so zu Liedern der Sprachkunst zu werden. Demnach würden wir, da wir ja auch die selbstständigen Werke der Sprachkunst, die Laut- und Wortspiele, die verschiedenen Arten der Sinnsprüche und der ästhetischen Sprachbilder, im weiteren Sinne den Figuren zuzählen dürfen, unseren allgemeinen Grundsatz bestimmter dahin aussprechen können, dass diejenigen Lieder, welche nur Einen Seelenmoment in irgend einer Figurirung technischer oder ästhetischer Art darstellen, als Lieder der Sprachkunst zu betrachten sind. Wir geben einige Beispiele, wobei wir indessen von den schon besprochenen gnomischen, epigrammatischen, parabolischen Liedern absehn. Auf Parechesis und Paronomasie gründen sich z. B. bei Rückert „Kleines Frauenlob": *) Auf den Reim und die Onomatopoeie baut Tieck (Ged.) scherzhafte Lieder, so (p 535): " Ein nett honett Sonett so nett zu drechseln Ist nicht so leicht, ihr Kinderchen, das wett' ich, Ihr nennt's Sonett, doch klingt es nicht sonettig, Statt Haber füttert ihr den Gaul mit Hexeln". u. s. w. und (ib. p. 532) „Die Geige": ,0 weh! o weh! Wie mir das durch die ganze Seele reisst! In's Henkers Namen, ich bin keine Flöte! Wie kann man sich so quälen, Alle meine Töne unterdrücken, " (So auch: Die hausbackene Poesie", „Nachtigall und Nachteule" Wenn Du Dich gestochen müd' am Stechtisch, Lass uns ihnen dienen nicht zu knechtisch." Ferner Chiasmus mit dem Wortspiel verbunden: und Ausdruck“: Lass auf dich etwas rechten Eindruck machen, Eindruck So wirst du schnell den rechten Eindruck machen." Der Chiasmus als eine Antimetabole der Zeilen findet sich z. B. in Die drei Frühlingstage": „Jugend, Rausch und Liebe sind (Aehnlich ist: „Das Gelalle".) Antithetischen Parallelismus stellt dar Lachens und Weinens Grund": Lachen und Weinen zu jeglicher Stunde Und kneifen und schaben und kratzen, Bis ein fremdes quinkelirendes Geschrei herausschnarrt“? u. s. w. Mit scherzender Lautsymbolik, durch den Rhythmus hervorgebracht, behandelt so Platen (Falsche Wanderjahre (Werke Bd. 1. p. 300)) den Namen ,,Pustkuchen", und Göthe („Göthe und Pustkuchen") hechelt denselben Namen durch in der Figur des Paregmenon: Morgens lacht ich vor Lust; Und warum ich nun weine. Ist mir selb nicht bewusst. Weinen und Lachen zu jeglicher Stunde Ruht bei der Lieb' auf so mancherlei Grunde. Und warum du erwachen Kannst am Morgen mit Lachen, Muss ich dich fragen, o Herz.“ Oft geben die Figuren der Wiederholung die Form, wie in Des Dichters Freude am Gedicht": " ,Erst hattest du deine Freude daran; Nun haben sie andre Leute dran: Das ist nun deine Freude dran". 66 (So hat man xxλos in Das Spiel u. a.)*) Ebenso kleiden sich Lieder in die Formen von Sinnfiguren. Rückert's „Hendekasillaben sind z. B. nur Periphrasis für das Wort „Cigarre". Leicht nehmen Lieder dieser Art auch weiteren Umfang an. So wiederholt das neunstrophige „Schneiderfest" bei Simrock (Dtsch. Volksbüch. Bd. VIII, p. 446) neun mal die Figur der Hyperbel, wie: " Es waren einmal die Schneider Die hielten einen Rath, Da sassen ihrer neunzig, Neunmal neun und neunzig Auf einem Kartenblatt" u. s. w. *) Auch das Triolett stützt sich nur auf die Wirkung dieser Figuren der Wiederholung, wie z. B. (E. Schulze (Poet. Werke Bd. IV, p. 169)): Wie sie dort auf dem Altane steht, Leis' umwebt vom zarten Mondesschimmer. Weh' mir, sie bemerkt mich! ach, sie geht! Wie sie dort auf dem Altane steht, Leis' umwebt vom zarten Mondesschimmer." Paradoxa und Oxymora bilden bei Demselben z. B. (p. 565 fg.): Verkehrte Welt", wie: oder: Des Abends wenn ich früh aufsteh', Des Morgens spät ich zu Bette geh'“ u. s. w. Und wie ein Schneck ihr Gang behend" u. s. w. Bei Hoffmann v. Fallersleben (Ged. Bd. I, p. 132): „Der Spittelleute Klagelied stellt jeder Vers die Figur der Ironie dar, welche mit derselben Klage eingeleitet wird, wie: „Wir armen Spittelleute, Was haben wir zu thun! Kaum ist das Mahl genommen ein Kaum kann man sich des Schlafs erwehren, Das Vesperbrötchen zu verzehren.“ u. s. w. Nachträge und Berichtigungen. Zu Band I. S. IV, 19 1. Kunst statt Kind. S. 86, 4 1. son statt sont. S. 100, 25 1. im Dienste der Rede, statt: im Dienste der Sprache. Ebenso ist zu ändern S. 112, 12. S. 116, 22 1. des geeignetsten Mittels, statt: des bequemsten. S. 143 in dem Citat aus Arist. Eth. Nic. ist viermal statt o zu lesen, und ,αἱρούμεθα“. S. 144, 19 ist zwischen dem ersten und zweiten Satze des Abschnitts einzuschalten: Die Sprachen zeigen darum den Geist dieser Völker. Zu S. 307 ist die Kritik der Hegel'schen Philosophie von Gruppe, Antäus“. anzuführen. " Zu S. 378, unten: Porphyrion nennt (zu Hor. Ep. 1, 17, 3) „amiculus“ 'Yлоxóισμa; ebenso Ps. Donat (zu Ter. Ad. V, 2, 11) „villi“ (vini). Zu S. 434;,agyaïouós figura" nennen auch Porphyrion (zu Hor. ep. I, 16, 31); Ps. Donat (zu Andr. II, 2, 28; Eun. III, 5, 39.) Zu S. 452. Die Ausstossung eines Buchstabens inmitten eines Wortes nannte man auch ὑφαίρεσις. Schol. Ar. (Αν. 149): Λέπρειον καθ' ὑφαί ρεσιν τοῦ ι τὸ Λέπρεον εἶπεν. Εt. M. (82, 18): τὰ εἰς δος λήγοντα ὀνόματα εὑρίσκομεν παρ' Ἴωσι καθ ̓ ὑφαίρεσιν τοῦ δ λεγόμενα. Zu S. 455. Bei Acron ed. Pauly. (zu Hor. Sat. I, 3, 66): „inquimus*. Evoton quia media syllaba longa deberet esse"; bei Porphyrion (zu Hor. Sat. II, 3, 68): „figura diaoroh sive productio, quia re („rejecta“), cum sit brevis natura, hic pro loco producitur". S. 510, 4 1. Synonyma des Sprachschatzes, statt: Synonyma des Sprachgesetzes. S. 522, 6 1. (lat. stare, frz. étais, étant, été) statt (lat. stare, frz. être). Zu S. 538. avτíяτwσis auch bei Anon. л. σxnu. Sp. Vol. III, p. 173. und bei Ps. Donat zu Ter. Eun. II, 2, 43. Zu S. 569. Porphyrion zu Hor. od. II, 15, 18: „oppida publico sumptu jubentes et deorum templa novo decorare saxo". hoc est opera templorum in oppidis publico sumptu jubentes aedificari. est ergo hic schema, quod Ev dia dvεiv dicimus, unum in duobus, quia unum in duo sensus divisit, oppida enim et deorum templa pro eo, quod est „oppidorum templa". Zu S. 571. Bei Porphyr. zu Hor. od. I, 2, 48: ocior aura tollat. Pro ,ocius tollat"; oxɔ̃μа iлаλλаy. Ebenso Acron zu Hor. Od. I, 27, 3; Od. II, 14. 27. |