Obrazy na stronie
PDF
ePub

Zweiter Artifel.

Katechumenat und Katechese im zweiten Jahrhundert.

§. 28. Justin.

Der h. Märtyrer legt dem Juden Trypho ans Herz, er soll darnach streben, daß er Christus erkenne und vollendet werde 1), daß er ihn erkenne und abgewaschen, Nachlassung der Sünden erhalte 2). Dem aufmerksamen Leser entgeht der darin liegende Unterschied nicht. Am deutlichsten tritt er jedoch in dem Sage hervor, Gott werde die Welt jezt noch nicht richten, weil von Tag zu Tag Einige in dem Namen seines Christus unterrichtet und den Weg des Irrthums verlassen, durch den Namen Ehristi erleuchtet, Gaben empfangen 3).

Nicht von verschiedenen Personen ist hier die Rede, wohl aber von verschiedenen Zuständen und Handlungen, die sich auf dieselbe Person beziehen. Zuerst werden sie, den Weg des Irrthums verlassend, unterrichtet, sodann werden sie Gaben empfangeud, erleuchtet. Der Unterricht im Namen Christi, oder im Christenthum wird offenbar den Katechumenen zu Theil. Schwieriger ist das Verständniß des zweiten Sages. Jedenfalls geschieht die Erleuchtung durch den Namen Christi und ist mit der Verleihung von Gaben verbunden. Weiter führt uns eine Stelle aus der ersten Apologie, in der es heißt, „die Taufe wird auch Erleuchtung genannt, weil der Geist derer erleuchtet wird, welche dieses lernen" 4). In Verbindung mit dem Obigen ist der Sinn dieser Worte: die, welche im Katechumenate unterrichtet wurden, erlangen durch die Taufe die volle Erkenntniß. Eine der Gaben, welche die Erleuchteten empfangen, ist darum diese Erkenntniß. Durch diese Erklärung erhalten auch die beiden folgenden Capitel der Apologie ihre rechte Bedeutung. Das Abwaschen mit Wasser, sagt der Apologet, haben die Heiden nachgeahmt, wie das Ausziehen der Schuhe. Im Dornbusche sprach Gott zu Moses, ziche deine Schuhe aus und höre. Hier vernahm er den Auftrag, den Gott ihm ertheilte 5).

Das Ausziehen der Schuhe fand bei der Taufe nicht nur von Seite des Täuflings, sondern auch des Täufers statt 6). Aber, muß man fragen, warum hält sich Justin bei einer so unbedeutenden und bei der damaligen Taufweise sich von selbst verstehenden Sache so

1) Diol. c. T. c. 8. p. 33.
3) 1. c. c. 39. p. 129.

2) 1. c. c. 44. p. 143. 4) Apolog. c. 61. p. 261.

5) Apolog. c. 62. 6) Clem. strom. 1. 5. c. 3. p. 679.

lange auf? Antwort, Justin bringt dieses Ausziehen in unmittelbare Verbindung mit dem Hören und Belehren und zwar sett er mit ihm die Kenntniß des Vaters und Sohnes 7) in Zusammenhang. Da= rin liegt Kern und Stern des 62. und 63. Capitel. Mit dem Ausziehen der Schuhe, oder der Taufe, war ein Belehren und Hören verbunden. Ob dieser Unterricht unmittelbar bei, kurz vor oder nach der Taufe ertheilt wurde, ist nicht so ersichtlich, wie das, daß nach Justin ein doppelter Unterricht zu postuliren ist, einer vor der Taufe, durch welchen sie über Gott, Schöpfung und Vergeltung belehrt wurden und einer bei der Taufe, durch welchen sie in die Christolo= gie eingeführt und der Unterricht vollendet wurde.

Zur Bestätigung, daß diese Auffassung die richtige sei, geben wir kurz den Zusammenhang von Capitel 59-65. der ersten Apologie. Justin handelt c. 59. von dem Einen Gott, der durch den Logos die ganze Welt erschaffen, die einst in Brand aufgehen werde. In diesen Wahrheiten, fährt er fort, unterrichten bei uns selbst Ungelehrte und Verstümmelte. c. 60. c. 60. Das waren aber, wie wir zeigen werden, die Katecheten, so daß man deutlich sieht, die Lehre von Gott, der Schöpfung und dem Gerichte (Brand der Welt) wurde in der Katechese vorgetragen. Doch, fährt er fort, ich will angeben, wie wir Christen werden. Zuerst belehren wir die Zöglinge und wenn sie das Vorgetragene als wahr annehmen, verpflichten wir sie zum Fasten und Gebet. Hernach taufen wir sie; die Taufe ist uns von den Aposteln überliefert worden. c. 61. c. 61. Doch haben sie, wie das Ausziehen der Schuhe, auch die Dämonen nachgeäfft, indem sie beides von Moses ge= lernt haben. Zu ihm sprach Christus aus dem Dornbusche: ziehe deine Schuhe aus und höre. Nicht der Vater sprach so, sondern der Sohn, durch den wir den Vater kennen lernen, er, der auch Engel, Apostel, Logos, der Erstgeborene Gottes genannt wird. Nach dem Willen des Vaters nahm er um der Menschheit willen aus der Jungfrau Fleisch an, unterwarf sich dem Leiden, starb und besiegte auferstehend den Tod. Aber auch die Christen leben nach dem Tode fort, als Angehörige Christi. c. 63. Deßgleichen haben die Heiden auf Anregung der Dämonen die Taufe nachgeahmt. c. 64. Nachdem wir die, welche unserer Lehre zugestimmt, getauft haben, führen wir sie zur Feier der Eucharistie c. 65.

Da Justin über Christus, seine Incarnation 2c. in der Apologie früher ausführlich gesprochen, muß man fragen, wozu an diesem Orte eine so aphoristische Wiederholung? Offenbar berichtet der Apologet über die Art und Weise, wie sich die Christen Gott weihten, genauer

7) Apol. c. 63.

über die Vorbereitung auf diese Weihe und die Weihe selbst, oder über Taufe und Eucharistie. Da er nun zuerst vom Schuheausziehen c. 62. und 63., dann von der Taufe c. 64. und endlich von der Eucharistie c. 65. spricht, fällt das Schuheausziehen dem Zusammenhange nach vor die Taufe. Sodann faßt er diese Handlung als einen symbolischen Akt für die Vorbereitung auf die Taufe, besonders für die Belehrung 8), welche den sich Gott Weihenden zu Theil wurde. Welcher Art diese Belehrung war, ist aus dem Obigen ersichtlich. Darauf muß aber aufmerksam gemacht werden, daß dieser Unterricht mit dem übereinstimmt, der den Katechumenen ertheilt wurde und den die apostolischen Constitutionen 9) wie Cyprian im zweiten Buche der Testimonien beschreiben.

Nach dieser Auseinandersetzung wird die Annahme nicht mehr unberechtigt erscheinen, nach Justin seien die Katechumenen zuerst über Gott, Schöpfung, Vergeltung belehrt und, nachdem sie ihren Glauben an diese Lehren ausgesprochen, zum Fasten und Gebet verpflichtet worden. Diesem folgte eine nähere Vorbereitung auf die Taufe, in welcher sie Unterricht in den christologischen Dogmen und den Geheimlehren erhielten, worauf man sie zur Taufe und Eucharistie führte.

2) So viel über den Unterricht. Wenden wir uns dem zu, was der Apologet über die Katechumenen und die weitere Katechumenatsdisciplin sagt. „Die, schreibt der Märtyrer, welche überzeugt sind und glauben, daß unsere Lehre wahr sei und nach ihr zu leben versprechen, werden gelehrt zu beten und zu fasten, um Verzeihung der früheren Sünden zu erlangen, indem wir zugleich mit ihnen fasten und beten. Dann werden sie von uns dahin geführt, wo Wasser ist“ 10). Nach einem längeren Excurs fährt er fort: „nachdem wir den, welcher überzeugt ist und beigestimmt hat, abgewaschen haben, führen wir ihn zu Brüdern, wo sie versammelt gemeinschaftliche Gebete verrichten“ 11). Die Frage ist, was hat man unter überzeugt sein und glauben der ersten und unter überzeugt sein und beistimmen der zweiten Stelle zu verstehen? Wenn man auf den Nachsatz sieht, sind es zwei verschiedene Akte; denn die nächste Folge des ersten war Verpflichtung zum Gebet und Fasten, die des zweiten die Taufe. Sind aber die Wirkungen verschieden, so müssen es auch die Ursachen sein.

Doch sehen wir zuerst die Stelle c. 61. näher an. Nimmt man an, es habe blos ein einmaliger Unterricht und ein einmaliges Beistimmen stattgefunden, dem Beten, Fasten und Taufe unmittelbar nach ein

8) Jüdische Schüler bezeugten ihren Lehrern dadurch Ehrfurcht, daß sie ihnen die Schuhe auszogen. 10) Apol. c. 61. p. 256. 11) 1. c. c. 65. p. 266.

9) A. C. 1. 7. c. 40.

ander folgten: so würde jeder Schriftsteller, der zudem so einfach und natürlich schreibt wie Justin, gesagt haben: nachdem sie das Vorgetragene als wahr anerkannt, darnach zu leben versprochen, gebetet und gefastet haben, werden sie zur Taufe geführt. Statt dessen schließt Justin den ersten Satz so, daß Beten und Fasten als Folge des Glaubens und Versprechens erscheint und beginnt mit der Erwähnung der Taufe einen neuen Satz, den er mit Teita einleitet. Dadurch erklärt er die Taufe nicht blos für eine nachfolgende, sondern für eine geraume Zeit später erfolgende Handlung. Dieses ist um so mehr der Fall, als man die Katechumenen bei diesem Anlasse erst beten lehrte (didάoxovrai). Wie später gezeigt wird, geht aus dem Mitbeten der Gläubigen hervor, daß Justin unter dem Gebete die Theilnahme am Gottesdienste versteht. In ihm sollten sie daher beten lernen und sich im Gebete üben. Weil aber Unterricht und Erziehung der Katechumen Zweck der Zulassung zum Gottesdienst war, konnte sich das Anwohnen bei demselben nicht auf wenige Tage erstrecken. Auch das Fasten war nicht ein einmaliges mit Rücksicht auf den Taufakt, sondern es galt als Sühne für frühere Sünden und nach dem Ernste und der Strenge der damaligen Zeit wurde solches nicht an Einem Tage vollbracht.

"

In der zweiten Stelle wird der Glaube und die Zustimmung so mit der Taufe und der Zulassung zur Liturgie verbunden, wie in der ersten mit dem Beten und Fasten. Unmittelbar vor der Taufe wurde deßwegen die Zustimmung zur christlichen Lehre ausgesprochen. Ist nun die Zustimmung, von welcher das 65. Capitel handelt, dieselbe, von der im 61. Capitel die Rede ist? Wie nachgewiesen, folgte der ersten Zustimmung die Taufe nach einer geraumen Zeit, der zweiten Zustimmung aber auf dem Fuße. Justin sagt auch nicht, nachdem wir den, welcher, wie früher bemerkt, zugestimmt hat, getauft haben, führen wir ihn zu den Brüdern. Den Beisatz, wie früher bemerkt“, kann man aber um so mehr erwarten, als er ihn im 67. Capitel, in dem von der Liturgie die Rede ist, macht. Zudem wäre es doch gar zu auffällig, wenn er sich im 65. Capitel auf eine Zustimmung, von der er im 61. Capitel handelte und die er dort mit Gebet und Fasten verbindet, ohne jede weitere Andeutung berufen würde. Es ist deßwegen ein doppeltes Glauben und Zustimmen zu postuliren, das hinwieder einen doppelten Unterricht voraussetzt. Zuerst wurden die Katechumenen in dem, was Glauben und Leben betrifft, unterrichtet, dem schließlich die Zulassung zum Gebet und die Verpflichtung zum Fasten folgte. Der fortgesetzte und neue Unterricht begann mit den Fastenden und Betenden und endigte mit einer erneuerten Zustimmung und der Taufe.

Die Frage drängt sich von selbst auf, finden sich keine Spuren, durch welche sich auf die Zeit schließen läßt, in welcher das Fasten und Beten begann und mit der Taufe endigte? Nicht nur die ganze Darstellung Justins, die den Unterricht der Katechumenen in zwei Abschnitte theilt, fordert für den letzteren Abschnitt einen längeren Zeitraum, sondern auch die Zulassung zum Gebete und die Verpflichtung zum Fasten, wovon bereits die Rede war. Währte aber Gebet und Fasten längere Zeit, so wurde das Sakrament der Taufe innerhalb eines Jahres nicht oft in so feierlicher Weise gespendet. Widrigenfalls wären nämlich die Gläubigen, die mit den Katechumenen fasteten, zu beständigem Fasten verpflichtet gewesen. So viel läßt sich aus Justin selbst erschließen.

Aus Tertullian wissen wir ferner, daß die Katechumenen vierzig Tage vor der Taufe fasteten 12). Weil es mit Rücksicht auf das Fasten Christi geschah und Justin gleichfalls ein Fasten kennt, ist abgesehen von dem kurzen Zeitverlauf (Tertullian schrieb dieses ungefähr 50 Jahre später), nicht zu zweifeln, daß dasselbe auch zu Justins Zeit stattfand. Sonach währte das Fasten, und damit die nähere Vorbereitungszeit auf die Taufe, vierzig Tage.

Weil aus dem angegebenen Grunde die Taufe nicht oft feierlich gespendet wurde, fragt es sich ferner, welches war die Zeit für diese Spendung? Um das Jahr 200 und im ganzen dritten Jahrhundert, war es nachweisbar Ostern. Geseßt es sei dieses schon vor der Mitte des zweiten Jahrhunderts der Fall gewesen, so hat Justin sicher diesen Tag im Auge. In einer Schutzschrift an die Kaiser hat er schwerlich auf einen zufälligen, wohl aber auf den allgemein gebräuchlichen und feierlichen Tauftag hingewiesen. Unter dieser Voraussetzung wären die Katechumenen vierzig Tage vor Ostern zum Fasten und Beten zugelassen und an Pascha getauft worden. Diese Annahme wird durch Justin und seinen jüngeren Zeitgenossen Frenäus unterstüßt, der bemerkt, um die Mitte des zweiten Jahrhunderts haben viele Christen vierzig Tage vor Ostern gefastet. Da nach Justin die Gläubigen mit den Katechumenen fasteten, klärt das Eine das Andere auf. Zu der Zeit, als die Gläubigen ihr vierzigtägiges Fasten feierten, traten die Katechumenen in die zweite Klasse über und verharrten in ihr vierzig Tage. Die Erwiderung, man taufte auch an Pfingsten, darum kann Justin auch von dieser Zeit sprechen, bestätigt das Gesagte. Während der Pentecostes durften die Gläubigen nicht fasten. Wenn daher Justin mit Nachdruck sagt, wir fasten mit ihnen, so enthält diese Angabe eine Zeit

12) Wir kommen hierauf zurück.

« PoprzedniaDalej »