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Hinsichtlich der Zuhörer waren die Homilien des Adamantius auf einen Zuhörerkreis berechnet, der der alexandrinischen Gnosis nicht ferne stand. In der Weise allegorisirt weder Hippolyt, noch Tertullian und Cyprian; das war auch dem damaligen Abendländer zu viel. Hingegen besißt der Alexandriner das Feuer und die Gluth der beiden Afrifaner nicht.

§. 60. Die allegorische Interpretation im Allgemeinen.

Origenes kennt einen dreifachen Schriftsinn, den buchstäblichen, moralischen und mystischen. Die moralische Exegese unterscheidet sich von der mystischen dadurch, daß jene die Worte der Schrift auf das sittliche Verhalten des Menschen anwendet, diese in denselben Glaubens- und Geheimnißlehren vorgebildet findet 1). Im weiteren Sinne fallen beide Erklärungsarten der allegorischen Interpretation zu, doch tritt sie in der letzten reiner und stärker hervor.

Diesen Satz von dem dreifachen Schriftsinn und der ihm entsprechenden dreifachen Interpretation begründet Adamantius auf folgende Weise. Wie die Welt aus Sichtbarem und Unsichtbarem, Leib, Seele und Geist besteht und die Erde eine Wahlverwandtschaft mit dem Himmel, die Seele mit dem Fleische, der Leib mit dem Geiste hat: so besteht auch die heilige Schrift aus Sichtbarem und Unsichtbarem. Der Buchstabe derselben ist gleichsam der Leib, der in ihm liegende Sinn die Seele, der Geist ist das Himmlische, das sie in sich birgt. Gott aber hat den Leib, die Seele und den Geist der Schrift gemacht; den Leib für die, welche vor uns waren, die Seele für uns, den Geist für die, welche das Erbe des ewigen Lebens erlangen werden 2). Man könnte glauben, die Worte der Leib oder Buchstabe sei für die, welche vor uns waren“, beziehen sich auf das alte Testament und unläugbar meint Origenes auch vorherrschend die Schriften des alten Bundes 3), aber nicht ausschließlich. Denn auch die Begebenheiten, die von Jesus berichtet werden, sind nicht so aufzufassen, als ob der bloße Buchstabe und historische Vorgang die ganze Wahrheit enthalte 4). Deßungeachtet bleibt

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1) Verum quoniam divina scriptura non solum sacramentorum debet scientiam continere, verum etiam mores gestaque informare discentium: conemur et nos posteaque dupliciter ista prout potuimus sentire, descripsimus, id est, secundum historiam et secundum mysticum intellectum, nunc in quantum recipere locus potest, etiam moralem in eo discutere, sermonem, ut scripturarum studiosi, non solum quid in aliis, vel ab aliis gestum sit, sed etiam ipsi, intra se quid gerere, debeant, doceantur. Orig. in Genes. hom. 17. n. 9. p. 294. cf. In Ezech. hom. 7. n. 10. p. 174.

2) Orig. in Levit. hom. 5. n. 1. p. 72. Coment. in Math. series 27. p. 49. 3) C. Cels. 1. 1. c. 18. p. 53. 4) C. Cels. 1. 2. c. 69. p. 289.

ihm, sowohl was die alt als neutestamentlichen Bücher betrifft, die historische oder buchstäbliche Interpretation derselben, die fundamentale 5). Jene Stellen, deren Wortverstand ihm unzulässig scheint, müssen als Ausnahme angesehen werden, welche die Regel nicht umstoßen.

2) Ihre hauptsächlichste Berechtigung zog die Allegorie aus dem Verhältnisse, in dem Frdisches und Himmlisches zu einander stehen, das die damalige dualistische Häresie läugnete. Sie stellte Gott und Schöpfer, Gesetz und Evangelium, Natur und Gnade als schneidende Gegensätze einander gegenüber. Die Allegorie eignete sich aber besonders zu dem Nachweise, die Idealwelt sei in der Erscheinungswelt verkörpert, die Materie sei nicht das Böse, sondern Träger des Uebersinnlichen, das Sinnliche sei nicht verwerflich, sondern Bild des Geistigen. Der Apostel Paulus lehrt uns, das Unsichtbare an Gott werde aus dem Sichtbaren erkannt und das, was man nicht sieht, sei mit Rücksicht und nach der Aehnlichkeit dessen, was man sieht, zu betrachten, so daß man vom Frdischen zum Himmlischen aufsteigen könne. Wie Gott den Menschen nach seinem Bilde und nach seiner Aehnlichkeit machte, so schuf er wahrscheinlich auch die übrigen Geschöpfe nach der Aehnlichkeit himmlischer Bilder. Das Senfkörnlein ist ein Bild des Reiches Gottes. Was von ihm gilt, das hat ohne Zweifel auf die übrigen Gesäme und darum auf die Gesträuche und auf die Thiere Anwendung. Das Senfförnlein ist jedoch nicht nur Sinnbild der Kirche, sondern auch des Wachsthums im Glauben; denn wenn Jemand Glauben wie ein Senfförnlein hat, kann er Berge versehen. In derselben Weise können andere Dinge in mehrfacher Art Bilder des Himmlischen sein 6).

Um so mehr ist dieses der Fall gegenüber dem sinnlichen Buchstaben und dem buchstäblichen Verständniß der Schrift und allen äusseren Begebenheiten, die in der Schrift erzählt werden. Wenn nämlich irgend eine Thatsache oder ein Wort in der Schrift aufgezeichnet ist, so muß es von großer Bedeutung sein, sonst stünde es nicht in ihr 7). Nun enthält sie viele Erzählungen, die sich über das Niveau der Alltäglichkeit nicht erheben, ja die hinter dem, was menschliche Gesetze vorschreiben, zurückbleiben 8), also sind sie als Symbole höherer Wahrheiten zu fassen.

5) Prima enim, quae praecessit, historica (expositio) est, veluti fundamentum quoddam in inferioribus posita. Secunda haec mystica superior et excelsior fuit. Tertiam si possumus moralem tentemus adjicere. In Genes. hom. 2. n. 6. p. 170. cf. in Math. tom. 10. n. 14. p. 371.

6) Orig. in Cant. Cant. 1. 3. p. 221. 222. 7) In Joan. t. 20. n. 29. p. 339. 8) Si vero adsideamus literae, et secundum hoc, vel quod Judaeis, vel id quod vulgo videtur accipiamus, quae in lege scripta sunt, erubesco

Dieser Auffassung entspricht ferner die Organisation des Menschen, der, aus Leib, Seele und Geist bestehend, nicht blos die Fähigkeit, sondern auch das Bedürfniß hat, Geistiges hinter der sinnlichen Erscheinung zu suchen und zu finden. Darin liegt der Vorzug des Menschen, daß er von der Erscheinung auf das Wesen, von der Wirkung auf die Ursache zurückgeht, er mag einer Religion angehören, welcher er will. Der Christ ist aber vor Allen Pneumatiker; er muß daher hauptsächlich das Geistige suchen. Der Heide mag sich die äußere Natur geistlos, der Jude die heiligen Schriften geheimnißlos denken; ihr Standpunkt dient ihnen zur Entschuldigung, obwohl sie nicht zu rechtfertigen sind, weil sie, als Menschen, Geist besitzen. Der Christ hingegen, dieses Kind des Geistes Gottes, dieser vom heiligen Geist Erleuchtete, kann, ohne in Widerspruch mit sich zu gerathen, nicht am Buchstaben kleben. Der Geistige legt Alles geistig aus. Das ist seine Gnosis, durch die er Alle überragt, daß er unter der Hülle des Buchstabens Mysterien sieht, die der profane Verstand nicht einmal ahnt. Wie sehr damals die Bildungsstufe nach der Kunst zu allegorisiren beurtheilt wurde, geht daraus hervor, daß selbst Heiden die Wissenschaft der Christen darnach bemaßen. Celsus bemerkt, unter anderen guten Eigenschaften, die er hie und da unter ihnen beobachtet habe, gehöre auch die, daß sich Manche auf die Allegorie verstünden 9). Bei den alexandrinischen Juden (Aristobolus, Philo) war diese Interpretationsweise ohnehin heimisch und bis zum Extreme gepflegt.

Die Wissenschaft jener Zeit verlangte die Allegorie und Origenes, der Träger der wissenschaftlichen Bestrebungen innerhalb des Christenthums, vindicirt sie ihm vor allen anderen religiösen und philosophischen Systemen. Um seinetwillen ist Alles da, in ihm und durch dasselbe lösen sich alle Räthsel. Wie die Königin von Saba zu Salomon kam, um seine Weisheit zu hören, wie die Magier dem neugeborenen Könige opferten: so sollen alle Wissenschaften, die Weisheit der Heiden und Juden, dem Christenthume ihre Huldigung darbringen. Und sie bringen sie ihm, sie zeugen für dasselbe, wenn man von der

dicere et confiteri, quia tales leges dederit Deus. Videbuntur enim magis elegantes et rationabiles hominum leges, verbi gratia, vel Romanorum etc. In Levit. hom. 7. n. 5. p. 126. cf. Cant. Cant. hom. 1. n. 2. p 34. Er stellt sogar den Saß auf: Evangelistae non satis curaverunt, ut secundum veritatem ennarrent historiae, sed ut rerum mysteria, quae ex historia nascebantur, exponerent. In Math. series 76. p. 182.

9) C. Cels. 1. 1. c. 27. p. 70. Καί τοι οὐδ ̓ αὐτὸς ἰδιώτας μόνους φησὶν ὑπὸ τοῦ λόγου προσῆχθαι τῇ κατὰ Ἰησοῦν θεοσεβείᾳ· ὁμολόγει γὰρ καὶ μετρίους καὶ ἐπιεικεῖς καὶ συνετούς τινας, καὶ ἐπ ̓ ἀλληγορίαν ἑτοίμους εἶναι ἐν αὐτοῖς.

Schaale auf den Kern eingeht, wenn man ihre Gebräuche und Lehren geistig auslegt, und das geschieht durch die Allegorie.

Besonders eignete sie sich das Verhältniß darzustellen, in dem die beiden Testamente zu einander stehen. Der alte Bund hatte die Aufgabe, den neuen vorzubereiten und fand in ihm seine Erklärung und Verklärung. Weil den Vätern jener Zeit der Zusammenhang beider Oekonomien, und in dieser continuirlichen Einheit die Wahrheit des Evangeliums zur lebendigen Anschauung gekommen war: so erblickten sie ebenso in den alttestamentlichen Personen Typen Christi, als in den Opfern des Alten Bundes Vorbilder des neutestamentlichen Opfers, wie in den Gesetzen über das alttestamentliche Priesterthum Weissagungen über die neutestamentliche Hierarchie.

Die Apostel gingen ihnen in diesem Verfahren voran und ihre Nachfolger unterlassen es nicht, sich hiefür auf sie zu berufen. Es war dieses ein weiterer Grund, den sie für den Gebrauch der allegorischen Interpretation geltend machten. Der Apostel Paulus, der Lehrer der Völker, überlieferte der Kirche, die er aus den Völkern gesammelt, wie sie die von Anderen empfangenen Gesetzesbücher verstehen sollte. Darin sollen sich die Schüler Christi von den Jüngern der Synagoge unterscheiden, daß diese, das Gesez irrig verstehend, Christus nicht aufnahmen, wir aber, es geistig auffassend, zeigen, es sei zur Erbauung der Kirche gegeben. Die Juden erkannten blos, die Kinder Israels seien aus Egypten ausgezogen, haben das Meer durchschritten, seien der Wolke gefolgt und haben aus dem Felsen getrunken. Wir aber erkennen die Wahrheit, gemäß der vom Apostel Paulus überlieferten Regel des Verständnisses. Er schreibt nämlich den Corinthern I. Cor. 10. 1-5. Ihr sehet, wie sehr sich die Ueberlieferung des Paulus von der geschichtlichen Lesung unterscheidet. Was die Juden für einen Durchgang durch das Meer halten, nennt Paulus Taufe, was jenen eine Wolke scheint, ist Paulus der heilige Geist. Diesem entsprechend ist auch das zu verstehen, was der Herr in den Evangelien vorschreibt, sprechend: Wenn Jemand nicht wiedergeboren ist aus Wasser und dem heiligen Geiste, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. Ferner das Manna, welches die Juden für eine gewöhnliche zur Sättigung dienende Nahrung hielten, erklärt der h. Paulus für eine geistige Speise. Und nicht nur Paulus, sondern auch der Herr sagt über dasselbe im Evangelium: euere Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Wer aber von dem Brode gegessen hat, welches ich gebe, wird in Ewigkeit nicht sterben. Ich bin das lebendige Brod, das vom Himmel kam. Von dem Felsen lehrt hierauf Paulus deutlich, er sei Christus. Was haben wir also zu thun, die wir auf

diese Weise von dem Lehrer der Kirche, Paulus, die Anleitung für das Verständniß erhalten haben? Scheint es nicht recht und billig, daß wir diese uns überlieferte Regel auf ähnliche Fälle anwenden? Oder sollen wir, wie Einige meinen, mit Uebergehung dessen, was dieser und ein so großer Apostel überlieferte, wieder zu den jüdischen Fabeln zurückkehren? Nach meiner Ansicht würde das heißen, den Feinden Christi die Hand reichen 10).

§. 61. Die allegorische Interpretation auf der Kanzel.

Man kann sich gegen die Willkür, welcher diese Interpretation Thor und Thür öffnet, erklären, an sich hat sie aus den angegebenen Gründen ihre volle Berechtigung und dem Prediger gewährte und ge= währt sie große Vortheile. Origenes bedient sich selten der Gleich = nisse aus der Natur. Es mag auffallen, warum er dieses große Hilfsmittel, durch das Sichtbare zum Unsichtbaren zu führen, vernachlässigte, da es doch in der menschlichen Natur begründet und von Jesus selbst angewendet ist. Die allegorische Deutung alttestamentlicher Personen und Sachen ersetzten es. Der alttestamentliche Kult war sinnlich und symbolisch und reflektirte darum gleichfalls höhere Wahrheiten. Aus ihm nahmen die Prediger ihre Gleichnisse, oder das sinnliche Moment, welches das Uebernatürliche im Abbild und in concreter Gestalt zeigte.

Da wir so wenig Kenntniß von der apostolischen Predigt vor den Gläubigen haben, ist es schwer und gewagt, über ihre formelle Beschaffenheit zu urtheilen. Durchblättert man aber die paulinischen Briefe, so erkennt man leicht, daß der Apostel sich auch in der Homilie der von der Naturhergenommenen Gleichnisse bediente. Wir erinnern an die Vergleichung des Samenkornes mit dem menschlichen Leibe I. Cor. 15. 36., an die Sterne mit dem verklärten Leibe 1. c. 41., an das Bild vem Delbaum Röm. 11. 24., vom Sauerteige I. Cor. 5. 6., an die Vergleichung der Kirche und ihrer Aemter mit dem Leibe und seinen Gliedern I. Cor. 12. 12. c. und viele andere. Zu gleicher Zeit wendet er aber auch die Allegorie an. Im Briefe an die Hebräer erhält die lettere das Uebergewicht. Die Zeit, in welcher er abgefaßt wurde, scheint den Wendepunkt in dieser Beziehung zu bezeichnen. In Judäa hatte sich die alte Art, in welcher der Weise sprach, fortvererbt und Jesus bediente sich ihrer. Die Apostel ́überschritten die Grenzen desselben. Heiden und hellenistisch gebildete Juden waren vornämlich ihre Zuhörer, aus ihnen

10) Orig. in exod. hom. 5. n. 1. p. 386. Es ist dieses besonders gegen die grobmaterielle Interpretation der Chiliasten gerichtet, die in der allegorischen Schrift: auslegung ein wohlthätiges Gegengewicht erhielt.

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