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erwuchs die Kirche: Wie sich Jesus aber der Lehrweise der Juden bediente, so accomodirten sich die Apostel und ihre Nachfolger an die der Heiden und hellenistischen Juden. Und wie der jüdische Rabbi in Gleichnissen redete, so war dem Heiden und hellenistischen Juden der ge= wandte Gebrauch der Allegorie das Merkmal eines gebildeten Mannes und Denkers, eines Philosophen. Sollten nun die Jünger nicht ihrem Herrn und Meister nachfolgen und als Philosophen auftreten, wie er als Rabbi gepredigt hat? Darin scheint uns der Grund zu liegen, warum die Apostel und ihre Nachfolger sich der allegorischen Interpretation zuwandten. Der Grundtypus der christlichen Predigt, durch das Sinnliche zum Uebersinnlichen zu führen, war durch Christus gegeben. Die Art und Weise der Durchführung wechselte je nach der Beschaffenheit der Zuhörer und den Forderungen, die sie an den Prediger stellten.

2) Aus dem großen Reichthume von Bildern oder allegorischen Interpretationen, in welchen Origenes höhere Wahrheiten versinnlicht findet, und tiefe Wahrheiten aus ihnen ableitet, greifen wir nur ein paar heraus. Die Gestalt des Moses, da er einerseits vom Berge Sinai herabstieg, andererseits auf dem Berge Tabor erschien, symbolisirt nach Origenes das Wesen des Alten Bundes und sein Verhältniß zum Neuen. Sein Angesicht, obwohl leuchtend, ist mit einer Decke verhüllt und die im Busen verborgenen Hände sind von Aussaß weiß. Das Angesicht sinnbildet das Wort, die Hand die Werke des Gesetzes. Weil Keiner durch Gesetzeswerke gerecht wurde, darum ist die Hand des Moses ausfähig und verborgen. Sein Angesicht ist verherrlicht und verhüllt, weil sein Wort eine zwar herrliche, aber doch verborgene Weisheit enthält. Anders erscheint Moses im Neuen Bunde; nicht nur sein Angesicht, sondern seine ganze Gestalt ist verklärt, er spricht mit Jesus und was ihm auf Sinai verheißen war: posteriora mea videbis, wird jezt erfüllt. Die posteriora sind nämlich das, was in den leßten und jüngsten Tagen (der christlichen Zeit) geschehen ist. Wie Abraham den Tag des Herrn zu schauen wünscht, ihn sah und sich freute, so auch Moses 1). Wie plastisch und anschaulich verkündet das so gedeutete Bild die Wahrheit: im alten Bunde ist der neue verhüllt und im neuen Bunde der alte enthüllt!

Die abstrakten Säße: der Teufel reizt zur Sünde, die eine Sünde zieht die andere nach sich, die Sünde ist Knechtschaft des Teufels, sieht Origenes in der Stelle: Gott warf die Viergespane des Pharao ins Meer Exod. 15. 4 versinnbildet. Pharao, der Mächtige in der Bos

1) Orig. in Exod. hom. 12. n. 3. p. 468.

heit, herrschend im Reiche der Sünde, lenkt Viergespane. Es genügt ihm nicht Ein Pferd zu besteigen, sondern mehrere zugleich treibt er mit geschwungener Geißel. Welche immer du in Ausschweifungen ausge= schämt, in Grausamkeit wüthend, im Geize häßlich, in Gottlosigkeit schändlich siehst, wisse, die gehören zu Pharaos Viergespan. Er sitt

auf ihnen, er bindet sie an seinen Wagen, von ihnen wird er getragen, und durch die weiten Felder des Verbrechens jagt er sie mit verhängtem Zügel 2).

Die Lehre, wenn wir nach der Bekehrung nicht wachen und beten, kehrt die Sünde wieder in das Herz ein, knüpft Adamantius an die Erklärung der Worte: Ein neuer König stand in Egypten auf, der Joseph nicht kannte. Exod. 1. 8. Exod. 1. 8. Die heiligen Bücher, sagt er, erzählen uns nicht blos die Thaten der Egyptier, sondern zu unserer Belehrung und Erbauung sind sie geschrieben, damit, wenn du, der du dieses hörst, vielleicht schon die Gnade der Taufe empfangen hast, unter die Kinder Israels eingereiht bist und Gott, den König, in dich aufgenommen hast (bezieht sich auf die Eucharistie 3), und nach diesem zu den Werken der Welt hinneigst, wissest und erkennest, es sei ein anderer König in dir aufgestanden, der König Egyptens, der Joseph nicht kennt. Er zwingt dich zu seinen Werken, er läßt dich Backsteine machen; er ist es, welcher dich durch Aufseher mit Peitschen zu weltlichen Werken mit Schlägen und Prügeln treibt, um ihre Städte zu bauen; er ist es, der dich dazu bringt, die Welt zu durchreisen, Land und Meer nach Gelüsten zu mißbrauchen; er ist dieser König Egyptens, welcher dich wegen Streitsachen auf das Forum zieht, um wegen einer geringen Scholle Landes die Verwandten durch Hader zu verbittern; er treibt dich an, der Keuschheit nachzustellen, die Unschuld zu bethören, zu Hause Schändliches, vor der Welt Grausames, im Innern Schamloses zu verüben 4).

Die Aufklärungsperiode hat die allegorische Interpretation förmlich geächtet und dafür die nüchternsten Gedanken in prosaischer Form geboten. In der Weise, wie sie Origenes gebraucht, darf sie allerdings heut zu Tage nicht angewendet werden. Der katholische Prediger wird aber immer zu ihr zurückgreifen und das Wahre an ihr mit Weisheit zum Wohle der Zuhörer benüßen. Ja wenn er Christus so im Herzen trägt, wie diese alten Väter, dann wird er ihm auch ungesucht, in den Typen des alten Bundes, wie in den Gebilden der Natur begegnen. Man mag die Schreibweise des h. Franz Sales allegorisch nennen, oder ihr einen anderen Namen geben, er, der den Namen Jesu in jedes Herz

2) Orig. in Exod. hom. 6. n. 3. p. 396. 3) cf. In Math. ser. 120. p. 253. 4) Orig. in Exod. hom. 1. n. 5. p. 351.

zu graben verlangte, sah in allen Geschöpfen eine Hinweisung auf ihn. Seine Bücher sind von Gleichnissen getränkt.

3. Es ist jedoch noch eine andere Ursache vorhanden, warum die ältesten Lehrer so häufig alttestamentliche Vorgänge in ihren Homilien allegorisch deuten. Da sich die homiletischen Vorträge über die verschiedensten Theile der heiligen Bücher verbreiteten, wurde wahrscheinlich im Laufe einer gewissen Zeit die ganze Schrift vorgelesen und erklärt. Das hatte nothwendig die allegorische Interpretation zur Folge. Origenes sagt: „Die vorgelesene alttestamentliche Stelle hat für uns Christen, wörtlich gefaßt, keine Bedeutung, sie wäre der christlichen Religion vielmehr schädlich. Um daher einer Pflicht, euch zu erbauen, zu genügen, müssen wir sie geistig fassen" 5). Nicht anders verhält es sich mit den Geheimnißlehren. Da den damaligen Lehrern die Arcandisciplin verbot, über sie zu sprechen, die Schrifterklärung ihnen jedoch auch Stellen nahe legte, welche sich mit ihnen beschäftigten, mußten sie zur Allegorie greifen.

§. 62. Aeußere Einrichtung der Predigt.

Welcher Theil, welche Thatsache der Schrift erklärt werden sollte, das bestimmte der Bischof. Origenes bemerkt wiederholt, der Bischof habe ihm den Auftrag gegeben, über diesen Gegenstand zu sprechen. Es wird uns von den Bischöfen befohlen, die Worte über den Herrscher von Tyrus zu erörtern, um sein Lob und seine Schuld zu verkündigen. Deßgleichen ist uns befohlen über Pharao, den König der Egyptier, einiges vorzutragen 1).

Das Thema, das der Prediger zu behandeln hatte, war also nicht immer ein einheitliches, sondern in dem genannten Vortrage waren es zwei Schrifttexte und zwei verschiedene Personen, über die er sich verbreiten sollte. Selbstverständlich kam in den Vortrag um so mehr Einheit, so daß er sich bis zur detaillirten Durchführung Eines Gedankens gestaltete, wenn der betreffende biblische Text blos Eine Wahrheit enthielt. Bei Origenes geschieht das selten; denn er hängt sich meistens an jedes einzelne Wort und erklärt dieses buchstäblich, moralisch und mystisch, so daß sich sehr heterogene Dinge in Einer Homilie beisammen

5) Orig. in Levit hom. 5. n. 1. p. 71.

1) Orig. in Ezech. hom. 13. n. 1. p. 219. Wenn ein auswärtiger Bischof kam, sollte der Ortsbischof ihn ersuchen, daß er zum Volke spreche; denn die Er mahnung und Aufmunterung von Fremden wird gerne angenommen und ist sehr nüßlich. Nullus quippe propheta, sagt der Herr, acceptus est in sua patria. A. C. 1. 2. c. 58.

finden. Auch gibt er dem Prediger den Rath, sich das einzelne Schriftwort genau anzusehen; denn wer ihm auf den Grund zu gehen versteht, findet einen Schatz, und wird, wo er es nicht vermuthete, kostbare Perlen der Geheimnisse finden 2). Wenn ein Text verschiedene Seiten zur Besprechung darbot, trug der Bischof wohl auch auf, blos diesen oder jenen Punkt auszuführen. Er konnte hierüber beliebig verfügen 3).

Was die Länge der Homilien betrifft, sind von Origenes manche vorhanden, die sicher eine Stunde zum Vortrage erforderten, andere kaum eine Viertelstunde. Natürlich kam da viel auf den nachschreibenden Schnellschreiber, wie auf die Umstände an. Durchschnittlich wird man annehmen dürfen, die Predigt habe eine halbe Stunde gewährt. Er sagt auch öfters, mit Rücksicht auf die Zeit breche er diesen Gegenstand ab, oder er gehe deßwegen auf einen neuen nicht ein; denn „die Zuhörer lieben Kürze“ 4). Wollte er aber die Materie erschöpfen, so würde das nicht blos Eine, sondern mehrere Stunden in Anspruch nehmen 5). Kann man sonach für die Predigt 1/2-1 Stunde rechnen, denn in der Angabe Eine Stunde“ scheint das Maximum zu liegen: so blieb für die Feier der Liturgie ungefähr dieselbe Zeit. Er tadelt nemlich jene, welche so mit zeitlichen Angelegenheiten beschäftiget sind, daß sie kaum Eine oder zwei Stunden vom ganzen Tage Gott schenken und zum Ge= bete in die Kirche kommen 6). Die letzte Angabe bezieht sich offenbar auf den Gottesdienst. Da nun dem Obigen zufolge gegen eine Stunde auf die Predigt verwendet wurde, so blieb eben so viel Zeit für die übrigen Theile der Liturgie übrig. Ist das richtig, so gibt es zugleich Aufschluß über die Beschaffenheit (Länge) der alten Liturgien. Die Verrichtung der Gebete und Handlungen in derselben nahm ungefähr Eine Stunde, eher mehr als weniger, in Anspruch. Der Umfang der auf uns gekommenen Liturgie paßt in diesen Zeitrahmen.

Ueber das Maaßhalten, bezüglich der Länge der Predigt, sagt Origenes schön: Ueber alles Vorgelesene zu sprechen gestattet weder die Zeit noch die Tiefe der Geheimnisse. Es wird aber gestattet sein auf dem ausgedehuten Felde einige Blumen zu pflücken, nicht so viele als es hervorbringt, sondern so viele als zum Riechen hinreichend find. Wie, wenn Jemand zu einer Quelle hinzutritt, er nicht so viel schöpfen muß, als sie hervorsprudelt, sondern so viel als nöthig ist, um den Durst des lechzenden Gaumens zu stillen, damit die heilsame Quelle,

2) Orig. in Genes. hom. 8. n. 1. p. 212.
3) 1. c. In lib. reg. hom. 2. p. 97.
4) Orig. in lib. Judic. hom. 6. n. 1. p. 39.
5) Orig. in lib. Regum. hom. 2. n. 1. p. 97.
6) In Num. hom. 2. n. 1. p. 270.

übermäßig genossen, dem Trinkenden nicht zum Verderben gereiche 7). Vollständigkeit eignet sich nach ihm mehr für den Commentar als für die Predigt, in der blos das Zweckmäßige herausgenommen wird 8).

2) Der Prediger, der meistens der Bischof war, konnte stehen oder sigen. Wenn es in dem Schreiben der auf einer antiochenischen Synode (anno 269) versammelten Bischöfe heißt, Paul von Samosata habe „theatralisch agirt, an die Schenkel geschlagen und mit den Füßen gestoßen“, so geht daraus hervor, daß er saß. Hinsichtlich der Zuhörer war es in verschiedenen Gegenden verschieden. In Afrika standen sie im vierten Jahrhundert, denn Augustin will seine Zuhörer nicht länger ermüden, da sie stehen, während er sitt. Origenes schließt hingegen seine Homilien häufig mit den Worten: lasset uns zum Gebete aufstehen.

Vor Beginn der Predigt grüßte der Bischof die Gemeinde mit den Worten: die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch Allen. Die Anwesenden antworteten: und mit deinem Geiste 9). Sodann bezeichnete er sich, sagt Binterim, mit dem Kreuzeszeichen, wie uns Tertullian de corona lehrt: quaecumque nos exhortatio exercet, frontem crucis signaculo terimus 10). Allein im Texte steht nicht exhortatio, sondern conversatio und der Zusammenhang duldet auch eine Erklärung von conversatio durch exhortatio nicht. Tertullian bemerkt: Beim Aus- und Eintritt, Ankleiden, Baden, Essen, Schlafengehen, und Niedersißen, welche Beschäftigung (conversatio) uns in Anspruch nehmen mag, wir bezeichnen die Stirne mit dem Kreuze 11). Man sieht conversatio kann hier nicht gleichbedeutend mit Ermahnung oder Predigt (exhortatio) sein. Uebrigens will nicht bestritten werden, daß, da profane Geschäfte mit dieser Bezeichnung begonnen und geschlossen wurden, dieses um so mehr bei gottesdienstlichen Handlungen der Fall gewesen sein werde 12). Insofern läßt sich aus der Stelle auf diese

7) In Num. hom. 6. n. 1. p. 294.

8) In Num. hom. 14. n. 1. p. 391. Plura sunt, quae nobis resederunt exponentibus lectionem de Balaam atque asina ejus; et quoniam est temporalis tractatus, qui in ecclesia aedificandi gratia habetur, non habuimus tantum spatii, ut possemus singula quaeque scripturae verba proponere, et ita ut nihil omnino indiscussum remaneret, explanationem singulis adhibere, quoniam quidem hujusmodi stilus commentariorum magis est. Idcirco quae inquisitione digna videntur, repetimus etc.

9) A. C. 1. 8. c. 5. 10) Binterim Denkwürdigkeiten. IV. 3. C. 346. 11) Tert. de coron. c. 3. p. 341.

12) Beweisend hiefür ist eine Stelle ex Origine selecta in Ezechielem (c. 9), in der es heißt: der Buchstabe Thau sei eine Weissagung für jenes Zeichen, welches

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