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das zweite, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsern Herzen, das dritte, durch den h. Geist, der uns gegeben ist. Solches und derartiges lehrt die Rhetorik. Wir sagen nicht, der Apostel habe diese Regeln befolgt, wir läugnen aber auch nicht, seiner Weisheit sei die Beredtsamkeit gefolgt 2).

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In solchen Künsteleien gefiel sich die profane Beredtsamkeit. Da traten die von einem göttlichen, neuen Leben und Geiste durchdrungenen Apostel und ihre Schüler auf. Nichts war natürlicher, als daß sie diese armseligen Mittelchen verachteten. Einem Manne, der so voll von Christus war, daß er nichts wußte, als den Gekreuzigten, war es unmöglich ihn nach den Regeln der Beredtsamkeit zu verkündigen. Meine Rede und meine Predigt besteht nicht in überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft“ 3). Die Apostel wußten das, was vor der Welt thöricht ist, hat Gott erwählt, das Schwache vor der Welt, das Geringe und Verachtete und das was nichts ist, um das was etwas ist zu nichte zu machen 4). Sie wußten aber auch, daß zu ihnen Jesus gesagt hatte: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden, darum gehet und lehret alle Völker 5). Deßwegen spricht Paulus: Alles ist unser, wir aber sind Christi, Christus aber ist Gottes 6). Von Gott hatten sie Alles, auf Gottes Ehre führten sie Alles zurück. In der vollkommensten Abhängigkeit von ihm, ihr Vertrauen allein auf ihn segend, konnten sie sagen, Alles ist unser und was wir von ihm empfangen, wirkt um so mächtiger, je weniger wir auf irgend ein Geschöpf vertrauen.

Der göttliche Geist, der sie durchdrang und aus dessen Fülle sie sprachen, gab ihnen aber auch eine Liebe zu den Menschen, die sich mit dem Geliebten identificirt, so daß sein Leid ihr Leid, sein Sieg ihr Sieg, seine Herrlichkeit ihre Herrlichkeit wurde. In diesem liebenden Schmerze ruft der Apostel aus: ich wünsche ein von Christo Verbannter zu sein für meine Brüder 7). In dieser Salbung von Oben, in dieser Gottes- und Nächstenliebe liegt das Geheimniß der apostolischen Beredtsamkeit. Und noch in keiner Zeit, bei keinem Volke war der Beredtsamkeit eine so reine und hohe Aufgabe zugetheilt worden, als jezt, da die christliche Predigt als ein göttliches Institut und mächtiges Werkzeug menschlichen Heils in die Geschichte eintrat, und alle Gegensätze des menschlichen Lebens, alle großen Probleme des Geistes, alle sittlichen Beziehungen des Menschen zum Menschen, Leben und Tod, Himmel

2) Aug. de doctr.
4) I. Cor. 1. 27.
7) Rom. 9. 3.

christ. 1. 4. c. 11.
5) Matth. 28. 18.

3) I. Cor. 2. 4.

6) I. Cor. 3. 23.

und Hölle, Gott und der Satan das unerschöpfliche, ewig neue Thema der heiligen Rede bildeten. Wir mögen uns den Eindruck vorstellen, den ein Heide bei seinem ersten Eintritt in eine christliche Versammlung erhielt, wenn er, gewöhnt an ein stummes Priesterthum und schweigende Tempel, hier zugleich über die höchsten sonst nur in den Philosophenschulen verhandelten Fragen und wieder über die alltäglichen Begebnisse und Pflichten des Lebens in der Sprache der Zuversicht und aus dem Bewußtsein einer gemeinschaftlichen Ueberzeugung und Erfahrung heraus reden hörte 8).

2) Wir besigen keine Predigt, welche die Apostel in der Versammlung der Gläubigen gehalten; die, welche Petrus nach der Heilung des Lahmgeborenen hielt, um nur diese auszuwählen, zeigt jedoch näher ihre natürliche Beredtsamkeit. Das Volk staunt die Apostel ob des Wunders an. Mit der Frage: was sehet ihr auf uns? beginnt Petrus und sein erstes Wort ist die eigene Verde müthigung. Nicht wir haben ihn wandeln gemacht, sondern Gott durch Jesus. Gott hat durch seinen Sohn, den der Heide freigeben wollte, den ihr aber getödtet habt, den Lahmen gesund gemacht. Und nicht allein das Wunder schreibt er Jesus zu, sondern auch den Glauben an ihn, indem er sagt: der Glaube, der durch ihn kommt, hat diesem Genesung gegeben. Das Zweite was der Apostel sucht, ist die Ehre Gottes und Christi. In scharfem Contraste stellt er die Verherrlichung Christi durch den Vater, seiner Kreuzigung durch die Juden gegenüber. Selbst Pilatus wollte ihn loslassen, aber ihr verlangt seinen Tod, einen Mörder zoget ihr dem Urheber des Lebens vor. Dieser Gekreuzigte hat den Lahmen geheilt. Indem die frische Wunderthat des Gekreuzigten den Vorwurf, ihn gekreuziget zu haben, schärfte, mußte sie zugleich als That der Barmherzigkeit die Hörer rühren. Mit liebevoller Weisheit benüßt der Apostel diese Rührung, nicht um tiefer zu kränken, sondern um durch Unwissenheit zu entschuldigen. Dann zeigt er, wie Gott seinen großen Plan der Erbarmung ausgeführt, ermahnt zur Buße, zeigt ihnen die angebotene Vergebung der Sünden durch Jesum Christum auf der einen und Jesum Christum, den künftigen Weltenrichter, auf der anderen Seite. Er beruft sich auf die Zeugnisse der Propheten, stürzt sie gleichsam zu Boden durch die Drohung des Moses, richtet sie dann wieder auf mit dem Troste: ihnen zuerst habe Gott seinen Sohn, den Segnenden gesandt 9). Nicht ihre, sondern Gottes Ehre suchend, verwundeten und heilten die Apostel. Das Schreckende ist für sie nur Mittel, das Ziel aber, Alle für Christus zu gewinnen. Darum ist in

8) Döllinger, Christenthum und Kirche. S. 329. 9) act. c. 3.

diesen Worten keine Spur von füßlicher Sentimentalität, aber auch kein polterndes Dreinschlagen, sondern in der keuschen Charitas erhalten die Gegensätze die rechte Mischung.

§. 55. Die Charismatische Lehrweise.

Die Apostel verließen meistens die Kirchen, die sie gestiftet, sehr bald. Die Bischöfe und Presbyter, die sie geweiht und ihnen zu Vorstehern gegeben, sollten zwar lehrhaft sein, allein diese Lehrhaftigkeit war nach den damaligen Verhältnissen eine beschränkte. Die Zahl derer, welche eine sorgfältige Jugendbildung genossen, muß ungemein klein in den ersten Gemeinden gewesen sein; am ersten noch besaßen die durch den Synagogendienst geschulten Judenchristen die erforderliche Vorbildung, nämlich vertraute Bekanntschaft mit dem alten Testamente. Genaue Kenntniß der apostolischen Lehre verstand sich von selbst.

Durch Verleihung der Charismen trat Gottes Güte helfend und unterstüßend ein. Die charismatischen Vorträge, wie sie der Apostel Paulus in Korinth traf und beschreibt, bilden daher die zweite ergänzende Seite der Predigt im apostolischen Zeitalter.

Die ächte charismatische Predigt konnte, weil vom heiligen Geiste angeregt, nichts Anderes verkündigen als Jesus, und im gewöhnlichen lehrhaften Vortrage konnte Jesus nicht anders verkündigt werden als unter dem Beistande des heiligen Geistes ). Damit ist Uebereinstimmung und Verschiedenheit zwischen der lehrhaften und charismatischen Predigt angegeben. Was den Inhalt betrifft, schöpfte die erste aus dem Depositum des Glaubens und verkündigte Jesus, aber nicht ohne den Beistand des heiligen Geistes. In der letzten schöpfte der Prediger aus dem vom heiligen Geiste Eingegebenen, aber nicht ohne an der Hinterlage des Glaubens ein Correktiv zu haben. Zudem war die Gabe der Geisterunterscheidung dazu vorhanden, den wahren Propheten von dem falschen zu unterscheiden und darüber zu urtheilen, ob das Gesagte wirklich göttliche Offenbarung oder phantastischer Irrthum sei.

Ebenso sollten sich beide Predigtweisen in der Verfolgung des Zweck es unterstützen; denn auch der, welcher prophezeit, redet zur Erbauung, Ermunterung und Tröstung der Menschen; er erbaut die Kirche Gottes 2). Die Glossolalie ging in dieser Beziehung andere Wege; durch sie erbaute sich der Sprechende selbst 1. c. 4. Es ist die Ueberfülle des Geistes und der Liebe, die es drängt, das Innere auszusprechen. Diesem Drange wird entsprochen, ohne irgend eine Absicht, 2) I. Cor. 14. 3. 4.

1) cf. I. Cor. 12. 3.

oder einen äußeren Zweck realisiren zu wollen. Nicht vom Weine trunken, sondern vom heiligen Geiste erfüllt, redeten sie in Psalmen, Hymnen, geistigen Liedern und Danksagungen, im Herzen dem Herrn zujubelnd 3). Die Sprache, in der sie redeten, war ihnen im alltäglichen Leben fremd, so daß sie Niemand in der Gemeinde verstand, wenn nicht ein Ausleger vorhanden war, der gleichfalls charismatisch begabt, das pneumatisch Gesprochene in verständlicher Sprache wiedergab. Diese Gabe diente darum nicht, wie die Prophetie den Gläubigen, sondern den Ungläubigen 4). Sie mochten durch den ekstatischen Zustand der Sprechenden, vielleicht auch durch Kenntniß der fremden Sprache in Erstaunen gesetzt, sehen, daß das Christenthum die Religion des Geistes und der Kraft war. Sie mußten über das Christenthum anders urtheilen lernen, wenn sie aus den stummen Wänden ihrer Gößentempel in eine christliche Versammlung traten, in welcher sich eine solche überströmende Fülle von Geist und Wort kund gab. Weil aber die Gemeinde selbst bei der Glossolalie leer ausging, schäßt der Apostel die Prophezie höher und verlangt einen mäßigen Gebrauch derselben. Wenn ein Interpret vorhanden war, sollten zwei oder höchstens drei sprechen, mangelte ein solcher, so sollten die Betreffenden in der Kirche schweigen 5).

Der dritte Punkt betrifft die Form der charismatischen Predigt. Sprach der Missionär vorherrschend mit Gewalt, der Katechet einfach, so ist die hauptsächlichste Form des charismatischen Vortrages die der Begeisterung. In der Glossolalie ging sie bis zur göttlichen Trunkenheit, die sich in Psalmen und Hymnen äußerte, in der Prophezie war sie gemäßigter. Die Geister der Propheten sollten den Propheten unterthan sein 6). Die Ekstase sollte sie nicht so aus den natürlichen und menschlichen Kreisen in den göttlichen hineinreißen, daß ihnen die ersten entschwanden, sondern in Freiheit und klarem Bewußtsein sollten sie ermahnen und belehren, damit Alle lernen und aufgemuntert werden 7). An einen ruhigen, klar hinfließenden Vortrag, der vorherrschend belehrend wirkte, wie die Didascalia, darf man jedoch nicht denken. Das Feuer des heiligen Geistes gab den Grundton an; auf hohen Bergen hatten sich die Wasser gesammelt, die sich als reißender und hinreißender Strom über die Gemeinde ergoßen. Das war kein gemachtes Pathos, keine hohle Declamation, sondern Alles Natur, oder vielmehr Uebernatur. Nimmt man dazu, wie manche dieser Propheten einen Blick in die Zukunft und in die Herzen ) der Zuhörer hatten, so mußte eine solche Rede zündend wirken und die gleichgestimmten Saiten in den

3) Ephes. 5. 18.
6) I. Cor. 14. 32.

4) I. Cor. 14. 22.
7) I. Cor. 14. 31.

5) I. Cor. 14. 27.

8) I. Cor. 14. 25.

Herzen der Gläubigen zum Mitklingen bringen. Leicht mochte der Prophet den vollen Gehalt seiner Worte selbst nicht kennen, die Betref= fenden unter den Zuhörern verstanden sie um so besser. Handelt es sich ja in einer gewöhnlichen Predigt nicht blos darum, daß der Redner mit Ueberzeugung spricht, sondern daß Gott auch die Herzen der Hörer öffnet.

Selbst Frauen empfingen die prophetische Gabe, wie die Töchter des Philippus. Als aber in Korinth Frauen in der Versammlung öffentlich als Prophetinnen auftraten, untersagte es ihnen der Apostel 9).

3 weiter Artikel.

Die Predigt im zweiten und dritten Jahrhundert.

§. 56. Von der Predigt in diesem Zeitraume im Allgemeinen.

Von der Zeit der apostolischen Väter an wurde der ruhig didaktische Vortrag herrschend, obwohl noch Frenäus der charismatischen Lehrweise gedenkt 1). Die Predigt war eine religiös moralische Anrede, in der einzelne Wahrheiten und Pflichten ans Herz gelegt, Ermahnungen und Zurechtweisungen ertheilt wurden. Die heilige Schrift bildete die Grundlage für dieselbe. Ignatius erklärte den Gläubigen die h. Schrift 2) und ermahnt den Bischof Polycarp, in der Homilie über die Liebe zu Gott, den ehelichen Frieden, die Liebe und Treue der Ehegatten zu sprechen 3).

Nicht nur nach dem Vorgange des jüdischen Synagogendienstes, sondern auch nach dem Beispiele Jesu und apostolischer Vorschrift ge= mäß 4), schloß sich die Predigt unmittelbar an die Lesung aus der Schrift an. Wenn der Vorleser aufgehört hatte, hielt der Vorsteher einen belehrenden und ermahnenden Vortrag, diesen trefflichen Vorschriften nachzuleben 5). Tertullian explicirt dieses in dem Saße: durch das heilige Wort stärken wir unseren Glauben, richten unsere Hoffnung auf, befestigen unser Vertrauen und kräftigen durch Einschärfung der göttlichen Vorschriften den Unterricht 6).

Man könnte glauben, der Inhalt dieser Predigten sei eine mühelose Reproduktion der gewöhnlichsten christlichen Lehren gewesen. Allein einerseits finden auf sie die Worte Tertullians Anwendung: quanto vera, tanto simplicia, quanto simplicia, tanto vulgaria, tanto

9) I. Cor. 11, 5; 14. 34.

2) Martyr. c. 1.

1) Iren. 1. 2. c. 31. n. 2. 1. 2 c. 32. n. 4.
3) Ignat. ad Polyc. c. 5. 4) Orig. in Jesu Nave hom. 15. n. 1. p. 691.
5) Just. apol. 1. c. 67. p. 271. 6) Tert. apol. c. 39.

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