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,,Neither to change, nor falter; nor repent;
This, like thy glory, Titan, is to be

Good, great, and joyous, beautiful and free"

(Prom. Unb. IV 575/77).

Dadurch, daß ich keinem schade, weder meinen Nächsten hasse, noch mich selbst durch nutzlose Reue quäle, erfülle ich die höchste Menschenpflicht. Niemandem ein Leid antun, ist die größte praktische Tugend des Menschen. Godwin weist wiederholt auf Rousseau hin, den ,,humansten der Philosophen", der im Emile, Livre II sagt: „La plus sublime vertu est négative, elle nous instruit de ne jamais faire du mal à personne" (PJ I 436). Es ist unnötig, aus Shelley Beispiele zusammenzutragen. Er wiederholt dieses menschlichste Gesetz der Moral fast in allen seinen Dichtungen. Wenn Prometheus sagt:

„I wish no living thing to suffer pain“

(I 305), so überträgt es der Dichter auf die ganze lebende Schöpfung. Indem Shelley hierdurch über die Anschauungen Godwins hinausgeht, folgt er der Tradition der romantischen Poesie, deren Vertreter unser Mitleid für alles Lebendige beanspruchten.

ε) Der Individualismus. Das wichtigste Recht des Menschen ist, zu denken und zu handeln, wie ihn. die Vernunft treibt. Den Entscheidungen seines eigenen Selbst ist er allein verpflichtet.,,There is but one power to which I can yield a heart-felt obedience the decision of my own understanding, the dictate of my own conscience" (PJ I 212).

Diese Lehre wird von Godwin als die wichtigste und schönste seiner Staatslehre aufgefaßt. In jedem Buche von PJ kommt er auf sie zurück. Sie gehört daher auch zu Shelleys Grundanschauungen. Er wiederholt sie in zwei Artikeln seiner Decl. of Rights (10, 11). Die Assassinen stellen als Prinzip alles Handelns das Gesetz des individuellen Verstandes auf.

,,They

esteemed the human understanding to be the paramount rule of human conduct."

Geistige Unabhängigkeit bedeutet jedoch nicht sittliche Schrankenlosigkeit. Jede Willenshandlung ist moralischer Natur; daher ,,wird niemand behaupten, daß wir ein Recht haben, die Vorschriften der Sittlichkeit zu übertreten" (PJ I 159). Die Assassinen richten daher ihr Leben ein nach den Gesetzen der Moral,,,they modelled their conduct towards their fellow-men by the conclusions of their individual judgment on the practical application of these laws".

In der geistigen Unabhängigkeit liegt der Wert der Persönlichkeit. Individuelle Überzeugung ist das ,,Allerheiligste der menschlischen Natur". „Man is a species of being, whose excellence depends upon his individuality; and who can be neither great nor wise, but in proportion as he is independent" (P J II 215). Das Recht des „private judgment" ist deshalb das Grundgesetz der menschlichen Gesellschaft. Je mehr es sich Geltung verschafft, je mehr der Mensch auf sich gestellt und auf sein eigenes Innere gewiesen wird, ersetzt es alle äußeren Vorschriften, Gesetze und Gewalten. Wenn jedes Mitglied der Gesellschaft fähig ist, auf das zu hören, was die Vernunft diktiert, wenn jeder sein eigener Gesetzgeber geworden ist, dann steht der Mensch erst in seiner Würde da. Die ungehinderte Geltendmachung der Persönlichkeit innerhalb der von der Moral gesteckten Grenzen ist der Traum vom zukünftigen Menschentum (PJI 181, 196 ff, II 209 m).

Shelley führt in den Proposals 1812 aus, daß es ein Verbrechen sei, die Stimme, die in unserem Innern spricht, zu mißachten; vor ihr seien die Gesetze des Staates ein Spott. ,,Conscience is a government before which all others sink into nothingness; it surpasses, and where it can act supersedes, all other, as nature

surpasses art, as God surpasses man". Denselben Gedanken wiederholt der Dichter mit ähnlichen Worten in Q. Mab (III 215,25). Der Mensch schreibt sich selbst sein Gesetz vor (Prom. Unb. IV 400,01). Godwins Persönlichkeitsideal hat den treffendsten Ausdruck in Shelleys Sonett Political Greatness erhalten:

,What are numbers knit

By force and custom? Man who man would be,
Must rule the empire of himself; in it
Must be supreme, establishing his throne
On vanquished will, quelling the anarchy
Of hopes and fears, being himself alone."

Die Pflichten der Humanität haben vor dem Individualismus ihre Grenzen. Geistiger Widerstand ist Pflicht. Niemand darf sich soweit demütigen, daß er seine Gesinnung verleugnet. Tyrannen mögen den Leib binden, den Geist können sie nicht in Fesseln schlagen. Wir sind verpflichtet, uns ihnen äußerlich zu fügen; körperlicher Widerstand wird verschmäht (PJ I 236 ff, II 282). Sind Festigkeit der Gesinnung und Energie des Geistes schätzbar für den Freien, wieviel mehr für den Geknechteten! Vor ihm wird der Despotismus zum Hohn. He cannot be degraded; he cannot be readily become either useless or unhappy. He smiles at the impotence of despotism; he fills up his existence whit serene enjoyment and industrious benevolence" (PJI 259).

Es ist charakteristisch, daß Shelley und Godwin das Aufgehen der Persönlichkeit im Dienste der Menschheit, Nächstenliebe, Dulden und Leiden fordern, zugleich aber dem höchsten Individualismus huldigen und das Recht des Widerstands behaupten.

Der Dichter verlangt wie Godwin äußerliche Unterwerfung. Der Gewalt mögen die Irländer weichen, zum geistigen Widerstande seien sie aber verpflichtet. ,,Employ resistance of the mind" (Addr. to the Ir. P.).

Der Geist auch des von der Tyrannei verfolgten kann. nicht gebunden werden. Der Wert der Persönlichkeit bleibt ungeschmälert, wenn ihr Inneres keinen Schaden nimmt (Q. Mab III 150,57). Vor dem Unterdrücker der Menschheit unterwirft sich Prometheus nicht (Prom. Unb. I 262/65, 393,95). In der unbeugsamen Gesinnung des Helden liegt, wie Shelley in der Vorrede zu seinem Drama ausführt, das moralische Interesse, das wir an der Prometheusfabel nehmen. Ist der Titane äußerlich gebunden, innerlich bleibt er frei und unabhängig; er gibt den Widerstand gegen die Tyrannei nicht auf; die Furien mögen ihn quälen Yet am I king over myself (I 492). Prometheus,,lächelt über die Machtlosigkeit des Despotismus“..

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3. Die Möglichkeit der Reform.

a) Die Vervollkommnungsfähigkeit der Menschheit.

Die Menschen sind, soweit sie sich vom Naturzustande entfernt haben, fortgeschritten. Das goldene Zeitalter war noch nicht. Godwin spottet über die romantischen Erzählungen von einem seligen Naturzustande,,the romantic notions of pastoral life and the golden age" (PJ I 105). Seitdem nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken griechisches Wissen sich über Europa verbreitet hat, ist unsere Kultur schnell und unaufhaltsam vorwärts gegangen. Künste und Wissenschaften haben eine hohe Vollendung erreicht (PJ I 109 ff, 450). Die Fähigkeit zur Vervollkommnung ist unbestreitbar. Es gilt das Zauberwort: ,Man is perfectible" (PJ I 86). Das goldene Zeitalter liegt in der Zukunft.,,Human inventions, and the modes of social existence, are susceptible of perpetual improvement" (PJ, Sum. of Principles).

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Shelley gibt ebenfalls die Vorstellung von der vergangenen besseren Zeit auf. Der Naturzustand, von dessen Schönheit die Dichter träumen, sei ein

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Irrtum (Ess. on Chr. VI 368). Seit dem 15. Jahrhundert datiert das Erwachen der Geister, welche die Größe der jetzigen Kultur anbahnte (On the Revival of Lit. VI 333). Die Menschheit wird weiter fortschreiten. ,,We are in a state of continually progressive improvement" (Proposals 1812). Every heart contains perfection's germ" (Q. Mab V 147). In der Vorrede zu Julian a. M. heißt es über Julian, der die Überzeugungen Shelleys vertritt, er sei solchen philosophischen Lehren zugetan,,which assert the power of man over his own mind, and the immense improvements of which . . . human society may be yet susceptible“.

b) Die Verknüpfung von Wissen und Moral.

Der Sokratische Grundsatz „Tugend ist Weisheit“ findet in Godwin einen warmen Verfechter. Wer tüchtig sein will, muß wissen, was Tüchtigkeit sei. Derjenige, dessen Kopf voll Ideen ist, kann allein wahre Sittlichkeit besitzen. Tugend und Wissen sind untrennbar verknüpft (PJI 310). Wer wahrhaft weise ist, wird auch sittlich gut sein. Es gibt daher nur einen Weg, sich der Moral zu versichern, den Weg des Wissens und der Weisheit. ,,To make a man virtuous, we must make him wise" (Enquirer 2).

In der Addr. to the Ir. P. sagt Shelley: „He that would do good, must be wise a man cannot be truly wise who is not truly virtuous." Sittliche Tüchtigkeit und Weisheit bedingen sich (Spec. on Mor. VI 309). Der Weise besitzt Tugend. Vom Prinzen Athanese heißt es daher:

(I 31, 32).

,,His soul had wedded wisdom, and her dower
Is love and justice."

Prometheus lernt Weisheit, dann Tugend und Mitleid (Prom. Unb. I 56,8). Im Lande der Zukunft herrscht die Liebe, die im weisen Herzen" ihren Thron hat (Prom. Unb. IV 557).

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