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Strophen einen deutschen Anstrich, so daß man sie schwer wiedererkennt. Dies gilt vor allem von der

a) Pindarischen Ode. Mit Recht sagt Manheimer, daß die deutschen pindarischen Oden den Gebänden der Meistersinger ungleich ähnlicher sähen, als den Hymnen des Pindar. Zu dieser Odenform gehört vor allem Schwung und Pathos. Und wenn auch Opitz und Tscherning eine bedeutsame Formengewandtheit besaßen, so war ihre dichterische Begabung doch ausschließlich auf das Chanson gerichtet. Den Schwung und den Inhalt konnte dieser Strophenform erst ein Gryphius verleihen. So läßt sich von Tschernings beiden pindarischen Oden wenig Erfreuliches berichten. Der Dichter zeigt sich hier wieder einmal als getreuer Schildknappe Opitzens. Als Probe hatte dieser zwei Oden in der Poeterei mitgeteilt unter Zugrundelegung zweier ganz willkürlicher Schemata. Diese Formen ahmt Tscherning mit der größten Sorgfalt nach, ohne sich ihrer Zufälligkeit bewußt zu werden. In seiner ersten Ode hatte Opitz Jamben in der Strophe, Trochäen in der Epistrophe

ver

bei Tscherning „Nachsatz" oder „Aussang" genannt wendet. Dasselbe Schema finden wir in der zweiten Tscherningischen Ode (S. 368), wo in der 20-zeiligen — bei Opitz sind es nur 16 Zeilen

Strophe, jambische Tripodien vorkommen, die in den Zeilen 6 u. 7, 19 u. 20 von Tetrapodien abgelöst werden. (Ganz regelmäßig sind die Strophen übrigens nicht gebaut: Im I. Gegensatz haben Zeile 19 u. 20 nur drei Hebungen). Die Epistrophe umfaßt wie bei Opitz 12 trochäische Tetrapodien. Noch sklavischer ist die Anlehnung an Opitzens zweite Ode. Hier finden wir bei Tscherning (S. 265) wie bei Opitz eine zwölfzeilige Strophe, bestehend aus trochäischen Tetrapodien. In der achtzeiligen Epistrophe hatte sich Opitz ganz seltsame Verskombinationen erlaubt: 1 Alexandriner, 2 trochäische Tripodien, 1 Vers commun, 1 Alexandriner, 2 trochäische Dipodien, 1 vers commun. Auch diese seltsame Zusammenstellung hatte Tscherning gesinnungsgetreu nachgeäfft. Dabei kann man noch nicht einmal sagen, daß das Reimschema die strophische Gliederung unterstütze. Meistens reimen zwei aufeinanderfolgende Verse. Nur selten werden je vier Zeilen durch einfache Reimverknüpfung (abba) verbunden.

b) Alkäische Strophen. Löwenstern hat das unbestreitbare Verdienst, sich als einer der ersten im 17. Jahrhundert mit der sapphischen und alkäischen Strophe im Deutschen beschäftigt zu haben. So werden wir wohl nicht fehlgehen, wenn wir einen Einfluß Löwensterns auf Tscherning annehmen, der sich seinerseits mit einer alkäischen Ode beschäftigt hat. Die Strophen dieses Gedichtes sind ebenso wie die Löwensterns ganz formgerecht aufgebaut. Allerdings hat sich hier dem Rhythmus zu liebe die Sprache manches gefallen lassen müssen. So scheinen bei „Gute Nacht" die Qualitäten zum Daktylus sehr zweifelhaft zu sein, und in der dritten Strophe wird sogar aus „ein Ende": „eine Ende", bloß um einen Daktylus herauszubekommen, trotzdem an dem einen e gleich zwei Verstöße gegen Tscherningische Regeln unberechtigte Hinzusetzung von e und Hiatusregel festzustellen sind. Immerhin ist dieser Versuch einer der wenigen im 17. Jahrhundert in dieser Strophenform. Deswegen gebe ich die erste Strophe als Probe:

„Weil dir / O Tarnau redligkeit auch behagt /
Die sunst der Erden gute Nacht hat gesagt
So geb ich dir diß nach der Reihe /
Trinck zu bestätigen deine Treue."

c) Antike Mischstrophen. „Und noch in meinem Vortrabe des Sommers liesestu eine Glycon - Ithyphall- und Phalecische Ode / welche ich an den Hochberühmten Theologen und Poeten H. Johann Heermann Pfarrern zu Köben in Schlesien / meinen alten und sehr vertrauten freund geschrieben / welcher erste Satz also lautet:

O das Castalis mir nicht fleußt
Wie er andermal sich ergeußt!
O daß Erato von mir setzt /

Die sonst meine gedancken wetzt

Ein getichte zu singen /

Als ich meinte zu bringen /

Wo sich Himmel und Feuer in mir rührte /
Daß mein eifriger geist Apellisirte."

Für diese komplizierte Strophenform scheint Tscherning

keinen Nachfolger gefunden zu haben.

5. Romanische Strophenformen.

a) Das Sonett. Auch diese Strophenform verdankte dem Opitz die offizielle Einführung in die deutsche Literatur, wenn man sich auch schon früher darin versucht hatte. Ihm verdankt das deutsche Sonett seine Regeln, die Welti folgendermaßen kurz zusammenfaßt:12) 1. Der Vers des Sonettes ist der Alexandriner oder der gemeine Vers. 2. Die Stellung der Reime in den Quartetten ist: abba, abba. 3. Diejenige in den Terzetten ist frei, doch ist die Anordnung ccd, eed allen anderen vorzuziehen. Wie stellt sich nun Tscherning in den acht im „Früling" enthaltenen Sonetten zu diesen Regeln? Der Alexandriner ist auch bei ihm der gewöhnliche Vers für das Sonett; nur einmal (S. 375) greift er zum Vers commun. 18) In seiner Reimstellung schließt er sich ganz an Opitz an. Überall finden wir das Schema abba, abba,ccd, eed. Mit einer einzigen Ausnahme, die in der Sonettgeschichte des 17. Jahrhunderts ganz unerhört ist. Wir finden S. 132 das Schema:abba, acca, bbd, ccd. In diesem Sonett, das im April 1640 entstanden ist, finden wir also einmal den Versuch, sich von dem Opitzischen Schema loszumachen. In der Behandlung des Reimgeschlechtes haben wir ebenso wie bei Opitz einen regelmäßigen Wechsel zwischen männlichen und weiblichen Versen zu beobachten.14) Das Sonett verlangt zwischen Quartetten und Terzetten einen starken Einschnitt; aber schon Opitz hatte hierin gesündigt, indem er die verschiedenen Teile verknüpfte. Auch darin ist ihm Tscherning teilweise gefolgt. Auch er hat in drei Gedichten keine Trennung zwischen Quartett und Terzett, dagegen finden wir in den übrigen Gedichten einen stärkeren Sinnesabschnitt. Es ist daher nicht richtig, wenn Welti sagt, daß die meisten wegen des mangelnden Einschnittes zwischen Quartetten und Terzetten als verfehlt anzusehen seien. Nur drei können als verfehlt bezeichnet werden.

b) Das Rondeau. Für dieses französische Strophengebilde fand Tscherning Muster der Übersetzung bei Weckherlin und Zesen. Dabei ist wohl das Verhältnis unter den drei Dichtern so, daß Zesen bei Weckherlin, Tscherning wieder bei Zesen gelernt hat. Denn während bei Weckherlin noch vierfüßige Jamben vorherrschen, verwenden Zesen und Tscherning den Vers commun. In der strophischen Gliederung und der Reimstellung stimmen alle drei Dichter überein. Doch macht Tscherning nach dem vierten Teile keinen Sinnesabschnitt, so daß er eine achtzeilige und eine fünfzeilige Strophe erhält, die durch den Refrain (r) geschlossen werden. Wir haben also folgende Reimgliederung bei Tscherning: aabbaaab, r, aabba, r. Dabei ist Reim a wie bei Zesen weiblich, b männlich. Die Anlehnung an Zesen dokumentiert sich auch im Inhalt. Hier wie dort haben wir ein Trinklied, das sich allerdings bei Tscherning mit einem bestimmten Anlasse verbindet.

c) Wiederreimkehr. „Endlich ist in meinem Früling eine wieder Reim-Kehr oder wieder-reim-tritt auch zu finden. Diese art wird also geordnet / daß allezeit in iedwedem Reimschluße die ersten und letzten zwey Reimen sich gleich schließen / und gleichen ausgang haben; hernach wird aus dem ersten Reimschluße die reimung von den ersten zwey versen an / zu den folgenden reimschlüßen allezeit nach der ordnung zum anfang und ende ieden Reimschlußes gleichförmig wiederholet / biß endlich in dem letzten Reimschluße die reimendungen so vorhin in dem ersten gestanden / und in den andern vertheilt gewesen / sich alle wieder finden / iedoch also daß der vers denen in der ersten strofe / am verstande nicht gantz ähnlich und gleichförmig werde." Dieser theoretischen Anweisung entspricht in der Praxis die Durchführung genau (S. 213, 101). Das Reimschema in den einzelnen Strophen ist also folgendes:

1. aa bb cc aa

2. bb dd ee bb.

3. ccffggcc.

4. aa bb ccaa.

Dabei sind die Reime in beiden Gedichten weiblich.

Betrachten wir nun die Ergebnisse unserer Untersuchung über Tschernings Metrik! Wir haben gesehen, daß Tscherning mit großer Sorgfalt seine Verse baut, mit großem Fleiße an ihnen feilt und sie in Einklang mit der Opitzischen und seiner Theorie zu halten bemüht ist. Daher sind seine Verse vom sprachlichen und metrischen Standpunkte aus vorbildlich und haben auch in dieser Richtung auf die Zeitgenossen gewirkt. Auch in seinen Strophengebilden zeigt sich ein Reichtum an mannigfachen Formen. Er hat sich in seltenen antiken Strophen versucht und auch dadurch anregend gewirkt. Seine Sonette sind unbedeutend, da er sich sklavisch an fremde Vorbilder hält. Für die pindarische Ode reicht seine Kraft nicht aus. Es fehlt ihm dazu auch die Tiefe und Begeisterung. Sonett und Ode mußte ein Stärkerer kommen und das war Gryphius.

Für

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