb am 1. März 1641. Mit dem Dichter Andreas stand er in regem Verkehr. Als dieser im Herbst 1634 seine Erbschaftsangelegenheiten regelte, scheint sich der Ratsherr seiner besonders angenommen zu haben. Über die weiteren Beziehungen zwischen beiden wird später zu berichten sein. Erwähnt sei nur noch, daß der Dichter den Ratsherrn gewöhnlich als „patruus" anredet, nur einmal (1635) nennt er ihn „Herr Vetter", was im mhd. und wohl auch bei Tscherning mit patruus gleichbedeutend ist. Auch mit Opitz hat er in direktem brieflichen Verkehr gestanden, wie sich aus des Dichters Andreas Tschernings Brief 24 (an Opitz) ergibt.

Von den Kindern des Andreas hatten mehrere künstlerische Neigungen.

Paul Tscherning (geb. 25. Januar 1627, † 17. Sept. 1666), der kgl. dänischer Generalkriegsauditeur wurde, war eifriger Schriftsteller und erhielt sogar am 19. Juli 1663 durch Johann Rist die Dichterkrönung. Beziehungen des Dichters Andreas zu ihm lassen sich nur spärlich feststellen. Mit dem Dichter Balthasar Schupp war er befreundet.")

Der zweite Sohn David Tscherning war ein bedeutender Kupferstecher. Mit ihm scheint Andreas, der Dichter, nähere Beziehungen gehabt zu haben. David hatte bei Jakob van der Heyden die Kupferstechkunst gelernt und war dann in Bern, Zürich und Luzern gewesen. 1634 fragt Andreas in des Ratsherrn Namen bei Opitz an, wo David sich aufhalte. Er befand

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