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§. 4. Das Lehramt im zweiten Jahrhundert.

Dem Schlusse wird die Anerkennung kaum versagt werden können: waren in der Zeit der apostolischen Väter und im zweiten Jahrhundert überhaupt Bischöfe und Presbyter nicht nur als Gemeindebeamten, sondern als von Gott gesezte Vorsteher der Kirche vorhanden: so übten sie, und nicht jeder beliebige Gläubige, das Lehramt aus. Die Erhärtung des Obersaßes gehört mehr in die Lehre vom Priesterthum und der Hierarchie, die im ersten Bande dargestellt wird. Hier genügt es an Folgendem.

Die Apostel verkündigten im Auftrage Christi das Evangelium und stellten Episcopen und Diaconen auf, welche dasselbe Amt verwalteten 1), also waren die Episcopen und Diaconen die von Christus geordneten Lehrer. Deßwegen gebührte es sich auch, daß die Gläubigen mit dem Sinne (yvaun) des Bischofes übereinstimmten 2). Nichts sollten sie ohne ihn und die Presbyter thun 3), damie sie nicht in die Angeln einer nichtigen Lehre gerathen 4). Besonders sollten sie sich vor den Häretikern hüten, was sie dadurch bezwecken, wenn sie weder aufgeblasen, noch getrennt sind von Jesus Christus, dem Bischofe und den Vorschriften der Apostel 5). An seinen Freund Polycarp schreibt Ignazius, er soll Alle ermahnen, daß sie selig werden und zu Jedermann so reden, wie er es mit Gottes Beistand vermöge 6). Von Jenen, welche anders lehren, soll er sich nicht verwirren lassen, sondern feststehen, wie der Ambos, wenn er geschlagen wird. c. 3. Fliehe die schändlichen Künste, halte lieber über sie keine Homilie; ermahne vielmehr Schwestern und Brüder zur Liebe Gottes und zum ehelichen Frieden. c. 5. Die schändlichen Künste sind schlechte Lehren 7), über die er in den öffentlichen Vorträgen nicht sprechen soll; denn das wird unter Homilie zu verstehen sein, deren Inhalt er in den darauf folgenden Worten angibt. Endlich bemerken die Marthrakten des Ignazius, er habe gleich einer göttlichen Leuchte den Verstand eines Jeden durch die Auslegung der göttlichen Schriften erleuchtet 8). Da die Homilie in der Erklärung der hl. Schrift bestand, hielt sie Ignazius wie Polycarp, d. h. der Bischof.

Man wird entgegnen, aus diesen Citaten erhellt nicht mehr, als daß der Bischof gepredigt habe, und das bestreite Niemand, sie beweisen aber nicht, daß er allein, mit Ausschluß der Laien,

1) Clem. R. c. 42 und 43. ad Magn. c. 7. p. 137. 4) l. c. 6) Ign. ad Polyc. c. 1. p. 177. Ignat. c. 1. p. 184.

3) Ign. c. 7. p. 146. 8) Martyr.

2) Ignat. ad Ephes. c. 4. p. 121.
c. 11. p. 139. 5) Ign. ad Trall.
7) cf. Ign. ad Philad. c. 2.

predigte. Das ist richtig. Niemand aber wird aus dem Briefe des Clemens und denen des Ignazius einen Nachweis für die allgemeine Lehrfreiheit führen können. Im Gegentheil geht aus der Stellung, welche der Bischof zur Gemeinde einnimmt, klar hervor, daß wenn je ein Anderer predigte, dieses blos mit der Zustimmung und Autorisation des Bischofes geschehen konnte.

Dasselbe gilt von Justin. Der Vorsteher, welcher die Homilie hält, ist der Bischof, wie wir an einem andern Orte zeigen werden. Von einer Predigt der Laien im Gottesdienste findet sich in seinen Schriften so wenig eine Spur als in dem Hirten des Hermas, demzufolge die Bischöfe, Doktoren und Minister das Wort Gottes den Gläubigen verkündigten 9).

Ganz entschieden verbindet Jr e näus das Lehramt mit dem bischöflichen Amte. Hätten, bemerkt er gegen die Häretiker, die Apostel noch andere verborgene Geheimnisse gewußt, in welchen sie besonders und ohne

9) Vis. 3. n. 5. p. 253. Von Hermas behauptet man ganz zuversichtlich, nach seiner Darstellung sei das Lehramt noch nicht an das Amt des Vorstehers gebunden gewesen. Wir wollen auch gar nicht in Abrede stellen, daß charismatische Begabung zu seiner Zeit noch vorkam. cf. Mand. 11. p. 285. Daraus folgt aber die Richtigkeit der obigen Behauptung keineswegs. Hermas unterscheidet nicht nur Bischöfe, Lehrer und Minister, sondern auch drei, ihnen ensprechende verschiedene Amtsthätigfeiten. Vis. 3. n. 5. und diese drei hierarchischen Ordnungen bilden die Unterlage des Thurmes (der Kirche), auf welche die übrigen Steine, die Neophyten und Gläubigen gebaut sind. 1. c. Sie sind darum die Führer und Lehrer der Gläubigen und wehe den Hirten, wenn ein Schaf aus der Heerde verloren geht. Sinil. 9. c. 31. p. 337. Von den zwei Büchern, die Hermas erhält, soll er Eines dem Clemens, das Andere der Grapte schicken, damit es Clemens den answärtigen Städten sende, Grapte aber nach ihm die Wittwen und Waisen belehre. Er selbst aber werde es in dieser Stadt mit den Presbytern, welche der Kirche vorstehen, lesen. Vis. 2. c. 4. p. 249. Sollten die Wittwen und Waisen an der Grapte eine Lehrerin gehabt Haben und die Gläubigen im Allgemeinen nicht? Daß nämlich Diaconissin Lehren vortragen durften, wie sie der im Katechumenatsunterricht verwendete Pastor enthielt, zeigen die Apostol. Constit. 1. 3. c. 5. cf. Clem. A. paed. 1. 3. c. 12. p. 309. Orig. in Isai. hom. 6. n. 3. p. 321. Zudem wird Hermas selbst an die Presbyter gewiesen; mit ihnen, unter ihrer Aufsicht soll er das Buch lesen. Clemens hat aber die Aufgabe, es anderen einzuhändigen. Das Alles spricht doch dafür, das Lehramt sei an das Amt des Bischofes und der Presbyter geknüpft gewesen. Ferner nehme man die Worte dazu: Er zeigte mir Menschen, die in Bänken saßen und Einen auf der Kathedra Sißenden. Und er sagte mir: die in den Bänken sind die Gläubigen, der auf der Kathedra sigt, ist der Pseudoprophet. Mandat 11. p. 284. Da Hermas fragt, wie man den falschen Propheten von dem wahren unterscheiden könne, war in der katholischen Kirche dieselbe äußere Einrichtung. Es war ein auf der Kathedra lehrender Vorsteher in ihr vorhanden; wie denn auch Hermas sich öfter gegen die äußert, welche nach der prima cathedra streben. Endlich weist er

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den Lehrern und Bischöfen“ je einen eigenen Berg an Sinil. 9. c. 25. und 27., der von dem siebenten Berge, welcher den Gläubigen angehört, verschieden ist. Man fann darum blos fragen, wie es sich mit den Diaconen verhält? Allein von ihnen spricht er 1. c. c. 26. so deutlich, daß Niemand bestreiten kann, Hermas habe fié als einen kirchlichen Ordo gekannt.

Vorwissen der Uebrigen die Vollkommenen unterrichteten, so würden sie diese sicher jenen übergeben haben, welchen sie die Kirchen selbst anvertrauten. Denn sie wollten, daß die, welche sie als Nachfolger hinterließen und welchen sie ihr eigenes Lehramt übertrugen, be= sonders vollkommen und tadellos in Allem seien (suum ipsorum locum magisterii tendentes) 10). An sie muß man sich darum halten, welche mit der Succession im bischöflichen Amte das sichere Geschenk der Wahrheit empfangen haben, welche die von den Aposteln überlieferte Lehre bewahren und mit dem Priesteramte das gesunde Wort zur Stärkung und Besserung der übrigen bewahren, bei ihnen die Wahrheit lernen, bei welchen von den Aposteln her die kirchliche Amtsfolge und die unverfälschte ächte Lehre sich findet. Sie bewahren den Glauben und legen die Schrift (in der Homilie) ohne Gefahr aus“ 11). Mit solchen Grundsägen ist die allgemeine Lehrfreiheit unvereinbar; denn wenn die Apostel das Lehramt von Christus empfangen und ihren Nachfolgern übertragen haben, so schließt dieses das Lehramt aller Getauften geradezu aus.

Dieser Doctrin entspricht die Praxis des 2. Jahrhunderts, selbst bei Häretikern. In dem apokryphen Briefe des Petrus an Jaco= bus, der aus der Mitte oder dem Ende des zweiten Jahrhunderts stammt, ermahnt der Erste den Zweiten, er soll seine Predigten keinem Unberufenen mittheilen. Wenn er aber Jemand würdig erfunden habe, könne er sie ihm übergeben, gemäß dem Vorgange des Moses, der sie den 70 Männern, als Nachfolgern seiner Kathedra, übergab. Wie diese Siebzig soll er zuvor die, welche das Lehramt übernehmen wollen, in der Regel der Wahrheit unterrichten, daß sie Alles nach unserer UeberLieferung interpretiren 12). In der Contestation heißt es, daß erst nach sechsjähriger Prüfung mit Zustimmung des Bischofes die Schriften des Petrus dem guten Lehramtscandidaten übergeben werden 18). Noch deutlicher geht dieses aus dem Briefe des Clemens an Jacobus, der demselben Schriftenchclus angehört, hervor. Da die Todesstunde des Petrus nahte, gab er die Absicht kund, Clemens zum Bischofe zu ordiniren, ihm seine Kathedra des Wortes anzuvertrauen. Clemens wies anfänglich die Ehre und Macht der Kathedra zurück. Petrus entgegnet, er sei der Würdigste, der ihn auf seinen Reisen begleitet, seine Reden gehört und die Leitung der Kirche gelernt habe, ohne Sünde könne er darum auf seiner Weigerung nicht beharren. n. 3. Auch Jacobus werde es zum Troste gereichen, wenn er höre, daß kein Ungebildeter, der lebendigmachenden Worte Unkundiger, mit dem Kanon

10) Iren. adv. haeres. 1. 3. c. 3. n. 1.
12) Galland. II. p. 608 u. 609.

11) Iren. 1. 4. c. 26. n. 2-5. 13) 1. c. p. 610.

der Kirche Unbekannter, die Kathedra des Lehrers erhalten habe. Denn die Homilie eines Unkundigen tödtet die Seele des hörenden Volkes 14). Dem lehrenden Bischofe steht das hörende Volk gegenüber und die Apostel erwählen sich Nachfolger, welchen sie das Lehramt übertragen! Da kann man an Alles eher denken, als an die Lehrfreiheit aller Gläubigen. Durfte man es zudem wagen, dieses Verfahren den Aposteln zuzuschreiben, die kaum 100 Jahre zuvor den Tod erlitten hatten, so konnte nach der Ueberzeugung des Verfassers dieser Briefe auch in der apostolischen Zeit keine allgemeine Lehrfreiheit geherrscht haben. Dieselbe Anschauung herrscht in den Recognitionen. Die Gläubigen sollen keinem Lehrer Glauben schenken, der nicht ein Zeugniß von Jacobus oder einem seiner Nachfolger besigt; denn nur ein solcher ist tauglicher und glaubwürdiger Verkündiger des Wortes Christi 15).

Von Bedeutung scheint uns auch das Gebet bei der Ordination der Bischöfe zu sein, welches das achte Buch der apostolischen Constitutionen enthält. Nach Form und Inhalt, wie nach dem äußeren Zusammenhange gehört es zu der Liturgie dieses Buches und participirt deßwegen auch an dem Alter derselben, deren Ursprung wir in den Anfang des zweiten Jahrhunderts setzen 16). Unmöglich konnten die consecrirenden Bischöfe beten, wie Gott durch Christus kirchliche Regeln 17) gegeben, von jeher Priester erwählt zum Heile des Volkes und sein Heiligthum nie ohne Diener gelassen habe: so möge er auch dem zu Ordinirenden die Kraft seines Geistes eingießen, damit er die Heerde weiden, das oberste Priesteramt üben, das Opfer darbringen und Sünden nachlassen könne 18). In dieser Verbindung bezieht sich das Weiden der Heerde auf das Lehramt, zu dessen Verwaltung die Bischöfe ordinirt wurden.

§. 5. Das Lehramt im dritten Jahrhundert.

Wer Andere ermahnt, sie sollen nicht verwegen und ehrgeizig nach dem Lehramte trachten, in der Mittheilung der Lehre keinen Ruhm, sondern blos das Heil der Hörenden suchen und den Menschen nicht zu

14) Galland. 1. c. n. 19. p. 621.

15) Recog. 1. 4. c. 35.

16) Man vergleiche unsere Schrift über die Liturgie der ersten Jahrhunderte. 17) "Ogous èxxinolas. Das Wort ogos in dieser Bedeutung findet sich blos im Briefe an Dioguet. Um die Mitte des zweiten Jahrhunderts, in dem Briefe des Petrus an Jacobus steht dafür „Kanon der Wahrheit" n. 3. Galld. p. 609. und in dem des Clemens an Jacobus „Kanon der Kirche" n. 19. p. 621. Das Gebet wurde also vor der Mitte des zweiten Jahrhunderts abgefaßt, ehe das Wort „Kanon“ technische Bezeichnung wurde. Wir kommen hierauf im dritten Bande zurück.

18) A. C. 1. 8. c. 5.

Gefallen reden 1), wer so spricht, seßt das Vorhandensein eines Lehramtes im kirchlichen Sinne voraus. Die genannten Worte sind aber den Stromata des Clemens entnommen. Er gibt demselben auch den Namen Hirtenamt. Zunächst versteht er zwar unter ihm die Kunst, die Schafe zu führen, doch rechnet er dahin auch die Kunst Gesetze zu geben, um die Tugend der Menschen zu pflegen und das denselben angeborene Gute nach Kräften anzuregen 2). Die Verwalter des Hirtenamtes sind im Allgemeinen die Presbyter; denn von der Prophezeiung, die Ezechiel an die Hirten Israels richtet, sagt er, diese Worte gelten den Presbytern 3). Das Wort Presbyter faßt er aber an dieser Stelle im Sinne von Kleriker überhaupt; denn auch die Bischöfe und Diaconen verkündigen das Wort Gottes; auf eine andere Weise jedoch die Presbyter, auf eine andere die Bischöfe, anders die Diaconen und anders die Wittwen 4). Diese verschiedenen Lehrweisen lernt man insoferne etwas näher kennen, als er die Pädagogie, oder das Amt des Pädagogen, von dem Unterrichte in den Dogmen, der dem eigent= lichen Lehrer zukommt, unterscheidet, und es in die Unterweisung in den Sittenlehren und die Erziehung zu einem guten Leben verlegt 5). Weil er jedoch weder den Pädagogen, noch den Lehrer näher beschreibt, läßt sich nicht bestimmen, welche dieser Lehrweisen den verschiedenen hierarchischen Graden zukam. Die Recognitionen, von welchen im folgenden §. die Rede sein wird, ergänzen das hier Mangelnde. So viel resultirt hingegen aus den Worten des Alexandriners evident, daß er ebenso ein bestimmtes Lehramt kennt, als ihm die Doktrin von der allgemeinen Lehrfreiheit fremd ist.

Von dem Schüler des Clemens, Origenes, werden in der Lehre von der Homiletik und in den folgenden Paragraphen so viele Zeugnisse für ein eigenes Lehramt angeführt, daß hier ein paar Stellen, die uns gerade begegnen, genügen. Wie Gott, sagt er, zu der Zeit als die Menschen der Prophezie bedurften, Propheten suchte, z. B. Jsaias, Jeremias, Ezechiel, Daniel, so sucht er jetzt Organe, durch die er sein Wort lehrt 6). Es sind das im Allgemeinen die Hirten. Den Hirten verkündigten Engel die Geburt Christi. Höret das Hirten der Kirchen, Mitarbeiter Gottes, wie im Apostel zu lesen ist, der ist ein guter Hirte, welcher den besten Hirten, ihm helfend, bei sich hat. Gott hat nemlich in der Kirche Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer gesetzt 7), die ermahnen, lehren, unterrichten 8). Die Worte des Apostels

1) Clem. A. strom. 1. 1. c. 1. p. 319. 2) Clem. strom. 1. 1. c. 25. p. 421.
3) Clem. paedag. 1. 1. c. 9. p. 148. 4) Paedag. 1. 3. c. 12. p. 309.
6) Orig. in Luc. hom. 32.
p. 392.
8) In Levit. hom. 5. n. 4. p. 80.

5) Paedag. 1. 1. c. 1.

p. 98.

7) In Luc. hom. 12. p. 327.

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