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Außerdem muß aber auch in einzelnen Gegenden und zu gewiffen Zeiten eine tägliche Verkündigung des Wortes Gottes stattgefunden haben. Es gab nämlich solche, welche den Gottesdienst blos an Sonnund Festtagen besuchten. Ihnen ruft Origenes zu: Wir müssen auch die, welche die Versammlung (collectam) vernachlässigen und der Anhörung des Wortes Gottes ausweichen, in Geduld tadeln, die, welche nicht verlangen nach dem Brode des Lebens, noch nach dem lebendigen Wasser. Saget mir, ihr, die ihr nur an den Festtagen in die Kirche kommt, sind die übrigen Tage nicht auch Festtage, sind sie nicht auch Tage des Herrn? die Juden beobachten gewisse und feltene Feste, die Christen essen jeden Tag das Fleisch des Lammes, d. h. das Fleisch des Wortes Gottes genießen sie täglich, denn unser Paschah, Christus, ist geopfert worden ... Täglich bist du eingeladen zu den Wassern des Wortes Gottes zu kommen und an seinem Brunnen zu stehen). Damit stimmt der Anfang der 13. Homilie über das 4. Buch Moses überein: Gestern haben wir davon gesprochen 5).

Im Vordersage der ersten Stelle redet Origenes von Jenen, welche dem Anhören des Wortes Gottes ausweichen, und nach dem lebendigen Wasser nicht verlangen. An eine private Erbauung ist hier nicht zu denken, darum kann auch der Schluß: täglich bist du eingeladen zu den Wassern des Wortes Gottes zu kommen, nur von dem öffentlichen Gottesdienste verstanden werden, auf den ohnehin das „kommen" hins weist. Das bestätiget auch Pamphilus, dessen Berichte zufolge Origenes täglich predigte. Wurde zudem, wenn es die Umstände gestatteten, täglich die Eucharistie gefeiert und war mit dieser Feier eine Predigt verbunden, so ist die Annahme einer täglichen Homilie um so sicherer.

Jedenfalls wurde am Mittwoch und Freitag, den gewöhnlichen Stationstagen, das eucharistische Opfer auch im Abendlande ) dargebracht und die Angabe des Kirchenhistorikers Sokrates, einer alten Sitte gemäß habe man am Mittwoch und Freitag in Alexandrien gepredigt), enthält wohl nur in sofern etwas Auffallendes, als diese Sitte in Alexandrien am längsten beibehalten wurde.

Das Wort Gottes wurde in der Kirche verkündigt, zu Hause aber sollte sich der Christ in demselben üben und es Tag und Nacht betrachten). Er soll sich nicht mit dem Anhören in der Kirche begnügen,

4) Orig. in Genes. hom. 10. n. 3. p. 233.

5) In Num. hom. 13. n. 1. p. 377.

6) Tert. de orat. c. 14. p. 16. Ueber das Fasten an diesen Tagen in Alerandrien cf. Orig. in Levit. hom. 10. n. 2. p. 182.

7) Socrat. h. c. 1. 5. c. 22. Αὖθις δὲ ἐν ἀλεξανδρείᾳ τῇ τετράδι καὶ τῇ λεγομένη παρασκευῇ γραφαί τε ἀναγινώσκονται, καὶ οἱ διδάσκαλοι ταύτα ἐρμηνεύουσι. 8) Orig. in Levit. hom. 9. n. 5. p. 165.

sondern das daselbst Gesagte zu Hause sorgfältig erwägen und sein Leben darnach einrichten 9). Was nüßt es, wenn ich mit ungeheurer Mühe (ingenti labore) spreche 10), die vielgeschäftigen Zuhörer es alsbald vergessen . . . . Es giebt solche, welche das Vorgelesene im Herzen be= wahren, es gibt solche, welche das Gesagte durchaus nicht im Herzen bewahren, deren Geist und Herz mit weltlichen Geschäften, Arbeiten und Gewinn erfüllt ist. Vorzüglich gilt das von den Frauen. Wie können die im Herzen bewahren, welche nur schwägen, flüstern und die Stille stören? Was soll ich erst von ihrem Geist und Herzen sprechen, wenn sie nur an ihre Kinder, die Wolle und den Hausbedarf denken? Mögen sie Jenen nicht nachfolgen, von welchen der Apostel sagt: sie laufen von Haus zu Haus, nicht nur geschwäßig, sondern auch neugierig und Ungeziemendes sprechend. Wie werden die so Beschaffenen im Herzen bewahren? dessen Herz nicht leer ist, der wird nichts im Herzen bewahren, dessen Geist nicht frei und ganz aufmerksam ist, dessen Herz nicht wacht, der kann nichts im Herzen bewahren. Haben wir das seither vernachlässigt, so laßt uns wenigstens von jezt an aufmerksamer sein und sorgfältig darauf achten, daß wir im Herzen bewahren 11).

Noch mehr tadelt Origenes Jene, welche den Versammlungen der Akatholiken beiwohnten. Wenn du die Worte Gottes in der Kirche issest und auch in der Versammlung der Juden, übertrittst du das Gebot, welches sagt: in Einem Hause soll es gegessen werden. Wenn du die Worte Gottes in dem Einen Hause, der Kirche empfängst und sie hierauf verlassend, glaubst, du werdest Gottes in der Synagoge der Häretiker theilhaftig, ißst du nicht in dem Einen Hause, da doch das Gesetz sagt: in Einem Hause sollst du essen. Unter dem Einen Hause verstehe also die Kirche und iß das Lamm niemals außer der Kirche 12).

Da sich diese Worte in den Selecta befinden, deren Authenticität nicht außer Zweifel steht, erhärten wir sie durch die apostolischen Constitutionen. „Niemals verlasset die Kirche Gottes. Wenn sie Jemand verachtet und die befleckten Tempel der Heiden oder die Synagogen der Juden oder Häretiker betritt, wie wird sich ein solcher am Tage des Gerichtes rechtfertigen, da er die Orakel (2óyıα) des lebendigen Gottes

9) 1. c. hom. 3. n. 7. p. 50.

10) Aus diesen Worten läßt sich auf eine lange Vorbereitung schließen. Pamphilus hingegen sagt, Adamantius habe täglich ex tempore gesprochen. Bei den großen Arbeiten des viel beschäftigten Mannes ist das lezte das Wahrscheinlichere. Daher mag es auch rühren, daß er erst von seinem 60. Jahre an das Nachschreiben seiner Predigten gestattete, als er nämlich durch lange uebung Stoff und Form gleich sehr in seiner Gewalt hatte.

11) Orig. in Exod. hom. 13. n. 3. p. 475 cf. in Jesu Nave hom. 1. n. 7. p. 608. 12) Select. in Exod. p. 328.

verlassen hat und sich in das Haus der Dämonen . . . begibt, uneingedenk der Worte: beatus vir, qui non abiit in consilio impiorum etc. 13).

Dritter Artikel.

Das Verfahren und die homiletischen Grundsähe einzelner Schriftsteller und Prediger.

§. 65. Clemens von Alexandrien als Homilet.

Die homiletischen Grundfäße des Clemens A. ergeben sich am einfachsten, wenn man sie mit der Schilderung, die er über die Vorträge der Rhetoren, Sophisten 2c. entwirft, in Verbindung bringt und demnach die Aufgabe und das Verfahren des christlichen Predigers unter einem dreifachen Gesichtspunkte betrachtet. Das Princip der Rhetorik, sagt Clemens, ist das Wahrscheinliche, das Verfahren der Beweis, das Ziel die Ueberzeugung. Der Ausgangspunkt der Polemik ist das Scheinbare, die Methode der Streit, das Ziel der Sieg. Der Ausgangspunkt der Sophistik ist gleichfalls das Scheinbare, das Verfahren aber ein doppeltes, ein rhetorisches, das sich der fortlaufenden Rede, und ein dialektisches, das sich der Fragen und Antworten bedient, das Ziel aber ist Bewunderung. In allen diesen Künsten ist keine Wahrheit, darum schlägt sie auch der Apostel I. Tim. 6. 3-5 gering an. Er nennt sie einfach eine Krankheit. Das heilsame Wort ist hingegen die immer gesunde, unsterbliche Wahrheit 1).

Diese Wahrheit ist der Ausgangspunkt der christlichen Beredtsamkeit. Sie schließt jedoch anderen Zweigen des menschlichen Wissens entlehnte Kenntnisse nicht aus. Wie der die Landwirthschaft und Arzeneikunde mit Nugen lernt, der sich verschiedener Disciplinen bemächtigt, um besser das Feld bauen und heilen zu können, so ist auch der tüchtiger, der Alles im Dienste der Wahrheit und, um den Glauben zu schützen, verwendet, Geometrie, Musik, Grammatik und auch Philosophie. Er wird dadurch tauglicher, das Aechte vom Falschen zu unterscheiden, die Sophistik von der Philosophie, die Häresie von der Wahrheit. Wenn auch die Propheten und Apostel in diesen Künsten nicht unterrichtet waren, so sind doch die in ihren Schriften enthaltenen Aussprüche des heiligen Geistes ohne ihre Kenntniß sehr schwer zu erklären 2). Das Verhältniß dieser Wissenschaften zum Glauben

13) A. C. l. c. 61. p. 750.
1) Strom. 1. 1. c. 8. p. 341.

2) Strom. 1. 1. c. 9. p. 342.

bestimmt er näher dadurch, daß er den Glauben mit dem Weinberge, die Philosophie mit der Umzäunung desselben vergleicht. Sie macht die Wahrheit nicht stärker, lehrt aber die Einwürfe gegen dieselbe widerlegen. Die durch den Glauben empfangene Wahrheit ist das zum Leben nothwendige Brod, die Philosophie aber das Zugemüse 3).

Die Methode des christlichen Lehrers besteht in dem schlichten und schmucklosen Vortrage der Wahrheit. Von sich selbst sagt Clemens, er habe nie nach Beredtsamkeit getrachtet, sondern begnüge sich damit, die Sache so zu bezeichnen, wie er sie erkenne. Mit welchen Worten es aber geschähe, daran liege ihm wenig. Die, welche gerettet werden wollen, zu retten, das ist ihm die Hauptsache, denn die Schrift sagt: gib dich nicht viel mit Redensarten ab. Die Diktion ist nämlich gleichsam das Kleid des Körpers. Man verwende aber nicht mehr Sorgfalt auf das Kleid, als auf das Wohl des Leibes. Wer das wahre Leben erwählt hat, entsagt allem überflüßigen Schmucke, er mag sich auf die Lebens- oder Redeweise beziehen. Eine Speise, die so bereitet ist, daß sie mehr den Gaumen kigelt, als nährt, geziemt sich so wenig für den Christen, als eine Rede, welche die Hörer mehr ergößt, als sie ihnen nüßt 4). Kurz der Afcet im Leben macht sich als solcher auch offenbar auf der Kanz e I.

2) Eine schulgerechte Aufzählung der verschiedenen Predigtarten darf man von Clemens nicht erwarten, doch unterscheidet er Strafreden, Lobreden und den belehrenden Vortrag. Er sagt nämlich, der Pädagoge müsse, um die ihm Anvertrauten zum Ziele zu führen, strafen, loben und belehren. Nach unserer Ansicht liegt hierin jedoch eine sachgemäße Eintheilung der Predigtarten. Der Redner wendet sich entweder vorherrschend an den Verstand der Zuhörer und dann belehrt und erklärt er, oder er sucht auf den Willen derselben einzuwirken, negativ durch Tadel, positiv durch Lob.

Die Winke, die er über die Beschaffenheit besonders der Strafrede gibt, sind für den Prediger aller Zeiten von Bedeutung; denn das, was Clemens von Gott und dem Pädagogen Christus aussagt, hat jeder christliche Lehrer auf sich anzuwenden.

Nicht alle Sünder sind auf dieselbe Weise zu behandeln, das ist der Satz, den er an die Spitze stellt. Die Abscesse der Wahrheit (Häresie) müssen weggeschnitten werden. Der Arzenei ähnlich wirkt der Tadel, der die verhärteten Affekte erweicht, den Eiter eines unkeuschen Lebens reinigt, die Geschwulst des Stolzes ebnet und den

3) Strom. 1. 1. c. 30. p. 377. 4) Strom. 1. 1. c. 10. p. 345.

Menschen heilt. Die Ermahnung aber gleicht der Diät einer kranken Seele, indem sie das Eine anräth, das Andere verbietet.

Da das Wegschneiden oder die Excommunication mit dem Lehramte nichts zu schaffen hat, verbreitet er sich zuerst über den Tadel oder die Strafreden, denn es gibt eine Kunst zu tadeln 5). Vor Allem soll der Tadel ein Ausdruck des Wohlwollens und nicht der Gehässigkeit sein. Gott tadelt und straft als guter Pädagoge, indem er durch die Geißel von der Schläfrigkeit aufweckt und die durch Tadel anregt, welche das Lob nicht bewegt. Wie der Weinstock verwildert, wenn man die Schoße nicht wegnimmt, so der Mensch. Der Logos, der ein Schwert ist, schneidet darum die üppigen Schößlinge weg und zwingt so die Affekte, nicht zu gelüften, sondern Früchte zu bringen. Dabei will er aber blos das Heil der Sünder und rügt Jeden seinen Anlagen und Sitten entsprechend, den Einen heftiger, den Anderen sanfter. Er will nichts Uebles zufügen, noch was er droht ausführen, sondern durch Einschüchterung das Gelüsten zur Sünde unterdrücken. Er wartet und zeigt, was dem bevorstehe, der in der Sünde verharre ; nicht sogleich tödtet er, wie die beißende Schlange 6). Nicht zürnend verhängt er Strafen, sondern aus Gerechtigkeit, die nicht mißachtet wer= den darf. Wir sind es, welche die Strafe wollen, da wir freiwillig fündigen; Gott aber will Buße 7). Weil er gut ist, haßt er allerdings das Böse und darum straft er die Ungläubigen. Er straft, aber er rächt sich nicht. Die Strafe fällt nämlich dem schwer, der sie verhängt, sie dient jedoch zum Heile des Gestraften. Die Rache bereitet dem Lust, der sie übt und fügt dem Nächsten Uebles zu 8). Wenn die, welche zum Wohle von Jemand strenge sind, für den Augenblick auch lästig fallen, für die spätere Zeit sind sie Wohlthäter. So schaut auch Gott nicht auf das gegenwärtige Wohlbefinden, sondern auf das künftige Glück 9).

Die Kunst des Tadelns besteht demnach darin, daß der Strafende nicht blos wehethun, sondern bessern will. Er darf deßwegen nicht bitter und leidenschaftlich werden; brennender Eifer, der aus Fleisch und Blut stammt, wirkt nichts Gutes, weil ihm der Segen von Oben fehlt. Der Getadelte und Gestrafte muß vielmehr sehen können, daß der Pädagoge oder Prediger nur sein Bestes will, daß es die ernste, aber um sein Heil bekümmerte Liebe ist, die ihm strenge Worte in den Mund legt. Selbst die Worte, die Clemens auf den Pädagogen Christus bezieht, sollte der Prediger in seiner Weise auf sich anwenden. „Hoch

5) Paedag. 1. 1. c. 8. p. 137. 6) 1. c. p. 138.
8) c. 8. p. 140. 9) 1. c. 9. p. 143.

7) 1. c. p. 139.

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