Obrazy na stronie
PDF
ePub

Warum?

Darum.

Warum denn darum?

Um die Krümm herum.

Warum denn um die Krümm herum?

Weil der Weg nicht schnack ist.

Das taktmässige Gesumme der Wiegenlieder bei den Griechen, von dem Sext. Emp. spricht (adv. Mus. p. 363): νήπια γοῦν ἐμμελούς μινυρίσματος κατακούοντα κοιμίζεται (meist καταβαυκαλήσεις (Athen. XIV, p. 618) genannt), brachte sicherlich mehr Klänge als Worte, wiewohl (Quint. I, 10, 32): „Chrysippus etiam nutricum illi quae adhibetur infantibus adlectationi suum quoddam carmen adsignat". Das Wiegenlied bei Theocrit (Id. XXIV, 7) ist nicht mehr naives Sprachbild:

εὕδετ' ἐμὰ βρέφεα γλυκερὸν καὶ ἐγέρσιμον ὕπνον,
εὕδετ' ἐμά ψυχὰ δύ' ἀδελφεω εὔσοα τέκνα,

ὄλβιοι ευνάζοισθε καὶ ὄλβιοι απ ἴδοιτε.

Ursprünglicher scheinen die alliterirenden Worte des lacedämonischen Tanzliedes, welches Lucian (de salt. c. 37) anführt: πόρρω παῖδες πόδα μετάβατε καὶ κωμάξατε βέλτιον, ebenso das dvθεμα bei Athenaeus (XIV, p. 629), von Blumensammlerinnen gesungen:

ποὺ μοι τὰ ῥόδα, που μοι τα ἴα, ποὺ μοι τὰ καλὰ σέλινα; ταδὶ τὰ ῥόδα, ταδὶ τὰ ἴα, ταδὶ τὰ καλὰ σέλινα,

auch die Probe eines sogenannten οὖλος oder Ἴουλος bei Athen. (XIV, p. 618):

πλεῖστον οὖλον οὖλον ἵει, πλεῖστον ἴουλον ἵει. Auch bei den uralten Klageliedern (ρῆνος), z. Β. bei der Adonisklage, bildeten Klagelaute wohl den Kern, wie αἶ, αἶ, αλ, αλ, ο, ο, ὀλοόν, ὀλοὸν, αἴλινον, ἠὲ, ἰω, αἰνόν, του, ποὺ cet., von deren Verwendung wir u. A. bei Aeschylus (Sept. adv. Theb. 963 sq.) ein Beispiel haben; ebenso der Ruf: ή παιάν bei den εὐκτικά μέλη. Aehnliches hat man sich wohl vorzustellen in Bezug auf die Lieder z. B. der Ammen, Winzer, Schneiderinnen bei den Römern, wie sie Ausonius (ep. 16, 90) erwähnt als „nutricis lemmata lallique (oder lillique) somniferos modos“, oder Varro (bei Non. p. 56): homines rusticos in vindemia incondita cantare, sarcinatrices in machinis.

Es findet sich weiter ein mehr geschlossener Sinn in bestimmteren Worten dargestellt, welche durch kräftigen Rhythmus oder durch Parechesen verknüpft sind und für gewöhnlich unter der allgemeinen Benennung von Volksliedern mitbegriffen werden. Sie berichten oder begleiten einen einzelnen Vorgang, zeigen die Empfindung eines Augenblicks, geben einen Einfall, Scherz oder Spott in einer Form, welche durch Lautwirkung Interesse erregt, eine Stimmung hervorruft, erheitert, belustigt. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn man den Namen Volkslied auch zur Bezeichnung solcher Laut-Sprachbilder verwendet, sofern man eben unter Volkslied eine im Gegensatz zur kunstmässigen Lyrik einfache Darstellung eines einzelnen Seelenmoments verstehen will, welche zu einer weiteren Entwickelung, d. h. also zu einer eigentlichen Dichtung nicht fortgeht. Man kann sich dabei erinnern, dass früher bei uns nur der Plural: diu liet ein aus mehreren Strophen bestehendes Gedicht bezeichnete, der Singular: daz liet hingegen eine einzelne Strophe.

Das Urtheil darüber, ob im einzelnen Falle ein Lied als Werk der Sprachkunst zu betrachten sei oder der Poesie, wird im Allgemeinen den Grundsätzen zu folgen haben, welche Band I, p. 53-74 entwickelt wurden, worüber später noch das Nähere zu sagen ist. Wir bemerken aber an dieser Stelle, dass erst durch Anerkennung der Sprachkunst als einer besonderen Kunst der Streit, welche Dichtgattung, ob Epos oder Lyrik, als die älteste anzunehmen sei, mit Klarheit zu beurtheilen ist. Ohne uns hier weiter auf geschichtliche Untersuchungen einzulassen, welche übrigens unsere Ansicht bestätigen würden, weisen wir nur darauf hin, dass Poesie nicht allein eine mehr entwickelte Gedankenwelt voraussetzt, sondern auch eine mehr ausgebildete Sprache, als dass überhaupt von ihr schon in ältesten Zeiten die Rede sein könnte, denn ohne eine irgendwie bestimmte Weltanschauung und - was damit zusammenhängt ohne eine solche Herrschaft über die Sprache, dass diese von dem Schaffenden für das Ganze der Darstellung als blosses Mittel gefühlt und verwendet wird, ist Poesie nicht zu denken. Weder also dem Epos noch der Lyrik gehörten die ersten Hervorbringungen der Kunst an, welche durch Sprache sich darstellte, sondern es keimte sicherlich und blühte vor diesen längere Zeit daz liet der Sprachkunst, das

[graphic]

Sprachmaterial bewältigend zu genügendem Ausdruck des Seelenmoments und es gestaltend zur Schönheit der lautlichen Form. Die Dichtung selbst aber war ohne Zweifel zuerst epischer Art, denn Aufnahme und phantasievolle Umgestaltung der objektiven Welt musste dem Bedürfniss wie der Fähigkeit zur Einkehr in sich selbst, zur freien Formirung des Seelenlebens vorangehn, und es zeigen desshalb auch die ersten Schöpfungen der Lyrik noch wesentlich epischen Charakter.

Wenn man nun mit Recht annimmt, es sei durch die Schöpfungen der Sprachkunst jeder Art auch die Volkssprache im Allgemeinen ausgebildet und so für ihre Verwendung in der Dichtkunst tauglich gemacht worden erhielt man doch durch sie nicht nur einen Vorrath fertiger Formen, glücklicher Beiwörter, formelhafter Wendungen für das Gedächtniss (die Schrift wurde erst von der Poesie gefordert), sondern mehr noch Modelle gewählter und treffend bezeichnender Ausdrücke, nach deren Muster ein entsprechender Inhalt dargestellt werden konnte so würde es doch schief sein, sie desshalb als eine unvollkommene Art von Dichtung, als eine Vorstufe zur Literatur zu betrachten. Wir setzen Bernhardy's Worte (Grundriss der Griech. Litt. Th. I, p. 65 sq.) hierher, da sie lebensvoll jene Werke der Sprachkunst bei den Griechen schildern, in der Gesammtauffassung des Geschilderten aber der angedeuteten Schiefheit verfallen. B. sagt: „Alle Hellenische Bildung hat ihren Keim in der Naturpoesie, woraus später die Literatur hervorging; dort fand jede Thätigkeit, jeder gemüthliche Moment im täglichen Lebenslauf, am meisten aber der frohe, durch das Zusammenwirken von Genossenschaften und Kunstverwandten angeregte Sinn einen natürlichen oder (?) objektiven Ausdruck. Diese dichterische Stimmung, die sich im Kreise natürlicher Menschen als ein unmittelbares Schaffen (noinois) offenbart, wird zum sangbaren Vortrag und konnte nicht ohne lebhaftes Geberdenspiel bestehen; soweit aber Griechische Rede galt, war die Naturdichtung bis zu den geringsten Ordnungen des Volks in einer Mehrzahl von Landschaften und Oertern gedrungen. Daher übten Gewerbe, Lebensalter, Festlichkeiten, Ereignisse heiterer oder widerwärtiger Art, von der Wiege bis zum Tode, ihr eigenthümliches Recht auf die flüchtige Volkspoesie, in aller Unbefangenheit und auch in

schwankender Form, denn sie war nicht durchaus an ein metrisches Gesetz gebunden und selten von künstlerischer Hand geregelt. Späterhin brachten also Sammler und Grammatiker nur wenige Texte zusammen, sonst begnügten sie sich einige Klassen und Titel zu überliefern: Titel etwa von Liedern der Ammen und Klageweiber, der Handwerker und Landarbeiter, der Festgenossen und der erfindsamen Bettler. Die Gegenwart nahm die Blüten derselben auf, sie allein konnte das gefällige Lied tragen und fortpflanzen; die feinsten Aeusserungen dieses Triebes zu dichten wurden ein Eigenthum der Mitlebenden und der Gesellschaft, aus deren Schoss sie hervorgingen. Manches Stück fand wegen seiner niedrigen Haltung nur in bürgerlichen Ordnungen einen Platz, und verschwand weiterhin ohne bleibende Spur; einige behaupteten sich durch den Adel der Form und Gesinnung." Es stimmt die Auffassung Bernhardy's, nach welcher aus solchen Produktionen „später die Literatur hervorging", überein mit der bereits (Bd. I, p. 89) besprochenen von Hegel, welcher die zur Sprachkunst gehörigen Werke „gleichsam nur als Vor kunst zu betrachten" weiss, oder mit Vischer (Aesthetik, Bd. III, p. 98 sq.), dem diese Schöpfungen der „naiven Kunst" als eine „Kunst vor der Kunst gelten. Solches vor", von der Zeit verstanden, ist ja zum Theil berechtigt, sofern gemeint wird, dass eine naive Sprachkunst sich früher müsse entwickelt haben, als Poesie, aber es wird weiter in dem Sinne genommen, dass es ein an sich Unbedeutendes kennzeichne, so etwa den Vorläufer oder Vorreiter des eigentlich Erwarteten. Aber was wäre sie denn nun selber, diese Kunst vor der Kunst"? Ist sie nicht Poesie, doch aber Kunst, so wird sie eben besonders zu fassen sein. Man sieht wohl, es soll eine noch unreife, unvollkommene Kunst bezeichnet werden, gleichsam ein Kind, welches später zum Manne wird; und auch dies ist ja nicht unrichtig, obwohl nur ein Bild, welches von einer pädagogischen Betrachtung der Geschichte herrührt, nicht aber die Sprachwerke aus sich selber würdigt wenn man nur nicht ausser Acht lässt, dass ein Kind zu keinem anderen Manne werden kann, als zu demjenigen, der gerade in diesem Kinde steckte. Die Fehler, welche zu jener unklaren Vorstellung von einer Vorkunst führten, sind unschwer aufzufinden. Einmal stellte man sich vor, es sei diese Art der Kunst nur an

,,

[ocr errors]

fänglich da; sie sterbe, sobald die Poesie geboren werde. Dies ist falsch. Allerdings treten die Werke der Sprachkunst meist

-

nicht immer literarisch zurück vor denen der Poesie, aber sie werden fortdauernd, heute noch, geschaffen, wie in ältesten Zeiten, und sie beherrschen sogar, wie oben angeführt wurde, bei manchen Völkern beständig die Literatur. Der zweite Fehler ist, dass man das Streben, dem Seelenmoment in einem Sprachbilde kunstvollen Ausdruck zu geben, gering achtete, ja als solches übersah, weil man es verglich mit jener ganz anders gearteten Kraft der Phantasie und Besonnenheit, welche Dichtungen schafft. So nämlich erschienen die Sprachbilder nur als unvollkommene Werke der Poesie, während der Erkenntniss ihrer eigenthümlichen Art auch die Anerkennung ihres besonderen Werthes gefolgt sein würde.*) Allerdings zeigen die Werke der naiven Sprachkunst also z. B. die der ältesten Zeiten, und namentlich jene Lautspiele, von denen wir an dieser Stelle sprechen sich wenig entwickelt wie in der Technik, so im Gehalt, aber ihre Entwickelung, bis zur Ueberkünstelung hin nach einigen Richtungen, im Ganzen freilich in engeren Gränzen sich haltend, bleibt doch immer eine Entwickelung der Sprachkunst, leitet nicht etwa über zu den Werken der Poesie, so wenig, wie etwa die Reliefsculpturen, selbst solche, wie die Koilanaglyphen der Aegypter, zur Malerei. Ganz etwas Anderes ist es, wenn man sagt, das Volk, indem es fortschreite in äusserer und innerer Kultur, entwickele seinen Geist dahin, dass Dichtkunst möglich wird, während es vorher nur Sprachkunst geübt habe. Man betrachte nur die Sprache Homers, um zu fühlen, dass wie auch für sie eine Uebung der Sprachkunst schon lange vorher die Beherrschung der Sprache mochte vorbereitet haben (cf. Bd. II, 1, p. 154 sq.) doch gerade am wenigsten ein Hervordrängen des einzelnen Moments sich merkbar macht, wie vielmehr der grosse epische Sinn durchaus

*) Was Lichtenberg (Vermischte Schr. Bd. I p. 321 sq.) von einer einzelnen Art dieser Kunst erinnert, gilt für alle: „Ich glaube, dass sich LeberReime schreiben lassen, die, ohne den Regeln dieser erhabenen Dichtungsart im geringsten zu nahe zu treten, dem Weisen selbst so viel Vergnügen machen könnten, als eine Stelle aus dem Homer." Und dazu: „Ein guter Ausdruck ist so viel werth, als ein guter Gedanke, weil es fast unmöglich ist, sich gut auszudrücken, ohne das Ausgedrückte von einer guten Seite zu zeigen."

« PoprzedniaDalej »